Baufinanzierung So finden Sie den richtigen Immobilienkredit

Eine aktuelle Untersuchung hat ergeben, dass viele Banken ihre Kunden bei der Immobilienfinanzierung nicht ausreichend beraten. Die WirtschaftsWoche hat Tipps zusammengestellt, was Sie beim Hauskredit beachten müssen.

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Aufmacherbild Bauverträge Quelle: dpa, Montage

Eigentlich könnten Immobilienkäufer sich freuen, dank niedriger Zinsen haben sie Aussicht auf günstige Kredite. Allerdings ist die Beratung durch Banken und Kreditvermittler oft unzureichend. Das hat eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest ergeben, deren Ergebnisse am Dienstag in Berlin vorgestellt wurden. Oft wurden den Kunden zu hohe oder zu niedrige Kredite und Monatsraten oder undurchschaubare und damit schwer vergleichbare Angebote präsentiert.
Hinzu kommt, dass die Kredite zuletzt trotz Niedrigzinsen wieder teurer geworden sind. Berthold Noll, der für die Finanzierungsvermittler namens „Baugeldspezialisten“ im Rhein-Main-Gebiet Kunden betreut, kann das seinen Kunden nur schwer vermitteln. „Ausgerechnet die Zinssenkung war der Wendepunkt für die Finanzierungskonditionen.“ Steigen die Zinsen nur um 0,3 Prozentpunkte, führt das bei 100.000 Euro Kredit jährlich bereits zu Mehrkosten von 300 Euro.

Das Problem: Der Vergleichsmaßstab für die Hypothekenzinsen ist nicht der Tagesgeldzins, mit dem sich Banken das Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen. Stattdessen entscheidet über die Höhe des Finanzierungszinses die Rendite für zehnjährige Bundesanleihe. Deren Preis wird durch Angebot und Nachfrage an der Frankfurter Börse bestimmt. Anfang Mai lag die Rendite bei 0,98 Prozent und ist seitdem um knapp 46 Prozent auf aktuell 1,43 Prozent gestiegen. Mit der Rendite ging es auch bei den Finanzierungsangeboten der Banken nach oben.

In unserem Dossier bekommen Hauskäufer Tipps für die günstigste Finanzierung, Mieter und Vermieter die wichtigsten Ratschläge, wie Sie Steuern sparen und in Streitfällen zu Ihrem Recht kommen.

Noch immer gibt es sehr günstige Finanzierungsmöglichkeiten, auf manche Tricks sollten Kreditnehmer aber nicht reinfallen. Die WirtschaftsWoche hat die wichtigsten Tipps von unabhängigen Finanzierungsexperten zusammengestellt.

Günther Rodius, Finanzierungsexperte des Vermittlerpools BCA aus Oberursel.

  • Manche Banken scheuen wenig Aufwand, um ihre Konditionen besonders werbetauglich zu machen. Bei optimalen Finanzierungsvoraussetzungen ist es möglich, mit einer Eins vor dem Komma zu werben. Aber bei etwa 90 Prozent aller Finanzierungsanfragen entsprechen Faktoren wie die Bonität des Kunden oder die Qualität der Immobilie nicht diesen idealtypischen Kriterien, sodass letztendlich ein höherer Zins zum Tragen kommt.
  • Es ist ratsam, einen unabhängigen Experten zu Rate zu ziehen, der den Kunden berät und Zinsfestschreibungszeit, Ratenhöhe und besondere Vereinbarungen wie ein Sondertilgungsrecht sowie Tilgungsveränderungen individuell anpasst.
  • Schufa-Eintrag: Wer über einen Finanzierungsberater Angebote prüft, der gefährdet sein Schufa-Scoring nicht, also die Beurteilung der Bonität durch die Schufa. Denn jede eigene Finanzierungsanfrage würde ansonsten für Monate bei der Schufa gespeichert und könnte in dieser Zeit zum Beispiel bei einer Leasinganfrage zu einer Ablehnung führen.

