Baufinanzierung Deutschland vs. Dänemark Immobilienfinanzierung mit Absturzgefahr

In Dänemark ist die Hausfinanzierung so billig, dass selbst Studenten gerne Häuser kaufen. Doch das Finanzieren ohne Tilgen ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Auch manche Deutsche unterschätzen die Macht der Schulden.

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Quelle: dpa, Montage

Es gibt sie noch, die Länder der glückseligen Eigenheimkäufer. In Dänemark etwa lassen sich Hauskäufe trotz anhaltender Probleme auf dem Immobilienmarkt und hoher privater Schuldenquote noch immer zum Spottpreis finanzieren. So kostet etwa ein Darlehen mit 30 Jahren Laufzeit des größten dänischen Immobilienfinanzierers Realkredit aktuell um drei Prozent Zinsen pro Jahr. Wer kurzfristig zum variablen Zinssatz den Immobilienkauf finanziert, zahlt sogar nur 0,9 Prozent. Traumkonditionen also für Bauherren und Hauskäufer.

Die Tücken beim Immobilienkauf
Trotz kräftig gestiegener Wohnungspreise in vielen Großstädten ist in Deutschland nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) derzeit keine gefährliche Immobilienblase in Sicht. Bis jetzt seien Eigentumswohnungen nicht überbewertet, heißt es in der am 11. März in Köln vorgelegten Untersuchung. Die Studie habe gezeigt, dass in der jüngeren Vergangenheit vor allem Nachholeffekte die Preise für Wohnimmobilien in die Höhe getrieben hätten. Auch regional betrachtet sei der deutsche Wohnungsmarkt weitgehend gesund, hieß es. Besonders deutlich waren die Preise für Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2014 in München, Berlin und Hamburg gestiegen. Auf den weiteren Plätzen rangierten Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt und Köln.Worauf Immobilienkäufer dennoch achten sollten: Quelle: dpa
Nebenkosten Quelle: dpa
echenübungenUm das Thema Immobilienkauf auf einer realistischen Basis angehen zu können, muss zunächst genau gerechnet werden. Wie viel Einkommen ist vorhanden, wie groß ist der Spielraum für die Investition? Denn auch wenn Immobilienkredite derzeit besonders günstig sind: eine Komplettfinanzierung ist nicht ratsam. Experten raten, mindestens 20 Prozent der Kosten mit Eigenkapital zu finanzieren. Je mehr, desto besser. Wer weiß, wie viel Eigenkapital er aufbringen kann, der weiß auch, in welcher Preisklasse er sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie machen kann. Quelle: dpa
ObjektbesichtigungNiemand sollte ein Gebäude kaufen, dass er nicht persönlich in Augenschein genommen hat. Selbst bei geplanten Neubauten – zum Beispiel vom Bauträger – ist die Besichtigung des Grundstücks und eines Vergleichsgebäudes (Musterhaus) zwingend. Bei bereits fertiggestellten Häusern und Gebrauchtimmobilien sind mehrere Besichtigungstermine Pflicht. Zum Beispiel kann dem Interessenten bei einer Besichtigung am Wochenende schnell der laute Schulhof ein paar Häuser weiter oder die stark befahrene Straße hinter dem Haus entgehen. Auch ein längerer Spaziergang durch die nähere Umgebung und Gespräche mit den Nachbarn helfen, ein Objekt realistisch einzuschätzen. Quelle: ZBSP
Lage, Bebauungspläne, BaugenehmigungenSpätestens mit der Besichtigung sollten sich Hauskäufer Gedanken über die Güte der Wohnlage machen. Kein Kriterium entscheidet später deutlicher über den Werterhalt einer Immobilie. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Wie sind Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Freizeitangebot und Umweltverschmutzung der Umgebung? Auch Wirtschaftskraft, Arbeitsplatzangebot und Qualität der Nachbarschaft sind Faktoren, die den Immobilienwert beeinflussen können. Außerdem sollten sich Interessenten über Bebauungspläne in unmittelbarer Nachbarschaft beim örtlichen Bauamt erkundigen. Dort gibt es auch Auskunft zu vorliegenden Baugenehmigungen und Hinweise auf Bergbauschäden, Hochwasserrisiken und ähnliches. Quelle: dpa
Beginnen Sie Ihren Rundgang im KellerNachdem die Nachbarschaft durchlaufen wurde, geht es an die Besichtigung im Inneren des Hauses. Dort sollten Sie nicht im Wohnzimmer starten, dass könnte die Stimmung positiv beeinflussen und den Blick fürs wesentliche nehmen. Ein realistischeres Bild vom Wert des Hauses bekommen Sie im Keller. Achten Sie darauf, ob er feucht ist oder es muffig riecht. Beides deutet auf Schimmel hin und könnte hohe Folgekosten haben. Auch die Heizungsanlage sollten Sie eines Blickes würdigen. Wie alt ist das Gerät, ist es eine Gasheizung? Von Nachtstromgeräten raten Experten ab. Quelle: dpa
SachverständigengutachtenInsbesondere bei einer Gebrauchtimmobilie verstecken sich die Tücken im Detail. Verdeckte Gebäudemängel sind keine Seltenheit, oftmals sind sie selbst dem Verkäufer nicht alle bekannt. Eine feuchte Dachisolierung, handwerklich verpfuschte Einbauten oder marode Gebäudesubstanz sind für den Laien nicht unbedingt erkennbar. Daher empfiehlt sich in solchen Fällen die Einschaltung eines Sachverständigen, der das Objekt genau unter die Lupe nimmt. An den Kosten dafür (mehrere hundert Euro) sollte sich der Verkäufer möglichst beteiligen. Das ist zum einen Vertrauensbeweis und hilft dem Verkäufer außerdem, sollte ein Interessent abspringen, bei den weiteren Verkaufsgesprächen Quelle: dpa

