Whisky Reichlich rentable Single Malts

Edler, sortenreiner Scotch liegt weltweit im Trend. Wer die richtigen kauft, kann auf hohe Wertsteigerungen hoffen.

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Feiner Single Malt Whisky aus Schottland Quelle: unbekannt.

Not macht erfinderisch. Als in der Pensionskasse des Getränkekonzerns Diageo 2010 ein 980 Millionen Euro tiefes Loch klaffte, besannen sich die Briten auf ihre ganz harten Assets: Sie transferierten 2,5 Millionen Fässer Whisky aus der eigenen Bilanz in die ihrer Pensionskasse. Die britische Finanzaufsicht segnete das auf zehn Jahre ausgelegte „Sanierungskonzept unter Einbezug von Sachwerten“ ohne Einwände ab; auf der Insel hat niemand Zweifel an der Werthaltigkeit des schottischen Nationalgetränks.

Zum Schaden der Pensionäre war der Deal nicht. Whisky boomt, die Preise steigen. Während bei anderen Hochpreis-Spirituosen wie Cognac die Nachfrage seit Jahren stagniert oder sinkt, steigt der Whisky-Absatz rasant. Vor allem in den Schwellenländern erfreut sich das Gerste-Destillat wachsender Beliebtheit, als Partygetränk der Erfolgreichen und als Statussymbol.

In zehn Jahren verzwölffacht

Nach Daten des globalen Spirituosen-Verbandes International Wine and Spirits hat sich die Nachfrage nach schottischem Whisky etwa aus China von 2000 bis 2010 verzwölffacht. Dieses Jahr sollen die Exporte der Schotten nach China unveröffentlichten Daten zufolge um 40 Prozent zugelegt haben. Auch in Indien, Südamerika und Russland wächst die Whisky-Nachfrage mit zweistelligen Prozentraten. „In diesen Ländern verhilft vor allem der Wunsch der neuen Mittelschicht, sich von der Masse abzusetzen, dem Scotch zu diesem enormen Boom“, sagt David Pattison, Manager Emerging Markets bei Morrison Bowmore, „das Volk trinkt Reiswein, Bier, Wodka, Rum. Wer Erfolg demonstrieren will, greift in den Bars zum Single-Malt-Whisky, der in diesen Ländern nicht selten das Fünf- bis Zehnfache der eigenen Traditionsgetränke kostet.“

Davon profitieren vor allem Konzerne wie Diageo, Pernod Ricard, Campari und Bacardi, die in den Achtzigern fast alle kleinen schottischen Brennereien billig aufkauften, nachdem die Wirtschaftspolitik von Margaret Thatcher zuvor Hunderte Destillerien in die Insolvenz getrieben hatte. Dank Großkonzern-Logistik sind heute einstige Liebhabermarken wie Macallan, Lagavulin oder Oban weltweit in jedem gut sortierten Supermarkt zu haben.

Whisky für Sammler
Prince Charles in einer Whisky-Destillerie
Black Bowmore
Bowmore 30 Jahre
Bowmore Gold
Highland Park
Highland Park
Glenmorangie

Die wachsende Nachfrage trifft auf ein begrenztes Angebot aus Schottland. Dafür sorgen die strengen Regeln, denen die Produktion von Scotch unterliegt. Whisky ist im Prinzip billig; die Rohstoff- und Produktionskosten sind gering: Gerste wird zum Keimen gebracht, es entsteht Malz, das gemaischt und schließlich gebrannt wird. Aber: Guter Whisky muss mindestens 10, sehr guter 18 oder 21 Jahre reifen. Die rund 100 noch aktiven schottischen Brennereien können deshalb nur mit großer Verzögerung auf die steigende Nachfrage reagieren – die Preise werden also weiter steigen.

Entscheidend für das Preispotenzial ist aber nicht nur die Dauer, sondern auch die Art der Fassreifung. Denn das Fass ist für 60 bis 80 Prozent des späteren Geschmacks verantwortlich. Erst aus dem Fassholz zieht der Whisky seine unverwechselbaren Geschmacksmerkmale wie Harz und Teer. In den 10 bis 21 Jahren der Fassreifung finden zahlreiche langsame chemische Reaktionen statt. Der Alkohol zieht dabei Karamell, Vanillin und Tannine aus dem Holz; es entstehen Phenole und andere Stoffe, die in größerer Menge nicht gerade gesund sind – aber Geschmacksträger.

Sherry-Fassreifung bleibt gefragt

George Jamieson, Still-Man der Whisky-Destillerie Bunnahabhain auf der westschottischen Insel Islay, bei der Überwachung des Brands Quelle: dpa

Je kleiner das Fass im Verhältnis zur produzierten Menge, desto mehr Fasswand hat Kontakt mit dem Destillat, desto schneller die Geschmacksbildung. Wer Whisky mit Wertsteigerungsabsichten kauft, sollte daher bei den Destillerien die Art der Fassreifung erfragen; fast alle machen dazu bereitwillig Angaben. Brennereien mit viel Umsatz verwenden kleine Fässer, in denen der Whisky schneller reift. Mehr Potenzial haben die langsam und gründlich Gereiften aus großen Fässern.

