Vermögensverwalter Deutschlands beste Geldvermehrer

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Lingohr: Der Aussenseiter

Aussenansicht verschiedener Wohnhäuser des Wohnquartiers Weidedamm in Bremen Quelle: dapd

Wer in die Heinrich-Hertz-Straße in Erkrath kommt, sitzt meist im Lkw. Blechhallen im Osten von Düsseldorf stehen leer, die Fenster sind geborsten, die Regenrinnen hängen herab. Fürs leibliche Wohl sorgt ein Fleisch-Zerlegebetrieb nebst angeschlossener Imbissbude „Futtern wie bei Muttern“. Zu Frank Lingohr aber kommen die Leute nicht im Lkw, sondern im Ferrari oder Maserati. Mehr als zehn Milliarden Euro für rund 150 reiche Familien und institutionelle Anleger verwaltet er hier.

„Das Büro konnten wir billig vom Insolvenzverwalter eines bankrotten Baulöwen mieten“, erzählt Lingohr, „warum soll ich in Frankfurt die zehnfache Miete zahlen?“ Was andere machen, hat Frank Lingohr noch nie besonders interessiert.

Erfolg selbstgemacht

Lingohr ist anders, er hat weder BWL noch Jura studiert. „Ich habe nicht mal Abitur.“ Sein Büro ist riesig, die in der Branche sonst omnipräsenten Preise und Belobigungen auf Büttenpapier fehlen – obwohl es ja genügend gäbe aus mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit. Kein Bild, keine Pflanze stören das Einheitshellgrau. Zwei Reihen Buchrücken und zwei rote Ferrari-Modelle sind die einzigen Farbtupfer. „Den Kleinen“ – Lingohr greift das feuerrote Spielmobil mit spitzen Fingern, als wäre es aus Murano-Glas –, „den Superamerica, den hab ich auch in groß.“

Der Satz verrät Stolz, aber keine Großspurigkeit. Mit 16 brach Lingohr die Schule ab und begann eine Lehre zum Handelskaufmann. Ihn faszinierten die Computer des Handelskonzerns, damals noch haushohe Ungetüme, die man mit Lochkarten füttern musste. Lingohr brachte sich selbst das Programmieren bei. In seiner Freizeit las er Börsen-Ratgeber. Noch heute übernimmt seine weitgehend selbst geschriebene Software die Vorauswahl der Aktien, die in seine Depots kommen.

„Unsere Software filtert einmal wöchentlich die Märkte, untersucht mehrere Tausend Aktien auf bis zu elf verschiedene Kennziffern; darunter sind keine besonderen oder gar geheimnisvollen. Ich brauche auch keine komplexen Algorithmen; die vier Grundrechenarten genügen“, sagt er. Die rund 8000 liquide gehandelten Aktien teilt die Software dann in Kategorien von 1 bis 100 ein; 1 sind die billigsten, 100 die teuersten Papiere. Aktien der Kategorie 1 bis 20 kauft er, die aus dem zweiten Fünftel behält er; alle anderen verkauft er.

Kleine Mengen Gold

Wie seine Frankfurter Kollegen von FPM ist Lingohr Aktienmann. Man müsse Aktien haben. Man sollte eine selbst genutzte Immobilie haben. Aber keine waghalsig finanzierte zur Kapitalanlage. Man brauche keinen Wald und keinen Acker, „es sei denn, Sie möchten aussteigen und mit ihren Nachbarn Kartoffeln gegen Tierfelle tauschen“. Langfristig glaubt er an das Wachstum der Schwellenländer, an gute Geschäfte für westliche Exportunternehmen. Aktuell seien Anleger „unfassbar pessimistisch“ – für wertorientierte Aktionäre wie ihn signalisiert dies Kaufgelegenheiten. Und was hält der Aktienmann von Gold? „In der letzten Gold-Hausse, vor 30 Jahren, habe ich gesagt, Gold sei nur etwas für alte Männer und Psychopathen. Heute bin ich selber alt.“ Und Gold? Er mischt es seinen Kunden „nur äußerst sparsam ins Depot. Alt sein heißt ja nicht unbedingt weise“, sagt er. Geldmanager lernen eben lebenslang dazu.

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