Baumängel Was Bauherren gegen Pfusch am Bau tun können

Kein Hausbau ohne Mängel: Fehler sind auf Baustellen alltäglich, manche von ihnen aber geradezu ruinös. Wie sich Bauherren vor Baumängeln schützen und sich gegen renitente Handwerker wehren.

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So schützen sich Immobilienkäufer vor Baumängeln
Häufige BaumängelDie häufigsten Baumängel verbergen sich im Keller, im Dach, bei der Fassade oder bei Strom-, Gas- und Wasserleitungen. Auch bei der Heizung oder den Fenstern steckt oft Pfusch oder veraltete Technik dahinter. Und nicht alle Fehler sind bei einer ersten Begehung mit bloßem Auge erkennbar. Quelle: dpa
SanierungskostenSchätzungen des Verbands privater Bauherren (VPB) zufolge verursachen Häuser, die zwischen 1945 und Anfang der 80er Jahre gebaut wurden - bevor die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat - Zusatzkosten für eine Sanierung von bis zu 50 Prozent. Erst nach dieser Investition wäre das alte Gebäude wieder auf dem aktuellen Stand der Technik und würde heutigen Wohnerfordernissen entsprechen. Bei einer Hausbesichtigung aber alle Sanierungsmaßnahmen und Schritte zu überblicken, dürfte die meisten Immobiliensuchenden überfordern. "In aller Regel unterschätzen Käufer gebrauchter Immobilien den Sanierungsbedarf", bestätigt auch Thomas Penningh, Sachverständiger und Präsident beim Verband privater Bauherren. Quelle: AP
Gutachter bestellenDamit die gebrauchte Immobilie nicht zum finanziellen Desaster wird, sollten Käufer unbedingt einen Sachverständigen hinzuziehen. Ein erfahrener Sachverständiger kann innerhalb von einigen Tagen ein brauchbares Gutachten erstellen. Die Begehung des Wunschobjektes dauert nur zwei bis drei Stunden. Schon im Anschluss kann der Gutachter seine Einschätzung mit dem Kaufinteressenten besprechen und erste Empfehlungen geben. "Wir urteilen in der Regel grob in drei Abstufungen: Empfehlenswert, bedingt empfehlenswert oder nicht empfehlenswert", erklärt Penningh vom Verband privater Bauherren. Quelle: Fotolia
Kosten für das GutachtenDie Begutachtung eines durchschnittlichen Einfamilienhauses kostet grob geschätzt 500 Euro. Innerhalb weniger Tage wird auf Wunsch auch noch eine schriftliche Ausarbeitung der Ergebnisse erstellt. Dafür werden nochmals rund 300 Euro fällig. Fähige Gutachter finden Immobilienkäufer beispielsweise bei der Industrie- und Handelskammer. Quelle: Fotolia
Geringe PreisnachlässeBei der hohen Immobiliennachfrage sind allerdings Verkäufer in aller Regel nicht bereit, deutlich von ihren Preisvorstellungen abzurücken. „Das Gutachten dient vor allem als wichtige Entscheidungsgrundlage für den Kaufinteressenten“, weiß Penningh aus Erfahrung. Dennoch: Wer harte Verhandlungen nicht scheut, sollte zumindest versuchen, den Kaufpreis zu drücken - wenigstens um die Kosten des Gutachtens. Quelle: dpa
Eine Lupe zeigt Baumängel an einem Wohnhaus Quelle: dpa, Montage
Versteckte MängelBesagte verdeckte Baumängel können sich nach Vertragsabschluss schnell zu einem großen Ärgernis entwickeln. Anders als beim Kauf von Neubauten, bei denen Bauunternehmen oder Bauträger noch mindestens fünf Jahre für verdeckte Baumängel haften müssen, kommt es bei gebrauchten Immobilien deswegen nur selten zum Schadenersatz. Denn ähnlich wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens wird eine Gebrauchtimmobilie mitsamt ihrer Mängel gekauft. Eine generelle Mängelhaftung auf Seiten des Verkäufers besteht somit entgegen landläufiger Meinung nicht. In der Regel wird diese vom Verkäufer im Kaufvertrag ohnehin wirksam ausgeschlossen. Quelle: Fotolia

Berlin ist die Hauptstadt der Baumängel: Der Flughafen Berlin-Brandenburg soll den jüngsten Aussagen von Politikern zufolge erst 2018 fertig werden, nachdem massive Baumängel umfangreiche Nacharbeiten erfordern. Selbst die neuen Bahnhöfe in Berlin haben einen Dachschaden: An Hauptbahnhof, Gesundbrunnen, Südkreuz und Potsdamer Platz stehen die Fahrgäste wegen undichter Dächer im Regen. Hinzu kommen Brandschutzmängel im neuen Einkaufszentrum Mall of Berlin, auch einige Schulen und viele Spielplätze sind aufgrund akuten Sanierungsbedarfs derzeit nicht nutzbar.