Aber mit den verführerisch niedrigen Bauzinsen kommen auch die Probleme. Denn die Dänen haben ihre Immobilienkäufe in Form einer riskanten Wette auf steigende Immobilienpreise finanziert. Mit der internationalen Finanzkrise platzte aber die Blase und die Immobilienpreise gingen auf Talfahrt. Seit Ende 2006 fielen die Quadratmeterpreise in Dänemark im Durchschnitt um mehr als 20 Prozent. Damit verlor auch die wichtigste Sicherheit für die billigen Kredite - die finanzierte Immobilie - dramatisch an Wert.

Vieles in Dänemark erinnert daher fatal an den zunächst aufgeblähten, dann aber implodierten US-Häusermarkt, welcher sich erst jetzt, sechs Jahre nach seinem dramatischen Einbruch, langsam wieder erholt.

Das Schlimme ist, dass dieses Vorgehen von Banken und Politik sogar ausdrücklich gefördert wurde. Kann das auch in Deutschland passieren? Immerhin ist auch hierzulande ein Baukredit zu Niedrigstkonditionen zu haben. Daran geknüpft ist auch die bange Frage, ob vergleichbare Risiken vom deutschen Häusermarkt ausgehen und Eigenheimbesitzer mittel- bis langfristig in ihrer Existenz bedrohen. Was also unterscheidet in diesem Punkt Dänemark von Deutschland? Um Antworten zu finden, ist ein genauerer Blick auf die beiden Märkte nötig.

Zinsentwicklung

Die Zinsen spielen für die Entwicklung von Immobilienmärkten eine entscheidende Rolle. Schon seit dem Herbst 2008 sind die Zinsen in Deutschland wie auch Dänemark historisch niedrig. Ausgehend vom Höhepunkt der globalen Finanzkrise, die mit der Immobilienblase in den USA ihren Anfang nahm, drückten die Notenbanken aller westlichen Industrienationen inklusive der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen im Eiltempo. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Wirtschaft weiter mit Krediten versorgt wird.

