Adler Real Estate Adler aus der Asche

Der Wohnungskonzern wächst, die Aktie steigt. Sorge machen Geschäfte mit Firmen aus dem Dunstkreis eines Großaktionärs und Milliardenpleitiers.

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Immobilien in München Quelle: dpa

In Wilhelmshaven 6700 Wohnungen gekauft, in Helmstedt 2300; die Wettbewerber Estavis und Westgrund geschluckt, dazu ein Paket an der österreichischen Immobiliengruppe Conwert übernommen: Die Adler Real Estate bahnt sich im Eiltempo den Weg in die Spitzengruppe der deutschen Wohnungsanbieter. Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres hat sich die Bilanzsumme des SDax-Unternehmens auf drei Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Nicht schlecht für eine Firma, die vor einigen Jahren noch am Ende war: In der Finanzkrise verkam die Aktie der Frankfurter zum Pennystock. Heute notiert sie bei gut 14 Euro, allein in den letzten zwei Jahren hat sich der Kurs verdreifacht.

Im Hintergrund scheint mit Cevdet Caner ein Mann involviert zu sein, der schon einmal hoch geflogen ist – um dann mit einem auf Pump basierenden Immobilientraum tief zu fallen.

Mit seiner Gesellschaft Level One hatte der Österreicher mit kurdischen Wurzeln marode Immobilien für 1,5 Milliarden Euro vor allem auf Kredit gekauft. 2008 zogen die Banken den Stecker. Level One ging insolvent. Der 42-jährige Caner gilt damit, nach Jürgen Schneider, der die Deutsche Bank foppte, als zweitgrößter Immobilienpleitier Deutschlands. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts, Anleger getäuscht zu haben. Caner äußerte sich hierzu nicht.

Jetzt ist er bei Adler als indirekter Aktionär an Bord und begleitet Immobiliendeals. Anleger sollten auf der Hut sein. Obwohl ohne offizielle Funktion, scheint Caners Einfluss auf Adler immens. Und seine Interessen müssen nicht mit denen privater Aktionäre übereinstimmen.

Adler kauft jede Menge Objekte ein, doch die Einkäufer sind nicht immer wählerisch. Die Helmstedter Blocks hätten schon die Renditeerwartung des Vorbesitzers nicht erfüllt, heißt es in dessen Umfeld. 2013 machte der Eigentümer damit 1,7 Millionen Euro Verlust. Die Gesellschaft mit den Wohnungen in Wilhelmshaven brachten im vergangenen Jahr nur 500.000 Euro Gewinn ein.

Aber was soll’s: Immobilienunternehmen erzeugen ihre Gewinne auf andere Weise. Die Immobilienpreise hierzulande steigen, und mit ihnen auch die Werte der Gebäude. Die Differenz aus aktuellem Wert und Kaufpreis verbuchen Unternehmen als Gewinn, auch wenn der nur auf dem Papier steht. Adler hat so im vergangenen Jahr 133 Millionen Euro verdient – viermal so viel wie mit der Bewirtschaftung der Gebäude.

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Finanziert wird der Wachstumstraum häufig auf Pump. Bei Adler etwa stand im September 2015 einem Eigenkapital von 585 Millionen Euro fast das Dreieinhalbfache an Finanzverbindlichkeiten gegenüber.

Caner ist nicht direkt beteiligt, sondern über die Mezzanine IX Investors S.A. mit Sitz in Luxemburg, an der die von ihm geführte Caner Privatstiftung 25 Prozent hält. Im Dezember 2013 hielt Mezzanine knapp die Hälfte an Adler. Nach mehreren Kapitalerhöhungen hat sich der Anteil auf um die 20 Prozent reduziert.

Ein weiteres Viertel der Mezzanine gehört einem Österreicher, der Geschäftsführer einer Gesellschaft in Monaco ist, die als Caners Postadresse fungiert. Weitere Geschäftsführer sind eine gewisse Gerda Caner und Caners langjähriger Partner Wolfgang Hahn. Das dritte Viertel an Mezzanine gehört einem Herrn namens Schrattbauer. Gerda Caner hieß früher ebenfalls Schrattbauer.