Pfusch am Bau gibt es aber nicht nur in den staatlichen Bauprojekten und Geschäftsgebäuden im chronisch klammen Berlin. Vielmehr sind sie bei allen Neubauten ganz alltäglich. Bei 100 vom Bauherrenschutzbund untersuchten Neubauvorhaben gab es in Durchschnitt 18 Mängel auf jeder Baustelle.

„Baumängel sind eher die Regel denn die Ausnahme“, weiß auch Alexander Zehe, auf Baurecht spezialisierter Anwalt in Frankfurt am Main. Mehrheitlich handelt es sich bei den typischen Baumängeln um Kleinigkeiten, die unproblematisch und schnell erledigt sind, wie etwa Ausbesserungen am Putz. „Dramatisch sind für den Bauherrn die gravierenden Baumängel, etwa weil Handwerker ohne ausreichende Kompetenz die Bauarbeiten verrichtet haben“, so Zehe.

Typische Mängel in Neubauten

Das war zum Beispiel bei der Mall of Berlin der Fall. Subunternehmer hatten Betonwände gegossen, aber Aussparungen und Löcher für Lüftung und Abwasserrohre vergessen. Das nachträgliche Bohren der Löcher und die neuerliche Prüfung durch einen Statiker verzögerten den Bau und sorgten für erhebliche Mehrkosten.

Das Problem inkompetenter Arbeiter auf den Baustellen kennt auch Thorsten Knauf. Der Ingenieur ist Sachverständiger für Bauschadenbeurteilung in Berlin und hat viel zu tun. Miese Tricks oder vorsätzliche Schlamperei will er den Handwerksbetrieben allerdings nicht unterstellen. "Ich beobachte , dass immer mehr Bauunternehmer mit unqualifiziertem Personal und ohne kompetente Bauleitung arbeiten. Viele Baumängel entstehen so durch Unwissenheit."

Dass die Technik in den vergangenen Jahren - zum Beispiel beim Thema Wärmedämmung - weit vorangeschritten ist, macht Bauen zudem komplizierter und fehleranfälliger. Die Firmen, so Knauf, würden dennoch kaum in Fort- und Ausbildung der Handwerker investieren und das Problem so verstärken.

Zudem verleitet der hohe Preis- und Wettbewerbsdruck die Baufirmen dazu, Vorschriften und handwerkliche Qualität zu vernachlässigen. "Einige Baufirmen nutzen das aus, nehmen schlechtere Qualität bei Material und Ausführung in Kauf und hoffen, dass es bis zur Bezahlung nicht auffällt", räumt Knauf ein. "Das ist aber die große Ausnahme."

Jeder zweite pocht auf Mängelbeseitigung

Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Beratungsgesellschaft Porsche Consulting förderte jüngst zu Tage: Im Durchschnitt beanstandet jeder zweite Bauherr die Qualität der Neubauten und fordert Nacharbeiten und Reparaturen. 18 Prozent der Befragten, die alle in den vergangenen fünf Jahren ein neues Haus gebaut oder gekauft haben, geraten deshalb sogar in einen Streit mit dem verantwortlichen Bauunternehmen, der schlimmstenfalls vor Gericht landet.

Hauptkritikpunkt: 43 Prozent der Befragten monierten, die Handwerksbetriebe würden getroffene Absprachen nicht einhalten. Bei etwa ebenso vielen Bauherren verzögerte sich der Baufortschritt, weil sich die beteiligten Handwerker nicht gut aufeinander abgestimmt hatten.

Typische Baumängel in Altbauten

Beim Hausbau sind in der Regel viele verschiedene Handwerksbetriebe involviert, vom Maurer über Dachdecker, Fensterbauer, Installateure, Elektriker bis hin zum Fliesenleger oder Maler. Für den gesamten Bau und die zugehörige Baubeschreibung interessieren sich die einzelnen Handwerker eher selten. Sie konzentrieren sich auf ihr „Bauwerk“ laut Werkvertrag.

