Wahlen in Italien Märkte fürchten den Cavaliere

Der Ex-Skandal-Präsident Silvio Berlusconi steht schon in den Startlöchern und ganz Europa zittert. Wenn Italien am Sonntag wählt, steht sowohl die Zukunft Italiens als auch die der Euro-Zone auf dem Spiel.

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Er hat den Euro schon im Visier. Silvio Berlusconi löst an den europäischen Finanzmärkten Angst und Schrecken aus. Quelle: dpa

Am Sonntag kommt es zum Showdown in Italien. Viele Anleger fiebern schon jetzt dem Abend der Entscheidung entgegen. Denn zur später Stunde werden am besagten Tag die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Italien bekanntgegeben. Die Möglichkeit eines Berlusconi-Comebacks bei der bevorstehenden Italien-Wahl treibt Aktionären wie Analysten den Angstschweiß auf die Stirn. Sollte der frühere Ministerpräsident des Landes in der kommenden Woche tatsächlich einen Wahlsieg erringen, wäre die Reaktion wohl eindeutig.

"Italien dürfte an den Märkten brutal abgestraft werden", sagt Martin Lück, Volkswirt bei der UBS. Ein Erfolg Berlusconis, der zuletzt mit Sexskandalen für Furore sorgte, würde Kopfschütteln in Europa auslösen, erklärt der Experte. Groß sei vor allem die Furcht, dass dann das Land von seinem bisherigen Sparkurs abrücken und die Euro-Krise damit erneut verschärfen könnte.

Im Ergebnis hieße das wohl: Die Aktienmärkte und die Kurse - gerade italienischer Staatstitel - dürften in den Keller rauschen, die Renditen am Bondmarkt entsprechend anziehen. Die Analysten der Nordea-Bank rechnen für zehnjährige italienische Papiere mit Niveaus um die sechs Prozent, sollte sich der Medien-Mogul mit seinem Mitte-Rechts-Bündnis durchsetzen. Das hart erarbeitete Vertrauen in Italien wie auch in die gesamte Euro-Zone wäre dann wieder auf den Prüfstand gestellt, prophezeiten die Experten der DZ Bank.

Unter Ministerpräsident Mario Monti, der im November 2011 das Ruder das Ruder von Berlusconi übernommen hatte, sind die Renditen für das hoch verschuldete Land deutlich zurückgegangen. Der frühere EU-Kommissar setzte Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen durch, um die Schuldenlast zu senken. Zugleich initiierte er eine Reihe von Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigern sollen. Derzeit liegen die Renditen zehnjähriger Anleihen Italiens bei 4,4 Prozent. In den letzten Zügen von Berlusconis Amtszeit hatte sich das Land nur noch zu Rekordzinsen von knapp 7,5 Prozent am Markt Geld leihen können.

Mit einem Wahlsieg Berlusconis könnten die horrenden Renditen wieder zurückkehren. Denn der ehemalige Skandal-Präsident Berlusconi kündigte bereits an, zahlreiche Reformen zurückdrehen und unter anderem die unpopuläre Immobiliensteuer wieder abschaffen zu wollen.


Italien steckt in der längsten Rezession seit 20 Jahren

In den letzten Umfragen Anfang Februar lag die Mitte-Links-Allianz von Pier Luigi Bersani zwar weiterhin in Führung, das Mitte-Rechts-Bündnis hatte zuletzt aber an Zustimmung gewonnen. Wegen des großen Anteils unentschlossener Wähler sei ein Wahlsieg Berlusconis nicht auszuschließen, warnt Lück von der UBS. Laut "Corriere della Sera" ist - auch kurz vor der Parlamentswahl am Sonntag und Montag - ein Viertel der Wahlberechtigten noch immer unentschieden.

Knappe Mehrheitsverhältnisse werden vor allem im Senat erwartet, der zweiten Kammer neben den Abgeordnetenhaus. Sollte es im Abgeordnetenhaus und im Senat zu unterschiedlichen Mehrheiten kommen, wäre das sicherlich einer der ungünstigsten Wahlausgänge, meint Johannes Mayr von der BayernLB. "Eine Spaltung des Parlaments würde die Bildung einer stabilen Regierung - die das Vertrauen beider Parlamentskammern benötigt - erschweren."

Die meisten Analysten gehen jedoch davon aus, dass künftig eine Koalition aus Sozialdemokraten und Montis Block der Mitte die Geschicke Italiens lenken werden. Der begonnene Reformkurs Montis sollte sich damit fortsetzen, sagt Mayr. Wichtig für Italien sei, dass die Arbeitsmarktreformen in der Fläche griffen, sagt Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise. Die immer noch sehr hohen Lohnstückkosten müssten weiter gesenkt werden. Nur so kann sich die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone aus ihrer Rezession befreien – die mittlerweile längste seit 20 Jahren.

Nur eine Niederlage Berlusconis und die Konstellation Bersani-Monti dürfte an den Finanzmärkten mit Erleichterung aufgenommen werden. Zu erwarten sei dann eine Rally am italienischen wie auch an anderen Aktienmärkten, prophezeit Alberto Chiandetti, Manager des Fidelity Italy Fund. Die Börsen in der Euro-Zone haben zuletzt stark unter der wachsenden Unsicherheit gelitten. Allein der Mailänder Leitindex kommt inzwischen nur noch auf ein Plus von 0,8 Prozent seit Jahresbeginn - in den ersten vier Wochen des Jahres hatte er noch einen Aufschlag von neun Prozent verbucht.

Nach Einschätzung von UBS-Experte Lück birgt aber auch eine Regierung unter Beteiligung der Sozialdemokraten ihre Risiken. Die Frage sei, ob Bersani in Sachen Sparkurs langfristig dem Druck der Gewerkschaften standhalten könne, sagt der Ökonom. "Monti hatte es da als Parteiloser und Technokrat einfacher, Bersani steckt dagegen tief im System der politischen Verflechtungen drin." Sollten sich Reformen stauen, könnte ein langsamer Vertrauensschwund einsetzen und Italien - auch ohne ein Comeback Berlusconis - wieder ins Visier der Märkte rücken.

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