Engelmanns Eigenhandel

Griechenlands Debakel und Orakel

Citi-Rentenexperte Oliver Engelmann über die Hintergründe der Achterbahnfahrt bei griechischen Staatspapieren und die Chancen für Athen, wieder einen Investmentgrade-Status zu erhalten.

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Blitzeinschlag an der Quelle: AP

"Das Runde muss ins Eckige!", so lautet eine der Weisheiten, mit denen uns der vormalige Trainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft neben solch bahnbrechenden Erkenntnissen wie "Der Ball ist rund, und das Spiel dauert 90 Minuten" dereinst zu erhellen pflegte. Dass das Runde ins Eckige muss, dürften sich auch die Macher jener Fernsehsendung gedacht haben, in der Artemios Ventouris Roussos, Freunden der Schlagermusik auch als Demis Roussos bekannt, seine imposante Figur in einer kubischen Fantasielandschaft zur Schau stellen und dabei das bewegende Lied "Schön wie Mona Lisa" zum Besten geben durfte. In einen brauen Kaftan mit goldener Bordüre gewandet, sang der griechische Barde damals - Anfang der 70er Jahre - von seiner Angebeteten, die so schön war, dass die ganze Welt sie bewundern sollte. "You tube" sei Dank ist dieser denkwürdige Auftritt der Nachwelt erhalten geblieben.

Und wiewohl mir der Text jenes Liedes im Alter von sechs Jahren ungefähr so viel sagte, wie der Inhalt einer Diplomarbeit über Kreditausfallversicherungen und deren Relevanz für die Absicherung dreifach gewirbelter, synthetischer CDO-Portfolien heute, spürte ich instinktiv die melancholische Schwere und Sentimentalität, die Roussos wie kein anderer verkörpert. So sehr war ich von jenem Lied eingenommen, dass ich es auswendig lernte und meiner Urgroßmutter durch die geschlossene(!), gläserne Tür ihres Wohnzimmers vorsang. Natürlich nur gegen Zahlung einer Art Gema-Gebühr in Höhe von 50 Pfennigen. Ein großer Sänger ist nicht aus mir geworden, dafür aber ein Banker, was ich in gewissem Umfang auch heute noch auf jene bezahlten Auftritte vor familiärem Publikum zurückführe.

Griechenlands Debakel und Orakel

Die griechischen Leser unter Ihnen werden vielleicht protestieren, werden auf Mikis Theodorakis oder Sakis Rouvas verweisen, doch für mich ist und bleibt Demis Roussos der größte Barde seines Landes. Und das, obwohl (oder gerade weil) man sich bei manchen seiner Texte und Melodien schon fragen muss, ob er nicht manisch depressiv veranlagt ist. Auch seine prophetische Ader beeindruckt noch heute. "Hör den Wind, der Dein Lied Dir singt, er weiß, dass ich heut' von Dir geh. Weine nicht, wenn der Abschied kommt, denn Tränen tun so weh!", so sang Roussos bereits vor über 30 Jahren. Und jenes Lied mit dem wunderbaren Titel "Good bye my love, good bye" hätte man auch anstimmen können, als griechische Staatsanleihen Mitte vergangener Woche mehrere große Indizes wie den von Citi berechneten World Government Bond Index (WGBI) verlassen mussten.

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