Zinsen für die Zukunft sichern

Wo Immobilien unbezahlbar sind
So wurde gerechnetDatenbasis der diesjährigen Trendviertel-Erhebung sind reale Kaufpreise für Eigenheime und Eigentumswohnungen, die von einem der 38 Mitgliedsinstitute des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) finanziert wurden. Die Banken übermitteln die anonymisierten Verkehrswerte ihrer Kreditgutachten an das Analysehaus vdp Research.Exklusiv ausgewertet und statistisch bereinigt wurden diese Daten für jeden Postleitzahlbereich der ausgewählten 15 Städte. Handelsblatt-Trendviertel, so die Definition , sind Stadtteile, in denen die Preise für Wohneigentum zwischen 2009 und 2012 stärker als im Durchschnitt der Gesamtstadt gestiegen sind. Quelle: dpa
HamburgIn der Hansestadt kostete der Kauf von Wohneigentum im Jahr 1995 durchschnittlich das 7,06-fache eines durchschnittlichen Jahreseinkommens. Im Jahr 2008 lag der Wert bei nur noch 5,45.2012 musste man wieder das 6,67-fache seines Jahreseinkommens zahlen. Quelle: dpa
MünsterIn der beliebten Studentenstadt mit Prinzipalmarkt und dem historischen Rathaus (Foto) drehte sich das Preiskarussell nicht ganz so spektakulär. 1995 musste ein Interessent das 6,87 -fache seines Jahressalärs für eine Wohnimmobilie auf den Tisch legen.2008 war es mit dem 6,01-fachen geringfügig weniger. 2012 lag der Wert bei 6,35. Quelle: dpa
DüsseldorfDie Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen ist im bevölkerungsreichsten Bundesland das teuerste Pflaster. 1995 entsprach der Kaufwert einer Wohnimmobilie dem 8,4-fachen eines durchschnittlichen Jahreseinkommens.2008 sank der Wert deutlich auf 6,74.2012 hat der Bezahlbarkeitsindex mit 8,19 erneut ein beachtliches Niveau erreicht. Quelle: dpa
KölnIn der beliebten Rheinmetropole kommt man da günstiger davon.1995 musste ein Käufer durchschnittlich das 7,65-fache seines Jahreseinkommens für ein Eigenheim investieren.2008 war es nur das 6,74-fache. Und 2012 lag der Erschwinglichkeitsindex bereits wieder bei 7,43. Quelle: dpa
BonnIn der ehemaligen Bundeshauptstadt (Foto: Altes Rathaus) lag der Preis für Wohneigentum im Jahr 1995 bei dem 7,23-fachen eines Jahresgehalts.2008 war ein Kauf bereits mit dem 5,99-fachen möglich. Im Jahr 2012 stieg der relative Wert wieder auf 6,56. Quelle: dpa
Wiesbaden Die Hauptstadt des Bundeslandes Hessen (Foto: evangelische Marktkirche und Rathaus) gehört mit zahlreichen Thermal- und Mineralquellen zu den ältesten Kurbädern Europas. Im Jahr 1995 war der Kauf von Wohneigentum für das 8,81-fache eines durchschnittlichen Jahreseinkommens zu bewerkstelligen.2008 lag der Wert bei 7,18. Im Jahr 2012 muss der geneigte Käufe das 7,76-fache seines Jahreseinkommens berappen. Quelle: dpa
  • Kundenprofil: Welche Finanzierungslösung die passende ist, hängt vom Kunden und vom Objekt ab. Dabei prüfen die Banken die Bonität des Kunden, dazu gehört auch sein Zahlungsverhalten in der Vergangenheit, seine familiäre Situation, die Langfristigkeit und Sicherheit seines Arbeitsplatzes und vieles mehr. Bei der Immobilie entscheiden Lage, Zustand, Größe und Art des Objektes. Es ist ein Unterschied, ob ein freistehendes Einfamilienhaus als Neubau oder eine Reihenmittelhaus als Bestandsimmobilie finanziert werden soll. Beim Neubau wird die finanzierte Summe nach Baufortschritt ausgezahlt, den schauen sich die Banken genauso an, wie den Zustand des Altbaus. Entweder schicken sie einen Mitarbeiter zur Besichtigung, oder sie greifen auf Bilder und Gutachten zurück.
  • Forward-Darlehen: Wer sich heute die günstigen Konditionen für drei bis fünf Jahre sichern möchte, um dann noch eine zehnjährige Anschlussfinanzierung auf die Beine zu stellen, muss darauf achten, dass ihm kein unechtes Forward-Darlehen offeriert wird. Bei dem beginnt nämlich die Laufzeit schon beim Abschluss. Bei einem echten Forward-Darlehen beginnt die Zinsfestschreibungslaufzeit auch tatsächlich erst mit der Auszahlung des neuen Darlehens.

