Berlin ist die Hauptstadt der Baumängel: Der Flughafen Berlin-Brandenburg soll den jüngsten Aussagen von Politikern zufolge erst 2018 fertig werden, nachdem massive Baumängel umfangreiche Nacharbeiten erfordern. Selbst die neuen Bahnhöfe in Berlin haben einen Dachschaden: An Hauptbahnhof, Gesundbrunnen, Südkreuz und Potsdamer Platz stehen die Fahrgäste wegen undichter Dächer im Regen. Hinzu kommen Brandschutzmängel im neuen Einkaufszentrum Mall of Berlin, auch einige Schulen und viele Spielplätze sind aufgrund akuten Sanierungsbedarfs derzeit nicht nutzbar.
Pfusch am Bau gibt es aber nicht nur in den staatlichen Bauprojekten und Geschäftsgebäuden im chronisch klammen Berlin. Vielmehr sind sie bei allen Neubauten ganz alltäglich. Bei 100 vom Bauherrenschutzbund untersuchten Neubauvorhaben gab es in Durchschnitt 18 Mängel auf jeder Baustelle.
„Baumängel sind eher die Regel denn die Ausnahme“, weiß auch Alexander Zehe, auf Baurecht spezialisierter Anwalt in Frankfurt am Main. Mehrheitlich handelt es sich bei den typischen Baumängeln um Kleinigkeiten, die unproblematisch und schnell erledigt sind, wie etwa Ausbesserungen am Putz. „Dramatisch sind für den Bauherrn die gravierenden Baumängel, etwa weil Handwerker ohne ausreichende Kompetenz die Bauarbeiten verrichtet haben“, so Zehe.
Typische Mängel in Neubauten
In 19 Prozent der vom Institut für Bauforschung untersuchten Baumängel gab es ein Problem mit dem Rohbau, der Statik oder der Dachkonstruktion. Damit ist dieser häufiger von Neubaumängel betroffen als jeder andere.
Das Haus in eine dicke Isolierschicht zu packen, ist inzwischen für Neubauten sogar durch die Energie-Einsparverordnung (EnEV) vorgeschrieben. 13 Prozent der Mängel sind hier angesiedelt.
Ebenfalls in 13 Prozent der Fälle gibt es Mängel an Estrichböden oder dem Wandputz bzw. den Trockenbauwänden im Hausinneren.
Bei der Isolierung der Gebäudehülle sowie dem baulichen Brand- und Schallschutz kommt es häufig zu fehlerhafter Ausführung. Zwölf Prozent der Mängel an Neubauten entfallen auf dieses Gewerk.
Auch ohne Wärmedämmung, Abdichtungen und Isolierschichten beziehen sich noch immer neun Prozent der Neubaumängel auf die Bereiche Fassade und Dach.
Jeweils acht Prozent der untersuchten Neubaumängel betreffen Fenster sowie Türen oder die Luftdichte Ebene. Die technischen Anlagen eines Neubaus sind in sieben Prozent der Fälle mangelhaft, vier Prozent betreffen die Bausicherheit.
Nach einer Untersuchung des Instituts für Bauforschung und des Bauherren-Schutzbundes haben 45 Prozent der Baumängel in Neubauten ihre Ursache in einer fehlerhaften Ausführung der Arbeiten durch die Handwerker. In einem Viertel der Fälle liegt der Fehler in der Bauleitung, bei rund 20 Prozent handelt es sich um Planungsfehler. Fehlerhaftes Material ist in nicht einmal sechs Prozent der Fälle die Ursache.