Fehler können jedoch nicht nur die Bauzeit unnötig verlängern und die Baukosten erhöhen. Auch schwerwiegende Baumängel mit erheblichen Folgeschäden können daraus resultieren. Ist zum Beispiel eine Dachisolierung nicht fachkundig angebracht, können Nässe und Schimmelbefall das gesamte Gebäude in Mitleidenschaft ziehen und sogar unbewohnbar machen.

Ab der Bauabnahme tickt die Uhr

Für Bauherren kommt es daher darauf an, Baumängel so schnell wie möglich zu entdecken, zu reklamieren und beseitigen zu lassen – und zwar innerhalb der Gewährleistungsfrist. Dabei gilt grundsätzlich für alle „Werkleistungen an Gebäuden“ eine Gewährleistung von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Bauabnahme durch den Auftraggeber.

Eine sorgfältige Bauabnahme mit einem detaillierten Mängelprotokoll ist für den Bauherren somit entscheidend. Mängel, die hier nicht erfasst werden, können zwar innerhalb der Gewährleistungsfrist auch später noch reklamiert werden. Doch erhöht sich das Risiko, dass Entstehung und Ursache des Mangels später nicht mehr eindeutig festzustellen sind.

Das passiert beispielsweise, weil das Haus inzwischen bewohnt und das mangelhafte Gewerk, wie es die Baubranche nennt, nicht mehr zugänglich ist. Wird der Baumangel nicht innerhalb von fünf Jahren entdeckt und die daraus resultierenden Schäden erst später sichtbar, sind die Ansprüche auf Mängelbeseitigung und Schadenersatz verjährt.

Was nicht passt, wird passend gemacht
Baupfusch verursacht jedes Jahr Milliardenschäden. Und dafür braucht es nicht einmal einen Flughafen oder eine Philharmonie. Oft gehen private Bauherren mit einer erschreckenden Naivität an das Projekt Hausbau heran und scheuen zusätzliche Investitionen, beispielsweise in begleitende Sachverständige. Über die Hälfte aller Baumängel werden meist erst nach Jahren aufgedeckt und sind dann deutlich teurer, als es ein rechtzeitiges Gutachten gewesen wäre. Geld kann grundsätzlich kaum besser angelegt werden kann, als im eigenen Heim. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Außerdem ist Vorsicht geboten: Der Trend zum Baumangel steigt nämlich. Riskant ist dabei vor allem, dass auf Baustellen immer mehr Arbeiten an immer mehr Subunternehmer abgegeben werden. Dann sind teilweise nicht einmal mehr ausgebildete Handwerker am Werk. Auch hier spart, wer das billigste Angebot nimmt, womöglich an der falschen Stelle. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Besonders kritisch und zugleich häufig, sind beispielsweise Mängel bei Isolierung und Wärmedämmung. Anders ausgedrückt: Das Haus ist nicht ganz dicht. Im Innenbereich sind vor allem Rohr- und Elektroinstallation pfuschanfällig, sowie Badezimmer und Sanitäranlagen. Besonders beliebt: Rohre und Leitungen mit Bauschaum fixieren. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Mängel sollten vom Kunden am besten immer vor der Abnahme festgehalten werden. Dann muss der Handwerker nachweisen, dass er nicht gepfuscht hat, beziehungsweise muss nachbessern. Nach der Abnahme kehrt sich die Beweislast um, der Kunde muss nachweisen, dass gepfuscht wurde. Das ist oft schwierig. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Auch eine Teil-Abnahme mit Mängeln, bei der nur ein Teil der Rechnung beglichen wird ist möglich. Allerdings müssen diese Mängel dann vor der Übernahme schriftlich festgehalten werden. Kürzt der Kunde die Rechnung wegen festgestellter aber nicht protokollierter Mängel einfach, riskiert er eine Klage. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Sind die Mängel besonders schwerwiegend, kann und sollte die Abnahme ganz verweigert werden. Ohne Abnahme gibt es für den Handwerksbetrieb auch kein Geld, das ist gesetzlich im BGB geregelt. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Über Termine zu Arbeitsbeginn und Abnahme sollte daher auch möglichst ein schriftlicher Vertrag existieren, in dem die Daten präzise erfasst sind. Schwammige Formulierungen oder lediglich Vereinbarungen per Handschlag können zu Problemen führen. Klare Rahmenbedingungen sind vor allem am Bau zu empfehlen, denn hier treiben Verzögerungen die Kosten schon mal enorm in die Höhe. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner

Nur wer dem Bauunternehmer Arglist nachweisen kann, darf auf eine verlängerte Gewährleistung von zehn Jahren pochen. Recht eindeutig gelingt dies zum Beispiel, wenn der Bauunternehmer wichtige Bauteile oder Arbeiten aus Kostengründen einfach weglässt in der Hoffnung, dass der Bauherr es nicht bemerkt.

