Problemtochter BayernLB kauft sich von Hypo Group Alpe Adria frei

Die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) wird komplett verstaatlicht. Das gab Finanzminister Josef Pröll am Montagmorgen eine halbe Stunde vor Schalteröffnung der trudelnden Bank bekannt. Die Einigung kam quasi in letzter Sekunde. Für die BayernLB ist sie sehr kostspielig.

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Der österreichische Staat übernimmt von der BayernLB deren Problemtochter HGAA. Quelle: ap Quelle: handelsblatt.com

zel/HB WIEN/MÜNCHEN. An der Rettungsaktion für die ehemalige Kärntner Landesbank beteiligen sich demnach auch das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige. Pröll sprach von der schwierigsten Situation, die es für die Bankenlandschaft in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Es habe die Gefahr einer Insolvenz bestanden. Dies werde nun nicht eintreten. Der Bund müsse die Bank zur Gänze übernehmen, da die bisherigen Eigentümer sie nicht mehr haben wollten, sagte der österreichische Finanz-Staatssekretär Andreas Schieder am Montagmorgen auf einer Pressekonferenz.

Die bisherigen Eigentümer - die BayernLB, das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige - geben die Bank für symbolisch je einen Euro an Österreich ab. Sie schießen dem Deal aber insgesamt 1,05 Mrd. Euro zu. Davon kommen 825 Mio. von der Bayern-LB. Dem Rettungspaket schießen das Land Kärnten 200 Millionen Euro und die Grazer Wechselseitige weitere 30 Millionen Euro zu. Außerdem bleiben Liquiditätshilfen der BayernLB in Höhe von rund 3,1 Milliarden Euro bei der HGAA. Große österreichische Banken wollen weitere 500 Mio. Euro zur Verfügung stellen.

"Die Auswirkungen der Finanzkrise und sicher auch einer Reihe von Entwicklungen aus der Vergangenheit werden uns noch eine geraume Zeit beschäftigen", sagte Hypo-Alpe-Chef Franz Pinkl zur Verstaatlichung seiner Bank. Die Hypo Alpe wird eine Reihe von ausländischen Töchtern abgeben müssen und wahrscheinlich 3000 von aktuell etwa 8000 Arbeitsplätzen verlieren.

Bis in die Morgenstunden wurde im Wiener Finanzministerium noch an den Details des Rettungspakets gefeilt, das spätestens zur Öffnung der Bankschalter fertig sein musste - sonst hätte ein Run auf die Bank gedroht, und die Aufsicht hätte sofort das Ruder übernehmen müssen.

In der Nacht hatte sich unter anderem EZB-Chef Jean-Claude Trichet in die Rettungsbemühungen eingeschaltet. Die Hypo Alpe Adria (HGAA) wird in Österreich als "systemrelevant" eingestuft. Die BayernLB wird den Angaben den Wert der angeschlagenen Tochter in ihren Büchern auf Null abschreiben. Einer Mitteilung zufolge hat die bayerische Landesbank ihren 67,08-prozentigen Anteil an der HGAA verkauft. Damit schlagen die Riesenlasten der Kärntner Hypo nicht mehr auf die Bayern durch.

Der Verwaltungsratsvorsitzende der BayernLB, Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU), erklärte hierzu: "Damit ist es gelungen, gemeinsam mit der Republik Österreich und den übrigen Altaktionären eine für Österreich und Südosteuropa systemrelevante Bank zu stabilisieren. Der Sanierungsbeitrag der BayernLB war dazu notwendig."

Unter anderem verzichtet die Landesbank auf bestehende Forderungen gegenüber der HGAA von 825 Mio. Euro. Durch die Totalabschreibung der HGAA bei der BayernLB kommen nach Angaben von Fahrenschon weitere 2,3 Milliarden Euro hinzu. Die BayernLB hatte mit Kaufpreis und Kapitalerhöhungen gut 2,8 Mrd. Euro in die Bank gesteckt. Insgesamt belaufen sich die Belastungen für die BayernLB nach Informationen des Handelsblatts auf schätzungsweise bis zu acht Mrd. Euro. Schon bisher hatte sich die selbst von der Finanzkrise schwer gebeutelte BayernLB wegen des Österreich-Debakels auf einen Jahresverlust von mehr als einer Milliarde Euro eingestellt.

Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sieht die Trennung von der HGAA noch als beste aller Optionen. "Lieber ein Ende mit Schrecken, als dass das Ganze noch weitergegangen wäre", sagte Zeil am Montag dem Bayerischen Rundfunk. Der Kauf der Hypo Alpe Adria sei aber eine "katastrophale Fehlentscheidung" gewesen.

Auch bei der BayernLB war am Montag von einem "Ende mit Schrecken" die Rede: "Unter den gegebenen Voraussetzungen ist das die Lösung, die angestrebt worden ist." Durch die Abgabe der Bank werde das Eigenkapital entlastet. Hinzu komme, dass kein frisches Geld in die HGAA gepumpt werden müsse. Auch sei für die BayernLB, die durch die Finanzkrise in Schieflage geraten war und selbst mit 10 Milliarden Euro vom Freistaat gestützt werden musste, nun keine weitere Kapitalzufuhr notwendig. Die Kapitalquote der BayernLB von zuletzt 10,7 Prozent werde in "überschaubarem" Ausmaß zurückgehen, hieß es.

Das bayerische Kabinett trifft sich wegen des Milliarden-Desasters noch an diesem Montag zu einer Sondersitzung. Die Sitzung sei für 16 Uhr angesetzt worden, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei. Finanzminister Fahrenschon will bei dem Treffen über die Rückgabe der HGAA an Österreich und die damit verbundenen finanziellen Konsequenzen für Bayern berichten.

Für Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sind durch die geplante Verstaatlichung der HGAA "unabsehbare Schäden" abgewendet worden. Eine Insolvenz der sechstgrößten Bank Österreichs hätte katastrophale Folgen für ganz Österreich sowie die angrenzenden Regionen gehabt, teilte der sozialdemokratische Kanzler am Montag nach dem Bekanntwerden einer Einigung über die Zukunft der angeschlagenen Tochter der deutschen BayernLB mit. Mit der HGAA-Übernahme durch den Staat seien Arbeitsplätze, Spareinlagen und Gehaltskonten geschützt sowie die Funktionsfähigkeit der Kärntner Wirtschaft erhalten worden.

Auch die Österreichische Nationalbank (OeNB) begrüßte am Montag die Einigung. Sie hätte eine massive Gefährdung für die Privatkunden wie auch die gesamte Wirtschaft Österreichs zu einem kritischen Zeitpunkt vermieden, teilte die Bank mit. "Diese Lösung ist zweifellos im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher, da eine Insolvenz mit deutlich höheren Kosten für den Steuerzahler verbunden gewesen wäre", sagte OeNB-Chef Ewald Nowotny.

Bevor die Verstaatlichung der Bank geworden war, hat die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, die BayernLB werde durch die Probleme bei ihrer österreichischen Tochter wahrscheinlich mindestens drei Mrd. Euro verlieren. Mit dieser Summe rechne die Regierung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), hieß es. Im schlimmsten Fall würde die missglückte Expansion nach Österreich und auf den Balkan die bayerische Bank bis zu sechs Mrd. Euro kosten.

Die Zeitung berichtet zudem von einem als streng vertraulich gekennzeichneten Positionspapier des HGAA-Vorstandes, das deutlich mache, warum Bayerns Regierung die österreichische Tochter unbedingt abstoßen will. Es bestehe die Gefahr, dass sich die HGAA vor allem wegen leichtfertiger Geschäfte auf dem Balkan als "Fass ohne Boden" erweisen könne, hieß es. Aus Bayern hatte es am vergangenen Donnerstag geheißen, man wolle die HGAA den Österreichern "schenken".

Dem Dokument zufolge sind über den aktuellen Bedarf an frischem Kapital in Höhe von 1,5 Mrd. Euro weitere Risiken nicht ausgeschlossen. Außerdem soll es bei der Bank zu Betrügereien gekommen sein. Der Vorstand notiere weiter, die HGAA müsse drastisch verkleinert werden, schreibt die "SZ".

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