WirtschaftsWoche-Investmentgipfel Können die Märkte noch ohne billiges Geld?

Das billige Geld der Notenbanken wirkte auf die Märkte wie eine Droge. Kommt das Ende einem Entzug gleich? Und welche Folgen hat das für Anleger? Darüber diskutierten die Experten auf dem WirtschaftsWoche-Investmentgipfel.

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Die schönsten Bilder vom Investment-Gipfel 2014
Miriam Meckel Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Investment-Gipfel 2014 im Hotel Villa Kennedy Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Investment-Gipfel 2014 im Hotel Villa Kennedy Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Investment-Gipfel 2014 im Hotel Villa Kennedy Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Asoka Woehrmann Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Hauke Reimer, Miriam Meckel, Paul Prandl Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Eberhard Sandschneider Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Das Thema Geldanlage wird immer emotionaler, sparen scheint kaum noch Sinn zu ergeben. Reale Verluste auf das Ersparte will jeder Anleger vermeiden. Aber schon jetzt verliert jeder Geld, der Tagesgeld anlegt, da meist weniger Zins gezahlt wird als die Inflation auffrisst. Was können Anleger in der Situation tun? Lohnt es sich noch in Aktien zu investieren? Schafft Europa überhaupt die Wende?

Experten wie Asoka Wöhrmann, Chefanlagestratege beim Deutsche Bank-Vermögensverwalter Deutsche Asset & Wealth Management, BaFin-Präsidentin Elke König oder Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran vom Vermögensverwalter Flossbach von Storch suchten auf dem Investmentgipfel der WirtschaftsWoche in Frankfurt nach Antworten auf diese Fragen. "Billiges Geld als Droge – Risiken und Nebenwirkungen eines Entzugs", so das Motto der Veranstaltung.

Reaktionen auf EZB-Zinssenkung und Wertpapierkäufe

Geht es nach Heiner Flassbeck, Ex-Staatssekretär im Finanzministerium, könnte gerade Europa unter gravierenden Nebenwirkungen leiden. Der Ökonom ist pessimistisch, was die Wende der Euro-Zone angeht. Das Warten auf den Aufschwung sei das Warten auf Godot, der bekanntlich nie kommt. "Das einzige Rezept für eine Wende ist das Ende der Sparsamkeit", so der Ökonom. Nur mit einer expansiveren Fiskalpolitik könne Europa wieder auf den richtigen Pfad gebracht werden.

Der Teufelskreis des billigen Geldes

Auch Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran ist skeptisch angesichts der bisherigen Reformschwäche. Denn die deutsche Wirtschaft müsse zwanghaft wachsen, allein um die angehäuften Schulden bedienen zu können. "Viele unserer Systeme funktionieren nur mit Wachstum und Inflation", erklärt Vorndran. Ein Teufelskreis – scheinbar können wir ohne die Droge billiges Geld das System kaum halten. Kündigt EZB-Chef Mario Draghi eine neue Geldspritze an, putscht das die Finanzmärkte auf.

Die Folgen der EZB-Niedrigzinspolitik

Können die Märkte noch ohne billiges Geld?

"Forward Guidance ist das Methadon der Investoren", meint Asoka Wöhrmann, der Chefanlagestratege der Deutsche Asset & Wealth Management. Trotzdem gibt er sich optimistisch. Er erwartet zwar ein langsames, dafür aber kontinuierliches Wirtschaftswachstum. Denn das billige Geld der Notenbanken ist letztlich nichts anderes als ein Zeitpuffer für die Reformen der Politik. Wöhrmann nennt das den Schildkrötenzyklus.

Anleger können in diesem Aufschwung nicht mit spektakulären Anstiegen rechnen, sondern es dauert alles etwas länger. "Aber Schildkröten sind zufriedene behäbige Tiere, die lange leben." Gut Ding braucht eben Weile – Wöhrmann sieht den Dax bis zum Jahr 2025 bei 20.000 Punkten. Man wird sehen, ob die zufriedene Schildkröte so viel Ausdauer hat.  