Kein offizielles Amt

Welche Rolle Großaktionär Caner bei Adler spielt, ist strittig. Ein offizielles Amt bekleidet er nicht. Adler sagt: „Er berät verschiedene Investoren der Adler und begleitet im Einzelfall die ein oder andere Transaktion.“ Mehrere Geschäftspartner aber bezeichnen Caner als „Strippenzieher“ und den „Mann hinter Adler“. Bei Verhandlungen sitze er mit am Tisch, heißt es im Umfeld des Unternehmens. Adler sagt, die Geschäfte würden vom Vorstand in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat geführt. Was die Branchenkenner erzählen, klingt aber eher nach heimlichem Chef als nach einem Begleiter, der dann und wann mal einen Deal anschleppt.

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Adler hat mit Firmen aus Caners Dunstkreis auch einige Geschäfte gemacht. Zu den Firmen zählen:

  • S.A.M. Bassan. Die Firma dient als Adresse von Caner in Monaco. Geschäftsführer sind Gerda Caner, Caners langjähriger Kumpan Wolfgang Hahn sowie ein Gesellschafter des Adler-Aktionärs Mezzanine IX.
  • M1 Beteiligungs GmbH. Hinter der Firma steht laut Handelsregister indirekt ein Wiener Anwalt. Die Frage, ob ihm die Firma gehört, lässt der Anwalt unbeantwortet. Geschäftsführer ist wiederum Wolfgang Hahn. Laut zwei Immobilienprofis, die mit M1 zu tun hatten, ist die Firma Cevdet Caner zuzurechnen. Der äußert sich dazu nicht. Adler ist nach eigenen Angaben nicht bekannt, dass Caner hinter M1 steht.
  • Pruß GmbH. Ein Eigentümer ist heute Caners Mezzanine IX. Bis vor einem Jahr hielt den Mezzanine-Anteil noch der Wiener Anwalt. Geschäftsführer ist Hahn – die gleiche Konstellation wie bei der M1. Auch hier will der Anwalt sich nicht zu den Besitzverhältnissen äußern.
  • Deutsche Land- und Jagdimmobilien GmbH. Laut Handelsregister gehört sie einem Aufsichtsrat von Adler, der zugleich die Geschäfte von Adlers Großaktionär Mezzanine IX führt.

Von einer dieser Gesellschaften hat Adler Aktien des Wettbewerbers Estavis erworben. Bei der Übernahme der Westgrund kaufte Adler der Mezzanine ein Aktienpaket ab.

Zudem hat Adler von diesen Gesellschaften Unternehmen mit Wohnungen in Sachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen gekauft. Die Immobiliengeschäfte stellt Adler als gewinnbringend dar. Von Gutachtern bestätigte Werte der Gebäude lägen über dem Einkaufspreis.

Tolle Renditeobjekte sind die Immobilien damit aber nicht unbedingt. Die von der Pruß übernommene Immobiliengesellschaft etwa machte 2012 und 2013 Verlust, die Immobiliengesellschaft der Land und Jagd kam in den vergangenen drei Jahren auf vier Millionen Euro minus. Eine der S.A.M. Bassan und M1 abgekaufte Gesellschaft mit 200 Wohnungen in Schwelm machte 2014, nach zwei Verlustjahren, einen kleinen Gewinn.

Geschäfte mit Aktionären, Aufsichtsräten und anderen nahestehenden Personen sind nicht verboten, aber grundsätzlich heikel. Die Gefahr, dass jemand seine Machtposition zulasten der anderen Aktionäre missbraucht, liegt auf der Hand. „Interessenkonflikte“ heißt dies im Anwaltsdeutsch – der Großaktionär setzt seine Interessen durch, der Privatanleger hat den Konflikt, spotten Zyniker.

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