Ausblick auf 2016 Bauwirtschaft erwartet mehr Umsatz und Jobs

Der Wohnungsbau wird die Baukonjunktur in den kommenden fünf Jahren massiv antreiben. Auch öffentliche Bauinvestitionen nehmen jetzt zu. Nur die Wirtschaft selber baut immer weniger in Deutschland.

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Wo der Kauf noch lohnt
Heilbronn Quelle: Presse
Kölner Dom und die Altstadt Quelle: dpa
Regensburg Quelle: dpa
Ludwigshafen Quelle: dpa/dpaweb
Ingolstadt Quelle: dpa
Bonn Quelle: dpa
Stuttgart Quelle: dpa

Für die deutsche Bauwirtschaft lief es 2015 passabel: Der Umsatz des Bauhauptgewerbes im zu Ende gehenden Jahr wuchs gegenüber dem Vorjahr um rund 2,0 Prozent. Zu verdanken war das allerdings allein dem Wohnungsbau, der um fünf Prozent zunahm, während öffentlicher Bau und Wirtschaftsbau stagnierten. „2016 wird besser werden“, sagt Heiko Stiepelmann, Sprecher des  Hauptverbands des Deutschen Baugewerbes (HDB). Stiepelmann prognostiziert für 2016 ein Wachstum der Umsätze des Bauhauptgewerbes gegenüber 2015 von „um die drei Prozent“. Sogar vier Prozent zu erreichen, sei möglich.

Bald 400.000 neue Wohnungen jährlich

Das liegt an den positiven Impulsen aus mehreren Bereichen: „Der erste Treiber der Baukonjunktur ist nach wie vor der Wohnungsbau“, sagt Stiepelmann. 2015 wurden in Deutschland 260.000 Wohneinheiten fertig gestellt. 2016 wird die Zahl auf schätzungsweise 300.000 steigen.

Wo investieren? Die Top 10 der regionalen Wohnungsmärkte 2015

Im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2020 erwartet Stiepelmann sogar 350.000 bis 400.000 neue Wohneinheiten pro Jahr. Nach dem Stillstand früherer Jahre biete der Wohnungsbau der Baukonjunktur jetzt „längerfristig gute Perspektiven“. Das sieht auch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Bonn so. Der Wohnungsbau „bleibt wesentliche Stütze des Wachstums“, schreibt das BBSR in seinem gerade vorgelegten „Bericht zur Lage der Bauwirtschaft 2015“: „Insbesondere der Neubau von Mehrfamilienhäusern floriert. Die Flüchtlingsmigration wird für eine zusätzliche Nachfrage nach Wohnraum sorgen.“

Dies werde auch den Bedarf nach Renovierungen in den Gebäudebestand verstärken, meinen die bundeseigenen Wissenschaftler, denn alte Immobilien müssten schnell in Schuss gebracht werden, um Flüchtlinge unterzubringen.

Nach dem Investitionsstau kommt der Entscheidungsstau

Aber auch seitens Bund, Ländern und Kommunen ist nach Jahren des Investitionsstaus und des Verschleißens der Infrastruktur nun „mit deutlichen Impulsen zu rechnen“, schreibt das BBSR. 2016 werde die Aufstockung der Bundesmittel für kommunale Investitionen und in die Verkehrsinfrastruktur „voll wirksam“.