Die Gefahr der Niedrigzinsen

Was Banken bei der Hausfinanzierung wichtig ist
Haushaltsplan Quelle: FM2 - Fotolia
Gefülltes Portemmonaie Quelle: Klaus Eppele - Fotolia
Mann am Schreibtisch Quelle: detailblick - Fotolia
Holzhaus Quelle: Svenni - Fotolia
VorhabenImmobilien als Kapitalanlage (Gewerbeimmobilien, Mietshäuser) werden nicht von allen Banken finanzier. Häuser in den ländlichen Gegenden der neuen Bundesländer können ebenfalls aufgrund der schlechten Zukunftsaussichten durch das Raster der Bank fallen. Quelle: dpa
Verfallene Häuser Quelle: dapd
Neubau Quelle: obs

Die Maßnahme blieb in Deutschland nicht ohne Nebenwirkungen. So vielen auch die Zinsen für eine private Immobilienfinanzierung massiv. Und weil sich der Finanzkrise auch noch gleich die Staatsschuldenkrise anschloss, hält die Talfahrt bis heute an. Allein in den vergangenen 24 Monaten fielen die Zinsen bei den günstigsten Anbietern für Hypothekendarlehen mit 10-jähriger Zinsbindung nochmals von rund vier Prozent auf heute nur noch zwei Prozent. Noch in den 90er Jahren verlangten Banken zweistellige Prozentzahlen für eine neue Hypothek.

Die dänischen Immobilienfinanzierer orientieren sich hingegen am Cibor, der Copenhagen Inter-Bank Offered Rate. Das ist ein Interbankenzins, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen und der durch eine Umfrage unter Banken ermittelt wird. Der Cibor war zwischen 2006 und 2008 von rund vier auf mehr als sechs Prozent gestiegen, danach aber innerhalb eines Jahres auf rund zwei Prozent abgestürzt. Aktuell verleihen sich die Banken untereinander Geld  zu nur noch 0,7 Prozent. Auf diesem niedrigen Niveau bewegt er sich bereits seit dem Sommer 2012.

Hypothekenverschulden pro Kopf in der EU

Misstrauen vor anderen Geldanlagen

Die niedrigen Zinsen beflügeln grundsätzlich in beiden Ländern den Immobilienmarkt. In Deutschland lösten die Niedrigzinsphase und die Angst vor einem Zusammenbruch des Währungsraumes einen Ansturm der Immobilienkäufer aus. Befeuert wurde dieser zusätzlich von dem Misstrauen vieler Sparer gegenüber anderen Geldanlagen und den skandalumwitterten Banken. Betongold - wie Immobilien wieder häufiger genannt werden - galt und gilt hingegen als krisenfestes Investment. So ist die Eigentumsquote hierzulande - also der Anteil der Haushalte mit Wohneigentum - seit 2008 von 43 Prozent auf aktuell geschätzte 48 Prozent gestiegen.

In Dänemark hat Wohneigentum hingegen einen höheren Stellenwert. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung wohnt in den eigenen vier Wänden. Zudem besitzen viele Dänen auch noch ein Ferienhaus auf dem Land. Diese Sommerhäuschen sind fester Bestandteil der dänischen Kultur. Der Immobilienmarkt ist in Dänemark daher auch ein gewichtiger Faktor für die Gesamtwirtschaft. Denn Wohneigentümer geben auch viel Geld für Möbel oder Handwerker aus.