Planungs- und Ausführungsfehler sind häufig auf eine fehlerhafte Bau- und Leistungsbeschreibung zurückzuführen. Gerade mal ein Prozent der Baubeschreibungen entsprechen durchgängig den geforderten Mindeststandards. Mehr als die Hälfte ist zwar im Wesentlichen vollständig, aber die Beschreibungen sind fehlerbehaftet. Bei 42 Prozent der Baubeschreibungen sind die gewünschten und benötigten Leistungen unvollständig oder nicht eindeutig beschreiben. In vier Prozent der Fälle fehlen sogar wesentliche Angaben und die Leistungsbeschreibung ist mangelhaft. Die Fehler betreffen vor allem notwendige Unterlagen und technische Nachweise, den Bereich Planung und Bauleitung, Erdarbeiten sowie die allgemeinen Objektangaben.
Das war zum Beispiel bei der Mall of Berlin der Fall. Subunternehmer hatten Betonwände gegossen, aber Aussparungen und Löcher für Lüftung und Abwasserrohre vergessen. Das nachträgliche Bohren der Löcher und die neuerliche Prüfung durch einen Statiker verzögerten den Bau und sorgten für erhebliche Mehrkosten.
Das Problem inkompetenter Arbeiter auf den Baustellen kennt auch Thorsten Knauf. Der Ingenieur ist Sachverständiger für Bauschadenbeurteilung in Berlin und hat viel zu tun. Miese Tricks oder vorsätzliche Schlamperei will er den Handwerksbetrieben allerdings nicht unterstellen. "Ich beobachte , dass immer mehr Bauunternehmer mit unqualifiziertem Personal und ohne kompetente Bauleitung arbeiten. Viele Baumängel entstehen so durch Unwissenheit."
Dass die Technik in den vergangenen Jahren - zum Beispiel beim Thema Wärmedämmung - weit vorangeschritten ist, macht Bauen zudem komplizierter und fehleranfälliger. Die Firmen, so Knauf, würden dennoch kaum in Fort- und Ausbildung der Handwerker investieren und das Problem so verstärken.
Zudem verleitet der hohe Preis- und Wettbewerbsdruck die Baufirmen dazu, Vorschriften und handwerkliche Qualität zu vernachlässigen. "Einige Baufirmen nutzen das aus, nehmen schlechtere Qualität bei Material und Ausführung in Kauf und hoffen, dass es bis zur Bezahlung nicht auffällt", räumt Knauf ein. "Das ist aber die große Ausnahme."
Jeder zweite pocht auf Mängelbeseitigung
Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Beratungsgesellschaft Porsche Consulting förderte jüngst zu Tage: Im Durchschnitt beanstandet jeder zweite Bauherr die Qualität der Neubauten und fordert Nacharbeiten und Reparaturen. 18 Prozent der Befragten, die alle in den vergangenen fünf Jahren ein neues Haus gebaut oder gekauft haben, geraten deshalb sogar in einen Streit mit dem verantwortlichen Bauunternehmen, der schlimmstenfalls vor Gericht landet.
Hauptkritikpunkt: 43 Prozent der Befragten monierten, die Handwerksbetriebe würden getroffene Absprachen nicht einhalten. Bei etwa ebenso vielen Bauherren verzögerte sich der Baufortschritt, weil sich die beteiligten Handwerker nicht gut aufeinander abgestimmt hatten.
Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Beim Hausbau sind in der Regel viele verschiedene Handwerksbetriebe involviert, vom Maurer über Dachdecker, Fensterbauer, Installateure, Elektriker bis hin zum Fliesenleger oder Maler. Für den gesamten Bau und die zugehörige Baubeschreibung interessieren sich die einzelnen Handwerker eher selten. Sie konzentrieren sich auf ihr „Bauwerk“ laut Werkvertrag.
Fehler können jedoch nicht nur die Bauzeit unnötig verlängern und die Baukosten erhöhen. Auch schwerwiegende Baumängel mit erheblichen Folgeschäden können daraus resultieren. Ist zum Beispiel eine Dachisolierung nicht fachkundig angebracht, können Nässe und Schimmelbefall das gesamte Gebäude in Mitleidenschaft ziehen und sogar unbewohnbar machen.