Wo der Wohnungskauf unbezahlbar ist
EigenheimDie Deutschen lieben ihr Eigenheim. Doch vielerorts muss man für die eigenen vier Wände tief in die Tasche greifen und lange abbezahlen. Immobilienerwerber brauchen bei einem Zinssatz von 2,5 Prozent pro Jahr im Durchschnitt 25,8 Jahre, um einen Kredit für eine 110 Quadratmeter große Eigentumswohnung abzubezahlen. Das zeigt die Postbank-Studie „Wohnatlas 2015“, für die Kaufpreise in allen 402 Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands ins Verhältnis zum jeweiligen Einkommensniveau gesetzt wurden. Vorausgesetzt ist, dass für die Tilgung maximal 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens aufgewendet werden und 20 Prozent Eigenkapital vorhanden waren. Quelle: dpa
Altmarkkreis SalzwedelDie Ergebnisse zeigen, dass in der Mehrheit der deutschen Regionen gute Bedingungen für Immobilienkäufer herrschen. In 305 aller 402 Landkreise und kreisfreien Städte beträgt die Tilgungsdauer eines Kredits für eine 110-Quadratmeter-Wohnung weniger als 30 Jahre und liegt damit deutlich unter dem von Immobilienexperten empfohlenen Maximum von 40 Jahren. Auf der Suche nach einem günstigen Eigenheim sollten Kaufinteressierte einen Blick auf den Altmarkkreis Salzwedel (Sachsen-Anhalt) werfen, der vor allem für seinen guten Baumkuchen bekannt ist. Am schnellsten abbezahlt ist eine 110 Quadratmeter große Eigentumswohnung hier in rund sechs Jahren. Der Durchschnittspreis für ein Eigenheim liegt aktuell bei rund 53.253 Euro. Quelle: AP
Prignitz in BrandenburgWer nicht nach Salzwedel will, kann auch ins 100 Kilometer entfernte Prignitz. In dem Landkreis ist eine 110 Quadratmeter große Wohnung mit 53.922 Euro günstig – und schnell abbezahlt. In knapp sieben Jahren ist der Kredit getilgt. Interessenten sollten angesichts der möglicherweise bald steigenden Baugeldzinsen den Kauf einer Immobilie nicht mehr auf die lange Bank schieben. Quer durch die Republik verlängert sich bei einem angenommen Zinsanstieg auf 3,5 Prozent die durchschnittliche Tilgungsdauer um 14,1 Jahre. Quelle: dpa
Im Salzlandkreis (Sachsen-Anhalt) dauert die Tilgung eines Kredites für eine 110-Quadratmeter-Immobilie für den Durchschnittsverdiener sieben Jahre. Der Kaufpreis liegt aktuell bei 53.614 Euro. Quelle: dpa
Mecklenburg-VorpommernIm Vergleich zu Salzwedel ist im Norden der Republik eine 110 Quadratmeter große Immobilie trotz moderater Immobilienpreise kaum erschwinglich: Wegen des geringen Einkommens von 20.642 Euro im Landkreis Vorpommern-Rügen zahlen Besitzer hier unfassbare 107 Jahre ihren Kredit ab. Ein Häuschen kostet hier im Schnitt 306.814 Euro. Quelle: dpa
Teure GroßstadtAuch hier wird es nicht weniger. Ob Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Düsseldorf oder München: In diesen Großstädten dauert die Tilgung länger als 40 Jahre. Länger als 40 Jahre klingt für Hamburg etwas untertrieben. Denn tatsächlich müssen Normalverdiener mit einem Durchschnitteinkommen von 27.838 Euro in etwa 143 Jahre lange ihr Darlehen abbezahlen. Der Durchschnittspreis für die eigenen vier Wände liegt in der Hansestadt aktuell bei 432.622 Euro. Normalverdiener haben also hier schlechte Karten ... Quelle: dpa
BerlinWegen des geringen Einkommens zahlen Immobilienbesitzer in Berlin unglaubliche 341 Jahre ihren Kredit ab. 364.383 Euro kostet hier aktuell ein Eigenheim. Auch diesen Deal dürfte wohl kaum eine Bank eingehen wollen. Wer in Berlin arbeitet, findet allerdings im brandenburgischen Kreis Barnim erschwingliche Preise: Das notwendige Darlehen für eine 110-Quadratmeter-Wohnung ist nach rund 15 Jahren abbezahlt. Quelle: dpa

Verbandssprecher Stiepelmann bestätigt das: Um drei Prozent könnten die Umsätze mit öffentlichen Bauherren 2016 wachsen, glaubt der Volkswirt, der von einer „Investitionswende“ spricht: „Der Bund investiert endlich wieder in den Erhalt von Schienen-, Fernstraßen- und Wasserstraßennetz.“

Sorge bereitet den Bauunternehmen von Passau bis Puttgarden allerdings, dass weder Bahn noch Bundesländer effizient genug arbeiten, um ausreichend Projekte baureif zu machen. Die zur Verfügung stehenden Mittel etwa für Straßen- und Brückensanierung bleiben damit zum Teil und lange ungenutzt. Stiepelmann: „Erst haben wir so lange um das Geld gekämpft, und jetzt hakt es an den Planungskapazitäten der Landesbehörden und der Bahn.“

Besser wäre es, wenn der Bund als Geldgeber auch für die Verteilung der Gelder und die Projektsteuerung zuständig wäre.

