Zertifikate Kompass für neue Anlagetrends

Zertifikate spielen ihre Stärken aus, wenn sie Investoren neue Trends erschließen – oder ihnen helfen, dagegen zu wetten. Fünf globale Anlagetrends und mit welchen Papieren Anleger davon profitieren.

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Kompass für Anleger Quelle: Fotolia

Ein Million verschiedene Zertifikate und Optionsscheine werden derzeit an deutschen Börsen angeboten. Zertifikate sind künstliche Anlagepapiere, deren Kurs von der Entwicklung eines Basiswerts abhängt. Basiswerte können Aktien, Indizes, Währungen, Anleihen oder Rohstoffe sein.

Im Wechselspiel zwischen Zertifikat und Basis liegt der Sinn oder Unsinn dieser Papiere. Warum soll man ein Kunstprodukt (Zertifikat auf eine Aktie) kaufen, wenn man ohne Probleme den echten Basiswert (die Aktie) bekommt? Die Frage stellt sich umso mehr, weil bei ihnen ein neuer Teilnehmer ins Spiel kommt: die Emissionsbank, die Gebühren kassiert – und im schlimmsten Fall, wie bei der Zertifikatebank Lehman, pleitegehen kann.

Warum Investoren wieder auf Gold setzen
Muster-Banknoten und Goldbarren Quelle: dpa
Goldbarren liegen in der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main Quelle: dpa/dpaweb
Die Rückseite einer Krügerrand-Goldmünze vor Goldbarren Quelle: dpa
American investor Jim Rogers, chairman of Rogers Holdings Quelle: AP
President and Portfolio Manager of Paulson & Co. John Paulson Quelle: REUTERS
An Indonesian customer holds a 10 grams fine gold Quelle: dpa
Der US-Milliardär und Investor George Soros Quelle: dpa

"Für private Anleger sind Zertifikate dann interessant, wenn sich mit ihnen Investmentszenarien umsetzen lassen, die mit Aktien oder Anleihen nicht oder nur mit großem Aufwand möglich wären", sagt Dieter Lendle, Vorstand des Frankfurter Zertifikateberaters Anlagematrix. Nur wenn Zertifikate einen Mehrwert bieten, wenn sie etwa einen Trend investierbar machen, ihn verstärken oder Wetten gegen ihn ermöglichen, ist ihr Einsatz für Anleger sinnvoll. Bei den folgenden Papieren ist dies der Fall.

Wende mit Zinsen

Mehr als drei Jahrzehnte sind die Zinsen gesunken. Für Bundesanleihen ging die durchschnittliche Rendite von über elf Prozent auf weniger als ein Prozent zurück. Schuld sind die Notenbanken. Von direkten Zinssenkungen bis zu Käufen maroder Staatsanleihen nutzen sie alle Mittel, die Renditen am Boden zu halten und angeschlagenen Staaten so Zinszahlungen und Schuldentilgung zu erleichtern.

Die Geldflut führt zu Inflation, warnen die Wirtschaftsforschungsinstitute. Selbst in Deutschland liegt sie mit rund zwei Prozent über dem durchschnittlichen Zinsniveau für Anleihen (derzeit 1,2 Prozent). Der Realzins nach Inflation ist negativ. Auf Dauer kann das nicht so bleiben, weil dann niemand mehr Geld verleihen würde. Wer darauf setzt, dass die Zinsen drehen, sollte Spielraum einbauen – etwa mit Shortzertifikaten auf den Bund-Future.

Fünf Zertifikate für weltweite Anlagetrends

Der Bund-Future ist das wichtigste Barometer für Anleihezinsen. Er ist ein Terminkontrakt, in dem die Kurse langlaufender Bundesanleihen verrechnet sind. In den vergangenen Jahren ist der Bund-Future kräftig gestiegen, weil die Zinsen gesunken sind. Wenn die Zinsen steigen, wird der Bund-Future sinken – und Shortzertifikate auf ihn werden zulegen.

Wichtig ist, Zertifikate auszuwählen, deren Risiko möglichst niedrig ist. Denn im Extremfall droht Totalverlust – wenn der Bund-Future den Basispreis des Zertifikates berührt oder überschreitet. Die Basis ist die Schwelle, von der ab sich der Wert eines Zertifikats berechnet.

