Schätzungen des Verbands privater Bauherren (VPB) zufolge, verursachen Häuser, die zwischen 1945 und Anfang der 80er Jahre gebaut wurden - bevor die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat - Zusatzkosten für eine Sanierung von bis zu 50 Prozent. Erst nach dieser Investition wäre das alte Gebäude wieder auf dem aktuellen Stand der Technik und würde heutigen Wohnerfordernissen entsprechen. Bei einer Hausbesichtigung aber alle Sanierungsmaßnahmen und Schritte zu überblicken, dürfte aber die meisten Immobiliensuchenden überfordern. Das Einschalten eines Sachverständigen bietet daher gleich mehrere Vorzüge.
Schnelle Einschätzung
Auch wenn der Verkäufer auf eine Entscheidung drängt: Zeit für ein Gutachten sollte sein – vor allem, wenn der Verkäufer wie üblich kein Verkaufsgutachten vorlegen kann. Dabei hätte auch der Verkäufer einen Vorteil: Er kann so einschätzen, ob der vom Makler in Aussicht gestellte Verkaufserlös überhaupt realistisch ist und die Untergrenze für den erzielbaren Preis besser festlegen. Da sich aber die meisten private Verkäufer die Kosten für das Gutachten sparen wollen, sollten Sie bereit sein, dem Kaufinteressenten Zeit einzuräumen, damit dieser ein Gutachten einholen kann. Ein erfahrener Sachverständiger kann innerhalb von einigen Tagen ein brauchbares Gutachten erstellen. Die Begehung des Wunschobjektes dauert nur zwei bis drei Stunden. Schon im Anschluss kann der Gutachter seine Einschätzung mit dem Kaufinteressenten besprechen und erste Empfehlungen geben. Das kostet für ein durchschnittliches Einfamilienhaus grob geschätzt 500 Euro. Innerhalb weniger Tage wird auf Wunsch auch noch eine schriftliche Ausarbeitung der Ergebnisse erstellt. Dafür werden nochmals rund 300 Euro fällig. Aber nach etwa einer Woche hat der Kaufinteressent eine gute Basis für seine Entscheidung. „Wir urteilen in der Regel grob in drei Abstufungen: Empfehlenswert, bedingt empfehlenswert oder nicht empfehlenswert“, erklärt Verbandspräsident Penningh das Verfahren. „Bei einem älteren Gebäude ist die uneingeschränkte Empfehlung allerdings höchst selten. Häufig hängt eine Empfehlung eher davon ab, was der Hauskäufer alles sanieren will und welche finanziellen Mittel er dafür hat. “
Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Kostenschätzung Sanierungsbedarf
Ein Sachverständiger ist in der Lage zu erkennen, welche Sanierungsmaßnahmen zwingend notwendig sind und gibt dem potenziellen Hausherrn auch gleich eine erste Einschätzung des finanziellen Aufwands. Sein Hauptaugenmerk richtet er daher zunächst auf kapitale Schäden an der Statik oder auf Feuchtigkeit in Keller und Mauerwerk. Ist etwa das marode und undichte Dach zu erneuern, kann er auch einschätzen, ob nur eine teilweise Reparatur erforderlich ist, oder gleich ein komplett neues Dach samt Dachstuhl fällig ist.
Zudem kennt er die gesetzlichen Vorschriften wie etwa die Energieeinsparverordnung (EnEV), die zum Beispiel bei Sanierungsarbeiten an Dach und Fassade auch gleich die Anbringung einer Wärmedämmung vorschreibt – was teilweise zu erheblichen Kostensteigerungen führen kann. Die energetische Sanierung spielt bei den meisten Begutachtungen durch einen Sachverständigen eine wichtige Rolle.
Berücksichtigung der Umbauwünsche
Bei der Einschätzung des Sanierungsaufwandes wird der Sachverständige auch die Umbauwünsche und Vorstellungen des Auftraggebers, also des Kaufinteressenten, berücksichtigen. Da es sich bei den Gutachtern in der Regel um Architekten oder Bauingenieure handelt, können sie beurteilen, welche Maßnahmen sinnvoll, finanziell tragbar oder durch andere Maßnahmen ersetzbar sind. Kurzum: der Sachverständige wird zum Berater entsprechend der Kundenwünsche.