Steigende Energiepreise bremsen Bauinvestitionen

Sorgen bereitet der deutschen Bauindustrie auch der Bereich Wirtschaftsbau. Aufgrund des schwachen Welthandels werde die exportorientierte Wirtschaft im kommenden Jahr vorsichtig mit Bauinvestitionen bleiben, prognostiziert das BBSR. „Erweiterungsinvestitionen des verarbeitenden Gewerbes entwickeln sich wie auch der Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden zurückhaltend. Eine „positive Ausnahme“ stellen laut BBSR dabei Handels- und Logistikimmobilien dar.

Der Bau-Hauptverband sieht eher die steigenden Energiekosten als Ursache des Problems.

Die Tücken beim Immobilienkauf
Trotz kräftig gestiegener Wohnungspreise in vielen Großstädten ist in Deutschland nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) derzeit keine gefährliche Immobilienblase in Sicht. Bis jetzt seien Eigentumswohnungen nicht überbewertet, heißt es in der am 11. März in Köln vorgelegten Untersuchung. Die Studie habe gezeigt, dass in der jüngeren Vergangenheit vor allem Nachholeffekte die Preise für Wohnimmobilien in die Höhe getrieben hätten. Auch regional betrachtet sei der deutsche Wohnungsmarkt weitgehend gesund, hieß es. Besonders deutlich waren die Preise für Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2014 in München, Berlin und Hamburg gestiegen. Auf den weiteren Plätzen rangierten Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt und Köln.Worauf Immobilienkäufer dennoch achten sollten: Quelle: dpa
Nebenkosten Quelle: dpa
echenübungenUm das Thema Immobilienkauf auf einer realistischen Basis angehen zu können, muss zunächst genau gerechnet werden. Wie viel Einkommen ist vorhanden, wie groß ist der Spielraum für die Investition? Denn auch wenn Immobilienkredite derzeit besonders günstig sind: eine Komplettfinanzierung ist nicht ratsam. Experten raten, mindestens 20 Prozent der Kosten mit Eigenkapital zu finanzieren. Je mehr, desto besser. Wer weiß, wie viel Eigenkapital er aufbringen kann, der weiß auch, in welcher Preisklasse er sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie machen kann. Quelle: dpa
ObjektbesichtigungNiemand sollte ein Gebäude kaufen, dass er nicht persönlich in Augenschein genommen hat. Selbst bei geplanten Neubauten – zum Beispiel vom Bauträger – ist die Besichtigung des Grundstücks und eines Vergleichsgebäudes (Musterhaus) zwingend. Bei bereits fertiggestellten Häusern und Gebrauchtimmobilien sind mehrere Besichtigungstermine Pflicht. Zum Beispiel kann dem Interessenten bei einer Besichtigung am Wochenende schnell der laute Schulhof ein paar Häuser weiter oder die stark befahrene Straße hinter dem Haus entgehen. Auch ein längerer Spaziergang durch die nähere Umgebung und Gespräche mit den Nachbarn helfen, ein Objekt realistisch einzuschätzen. Quelle: ZBSP
Lage, Bebauungspläne, BaugenehmigungenSpätestens mit der Besichtigung sollten sich Hauskäufer Gedanken über die Güte der Wohnlage machen. Kein Kriterium entscheidet später deutlicher über den Werterhalt einer Immobilie. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Wie sind Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Freizeitangebot und Umweltverschmutzung der Umgebung? Auch Wirtschaftskraft, Arbeitsplatzangebot und Qualität der Nachbarschaft sind Faktoren, die den Immobilienwert beeinflussen können. Außerdem sollten sich Interessenten über Bebauungspläne in unmittelbarer Nachbarschaft beim örtlichen Bauamt erkundigen. Dort gibt es auch Auskunft zu vorliegenden Baugenehmigungen und Hinweise auf Bergbauschäden, Hochwasserrisiken und ähnliches. Quelle: dpa
Beginnen Sie Ihren Rundgang im KellerNachdem die Nachbarschaft durchlaufen wurde, geht es an die Besichtigung im Inneren des Hauses. Dort sollten Sie nicht im Wohnzimmer starten, dass könnte die Stimmung positiv beeinflussen und den Blick fürs wesentliche nehmen. Ein realistischeres Bild vom Wert des Hauses bekommen Sie im Keller. Achten Sie darauf, ob er feucht ist oder es muffig riecht. Beides deutet auf Schimmel hin und könnte hohe Folgekosten haben. Auch die Heizungsanlage sollten Sie eines Blickes würdigen. Wie alt ist das Gerät, ist es eine Gasheizung? Von Nachtstromgeräten raten Experten ab. Quelle: dpa
SachverständigengutachtenInsbesondere bei einer Gebrauchtimmobilie verstecken sich die Tücken im Detail. Verdeckte Gebäudemängel sind keine Seltenheit, oftmals sind sie selbst dem Verkäufer nicht alle bekannt. Eine feuchte Dachisolierung, handwerklich verpfuschte Einbauten oder marode Gebäudesubstanz sind für den Laien nicht unbedingt erkennbar. Daher empfiehlt sich in solchen Fällen die Einschaltung eines Sachverständigen, der das Objekt genau unter die Lupe nimmt. An den Kosten dafür (mehrere hundert Euro) sollte sich der Verkäufer möglichst beteiligen. Das ist zum einen Vertrauensbeweis und hilft dem Verkäufer außerdem, sollte ein Interessent abspringen, bei den weiteren Verkaufsgesprächen Quelle: dpa