Wie Eigenheimbesitzer an Geld vom Staat kommen
Die Bundesregierung will Eigenheimbesitzern das Energiesparen mit Zuschüssen schmackhaft machen. Dazu will sie ab dem Jahr 2014 acht Jahre lang jedes Jahr 300 Millionen Euro bereitstellen. Wer das Geld unter welchen Bedingungen bekommt, ist noch nicht klar. Wer nicht warten kann, bis ein neuer Fördertopf gefüllt ist, kann den Staat schon jetzt über Förderprogramme und Steuervorschriften an der Sanierung seines Hauses beteiligen. Quelle: dpa
HerstellkostenVermieter beteiligen das Finanzamt über Erhaltungsausgaben und Herstellkosten an den Umbauten. Bei der Steuererklärung sollten sie jedes Wort auf die Goldwaage legen, denn nur, was der Fiskus als Erhaltungskosten akzeptiert, kann sofort in voller Höhe die Steuer mindern. Quelle: dpa
DenkmalWer eine denkmalgeschützte Immobilie saniert, kann in den ersten acht Jahren jeweils neun Prozent und weitere vier Jahre bis zu sieben Prozent der Herstellkosten abschreiben. Quelle: dpa
SanierungsgebietBesitzer einer Immobilie im ausgewiesenen städtebaulichen Entwicklungs- oder Sanierungsgebiet können acht Jahre lang bis zu neun Prozent der Herstellkosten für die Instandsetzungen als Abschreibungen geltend machen. Quelle: dpa
HandwerkslohnVon Reparaturrechnungen für die Renovierung, Erhaltung oder Modernisierung der eigenen vier Wände können 20 Prozent der Lohn- und Fahrkosten des Handwerkers maximal 1.200 Euro pro Jahr direkt von der Steuerschuld abgezogen werden. Maximal begünstigt sind also 6.000 Euro Handwerkerlohn, die auf der Rechnung getrennt ausgewiesen und vom Konto bezahlt worden sein müssen. „Verteilen Sie Sanierungen auf verschiedene Jahre“, rät Stefan Walter, Geschäftsführer der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus und Grund. Quelle: dpa
Mieter beteiligenVermieter, die durch Sanierungen den Wohnwert verbessern oder den Mietern durch die Modernisierungen helfen, Energie und Wasser einzusparen können maximal elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Für Renovierungen an selbst genutzten Immobilien hat sich die Taktik der kleinen Schritte bewährt, sagt Experte Walter. Quelle: dpa
Anschaffungsnaher AufwandDer Käufer eines gebrauchten Hauses hat meist einiges zu reparieren. Doch Vorsicht: Wer in den ersten drei Jahren mehr als 15 Prozent des Kaufpreises investiert, hat nach Ansicht der Finanzverwaltung anschaffungsnahen Aufwand, der über 50 Jahre verteilt abgeschrieben werden muss. Davon geht der Fiskus auch aus, wenn neuer Wohnraum geschaffen oder der Gebrauchswert wesentlich verbessert wurde. Schönheitsreparaturen sind zum Beispiel keine Wohnwertverbesserung. Leichter haben es Menschen, die mit Immobilien beschenkt wurden oder sie geerbt haben. Sie können alle Instandsetzungen sofort abschreiben. Quelle: dapd

Traumhafte Wertsteigerungen

Die Immobilienpreise stiegen in Dänemark daher schon sehr viel länger als in Deutschland. Nach Jahren mit leichten Schwankungen starteten sie in Dänemark Mitte der 90er Jahre richtig durch. Zum Ende des Jahrtausends erfuhren dänische Immobilien jährliche Preissteigerungsraten von bis 15 Prozent - und das mehrere Jahre hintereinander. Als dann zwischen 2000 und 2003 die Preisanstiege bis auf ein Plus von 5,2 Prozent im Jahr zurückgingen, griff die Regierung ein. 2003 entschied sie, Hauskäufern zehn tilgungsfreie Jahre zu ermöglichen. Daraufhin zogen die Immobilienpreise erneut mit zweistelligen Wachstumsraten an - bis 2007 aufgrund der Finanzkrise und einigen Bankenpleiten in Dänemark die Preise einbrachen. Die Blase platzte und die Preise korrigierten bis heute zeitweise um ein Drittel nach unten.