Zwar sieht auch Wöhrmann die Abhängigkeit des billigen Geldes. Aber die fundamentalen Daten der Unternehmen seien vielversprechend, die Einkaufsmanagerindizes optimistisch. Warum kommt der Aufschwung dann im Schildkrötentempo und nicht im Schweinsgalopp? "Die amerikanischen Privathaushalte machen Fortschritte bei der Entschuldung", erklärt Wöhrmann. Deshalb konsumieren sie nicht mehr so wie vorher, die amerikanische Wirtschaft schrumpft sich gesund.

Aktien weiter alternativlos?

Viele Anleger rechnen daher bald mit einer Zinserhöhung der US-Notenbank Fed. Ist die Zeit der Kurssprünge an den Börsen dann endgültig vorbei? Nein. "Die angekündigte Zinserhöhung in den USA bedeutet nicht das Ende des Aktienmarktes", sagt Wöhrmann. Um Anlegern die Angst vor Aktien zu nehmen, konfrontiert er sie gerne mit den Verlusten, die sie beim Dax in der Vergangenheit im schlimmsten Fall erzielt hätten.

Bei einer Anlage über 20 Jahre im Dax lag die Verlustwahrscheinlichkeit bei Null. Das hört sich beherrschbar an. Zudem könne man auf andere Märkte ausweichen. Wer aktuell an der Wall  Street investiert, profitiert auch von Währungsgewinnen des Dollar gegenüber dem Euro.

Wöhrmann spricht damit vielen der insgesamt rund 140 Teilnehmer des WirtschaftsWoche-Investmentgipfels aus der Seele. Denn dass das billige Geld ein Investment in Aktien fast alternativlos werden lässt, darin sind sich eigentlich fast alle einig.

Nur viele Privatanleger scheuen weiterhin das Risiko. Dabei könne etwa die Beimischung von Aktien in einem Anleiheportfolio die Risiken sogar reduzieren, erklärt Ulrich Gallus, Bereichsleiter Vermögensverwalter und Dachfonds bei der DekaBank.

Auch Vorndran sieht Aktieninvestments weiterhin als Notwendigkeit. Unterstützung fordert der Kapitalstratege dafür allerdings von Seiten der Politik. "Schaffen Sie die Kapitalertragsteuer ab, dann steigen auch die Aktieninvestitionen", sagt Vorndran. Viele der anwesenden Vermögensverwalter stimmen Vorndran zu. Auch bei Investitionen von privaten Anlegern spiele das Thema Steuern eine immer größere Rolle.

Kritiker wittern hinter solchen Aussagen vermutlich bereits die nächste Spekulationswelle an den Kapitalmärkten. Elke König, die Präsidentin der Finanzmarktaufsicht, erklärt allerdings, es sei die Aufgabe der Aufseher, die Marktteilnehmer zu einem risikobewussten Handeln zu bewegen. "Eine vernünftige Regulierung schießt nicht über das Ziel hinaus, sondern dämpft die zerstörerische Kraft von Krisen." Völlige Risikolosigkeit könne es allerdings auch nicht geben, denn das bedeute Stagnation, sagte die Bonner Aufseherin auf dem Investmentgipfel.

Aktien trotz Krise

Obwohl die Börsen zuletzt oft unter den Krisen der Welt zu leiden hatten, bleiben Aktien also eine der wenigen Alternativen. Wer investiert, darf dennoch die Krisenherde nicht aus dem Blick verlieren, mahnt Professor Eberhard Sandschneider, Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, auf dem Investmentgipfel.

"Wer für Investitionen verantwortlich ist, muss die Welt in ihrer Komplexität beobachten", so Sandschneider. Unerwartete Ereignisse könnten jederzeit eskalieren und dadurch gewaltige Risiken bergen.

     

Mehr vom WiWo-Investmentgipfel und über die Anlagetipps unserer Experten lesen Sie in der kommenden Ausgabe der WirtschaftsWoche.

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