Höhere Strompreise bremsten die Investitionsbereitschaft auch in deutschen Schlüsselindustrien wie der Chemiebranche, konstatiert Stiepelmann: „Die Investitionsströme gehen dadurch am Standort Deutschland vorbei. Beim Wirtschaftsbau erwarten wir dadurch 2016 eine Stagnation oder sogar einen leichten Rückgang.“ Dass es insgesamt aber nicht schlecht läuft in den meist mittelständischen Bauunternehmen, dafür sprechen die voller werdenden Auftragsbücher.

Mythen und Irrtümer der Immobilienfinanzierung
Kreditvertrag und Hausmodell Quelle: dpa
Ein Paar mit Makler (Symbolbild)
Sparkasse Quelle: dpa
500-Euro-Scheine Quelle: dpa
Handwerker Quelle: dpa
Jemand schnallt seinen Gürtel enger
Schild Zu verkaufen Quelle: dpa

In den ersten zehn Monaten 2015 liegt der Auftragseingang nominal 2,4 Prozent über dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Laut ifo-Konjunkturtest erwarten aktuell 75 Prozent der befragten Bauunternehmen für die kommenden sechs Monate eine bessere oder gleichbleibende Geschäftslage. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als bei der Befragung im Vorjahr.

2016 steigt die Zahl der Beschäftigten

Auch die Beschäftigtenzahlen am Bau wachsen, wenn auch langsam. Nach einer Zunahme um 0,5 Prozent auf 760.000 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe erwartet Stiepelmann eine ähnliche Steigerung für 2016.

Die zehn besten Städte Deutschlands
Karlsruhe Quelle: dpa
Hamburg Quelle: dpa
Ulm Quelle: dpa
Regensburg Quelle: dpa/dpaweb
Wolfsburg Quelle: dpa
Frankfurt am Main Quelle: dpa
Stuttgart Quelle: dpa

Dass die Bauunternehmen in hohem Umfang Fachkräfte aus dem Strom der Flüchtlinge und Asylbewerber gewinnen könnten, glaubt der Berliner allerdings nicht: „Unter den Flüchtlingen sind kaum Menschen mit Bauingenieur- und Baufacharbeiter-Qualifikationen. Während insgesamt in Deutschland fünf Prozent der Erwerbstätigen am Bau arbeiten, tun dies nur zwei Prozent der arbeitenden Flüchtlinge.“

Wie stark die Bauinvestitionen privater wie öffentlicher Initiatoren insgesamt steigen werden, ist unter Experten durchaus umstritten. Die Spanne reicht von 1,4 Prozent (Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut, HWWI) bis 2,8 Prozent (Institut für Weltwirtschaft Kiel IfW). Im Durchschnitt liegen die Prognosen der acht führenden Wirtschaftsforschungsinstitute für 2016 bei 2,1 Prozent.

Der Sachverständigenrat geht von 2,0 Prozent Wachstum bei den Bauinvestitionen aus.

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