Ab der Bauabnahme tickt die Uhr
Für Bauherren kommt es daher darauf an, Baumängel so schnell wie möglich zu entdecken, zu reklamieren und beseitigen zu lassen – und zwar innerhalb der Gewährleistungsfrist. Dabei gilt grundsätzlich für alle „Werkleistungen an Gebäuden“ eine Gewährleistung von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Bauabnahme durch den Auftraggeber.
Eine sorgfältige Bauabnahme mit einem detaillierten Mängelprotokoll ist für den Bauherren somit entscheidend. Mängel, die hier nicht erfasst werden, können zwar innerhalb der Gewährleistungsfrist auch später noch reklamiert werden. Doch erhöht sich das Risiko, dass Entstehung und Ursache des Mangels später nicht mehr eindeutig festzustellen sind.
Das passiert beispielsweise, weil das Haus inzwischen bewohnt und das mangelhafte Gewerk, wie es die Baubranche nennt, nicht mehr zugänglich ist. Wird der Baumangel nicht innerhalb von fünf Jahren entdeckt und die daraus resultierenden Schäden erst später sichtbar, sind die Ansprüche auf Mängelbeseitigung und Schadenersatz verjährt.
Nur wer dem Bauunternehmer Arglist nachweisen kann, darf auf eine verlängerte Gewährleistung von zehn Jahren pochen. Recht eindeutig gelingt dies zum Beispiel, wenn der Bauunternehmer wichtige Bauteile oder Arbeiten aus Kostengründen einfach weglässt in der Hoffnung, dass der Bauherr es nicht bemerkt.
Ein Beispiel für solche Arglist ist etwa die weggelassene Dampfsperrfolie, die unter den Dachziegeln den Dachstuhl überspannt. Um derlei Mängel zu entdecken, ist in der Regel ein Bausachverständiger von Nöten, da sie mit fortschreitendem Bau durch andere Bauteile verdeckt werden. Auch die geforderte Materialqualität und Qualität der handwerklichen Umsetzung können meist nur Experten beurteilen.
Mängel richtig reklamieren
Um seine Rechte zu wahren und eine Mängelbeseitigung zu erwirken, sollte der Bauherr den Mangel möglichst mittels Fotos dokumentieren und dem Bauunternehmen schriftlich mitteilen. „Entscheidend ist dabei, wer Vertragspartner ist“, sagt Zehe. „Oft nutzen Bauherren bei Neubauten Komplettangebote von nur einem Anbieter. Beim Haus vom Bauträger, vom Generalunternehmer oder Fertighaushersteller ist dieser dann auch alleiniger Ansprechpartner für alle Mängelrügen.“ Der Bauherr muss also in so einem Fall nicht erst ermitteln, welcher Handwerksbetrieb für den Fehler verantwortlich ist.
Baumängel sind beim Bauunternehmen grundsätzlich schriftlich anzumahnen. Außerdem ist es zwingend erforderlich, dem Handwerker in dem Schreiben eine angemessene Frist für die Beseitigung des Baumangels einzuräumen. Nur dann sind später rechtliche Schritte gegen den Handwerker auch durchsetzbar.
Folgekosten nicht beseitigter Baumängel
Wird ein Baumangel nicht rechtzeitig erkannt, drohen hohe Folgekosten. Das Institut für Bauforschung und der Bauherren-Schutzbund haben baubegleitende Qualitätskontrollen ausgewertet und anhand von Fallbeispielen nachgerechnet, was eine Mängelbeseitigung an verschiedenen Gebäudeteilen kostet und in welcher Höhe Schäden entstehen, wenn eine Reparatur ausbleibt.
Einen Mangel am Dach zu beheben kostet im Beispiel 4500 Euro. Dadurch konnten Bauschäden in Höhe von rund 30.000 Euro vermieden werden.
Eigentlich keine große Sache: Im Beispiel kostet die Beseitigung von Mängeln an Fenstern und Türen 1000 Euro. Zugluft und Feuchtigkeit hätten die Hausbesitzer in der Folge etwa 15.000 Euro gekostet.