Im Trend liegen komplexe, milde Whiskys, die in Sherry- oder Portweinfässern reifen. Was diese eher süßen Sorten in einigen Jahren besonders knapp werden lassen dürfte, ist die Tatsache, dass Sherry und Port (wie andere Süßweine) schon seit den Siebzigern immer weniger getrunken werden. Weniger Sherry-Fässer werden so für einen zusätzlichen Produktionsengpass bei diesen Whisky-Sorten sorgen.

Ihre Fässer hüten die Destillerien daher wie einen Schatz. Einige, wie Macallan, haben sich direkt an Sherry-Bodegas beteiligt, um an neue Fässer zu kommen.

Nur Single Malt lohnt

Grundsätzlich sollten unerfahrene Anleger nur in sortenreine schottische Whiskys investieren – sogenannte Single Malts. Eine vollständige Liste aller 100 schottischen Destillen, die Single Malts herstellen, findet sich auf wiwo.de/whisky. Nur zehn Prozent der schottischen und weniger als ein Prozent der weltweit produzierten Whiskys sind Single Malts. Schottische Single Malts dürfen nur aus Gerstenmaische gebrannt sein (es gibt auch Whisky aus Hafer, Weizen, Getreide-Mischungen und sogar Mais), sie müssen in Schottland abgefüllt und dort in Holzfässern gereift sein; sie müssen zudem aus ein und derselben Mälzerei stammen (engl. „single malt“).

Fast alle bekannten Marken wie Dimple, Chivas Regal, Johnnie Walker oder Ballantines sind Blends. Diese können zwar aus hochwertigen Whiskys bestehen, als Investment eignen sie sich nicht, da sie aus den Whiskys unterschiedlicher Hersteller verschnitten sind. Auch außerhalb Schottlands hergestellte Whiskys sollten Anleger nicht kaufen. Eine Ausnahme bilden japanische Single Malts. Irische oder US-Sorten mögen manchem schmecken; einen Investoren-Markt gibt es aber nicht; die Whiskys bleiben Massenprodukte.

Hilfreich sind die Jackson-Punkte

Single Malt Whisky Quelle: AP

Whisky hat neben der hohen Nachfrage, die auf ein knappes Angebot trifft, weitere Vorteile für Anleger: Anders als bei Kunst, Oldtimern oder Wein ist die Aufbewahrung einfach. Ein alter Wein oder Porsche kann oxidieren, Whisky nicht. Einen speziell temperierten Keller oder eine künstlich entfeuchtete Garage braucht man nicht. Whisky sollte lediglich stehend und dunkel bei halbwegs gleichbleibender Temperatur lagern – dann übersteht er 100 Jahre. Wer an Raritäten kommen will, muss sich intensiv mit der Vielfalt der Abfüllungen beschäftigen. Brauchbare Informationen gibt es in Internet-Foren und bei einigen Online-Händlern.

Am schnellsten kommen Einsteiger beim Fachhändler zum Ziel. Einige, etwa Whiskykanzler in Berlin, kaufen seit Jahren komplette Sammlungen auf, meist von Erben, die damit nichts anzufangen wissen. Auch Auktionshäuser versteigern seltene Whiskys. Sotheby’s, Bonhams und Christie’s erzielen für hochpreisige Liebhaberobjekte fünfstellige Beträge. Ein chinesischer Geschäftsmann ersteigerte jüngst in Singapur die bisher teuerste Flasche für umgerechnet 150.000 Euro. Bodenständiger geht es bei den Online-Auktionshäusern zu, etwa auf whiskyauction.de. Im Preissegment bis 150 Euro gehen auch auf Ebay Schnäppchen um. Bei höheren Preisen ist Vorsicht geboten, es sollen auch Fälschungen im Umlauf sein.

Generell gilt für Sammler, die auf Wertsteigerung spekulieren: Bei Genießern angesehene Brennereien wie Macallan, Ardbeg, Glenmorangie, Lagavulin, Bowmore sind auch bei Sammlern beliebt. Außerdem gibt es viele Konsumenten, die diese Whiskys trinken und so für Knappheit sorgen.

Angesehene Whisky-Kritiker helfen

Hilfreich zur ersten Orientierung sind die Jackson-Punkte: Der verstorbene Whisky-Kenner Michael Jackson hat eine Punkte‧skala von 0 bis 100 eingeführt (ähnlich den Parker-Punkten bei Wein) und Hunderte Abfüllungen detailliert besprochen. Mehr als 90 Punkte sind selten. Viele Sammler orientieren sich daran.

Limitierte Einzelfass-Serien sind immer interessant, ebenso wie Flaschen aus stillgelegten Brennereien und solchen, die ihr Produktportfolio verändert haben. Der Geschmack schwankt von Fass zu Fass, aber Preissteigerungen der Auslaufmodelle sind fast garantiert. Einzelfassabfüllungen haben meist kleine Auflagen von 250 bis 500 Flaschen. Fast jede namhafte Brennerei bringt limitierte Sondereditionen heraus, der Markt wächst rasant, und die Wartelisten sind lang, wenn man die Editionen – relativ günstig – direkt nach dem Abfüllen von der Brennerei kaufen will. Sind sie erst mal eine Weile am Markt, steigen die Preise schnell. „Etliche werden – zum Leidwesen von uns Sammlern – von sogenannten Gourmets skrupellos getrunken“, klagt Bruce Campbell, Banker aus London und passionierter Whisky-Sammler. Deshalb kaufen erfahrene Sammler immer drei Flaschen einer limitierten Abfüllung: eine für die Vitrine, eine zum Tauschen und eine zum Trinken.

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