WiWo Club Ohne Risiko Aktien kaufen

Die Börse gilt als Ort, wo Anleger hohe Renditen bei hohem Risiko bekommen. Es geht auch anders: Wir zeigen wie Anleger ohne Risiko mit Aktien verdienen.

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Es klingt wie ein Widerspruch in sich: Börse ohne Risiko. Eigentlich soll es die Börse Unternehmen ermöglichen, Geld für ihre Geschäfte einzusammeln. Anders als bei Anleihen steht Aktionären kein fester Geldanspruch zu. Sie sind direkt am Unternehmen beteiligt und bekommen ihren Anteil von Gewinn oder Verlust. Unternehmerische Aktivitäten sind eben nicht risikolos, Gewinne schwanken - und können zu Verlusten werden. Insofern klingt es logisch, dass Aktien zwar rentabel, aber risikoreich sind.

Dass das nicht so sein muss, zeigte eine Veranstaltung des WirtschaftsWoche Clubs in Düsseldorf. In einem Vortrag bekamen die Clubmitglieder gezeigt, wie hoch die Risiken tatsächlich sind und, vor allem, wie sich die Risiken mindern lassen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Aktien ohne Risiko kaufen. Wie geht das?

Eigentlich einfach. Ein Ansatz ist, die gewünschte Anlagesumme in zwei Blöcke aufzuteilen. Ein Block kann chancenreich, aber riskant angelegt werden. Hier nehmen Anleger in Kauf, dass diese Summe im schlimmsten Fall verloren geht. Der andere Block muss das abfedern. Sprich: Die Erträge müssen hier ausreichen, um den im schlimmsten Fall befürchteten Verlust des riskanten Blocks auszugleichen. Damit dieses Konstrukt funktioniert, muss der sichere Block möglichst sicher und mit fest kalkulierbaren Erträgen angelegt werden. Das können eigentlich nur Festzinsanlagen leisten - und die sollten auch noch möglichst sicher sein, also von verlässlichen Schuldnern stammen.

Im Club treffen Sie die Menschen, von denen Sie sonst lesen. Die Redaktion wird Sie mit mittelständischen Unternehmern, Gründern, Top-Managern und Anlageexperten zusammenbringen. Neugierig geworden? Hier geht's lang.

Früher ging das problemlos. Gehen wir von 10.000 Euro Anlagesumme aus. Wir wollen das Geld 20 Jahre lang anlegen und können, wie vor sieben Jahren noch durchaus möglich, den sicheren Teil fest zu fünf Prozent Zins anlegen. Wenn wir nun 3800 Euro davon zu fünf Prozent Festzins anlegen, reicht das, um am Ende sicher wieder 10.000 Euro herauszubekommen. 6200 Euro (also 62% der Anlagesumme) könnten riskant, also am Aktienmarkt, investiert werden. Selbst wenn sie zum Schluss verloren wären, hätten wir keinen Verlust erlitten. Denn die fünf Prozent Zins pro Jahr, würden sich über die 20 Jahre zu 165,3 Prozent Ertrag aufsummieren - 2,653 multipliziert mit 3800 Euro würden rund 10.000 Euro ergeben.

Geht man für den schlimmsten Fall sogar nur von 50 Prozent Verlustrisiko mit Aktien aus, könnten sogar 7700 Euro in Aktien fließen.

Diese Strategie nutzen auch viele Finanzanbieter, etwa bei Garantiezertifikaten oder Riester-Fondssparplänen. Heute allerdings funktioniert sie wegen der niedrigen Zinsen viel schlechter. Liegen die Zinsen über 20 Jahre nur bei zwei Prozent (so viel bieten Banksparbriefe mit deutscher Einlagensicherung derzeit ungefähr), darf die Aktienquote nur noch 33 Prozent betragen. 6700 Euro müssten sicher zu den zwei Prozent angelegt werden, damit sie im schlimmsten Fall auch den Totalverlust der 3300 Euro in Aktien abfedern könnten. Bei maximal angenommenen 50 Prozent Verlust, wären noch 49 Prozent Aktienquote machbar. Nicht so schlecht, aber eben längst nicht mehr so viel wie früher.