Mangelhafte Abdichtungen, etwa an der Duschwanne, können schon Reparaturkosten von 6000 Euro verursachen, wie ein Fallbeispiel zeigt. So bleiben dem Immobilienbesitzer jedoch Folgekosten von 14.500 Euro erspart
Eine schadhafte Wärmedämmung kann zum Beispiel nass werden. Dann drohen nicht nur der Verlust der Isolierfunktion, sondern auch Folgeschäden am Haus durch Nässe, Schimmelbildung und Fäulnis. Eine mangelhafte Wärmeisolierung zu reparieren kosten im Mittel nur 2000 Euro. Bleibt die Reparatur aus, drohen Folgekosten von durchschnittlich 41.000 Euro. In diesem Fall müsste die gesamte Dämmung ersetzt werden.
Zum Beispiel sollen Dampfsperren aus spezieller Folie Kondenswasser in der Dachisolierung verhindern, über undichte Türen und Fenster kann permanent Wärme entweichen und Feuchtigkeit eindringen. Ist die notwendige Luftdichtheit nicht gegeben, lässt sich dieser Missstand im Durchschnitt für 3500 Euro beheben. Ohne diesen Aufwand drohen Bauchäden in Höhe von 20.000 Euro.
Bleibt aber die Frage, was eine angemessene Frist ist. Die ist vom Einzelfall abhängig. Für Nachbesserungen der Malerarbeiten genügen vielleicht ein paar Tage. Ist das Dach undicht, können auch mehrere Wochen angemessen sein.
„Der verantwortliche Unternehmer wird den Baumangel zunächst prüfen. Sofern er den Mangel als solchen akzeptiert, wird er selbst eine Prognose abgeben, wie lange die Beseitigung dauert“, weiß Anwalt Zehe aus Erfahrung. Bauherren könnten somit eine angemessene Frist aushandeln. „Dabei muss der Bauherr aber keine Rücksicht auf Terminengpässe und personelle Auslastung des Handwerksbetriebs nehmen. Die Zeit muss lediglich ausreichen, um die Arbeiten fachgerecht ausführen zu können“, rät Zehe.
Wenn der Maurer mauert
Schwieriger wird es, wenn der Handwerker den Schaden nicht beseitigt, weil er den Mangel als solchen oder seine Verantwortung dafür abstreitet. Dann muss der Bauherr beweisen, dass tatsächlich ein Baumangel vorliegt, den das beauftragte Unternehmen zu verantworten hat.
Dementsprechend kommt der Baubeschreibung zum Vertrag mit dem Bauunternehmer große Bedeutung zu. Dort sollten alle Arbeiten und die Beschaffenheit des Werks detailliert beschrieben sein. Weicht das Ergebnis von der Baubeschreibung ab, liegt offensichtlich ein Baumangel vor. Hier muss die Baufirma belegen, dass sie gemäß Baubeschreibung gearbeitet hat.
Abweichende Baubeschreibung als Beleg
Ist die Baubeschreibung jedoch wie in vielen Fällen lücken- oder fehlerhaft, greifen allgemeingültige Maßstäbe. Laut Gesetz liegt ein Baumangel vor, wenn ein Bauwerk nicht den vereinbarten Eigenschaften entspricht oder nach den Regeln der Technik und der handwerklichen Sorgfalt nicht die zu erwartenden Eigenschaften und Funktionen aufweist, wie sie bei Bauwerken gleicher Art üblich sind.
Diese Maßgabe gilt für ein Fertighaus ebenso wie für das Architektenhaus oder Einzelarbeiten wie das neue Badezimmer, die neuen Rollläden oder den neuen Fliesenboden.
Weigert sich der Bauunternehmer oder Handwerker hartnäckig, den Mangel anzuerkennen und seine Beseitigung zuzusagen, bleiben dem Bauherrn verschiedene Optionen.