Derzeit steht der Future bei 141 Prozent. Zertifikate mit einer Basis bei 162 Prozent (siehe Tabelle) kosten derzeit rund 21 Euro. Sinkt der Future um zehn Prozent auf 127, steigen die Zertifikate auf etwa 35 Euro. Das wären etwa 60 Prozent Plus. Der Mehrwert dieser Papiere besteht darin, dass sie die Kurse des Futures umdrehen und dazu eventuelle Gewinne vervielfachen.

Aktienindizes mit Potenzial

Die Länder mit den größten Goldreserven
Platz 10: Indien Quelle: REUTERS
Platz 9: Die Niederlande Quelle: REUTERS
Platz 8: Japan Quelle: REUTERS
Platz 6: Schweiz Quelle: AP
Platz 7: Russland Quelle: dpa-tmn
Platz 5: China Quelle: dapd
Platz 4: Frankreich Quelle: dapd

Indexpapiere gehören zu den Klassikern unter den Zertifikaten. Besonders vielversprechend unter den bekannten Indexkurven ist derzeit der MDax. Trotz Krise hat das Barometer deutscher Nebenwerte sein Top-Niveau um 11 500 Punkte erreicht. Diese relative Stärke ist Vorbote weiterer Kursgewinne. Das konjunkturelle Umfeld ist zwar nicht rosig, doch die Geschäftserwartungen für 2013 sind stabil. Nach Analystenschätzungen können die 50 Unternehmen des MDax ihren Nettogewinn in diesem Jahr um ein Fünftel erhöhen, 2013 werden weitere 15 Prozent Gewinnplus erwartet. Danach hätte der MDax ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von zwölf. Die Gewinne der ähnlich bewerteten Dax-Unternehmen dürften schwächer zulegen, daran gemessen ist der MDax moderat bewertet.

Indexzertifikate auf den MDax bieten drei Vorteile: Anleger vermeiden erstens das Risiko, mit einzelnen Aktien auf die Nase zu fallen. Zweitens ist die Kauf-Verkaufs-Spanne mit 0,05 Prozent gering; und drittens fließen knapp drei Prozent Dividendenrendite, die es von den Aktien gibt, automatisch in die Indexkurve und damit in den Zertifikatekurs mit ein.

Gas ohne Ende

Zu den heißesten Anlagetrends gehört die Entwicklung auf dem weltweiten Gasmarkt. Erst entfachten in Schiefergestein gefundene Vorkommen in den USA einen stürmischen Boom; dann ließ die Überproduktion den Gaspreis kollabieren. Nun keimt wieder Hoffnung. An den amerikanischen Terminbörsen haben sich die Preise für Erdgas sei dem Frühjahr fast verdoppelt.

Noch sind die US-Preise niedriger als die in Europa und Asien. Mit Ausbau der Transportkapazitäten, besonders für verflüssigtes Erdgas (LNG), dürften sich die Preise weltweit angleichen, der US-Preis also weiter anziehen.

Davon werden auch wichtige Aktien der Branche profitieren. Sie stecken im Natural-Gas-Index der New Yorker Börse; etwa die der Gasförderer Chesapeake, Devon oder Anadarko. Indexzertifikate auf diese Kurve sind mit fast zwei Prozent Kauf-Verkaufs-Spanne zwar nicht billig, dank unbegrenzter Laufzeit aber als langfristiges Investment geeignet.