Ein Beispiel für solche Arglist ist etwa die weggelassene Dampfsperrfolie, die unter den Dachziegeln den Dachstuhl überspannt. Um derlei Mängel zu entdecken, ist in der Regel ein Bausachverständiger von Nöten, da sie mit fortschreitendem Bau durch andere Bauteile verdeckt werden. Auch die geforderte Materialqualität und Qualität der handwerklichen Umsetzung können meist nur Experten beurteilen.

Mängel richtig reklamieren

Um seine Rechte zu wahren und eine Mängelbeseitigung zu erwirken, sollte der Bauherr den Mangel möglichst mittels Fotos dokumentieren und dem Bauunternehmen schriftlich mitteilen. „Entscheidend ist dabei, wer Vertragspartner ist“, sagt Zehe. „Oft nutzen Bauherren bei Neubauten Komplettangebote von nur einem Anbieter. Beim Haus vom Bauträger, vom Generalunternehmer oder Fertighaushersteller ist dieser dann auch alleiniger Ansprechpartner für alle Mängelrügen.“ Der Bauherr muss also in so einem Fall nicht erst ermitteln, welcher Handwerksbetrieb für den Fehler verantwortlich ist.

Baumängel sind beim Bauunternehmen grundsätzlich schriftlich anzumahnen. Außerdem ist es zwingend erforderlich, dem Handwerker in dem Schreiben eine angemessene Frist für die Beseitigung des Baumangels einzuräumen. Nur dann sind später rechtliche Schritte gegen den Handwerker auch durchsetzbar.

Folgekosten nicht beseitigter Baumängel

Bleibt aber die Frage, was eine angemessene Frist ist. Die ist vom Einzelfall abhängig. Für Nachbesserungen der Malerarbeiten genügen vielleicht ein paar Tage. Ist das Dach undicht, können auch mehrere Wochen angemessen sein.

„Der verantwortliche Unternehmer wird den Baumangel zunächst prüfen. Sofern er den Mangel als solchen akzeptiert, wird er selbst eine Prognose abgeben, wie lange die Beseitigung dauert“, weiß Anwalt Zehe aus Erfahrung. Bauherren könnten somit eine angemessene Frist aushandeln. „Dabei muss der Bauherr aber keine Rücksicht auf Terminengpässe und personelle Auslastung des Handwerksbetriebs nehmen. Die Zeit muss lediglich ausreichen, um die Arbeiten fachgerecht ausführen zu können“, rät Zehe.

Wenn der Maurer mauert

Schwieriger wird es, wenn der Handwerker den Schaden nicht beseitigt, weil er den Mangel als solchen oder seine Verantwortung dafür abstreitet. Dann muss der Bauherr beweisen, dass tatsächlich ein Baumangel vorliegt, den das beauftragte Unternehmen zu verantworten hat.

Dementsprechend kommt der Baubeschreibung zum Vertrag mit dem Bauunternehmer große Bedeutung zu. Dort sollten alle Arbeiten und die Beschaffenheit des Werks detailliert beschrieben sein. Weicht das Ergebnis von der Baubeschreibung ab, liegt offensichtlich ein Baumangel vor. Hier muss die Baufirma belegen, dass sie gemäß Baubeschreibung gearbeitet hat.

Abweichende Baubeschreibung als Beleg

Ist die Baubeschreibung jedoch wie in vielen Fällen lücken- oder fehlerhaft, greifen allgemeingültige Maßstäbe. Laut Gesetz liegt ein Baumangel vor, wenn ein Bauwerk nicht den vereinbarten Eigenschaften entspricht oder nach den Regeln der Technik und der handwerklichen Sorgfalt nicht die zu erwartenden Eigenschaften und Funktionen aufweist, wie sie bei Bauwerken gleicher Art üblich sind.