Zwei Finanzierungskulturen

Eine derart dynamische Entwicklung kann Deutschland nicht vorweisen. Jahrelang wenn nicht jahrzehntelang dümpelten die Immobilienpreise dahin. Erst mit Ausbruch der Finanzkrise zogen die Immobilienpreise seit 2008 deutlich an. Im Schnitt liegen die Preise für Wohneigentum aber nur 15 Prozent über dem Niveau von vor fünf Jahren. Zwar fiel der Anstieg vor allem in den Metropolen wie München oder Berlin noch deutlich höher aus, Experten sind jedoch überzeugt, dass bis auf wenige Stadtteile in diesen Metropolen in Deutschland aufgrund des deutlichen Nachholbedarfs noch nicht zu einer Immobilienpreisblase gekommen ist. "Wir sehen bundesweit keine Blasenbildung bei den Immobilienpreisen", sagt etwa Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher des Immobilienfinanzierers Dr. Klein. Die Muttergesellschaft von Dr. Klein, die Hypoport AG, analysiert regelmäßig den Markt für Immobilienfinanzierung in Deutschland. "Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bewegten sich die Immobilienpreise in Deutschland lange Zeit auf extrem niedrigem Niveau und steigen erst in den vergangenen Monaten. Allerdings gibt es in Ballungszentren wir Hamburg und München durchaus Gebiete, in denen sich regionale Blasen gebildet haben", so Gawarecki.

Die zehn häufigsten Fehler bei der Baufinanzierung

Dänen haben keine Angst vor Schulden

Die Gefahren in Dänemark liegen nach der scharfen Preiskorrektur jedoch weniger in weiter fallenden Immobilienpreisen begründet, sondern vielmehr in der Art der Finanzierung und der Kultur des Schuldenmachens begründet. Denn offenbar haben Dänen keine Angst vor Schulden. Christian Baumann vom deutsch-dänischen Immobilienunternehmen Triacon International berät Banken und gewerbliche Investoren mit in Not geratenen Immobilien, die oftmals in Finanzierungsschwierigkeiten stecken. Das eigentliche Problem war nach seiner Einschätzung schon vor der Finanzkrise entstanden, als die Immobilienpreise noch von Jahr zu Jahr in die Höhe kletterten - teilweise mit zweistelligen Wachstumsraten.

Die gesetzliche Einführung der Immobilienfinanzierung mit zehn tilgungsfreien Jahren 2003 hat die Kreditspirale und die Immobiliennachfrage nur zusätzlich angeheizt - und die Banken verdienten prächtig daran. Denn die steigenden Immobilienwerte hätten Banken dazu genutzt, um ihren Bestandskunden gleich neue Darlehen anzubieten. Als Sicherheit diente der bislang noch unbeliehene Immobilienwert. "Eigentlich hätten die Dänen für die spätere Schuldentilgung sparen müssen. Stattdessen nahmen viele neue Darlehen für die Einbauküche oder ein neues Auto auf", sagt Baumann. "Oder die Banken empfahlen den Kauf von Aktien als Geldanlage für die spätere Tilgung. Aber auch die sind wie die Immobilien inzwischen deutlich weniger wert. Technisch gesehen, sind viele Hauskäufer schon insolvent, weil sie nun ihr Eigenheim zu 115 oder mehr Prozent beliehen haben."