Sachverständigen rufen
Sperrt sich der Bauunternehmer mit Sätzen wie „Das machen wir schon seit 20 Jahren so“, kann im ersten Schritt ein Gutachten durch einen Sachverständigen helfen. Daraus geht hervor, wo die Ursachen der Mängel liegen und wie viel ihre Beseitigung kostet. So ein privates Gutachten reicht in vielen Fällen aus, um den Bauunternehmer zum Einlenken zu bewegen.
„Vor allem große und seriöse Baufirmen lenken oft ein. Ungefähr 40 bis 50 Prozent meiner Mandate enden nicht vor Gericht“, berichtet Ralf Wortmann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Magdeburg. Nachteil: So ein Privatgutachten ist vor Gericht meist nicht verwendbar, weil es nur von einer Vertragspartei in Auftrag gegeben wurde.
Häufige Handwerkertricks
Die meisten Beschwerden über Handwerker erreichen Schiedsstellen und Verbraucherschützer wegen überhöhter Rechnungen, die deutlich über den Kostenvoranschlag hinaus gehen. Grundsätzlich ist ein Kostenvoranschlag aber unverbindlich – die Branche spricht auch von einem „freibleibenden Angebot“. Damit kann der Handwerker mit seiner Rechnung auch über den Kostenvoranschlag hinausgehen. Gerichte erkennen Preiserhöhungen von zehn bis 20 Prozent noch als vertretbar an. Der Handwerker ist nur dann an den Kostenvoranschlag gebunden, wenn explizit ein Festpreis, also ein verbindlicher Kostenvoranschlag, vereinbart wurde.
Das Angebot vieler Handwerker „ohne Rechnung wird es etwas billiger“ mag verlockend klingen, schließlich spart der Kunde so mindestens die Mehrwertsteuer. Der Haken: Wer Handwerker schwarz beschäftigt, hat auch keinen Gewährleistungsanspruch. Die Durchsetzung von Mängelbeseitigungen wird erschwert. Handwerker dürfen im Vertrag aber die Gewährleistung ausschließen. Prüfen Sie das Kleingedruckt und die AGB daraufhin. Wird dort etwa statt der sonst üblichen Gewährleistung nach Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) die Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauarbeiten (VOB/B) vereinbart, schränkt dies die Gewährleistung ebenfalls ein.
Wer aus Not nachts einen Installateur oder Schlüsseldienst kommen lässt, muss mit Zuschlägen für den Nacht- oder Wochenendeinsatz von 50 bis 70 Prozent auf den üblichen Stundenlohn leben. Mehr ist unüblich und zu beanstanden. Ein Zuschlag auf die Gesamtrechnung ist unzulässig. Und Handwerker, die mittags gerufen werden, aber erst nach der regulären Arbeitszeit auftauchen, dürfen auch keine Zuschläge verlangen.
Was tun, wenn statt eines erwarteten Handwerkers zwei vor der Tür stehen? Sicher, es gibt Arbeiten, für die vier Hände nötig sind. Aber zum einen muss der Auftraggeber das nur da, wo nötig, akzeptieren. Zum anderen sollte er darauf achten, dass die ungelernte Hilfskraft, die als Handlanger fungiert, auf der Rechnung nicht als teurer Facharbeiter auftaucht - mit deutlich höherem Stundensatz.
Vielleicht haben Sie das schon erlebt, als Sie mir Ihrem Auto zur Inspektion in eine Werkstatt fuhren: Anstatt sich auf den fälligen Ölwechsel und Filteraustausch zu beschränken, eröffnet Ihnen der Mechaniker, die Stoßdämpfer seien angeschlagen und sollten getauscht werden. Für einen Laien ist das schwer zu überprüfen. Wer aber einen zweiten, vertrauensvollen Automechaniker um Überprüfung bittet, erfährt mitunter, dass es die Stoßdämpfer noch tun und erst getauscht werden sollten, wenn sie tatsächlich die Funktion verweigern. Über Schlüsseldienste zum Beispiel gibt es immer wieder Beschwerden, sie würden unnötigerweise bei der Öffnung einer Tür auch das Schloss beschädigen und unnötigen Ersatz verkaufen und installieren. Ist die Waschmaschine defekt, genügt manchmal ein Stück Schlauch für die Reparatur, der Handwerker baut aber gleich eine neue Pumpe ein. Eine zweite Meinung kann auch hier helfen, viel Geld zu sparen.