Diese Maßgabe gilt für ein Fertighaus ebenso wie für das Architektenhaus oder Einzelarbeiten wie das neue Badezimmer, die neuen Rollläden oder den neuen Fliesenboden.

Weigert sich der Bauunternehmer oder Handwerker hartnäckig, den Mangel anzuerkennen und seine Beseitigung zuzusagen, bleiben dem Bauherrn verschiedene Optionen.

Sachverständigen rufen

Sperrt sich der Bauunternehmer mit Sätzen wie „Das machen wir schon seit 20 Jahren so“, kann im ersten Schritt ein Gutachten durch einen Sachverständigen helfen. Daraus geht hervor, wo die Ursachen der Mängel liegen und wie viel ihre Beseitigung kostet. So ein privates Gutachten reicht in vielen Fällen aus, um den Bauunternehmer zum Einlenken zu bewegen.

„Vor allem große und seriöse Baufirmen lenken oft ein. Ungefähr 40 bis 50 Prozent meiner Mandate enden nicht vor Gericht“, berichtet Ralf Wortmann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Magdeburg. Nachteil: So ein Privatgutachten ist vor Gericht meist nicht verwendbar, weil es nur von einer Vertragspartei in Auftrag gegeben wurde.

Häufige Handwerkertricks

Wer unsicher ist, ob ein privates Gutachten ausreicht, um den Bauunternehmer von seiner Gewährleistungspflicht zu überzeugen, sollte einen Anwalt konsultieren. „Zum Anwalt gehen die Bauherren, wenn sie merken, dass sie mit ihren Forderungen beim Bauunternehmer nicht weiter kommen, oder wenn ein baubegleitender Sachverständiger einen schwerwiegenden Mangel feststellt“, weiß Wortmann aus Erfahrung. „Das passiert in jeder Bauphase, manchmal auch erst nach Abnahme des Baus.“

Beweise für späteren Rechtsstreit sichern

Mit Hilfe eines Anwalts können Bauherren dann auch ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren erwirken, ohne dass es deswegen zur Klage und zum Prozess kommen muss. Dazu wird ein Gutachter vom Gericht bestellt, der das Haus auf Baumängel und ihre Ursachen untersucht. Dessen Beurteilung überzeugt viele Handwerksbetriebe, weil sie auch in einem möglichen Prozess vom Gericht anerkannt wird.

Kommt es zum Prozess und der Bauunternehmer wird verurteilt, muss dieser auch die Gutachterkosten des Beweissicherungsverfahrens tragen. Gegenüber einem privaten Gutachten hat dieser Weg jedoch den Nachteil, dass auch mal ein halbes Jahr dauern kann, bis das Gutachten vorliegt.

Wer es eilig hat - etwa, weil der neue Wohnraum dringend benötigt wird oder das Budget keine weiteren Verzögerungen erlaubt -, kann zunächst mit einbehaltenen Abschlagszahlungen, Privatgutachten und Schreiben vom Anwalt den Druck auf die Baufirma erhöhen.

Vor Gericht ziehen

Ist eine Einigung mit diesen Mitteln nicht möglich, bleiben der Weg zum Anwalt und die Klageerhebung. Ein Gerichtsverfahren ist allerdings für beide Vertragspartner riskant, oftmals langwierig und teuer. Viele Gerichtsverfahren enden daher mit einem außergerichtlichen Vergleich. Nicht selten ermuntern die Richter selbst dazu.

Alte Heizkessel raus und dickere Wärmedämmung
Dickere Dämmung, bessere HeiztechnikFür Neubauten gilt mit der nächsten Stufe der EnEV, die ab dem 1. Januar 2016 greift, eine erneute Erhöhung der energetischen Anforderungen. So muss der Primärenergiebedarf der Anlagentechnik in Neubauten gegenüber den Grenzwerten der EnEV 2015 nochmals um 25 Prozent sinken, die Wärmeverluste der Gebäudehülle sind nochmals um rund 20 Prozent zu senken. Grundsätzlich ist dabei egal, durch welche Materialien und Technologien die Einsparung erzielt wird. Konkret müssen Bauteile mit einem niedrigeren Wärmeleitkoeffizienten verbaut werden, die Heizungstechnik benötigt in der Regel die Unterstützung durch regenerative Energiequellen, etwa durch eine Solaranlage zur Warmwassererzeugung. Bestandgebäude sind von den strengeren Vorschriften ausgenommen. Quelle: dpa
Ein Mann bringt Dämmplatten an Quelle: dpa
Haus und Mann vor Heizkessel Quelle: dpa Picture-Alliance
Symbolbild zu Immobilienanzeigen Quelle: obs
Jemand stellt die Temperatur an einer Heizung ein Quelle: dpa
Wasserzähler Quelle: dpa
Eine Frau vor einem Kaminofen Quelle: dpa Picture-Alliance