Gefährlicher Cocktail

Wo das Häuschen am teuersten ist
Platz 20: NürnbergWer sich im idyllischen Nürnberg niederlassen und ein Einfamilienhaus erwerben will, muss schon tiefer in die Tasche greifen. Der Quadratmeterpreis lag 2012 bei 2844 €. 2007 waren die Käufer mit 2755 € noch ein ganzes Stück günstiger dabei – im nationalen Vergleich lag die mittelfränkische Stadt damals jedoch noch auf Platz 9. Quelle: empirica Kauf- und Mietpreis Ranking für das zweite Quartal 2012 Quelle: dpa
Platz 19: FürthIn Fürth tat nicht nur die Fußballmannschaft einen großen Sprung in die 1. Bundesliga. Auch die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sind gehörig angestiegen. Zahlte man 2007 noch 2541€ für den Quadratmeter (Platz 20), sind es in diesem Jahr schon 2931. Quelle: dpa
Platz 18: HamburgNicht jeder wird sich in der Hansestadt mit einem Hausboot zufrieden geben – mag es auch noch so pittoresk erscheinen. Wer ein „richtiges“ Eigenheim erwerben will, zahlt 2012 2938 € für den Quadratmeter. Auch hier wäre es 2007 mit 2501 € (Platz 23) günstiger gewesen. Quelle: dpa
Platz 17: SchwabachUnd noch ein Städtchen aus Mittelfranken, dass es in die Top 20 geschafft hat. Für ein Eigentumswohnhaus zahlte der Käufer 2012 im Schnitt 3005 € pro Quadratmeter. Im nationalen Schnitt lag die Stadt 2007 sogar noch weiter vorn – da brachte der Kaufpreis von 2622 € noch den 16. Platz ein. Im letzten Jahr war es dann allerdings nur Platz 30 (2582€). Quelle: PR
Platz 16: AugsburgDie Fuggerei in Augsburg zählt zu den ältesten Sozialsiedlungen der Welt. Zu einem unschlagbaren Preis von 88 Cent Kaltmiete im Jahr können hier Bedürftige unterkommen. Wer sich in Augsburg hingegen ein eigenes Heim leisten will, muss dafür schon deutlich mehr Geld einplanen: Im Durchschnitt kostet ein Quadratmeter dort 3065 €. Quelle: dpa
Platz 15: Baden-BadenIn dem bekannten Kurort steigen die Preise für Einfamilienhäuser stetig. 2007 zahlten Käufer noch 2318 € pro Quadratmeter, im vergangenen Jahr waren es schon 2793 €. In diesem Jahr überschreitet der Quadratmeterpreis erstmals 3000 €. Mit 3073 € kommt Baden-Baden auf Platz 15 im Ranking. Quelle: dpa
Platz 14: ErlangenAuch in der kleinsten bayrischen Großstadt steigen die Kosten für ein Eigenheim. Trotzdem verliert Erlangen im Ranking an Boden. Schaffte es die Stadt 2007 mit Platz 10 noch knapp in die Top Ten, kommt sie mit 3129 € pro Quadratmeter in diesem Jahr nur auf den 14. Platz. Quelle: dpa

In Deutschland ist die Finanzierung schon seit jeher konservativ geprägt - und sie ist es im Immobilienboom auch geblieben. Eine tilgungsfreie Finanzierung - zum Beispiel mit einem endfälligen Kredit, bei dem am Ende der Laufzeit die Schulden auf einen Schlag zurückgezahlt werden müssen - ist in Deutschland immer noch die absolute Ausnahme. Stattdessen haben die sinkenden Zinsen vielmehr dazu geführt, dass mehr zurückgezahlt wird. Lag der Tilgungssatz 2008 noch bei fast zwei Dritteln der Finanzierungen bei einem Prozent, so liegt er nach neuesten Zahlen Immobilienmarktanalysten von Hypoport inzwischen bei durchschnittlich 2,2 Prozent. Gleichzeitig haben sich immer mehr Darlehensnehmer die rekordtiefen Zinsen über einen längeren Zeitraum gesichert. "Die durchschnittliche Zinsbindung hat sich seit 2009 um rund drei Jahre verlängert", bestätigt Gawarecki.

Der beste Weg zur günstigen Baufinanzierung: Der Vergleich aktueller Hypothekenzinsen. Die Zinsmeldungen der Vermittler werden von Banken und Hausfinanzierern regelmäßig überprüft.