Gerade bei Bauarbeiten ist dem fertigen Werk aber nicht unbedingt anzusehen, welche Materialien darin verarbeitet wurden. Kritiker von Baupfusch beklagen immer wieder, dass Arbeiten nicht gemäß der Bauvorschriften durchgeführt wurden und zum Beispiel zu wenig Isoliermaterial Anwendung fand. Eine Prüfung der Dekra ergab, dass es im Hausbau durchschnittlich 32 Mängel gibt. Auf der Abrechnung sieht es dann aber so aus, als entspräche alles den Bauvorschriften.
Grundsätzlich gibt es Materialien, bei denen auch mit Verschnitt gerechnet werden muss, zum Beispiel bei Bodenbelägen oder Wandfliesen. Zuviel sollte es aber nicht sein. Die Versuchung ist groß, deutlich zu viel Material zu berechnen, als tatsächlich benötigt. Vor allem da, wo es von außen nicht sofort ersichtlich ist. Handwerker sollten in der Lage sein, zu erklären wo und wie viel sie von dem Material verwendet haben.
In der Regel sollten Handwerker nicht mehr als 15 Minuten Autofahrt berechnen. Muss der Handwerker nochmal zurück zum Betrieb um fehlende Ersatzteile oder Werkzeug zu holen, muss der Kunde das nicht zahlen. Es ist das Versäumnis des Handwerkers. Für die Zeit der Abwesenheit kann natürlich auch kein Stundenlohn verlangt werden. Schlüsseldienst fielen Verbraucherschützer oft negativ auf, weil sie in den Gelben Seiten mit lokalen Rufnummern werben, aber letztlich ein Callcenter die Anfragen entgegen nimmt und Handwerker mit langer Anfahrt zum Kunden schickt.
Wer unsicher ist, ob ein privates Gutachten ausreicht, um den Bauunternehmer von seiner Gewährleistungspflicht zu überzeugen, sollte einen Anwalt konsultieren. „Zum Anwalt gehen die Bauherren, wenn sie merken, dass sie mit ihren Forderungen beim Bauunternehmer nicht weiter kommen, oder wenn ein baubegleitender Sachverständiger einen schwerwiegenden Mangel feststellt“, weiß Wortmann aus Erfahrung. „Das passiert in jeder Bauphase, manchmal auch erst nach Abnahme des Baus.“
Beweise für späteren Rechtsstreit sichern
Mit Hilfe eines Anwalts können Bauherren dann auch ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren erwirken, ohne dass es deswegen zur Klage und zum Prozess kommen muss. Dazu wird ein Gutachter vom Gericht bestellt, der das Haus auf Baumängel und ihre Ursachen untersucht. Dessen Beurteilung überzeugt viele Handwerksbetriebe, weil sie auch in einem möglichen Prozess vom Gericht anerkannt wird.
Kommt es zum Prozess und der Bauunternehmer wird verurteilt, muss dieser auch die Gutachterkosten des Beweissicherungsverfahrens tragen. Gegenüber einem privaten Gutachten hat dieser Weg jedoch den Nachteil, dass auch mal ein halbes Jahr dauern kann, bis das Gutachten vorliegt.
Wer es eilig hat - etwa, weil der neue Wohnraum dringend benötigt wird oder das Budget keine weiteren Verzögerungen erlaubt -, kann zunächst mit einbehaltenen Abschlagszahlungen, Privatgutachten und Schreiben vom Anwalt den Druck auf die Baufirma erhöhen.