Den Rechtsstreit vor Gericht zu entscheiden, lohnt sich ohnehin frühestens ab einer Schadensumme von etwa 5000 Euro. Das Gros der Verfahren dreht sich um mindestens fünfstellige Beträge. Das Anwaltshonorar muss der klagende Bauherr zudem vorstrecken, weil sich fast alle Rechtsschutzversicherungen aus den schwer kalkulierbaren und oft kostspieligen baurechtlichen Streitereien raushalten.

Nach einer Auswertung von 1800 Mandaten durch den Bauherren-Schutzbund beträgt der durchschnittliche Streitwert bei Rechtstreitigkeiten im Baurecht bei 42.000 Euro. Vor Gericht ist dabei mit durchschnittlich 8000 Euro an Gerichts- und Anwaltskosten zu rechnen. Gelingt eine außergerichtliche Einigung, sind dafür 4000 Euro zu veranschlagen, für ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren sind im Mittel 7000 Euro fällig.

Typische Gutachterkosten liegen bei 3000 Euro, als Faustformel sollte der Hausbesitzer dafür ein bis zwei Prozent der Baukosten einplanen - je nach Größe des Objekts und Aufwand. Für die oft finanziell strapazierten Häuslebauer ist ein Rechtsstreit insgesamt oft zu teuer. Zudem verschlingen die Gerichtsverfahren viel Zeit.

Vor Gericht gewonnen und trotzdem verloren

Hinzu kommt, dass selbst ein Urteil zu Gunsten des Bauherrn diesem nicht immer weiterhilft. Verbreitet können kleine Handwerksbetriebe hohe Schadenersatzzahlungen und Gerichtskosten gar nicht zahlen und gehen pleite. Dann kann der Bauherr nur hoffen, dass er zumindest teilweise entschädigt wird.

Baurechtsexperte Wortmann berichtet von einem besonders eklatanten Fall. „Im vergangenen Jahr schloss ich den Fall einer mangelhaften Bodenplatte bei einem Einfamilienhaus ab. Statt der vom Statiker vorgeschriebenen Stahlbetonbewehrung hatte der Baubetrieb den Beton nur mit nicht zugelassenen Stahlfasern versetzt. Später bildeten sich Risse in den Wänden“, erinnert sich Wortmann. „Das Gericht verurteilte den Unternehmer zu 230.000 Euro Schadenersatz, denn ohne Abriss und Neubau war der Mangel nicht zu beheben.“ Auch die hohen Verfahrenskosten sollte der Handwerker tragen.

Der verurteilte Bauunternehmer meldete daraufhin Insolvenz an. „Die Kläger sind leider auf einem Großteil ihrer Prozesskosten sitzen geblieben“, erinnert sich Wortmann. Nun leben die Kläger in dem schadhaften Haus - mit einem mulmigen Gefühl. „Mit einer baubegleitenden Qualitätskontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigen hätte dieser Mangel schon in der Bauphase frühzeitig verhindert werden können“, ist sich Wortmann sicher.

Auch Architekten können für Baumängel schadenersatzpflichtig sein, wenn sie fehlerhaft geplant haben oder bei der Bauüberwachung nachlässig waren. „Wenn solche Fehler tatsächlich nachweisbar sind, lohnt sich eine Klage gegen Architekten fast immer, denn es gibt kein Insolvenzrisiko, da jeder Architekt über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen muss“, sagt Fachanwalt Wortmann.

Ratschläge zur Vermeidung von Ärger

Der beste Rat für Bauherren und solche die es werden wollen ist daher, schon von Anfang alle Register zu ziehen, um späteren Ärger zu vermeiden. „Die Probleme sind bei kleinen wie bei großen Bauvorhaben durchaus ähnlich. Fehler sind oft programmiert, wenn die Planung Lücken zulässt – zum Beispiel beim präzisen Ablauf auf der Baustelle“, erklärt Heiner von der Laden von Porsche Consulting.