Typisch für den deutschen Hauskäufer ist allerdings auch, dass er weit überwiegend Eigenkapital in die Finanzierung einbringt und den Kaufpreis so nicht komplett über eine Hypothek finanziert. Gawarecki sieht dort kaum Änderungen bei den Finanzierung in den vergangenen Jahren: "Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ist der durchschnittliche Beleihungsauslauf in Deutschland sehr stabil bei 75 bis 80 Prozent." Deutsche Käufer tragen somit im Schnitt ein Viertel des Kaufpreises aus eigener Tasche. Bei normaler Bonität des Kunden wird dieser Eigenkapitalanteil von den Banken in aller Regel auch erwartet. Viele Banken bieten zudem nur maximal 80-Prozent-Finanzierungen an. Dennoch haben die niedrigen Zinsen auch in Deutschland sicher Hauskäufer angelockt, die sich unter normalen Marktbedingungen eine Finanzierung sonst nicht leisten könnten. Anders als in Dänemark bilden sie in Deutschland jedoch die eher die Ausnahme als die Regel.

Wo die Immobilienpreise am höchsten sind
Platz 11: DortmundDie Ruhr-Metropole zählt zu den vergleichsweise günstigen Großstädten. In den vergangenen zwölf Monaten waren die Preise dort sogar rückläufig. Kaufpreis pro Quadratmeter: 1.330 Euro Preisveränderung: - 0,7 Prozent* *Preisentwicklung der vergangenen zwölf Monate. Quelle: dpa
Platz 10: EssenKaufpreis pro Quadratmeter: 1.420 Euro Preisveränderung: - 0,7 Prozent Quelle: dpa
Platz 9: LeipzigKaufpreis pro Quadratmeter: 1.460 Euro Preisveränderung: + 3,5 Prozent Quelle: dpa
Platz 8: DresdenKaufpreis pro Quadratmeter: 1.780 Euro Preisveränderung: + 9,2 Prozent Quelle: ap
Platz 7: KölnKaufpreis pro Quadratmeter: 2.240 Euro Preisveränderung: + 5,2 Prozent Quelle: dpa
Platz 6: BerlinKaufpreis pro Quadratmeter: 2.430 Euro Preisveränderung: + 11,5 Prozent Quelle: dpa
Platz 5: StuttgartKaufpreis pro Quadratmeter: 2.640 Euro Preisveränderung: + 10,5 Prozent Quelle: dpa

In Dänemark hingegen gilt es offenbar als wenig clever, seine Ersparnisse für einen Immobilienfinanzierung zu opfern, wenn die Banken einen sogar drängen, noch mehr Kredit aufzunehmen. Laut Baumann sind in Dänemark inzwischen viele Verbraucher davon überzeugt, dass die tilgungsfreie Finanzierung nur auf Druck der Finanzlobby zustande kam. Er glaubt, dass die Fälle von Zahlungsunfähigkeit und Zwangsversteigerungen unter privaten Hauseigentümern durchaus zunehmen werden. "Die Zinsen sind noch weiter gefallen und die tilgungsfreien Immobilienkredite werden auch weiterhin vergeben. Zwar bewerten die Banken die Bonität ihrer Kunden vorsichtiger. Aber noch immer können Hauskäufer ohne oder mit nur fünf Prozent Eigenkapital bis zum dreieinhalbfachen ihres Jahresgehalts bei den Banken problemlos finanzieren."