Vor Gericht ziehen
Ist eine Einigung mit diesen Mitteln nicht möglich, bleiben der Weg zum Anwalt und die Klageerhebung. Ein Gerichtsverfahren ist allerdings für beide Vertragspartner riskant, oftmals langwierig und teuer. Viele Gerichtsverfahren enden daher mit einem außergerichtlichen Vergleich. Nicht selten ermuntern die Richter selbst dazu.
Den Rechtsstreit vor Gericht zu entscheiden, lohnt sich ohnehin frühestens ab einer Schadensumme von etwa 5000 Euro. Das Gros der Verfahren dreht sich um mindestens fünfstellige Beträge. Das Anwaltshonorar muss der klagende Bauherr zudem vorstrecken, weil sich fast alle Rechtsschutzversicherungen aus den schwer kalkulierbaren und oft kostspieligen baurechtlichen Streitereien raushalten.
Nach einer Auswertung von 1800 Mandaten durch den Bauherren-Schutzbund beträgt der durchschnittliche Streitwert bei Rechtstreitigkeiten im Baurecht bei 42.000 Euro. Vor Gericht ist dabei mit durchschnittlich 8000 Euro an Gerichts- und Anwaltskosten zu rechnen. Gelingt eine außergerichtliche Einigung, sind dafür 4000 Euro zu veranschlagen, für ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren sind im Mittel 7000 Euro fällig.
Typische Gutachterkosten liegen bei 3000 Euro, als Faustformel sollte der Hausbesitzer dafür ein bis zwei Prozent der Baukosten einplanen - je nach Größe des Objekts und Aufwand. Für die oft finanziell strapazierten Häuslebauer ist ein Rechtsstreit insgesamt oft zu teuer. Zudem verschlingen die Gerichtsverfahren viel Zeit.
Vor Gericht gewonnen und trotzdem verloren
Hinzu kommt, dass selbst ein Urteil zu Gunsten des Bauherrn diesem nicht immer weiterhilft. Verbreitet können kleine Handwerksbetriebe hohe Schadenersatzzahlungen und Gerichtskosten gar nicht zahlen und gehen pleite. Dann kann der Bauherr nur hoffen, dass er zumindest teilweise entschädigt wird.
Baurechtsexperte Wortmann berichtet von einem besonders eklatanten Fall. „Im vergangenen Jahr schloss ich den Fall einer mangelhaften Bodenplatte bei einem Einfamilienhaus ab. Statt der vom Statiker vorgeschriebenen Stahlbetonbewehrung hatte der Baubetrieb den Beton nur mit nicht zugelassenen Stahlfasern versetzt. Später bildeten sich Risse in den Wänden“, erinnert sich Wortmann. „Das Gericht verurteilte den Unternehmer zu 230.000 Euro Schadenersatz, denn ohne Abriss und Neubau war der Mangel nicht zu beheben.“ Auch die hohen Verfahrenskosten sollte der Handwerker tragen.
Der verurteilte Bauunternehmer meldete daraufhin Insolvenz an. „Die Kläger sind leider auf einem Großteil ihrer Prozesskosten sitzen geblieben“, erinnert sich Wortmann. Nun leben die Kläger in dem schadhaften Haus - mit einem mulmigen Gefühl. „Mit einer baubegleitenden Qualitätskontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigen hätte dieser Mangel schon in der Bauphase frühzeitig verhindert werden können“, ist sich Wortmann sicher.
Auch Architekten können für Baumängel schadenersatzpflichtig sein, wenn sie fehlerhaft geplant haben oder bei der Bauüberwachung nachlässig waren. „Wenn solche Fehler tatsächlich nachweisbar sind, lohnt sich eine Klage gegen Architekten fast immer, denn es gibt kein Insolvenzrisiko, da jeder Architekt über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen muss“, sagt Fachanwalt Wortmann.