Gold mit Hebel, Öl mit Schwankungen

Wo das Geld jetzt sicher ist
Bargeld Quelle: Sebastian_Wolf
Goldbarren und -münzenDas Edelmetall ist die Notfallreserve außerhalb des Finanzsystems schlechthin. Wer mit dem Schlimmsten rechnet, hofft, dass er kleinere Goldmünzen gegen Lebensmittel oder Medikamente tauschen kann, wenn Banken ihn nicht mehr mit Bargeld versorgen. Verwahren Anleger ihr Gold allerdings im Bankschließfach, kann es nach einer Bankpleite dauern, bis sie Zugriff bekommen. In Krisenzeiten fällt der Goldpreis mitunter. Großanleger wie Hedgefonds müssen ihren Goldbestand verkaufen, um flüchtende Anleger auszuzahlen. Da in Panikphasen andere Anlagen wie Aktien oder Anleihen stark an Wert verlieren oder illiquide werden, ist Gold dann eine der wenigen Anlagen, die sie noch zu Geld machen können. Quelle: dpa
Spareinlagen: Sparkassen/VolksbankenIhren Kunden versprechen Sparkassen, Landesbanken sowie Genossenschaftsbanken, dass sie Pleiten der zu ihrer jeweiligen Gruppe gehörenden Institute im Vorfeld verhindern. Meist geschieht das über Fusionen von schwachen mit stärkeren Mitgliedern. Kommt es zu keiner Pleite, muss auch kein Geld gerettet werden. Dadurch sollen auch Zertifikate und Anleihen vor einem Totalverlust sicher sein. Das ist ein Unterschied zu anderen Einlagensicherungssystemen. Die Solidarität funktionierte bislang, könnte aber bei der Schieflage großer Institute überstrapaziert werden. Quelle: dpa
Fresenius Quelle: Pressebild
Deutsche Börse Quelle: dapd
Investmentfonds Quelle: Wolfgang - S - Fotolia
Sparschwein Quelle: Edel Rodriguez

Die weiteren Aussichten des gelben Metalls sind gut. "Notenbanken kaufen Gold, es gibt negative Realzinsen, ein Abwertungswettbewerb von Währungen beginnt – dies alles gibt dem Gold Aufwärtspotenzial", sagt Stefan Schilbe, Chefvolkswirt bei HSBC Trinkaus. Die Diskussion um den Verbleib des Goldes der Bundesbank wirft zudem ein Schlaglicht darauf, wie hellhörig jede Entwicklung um das Edelmetall verfolgt wird.

Man kann mit Zertifikaten zwar auch im Verhältnis eins zu eins auf den Goldpreis setzen. Doch in diesem Fall ist physisches Metall sicherer. Wenn schon Zertifikate, dann gleich ein Feature nutzen: einen Hebel, der den Gewinn im Erfolgsfall vervielfacht.

10 Tipps für Börseneinsteiger

Wie bei Shortzertifikaten auf den Bund-Future errechnet sich bei Longzertifikaten auf Gold deren Wert aus der Differenz zwischen Basispreis und aktuellem Goldpreis. Bei Longpapieren, die vom steigenden Goldpreis beflügelt werden, liegt der Basispreis unter den aktuellen Metallnotierungen. Das heißt: Longpapiere mit einer Basis bei 1289 Dollar je Unze sind bei einem Goldpreis von 1710 Dollar zunächst 421 Dollar wert. Zehn Zertifikate beziehen sich auf eine Unze, ein Zertifikate kostet damit also 42,10 Dollar gleich rund 32 Euro.

Schon wenn der Goldpreis nur sein bisheriges Hoch bei gut 1900 Dollar erreicht, können aus elf Prozent Plus im physischen Metall im Zertifikat mehr als 40 Prozent Gewinn werden.

Bonus für Öl

Zu den Jahrhunderttrends gehört der steigende Verbrauch von Rohöl. In diesem Jahr, so die Internationale Energieagentur, dürfte der weltweite Tagesverbrauch um 0,7 Millionen Barrel auf 89,7 Millionen Barrel steigen; 2013 wird ein Anstieg auf 90,5 Millionen Barrel erwartet.

Mehr Verbrauch bedeutet nicht gleich höhere Ölpreise, auch das Angebot kann ja steigen. Doch Spannungen im Nahen Osten führen eher zu einer Drosselung als zu einer Ausdehnung der Produktion. Robin Batchelor, Rohstoffexperte des Fondskonzerns Blackrock, erwartet einen zwischen 90 und 120 Dollar schwankenden Preis für Nordsee-Öl.

Wenn ein Basiswert schwankt, können Bonus-Cap-Zertifikate ihre Vorteile ausspielen: Bleibt der Ölpreis innerhalb einer Bandbreite, gibt es am Ende der Laufzeit eine feste Rendite (Bonus). Die Zertifikate eignen sich also für Seitwärtsphasen. Bonuszertifikate mit einer Untergrenze bei 80 Dollar bringen bis Mai 2013 gut neun Prozent Gewinn. Aufs Jahr gerechnet wären dies 18 Prozent Rendite. Bei hochverzinslichen Anleihen müsste man, um die zu schaffen, deutlich höhere Risiken eingehen. So gesehen dürfte der Ölbonus kein schlechtes Geschäft sein.

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