„Die Planung verantwortet aber nicht der Bauherr. Er sollte sich auf die Kompetenz der Fachleute verlassen können. Die Koordination der diversen Fachbetriebe vor Ort muss schon in der Planungsphase beachtet werden. Clevere Bauherren erkundigen sich vor Vertragsschluss bei fertiggestellten Projekten des jeweiligen Unternehmens, ob tadellose Leistungen erbracht wurden.“

Sind Bauunternehmen und kompetenter Planer gefunden, gilt das Augenmerk dem Bauvertrag und der zugehörigen Baubeschreibung. Eine juristische Vertragsberatung vor Vertragsabschluss, in der Leistungsbeschreibung, Zahlungsplan und Vertragsklauseln geprüft und falls nötig geändert werden, ist empfehlenswert. Je nach Aufwand gibt es so eine Beratung vom Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht schon ab 250 Euro.

Teilzahlungen dosieren, Sicherheit fordern

Gerade der Zahlungsplan im Bauvertragsentwurf sollte von einem Experten geprüft werden, weil ausstehende Zahlungen das wichtigste Druckmittel gegenüber den Baufirmen sind. „Oft ist der Zahlungsplan zu kopflastig, mit zu hohen Zahlungen in der frühen Bauphase, für die kein Gegenwert auf der Baustelle vorhanden ist“, sagt Anwalt Wortmann. „Gerät der Bau ins Stocken und meldet die Baufirma Insolvenz an, steht dem Bauherrn dann nicht mehr genügend Geld zur Verfügung, um den Bau mit anderen Firmen zu Ende zu führen.“

Hohe Abschlagszahlungen in der ersten Bauphase sind daher zu vermeiden. Im Gegenteil sollten Bauherren möglichst früh ihre vertraglichen Interessen absichern. „Vielen privaten Bauherren ist nicht bekannt, dass ihnen der Gesetzgeber mit § 632a Abs. 3 BGB bereits seit 2009 das Recht eingeräumt hat, schon mit der ersten Abschlagsrechnung ihrer Baufirma eine Erfüllungssicherheit in Höhe von fünf Prozent der gesamten Bauvertragssumme verlangen zu können“, erklärt Wortmann.

Leistet die Baufirma eine solche Sicherheit nicht, können die fünf Prozent von den Abschlagszahlungen einbehalten werden. „Dies bedeutet für die Bauherren eine erhebliche Verbesserung ihrer Vermögenslage im Falle einer Insolvenz des Werkunternehmers. Das Recht sollten sie unbedingt in Anspruch nehmen“, empfiehlt Wortmann.

Baubegleitende Kontrolle ist ein Muss

Für eine fachliche Prüfung der Baubeschreibung und die fortlaufende Kontrolle der Bauarbeiten ist ein von der Baufirma unabhängiger Fachmann zu empfehlen. Dafür kommen typischerweise der Architekt oder ein Bauingenieur in Frage. Sie überprüfen das Bauvorhaben in wichtigen Bauphasen auch auf weniger offensichtliche Mängel.

„Vermutlich ist die Dunkelziffer bei Baumängeln, die nicht innerhalb der Gewährleistung entdeckt oder beanstandet werden, recht hoch. Daher lohnt es sich, beim Eigenheimbau frühzeitig ein paar tausend Euro in einen versierten Sachverständigen zu investieren“, bestätigt auch Heiner von der Laden von Porsche Consulting. „Von strafferer Organisation, Planung und Umsetzung eines Bauvorhabens profitieren beide Seiten: der Bauherr erhält die Leistung wie versprochen, der Bauunternehmer hat einen zufriedenen Kunden und muss weniger nacharbeiten“, erklärt von der Laden. Unter dem Strich sparen beide Seiten Zeit, Geld und Ärger.

Für acht bis zehn Besichtigungen durch einen baubegleitenden Fachmann sind je nach Umfang und Region 2000 bis 4000 Euro aufzuwenden. „Dieses Geld ist gut angelegt und sollte vom Bauherrn von vornherein mit einkalkuliert werden“, rät der Magdeburger Anwalt Wortmann. So würden Mängel frühzeitig entdeckt und verhindert. „Zudem hat die baubegleitende Qualitätskontrolle einen gewissen Erziehungseffekt und führt oft dazu, dass die beteiligten Handwerker von vornherein sorgfältiger arbeiten.“ Und das ist es ja, was Bauherren vorrangig wünschen. Die Chancen auf ein stressfreie Bauabnahme steigen so rapide.

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