Deutsche grundsolide, Dänen glücklich

Wo die Immobilienblase wächst
RegensburgIn vielen bayerischen Städten beispielsweise übersteigen die Immobilienpreise die erwarteten Mieteinnahmen um ein vielfaches. Innerhalb der letzten fünf Jahre stiegen die Immobilienpreise dreimal so schnell wie die Mieten. Quelle: dpa
WürzburgÄhnlich gefährlich sieht es in Würzburg aus. Dort halten sich Angebot und Nachfrage im Moment noch die Waage, doch Experten meinen, auch hier braue sich etwas zusammen. Von „massiven Preisübertreibungen“ ist die Rede. Quelle: dpa
JenaAuch anderswo in Deutschland schießen die Immobilienpreise durch die Decke. Attraktive Studentenstädte wie Erlangen und Freiburg aber auch Jena haben in den letzten Jahren enorme Preissteigerungen erlebt. In Jena stieg der Quadratmeter-Kaufpreis für Eigentumswohnungen in den letzten fünf Jahren um 19 Prozent. Quelle: ZB
OldenburgNoch gravierender sind die Preissteigerungen in den westdeutschen Mittelstädten. In Oldenburg lag der Kaufpreis für einen Wohnungsquadratmeter im Jahr 2006 bei 1706 Euro. Inzwischen sind die Preise um ein Viertel gestiegen. Quelle: dapd
TrierIn Trier sind die Preise im gleichen Zeitraum sogar um 26 Prozent angestiegen. Experten sehen hier allerdings eine Sondersituation: Die Nachbarschaft zum europäischen Finanzzentrum Luxemburg soll für die starken Preissteigerungen verantwortlich sein. Quelle: dpa/dpaweb
HamburgAuch in den deutschen Metropolen steigen die Preise rasant, wobei die Blasengefahr unterschiedlich eingeschätzt wird. Während in Frankfurt, Stuttgart oder Köln Kaufpreis und Miete im Gleichschritt steigen, entsteht in Hamburg im Moment ein Missverhältnis. In der Hansestadt stiegen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den letzten zwei Jahren um 22 Prozent. Quelle: dpa
MünchenEinsame Spitze bei den deutschen Immobilienpreisen bleibt allerdings München. Für eine 100 Quadratmeter-Eigentumswohnung in einem Vorort der bayerischen Hauptstadt zahlen Investoren eine halbe Million Euro. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Eigentumswohnung liegt bei 3.800 Euro. Verglichen mit anderen europäischen Städten sind das allerdings „Peanuts“,... Quelle: dpa

Dennoch ist Baumann überzeugt, dass der Immobilienmarkt nicht zusammenbrechen wird: "Ich glaube, dass die Immobilienpreise auf diesem Niveau stagnieren werden - auch wenn die Makler einem gerne glauben machen möchten, dass die Preise wieder ansteigen werden. Sicher bleiben die Immobilienpreise weiter unter Druck, aber sie werden auch nicht ins Bodenlose fallen." Tatsächlich ist der Rückgang der Immobilienpreise 2012 zum Stillstand gekommen - und die Preise zogen wieder leicht an. Einen großen Risikofaktor sieht er dennoch: "Wenn die Zinsen jetzt noch steigen sollten, dann wäre das ein gefährlicher Cocktail. Denn viele Dänen haben Ihr Eigenheimdarlehen auch noch mit einem variablen Zinssatz abgeschlossen. Dann hätten viele Kreditnehmer ein großes Problem."

Vergleicht man die Entwicklungen in Dänemark und Deutschland, so lässt sich klar konstatieren, dass die Bedingungen für einen massiven Anstieg geplatzter Immobilienkredite hierzulande nicht vorliegen. Ausnahmen bestätigen hier eher die Regel. In Dänemark hingegen wird alles darauf ankommen, dass die Banken ihre allzu lasche Kreditvergabe nur langsam zurücknehmen und schleichend auf ein konservativeres System umstellen, so dass laufende Finanzierungen möglichst keinen Schaden nehmen und die Immobilienpreise nicht noch zusätzlich unter Druck geraten.

2011 lagen die Immobilienschulden pro Kopf in Deutschland bei knapp 17.000 Euro und damit nur knapp über dem EU-Durchschnitt. In Dänemark erreichen die Pro-Kopf-Schulden hingegen einen Wert von mehr als 54.000 Euro. Nur in Norwegen liegt dieser Wert noch um ein paar tausend Euro höher. Dafür haben die Dänen noch in einer ganz anderen Disziplin die Nase vorn. Gleich in mehreren Untersuchungen wie dem "Happiness Report" oder dem "Glücksatlas 2012" erreichen die Dänen den ersten Platz. Offenbar macht nicht nur Wohneigentum und Ferienhaus glücklich, sondern  auch hohe Schulden. Zumindest tun sie der Zufriedenheit demnach keinen Abbruch. Da könnten die Deutschen Häuslebauer vielleicht doch noch etwas von den Dänen lernen.

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