Dazu kommt: Wenn nach 20 Jahren von 10.000 investierten Euro noch 10.000 erhalten sind, klingt das zwar okay. Setzt man aber zwei Prozent Inflation pro Jahr an, wäre die Kaufkraft um 33 Prozent gesunken. Die Anlagesumme hätte also deutlich an Wert verloren. Wer auch das noch mit den sicheren Festzins-Erträgen ausgleichen möchte, könnte bei zwei Prozent Inflation und zwei Prozent Zins logischerweise gar nichts in Aktien anlegen. Der Zins würde genau reichen, um nur die Inflation auszugleichen.

Im Ergebnis ist es heute keine vernünftige Strategie mehr, mit einem so simplen Zwei-Topf-Modell Risiken ausschalten zu wollen. Nach Jahren der Finanz- und Eurokrise ist zudem klar, wie schnell auch vermeintlich sichere Geldanlagen (wie Staatsanleihen aus Euro-Ländern) plötzlich riskant werden können. Wer Risiken also komplett meiden will, könnte damit tatsächlich ein besonders großes Risiko eingehen. Wir brauchen eine klügere Strategie.

Wie hoch sind die Risiken mit Aktien überhaupt?

Betrachten wir die aktuellen 30 Dax-Aktien (ohne den erst relativ kurz an der Börse notierten Wohnungskonzern Vonovia) und fragen wir uns, wie hoch das Risiko für einen Anleger bei einem Einstieg an einem x-beliebigen Tag ist, später irgendwann mal 30 Prozent zu verlieren. Konkret könnte der Anleger, um besonders hohe Verluste zu meiden, zum Beispiel eine automatische Verkaufsorder exakt auf diesem Niveau aufgeben (Stop-Loss-Kurs). Bei 30 Prozent Kursverlust würde die Aktie also verkauft, selbst wenn sie sich dann später wieder erholen würde.

Diese Betrachtung soll uns dabei helfen, einzuschätzen, wie viel Risiko wir mit dem Aktienkauf eingehen und inwiefern dieses tragbar ist.

Soweit verfügbar nutzen wir für die Auswertung die Kurse seit Oktober 1989, sonst seitdem der Datendienstleister Bloomberg Daten ausweist. So betrachtet waren folgende Aktien am riskantesten: Deutsche Bank (mit 98 Prozent "Verlustrisiko"), Commerzbank (97 Prozent) und RWE (96 Prozent). Wer also an irgendeinem Tag seit Oktober 1989 die Deutsche-Bank-Aktie gekauft hat, der wurde zu 98 Prozent später ausgestoppt - die Aktie wurde mit -30 Prozent losgeschlagen. Ein durchaus hohes Risiko also. Tatsächlich hätte der Anleger den Verlust fast immer erlitten.

Dabei setzen wir für den Einstieg jeweils den Tageshöchstkurs, für den Ausstieg den Tagestiefstkurs an - wir wollen Risiken ja nicht kleinrechnen, sondern uns für den schlechtesten Fall wappnen. Mit der Allianz-Aktie (77 Prozent "Verlustrisiko") landet übrigens ein Versicherer auf Platz 4 - eine Branche, die eher nicht als besonders riskant gilt.

Am stabilsten - und damit am sichersten - waren Beiersdorf (nur 22 Prozent "Verlustrisiko), Henkel (ebenfalls 22 Prozent), Fresenius Medical Care (33 Prozent) und die Deutsche Börse (35 Prozent). Zum Vergleich: Das Edelmetall Gold kommt sogar nur auf acht Prozent "Verlustrisiko", war also noch deutlich sicherer als die stabilsten der heutigen Dax-Aktien.

Wer denkt, dass er allein mit dem Mischen von mehreren Aktien schon sein Risiko minimiert, der kann sich täuschen. Viele Aktien entwickeln sich häufig in ähnliche Richtung. So wies der Kursverlauf der Allianz-Aktie in der Rückschau über zehn Jahre zum Beispiel hohe Ähnlichkeit mit den Kursverläufen von Deutscher Bank, Münchener Rück, Lufthansa, Commerzbank oder Deutscher Post auf. Das muss nicht heißen, dass die Kurse gleich laufen. Aber wenn der eine Kurs stieg, war das meist auch beim anderen der Fall - und umgekehrt (siehe Grafik).