Warum sollte ich einen Bausparvertrag abschließen?

  • Effektivzins: Der angehende Kreditnehmer muss bei der Gegenüberstellung von Finanzierungsangeboten prüfen, ob Nebenkosten, wie zum Beispiel auch Schätzkosten entstehen und diese im Effektivzins berücksichtigt wurden.
  • Mitunter ist ein Bausparvertrag aus Renditegesichtspunkten für Auszubildende und Rentner interessant, die wegen ihres geringen Einkommens einen Anspruch auf staatliche Wohnungsbauprämie haben oder die Arbeitnehmersparzulage bekommen. Dem Rentner hilft der Bausparvertrag dann beispielsweise bei einer späteren Renovierung des Eigenheims. Während der Sparphase des Vertrages bekommt der Bausparer für seine Einzahlungen allerdings niedrige Zinsen. Dafür kann er aber mit einem festen Darlehens-Zinssatz planen für einen Kredit, der vielleicht in einem Jahrzehnt tatsächlich günstiger ist als die Darlehenszinsen am freien Markt. Verzichtet der Bausparer später auf ein Darlehen, zahlen ihm einige Anbieter zumindest die Abschlussgebühren zurück, die je nach Tarif ein oder 1,6 Prozent der Bausparsumme ausmachen. Bei den derzeit historisch niedrigen Zinsen sind Bauspardarlehen meist nicht interessant, aber bestehende Bausparverträge mit bereits eingezahltem Guthaben sollten in einer Finanzierungsplanung unbedingt ihre Berücksichtigung finden. Schließlich stellt dies Eigenkapital dar und vermindert somit den Beleihungsauslauf und ist gut für die Bonitätsbewertung.
Alle Zinsaufschläge wie beim Hypothekendarlehen sind in der Berechnung enthalten. Aber auch die unterschiedlichen Zinsaufschläge für die Vorlaufzeiten je nach Bankangebot. Keine pauschalen Aufschläge, sondern...
  • Niemand sollte sich wegen steigender Zinsen unter Druck setzen lassen. Gute Zinskonditionen können sich Immobilienkäufer auch mal ein paar Tage reservieren lassen. Und auch die Option, eine Immobilie für drei Monate zu reservieren, sollten Kaufinteressenten erwägen. Vielleicht kostet es sie 2000 Euro, wenn sie das Angebot zurückziehen, aber das ist immer noch günstiger als ein Fehlgriff beim Kauf.

Variable Tilgungshöhe bietet Spielraum

Die besten Immobilienfinanzierer
Modell eines Einfamilienhauses Quelle: dpa
Berlin Quelle: dapd
Dresden Quelle: dpa
Düsseldorf Quelle: dpa
Frankfurt Quelle: dpa
Hamburg Quelle: dpa
Hannover Quelle: dpa

Berthold Noll, Finanzierungsberater bei den Baugeldspezialisten im Rhein-Main-Gebiet:

  • Wer während der Kreditlaufzeit die Tilgungshöhe zwei bis dreimal verändern kann, hat Spielraum bei steigenden oder plötzlich sinkenden Einkommen. Können ein hoher Bonus oder das Weihnachtsgeld als Sondertilgung eingesetzt werden, beschleunigt das die Kreditrückzahlung und spart letztlich Zinsen.