Wie lassen sich die Risiken mindern?

Zwei Rezepte funktionieren recht gut - am besten zusammen. Zum einen können Anleger ihr Risiko senken, indem sie nicht auf einen Schlag ein- und aussteigen. Denn sonst laufen sie Gefahr, im ungünstigsten Fall sehr teuer zu kaufen und zu einem schlechten Zeitpunkt, also zu niedrigen Kursen, verkaufen zu müssen. Letzteres kann selbst dann passieren, wenn Anleger mit monatlichen Raten in den Aktienmarkt einsteigen. So hätte ein Ratensparplan auf den Dax (etwa mit einem Indexfonds) mit kaufkraftbereinigt gleich hohen Monatsraten über 15 Jahre, der im März 1988 oder im April 1994 gestartet wurde, am Ende keine oder eine leicht negative Rendite pro Jahr gebracht.

In beiden Fällen wäre der Ausstiegszeitpunkt das Problem gewesen: Im Frühjahr 2003 - also 15 Jahre nach März 1988 - war die New-Economy-Blase vollends geplatzt. Im Frühjahr 2009 - 15 Jahre nach 1994 - erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt und die Aktienkurse spiegelbildlich ihr Tief.

Wer aber mit monatlichen Entnahmen in Raten aussteigt, kann auch dieses Risiko umgehen. So hätte die Kombination aus einem 15-jährigen Ratensparplan und einem 25-jährigen Entnahmeplan, in Summe also eine Anlagestrategie über 40 Jahre, seit Anfang 1960 stets hohe Renditen gebracht. Erneut gehen wir von kaufkraftbereinigt gleich hohen Ein- und Auszahlungen im Verlauf der Zeit aus und investieren stets zu 100 Prozent in den Dax (samt Dividenden). Die Rendite der jeden Monat neu gestarteten Spar- und Entnahmepläne lag zwischen 5,7 und 9,9 Prozent pro Jahr - im Schnitt über alle bereits beendeten Spar- und Entnahmepläne bei 8,6 Prozent. Der große Vorteil hier: Renditen unter 5,7 Prozent kamen nicht vor.

Renditen Spar- und Entnahmeplan

Verluste waren nicht zu befürchten (siehe Grafik). Natürlich bieten die Kurse der Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft. Doch Hinweise auf attraktive Strategien können sie sehr wohl liefern.

Hier wären über den Dax gleich 30 Aktien kombiniert und das Geld entsprechend breit, wenn auch zumindest beim Unternehmenssitz nur in Deutschland, investiert. Wer selbst Aktien mischt, sollte darauf achten, dass deren Kursverläufe sich nicht zu sehr ähneln. Im Dax unterscheidet sich zum Beispiel die Aktie der Deutschen Börse stark von anderen Aktien. Sie entwickelt sich also relativ häufig in entgegengesetzter Richtung. Das ist logisch: Wenn die Kurse anderer Aktien abstürzen, ist das für die Börse als Handelsplatzbetreiber nicht unbedingt eine schlechte Nachricht, schließlich wird dann oft auch mehr gehandelt.

Besonders stark lassen sich Risiken mindern, wenn nicht nur Aktien, sondern auch noch andere Anlageklassen gemischt werden. So entwickelt sich der Goldpreis zum Beispiel häufig genau in gegensätzlicher Richtung zum Aktienmarkt. Das können Anleger ausnutzen. Indem sie sich auch etwas Gold ins Portfolio legen, senken sie ihr Risiko. Eine gut austarierte Mischung bietet zum Beispiel das von der WirtschaftsWoche mehrfach vorgestellte Mischdepot aus je 30 Prozent Aktien und Anleihen, 25 Prozent Gold und 15 Prozent Tagesgeld. Egal in welchem Jahr seit 2000 diese Strategie gestartet wurde, sie brachte bis heute stets hohe Erträge (siehe Grafik).

Wichtig ist dabei, dass die Anteile der verschiedenen Anlageklassen zu Beginn jedes Jahres wieder auf das gewünschte Ausgangsniveau gebracht werden. Details zur Strategie finden Sie zum Beispiel hier.

So lassen sich also sehr wohl Aktien kaufen, ohne dass Anleger sich vor nervenaufreibenden Wertschwankungen sorgen müssen.

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