In unserem Dossier bekommen Hauskäufer Tipps für die günstigste Finanzierung, Mieter und Vermieter die wichtigsten Ratschläge, wie Sie Steuern sparen und in Streitfällen zu Ihrem Recht kommen.
  • Die Top-Zinsen gibt es mitunter nur für Immobilienkäufer oder Bauherren, die ihre selbstgenutzte Immobilie nur bis 60 Prozent beleihen, also entsprechend viel Eigenkapital in der Hinterhand haben. Wer kein Eigenkapital einsetzt und den Kaufpreis zu 100 Prozent finanzieren muss, der zahlt mehr. Wer sich für eine Finanzierung interessiert, darf also keineswegs nur die Zinsen abfragen, sondern muss auch die Beleihungshöhe beachten.
  • Vor allem in Ballungszentren müssen Kaufinteressenten mitunter rasch ein Finanzierungsangebot aus der Tasche zaubern können. Immobilienmakler haben häufig mehrere Interessenten für die knappen Immobilien und wer am schnellsten die Finanzierungszusage und den Notartermin auf die Beine stellen kann, der macht das Rennen. Aber einen Notartermin vereinbaren ohne eine Finanzierungszusage einer Bank können nur sehr Mutige mit viel Eigenkapital und einem hohen Einkommen wagen.
  • Immobilienkäufer oder -sanierer sollten auch die Möglichkeit der vielen KfW-Darlehen von einem Berater prüfen lassen . Oft gibt es dort günstige Konditionen und spezielle Sanierungsprogramme.

Wann sollte man keinen Bausparvertrag abschließen?

Rainer Springstein, Certified Financial Planer, von der Garbe Springstein Albers Finanzplanung in Bremen:

  • Selbstständige müssen sich sehr viel Mühe geben, um die vom Banker geforderte „langfristige Kapitaldienstfähigkeit“ nachzuweisen. Sie müssen der Bank die eigene Bonität verkaufen und möglichst perfekt aufbereitet alle Unterlagen parat haben. Sie benötigen eine Finanzplanung, die Vermögen, Verbindlichkeiten, Einnahmen und Ausgaben für das Unternehmen und die Privatperson vernetzt und noch in die Zukunft fortschreibt. Dazu gehören auch Schreckensszenarien wie die Berufsunfähigkeit oder der Tod des Darlehensnehmers. In beiden Notfällen muss die weitere Darlehnstilgung, etwa durch Versicherungsleistungen, gedeckt sein.
  • Beim Feintuning einer Immobilienfinanzierung wird beispielsweise der Gesamtbetrag auf Darlehen mit verschiedenen Zinsbindungen und Tilgungsmodellen aufgeteilt. Kurze Zinsbindungen mit attraktiven Zinsen kommen zum Einsatz, wenn damit planbare Zuflüsse wie die Auszahlung fälliger Versicherungen vorfinanziert werden.

  • Längere Zinsbindungen mit hohen Tilgungssätzen nützen dem Darlehensnehmer, denn sie sichern das derzeitige Zinsniveau gegebenenfalls kombiniert mit der Option auf eine jederzeitige, entschädigungsfreie Voll- oder Teiltilgungen nach mehr als 10 Jahren Bindung.
  • Auch variable Konditionen mit Kopplung an einen Referenzzinssatz können reizvoll sein, da man aktuell von den „politisch“ niedrigen Zinsen von deutlich unter zwei Prozent pro Jahr direkt profitiert. Das macht aber nur bei starken Bonitäten des Kunden und in der Regel erst bei Beträgen ab einer Million Euro Sinn, da man dann über Absicherungsderivate (SWAP und CAP) jederzeit Zinssicherheit zukaufen kann, wenn man es für notwendig hält, ohne die Tilgungsflexibilität vollständig einzubüßen. Es gilt der Grundsatz, dass sich die Finanzierung dem Darlehensnehmer anpassen muss und nicht umgekehrt.
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