Ratschläge zur Vermeidung von Ärger
Der beste Rat für Bauherren und solche die es werden wollen ist daher, schon von Anfang alle Register zu ziehen, um späteren Ärger zu vermeiden. „Die Probleme sind bei kleinen wie bei großen Bauvorhaben durchaus ähnlich. Fehler sind oft programmiert, wenn die Planung Lücken zulässt – zum Beispiel beim präzisen Ablauf auf der Baustelle“, erklärt Heiner von der Laden von Porsche Consulting.
„Die Planung verantwortet aber nicht der Bauherr. Er sollte sich auf die Kompetenz der Fachleute verlassen können. Die Koordination der diversen Fachbetriebe vor Ort muss schon in der Planungsphase beachtet werden. Clevere Bauherren erkundigen sich vor Vertragsschluss bei fertiggestellten Projekten des jeweiligen Unternehmens, ob tadellose Leistungen erbracht wurden.“
Sind Bauunternehmen und kompetenter Planer gefunden, gilt das Augenmerk dem Bauvertrag und der zugehörigen Baubeschreibung. Eine juristische Vertragsberatung vor Vertragsabschluss, in der Leistungsbeschreibung, Zahlungsplan und Vertragsklauseln geprüft und falls nötig geändert werden, ist empfehlenswert. Je nach Aufwand gibt es so eine Beratung vom Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht schon ab 250 Euro.
Teilzahlungen dosieren, Sicherheit fordern
Gerade der Zahlungsplan im Bauvertragsentwurf sollte von einem Experten geprüft werden, weil ausstehende Zahlungen das wichtigste Druckmittel gegenüber den Baufirmen sind. „Oft ist der Zahlungsplan zu kopflastig, mit zu hohen Zahlungen in der frühen Bauphase, für die kein Gegenwert auf der Baustelle vorhanden ist“, sagt Anwalt Wortmann. „Gerät der Bau ins Stocken und meldet die Baufirma Insolvenz an, steht dem Bauherrn dann nicht mehr genügend Geld zur Verfügung, um den Bau mit anderen Firmen zu Ende zu führen.“
Hohe Abschlagszahlungen in der ersten Bauphase sind daher zu vermeiden. Im Gegenteil sollten Bauherren möglichst früh ihre vertraglichen Interessen absichern. „Vielen privaten Bauherren ist nicht bekannt, dass ihnen der Gesetzgeber mit § 632a Abs. 3 BGB bereits seit 2009 das Recht eingeräumt hat, schon mit der ersten Abschlagsrechnung ihrer Baufirma eine Erfüllungssicherheit in Höhe von fünf Prozent der gesamten Bauvertragssumme verlangen zu können“, erklärt Wortmann.
Leistet die Baufirma eine solche Sicherheit nicht, können die fünf Prozent von den Abschlagszahlungen einbehalten werden. „Dies bedeutet für die Bauherren eine erhebliche Verbesserung ihrer Vermögenslage im Falle einer Insolvenz des Werkunternehmers. Das Recht sollten sie unbedingt in Anspruch nehmen“, empfiehlt Wortmann.
Baubegleitende Kontrolle ist ein Muss
Für eine fachliche Prüfung der Baubeschreibung und die fortlaufende Kontrolle der Bauarbeiten ist ein von der Baufirma unabhängiger Fachmann zu empfehlen. Dafür kommen typischerweise der Architekt oder ein Bauingenieur in Frage. Sie überprüfen das Bauvorhaben in wichtigen Bauphasen auch auf weniger offensichtliche Mängel.
„Vermutlich ist die Dunkelziffer bei Baumängeln, die nicht innerhalb der Gewährleistung entdeckt oder beanstandet werden, recht hoch. Daher lohnt es sich, beim Eigenheimbau frühzeitig ein paar tausend Euro in einen versierten Sachverständigen zu investieren“, bestätigt auch Heiner von der Laden von Porsche Consulting. „Von strafferer Organisation, Planung und Umsetzung eines Bauvorhabens profitieren beide Seiten: der Bauherr erhält die Leistung wie versprochen, der Bauunternehmer hat einen zufriedenen Kunden und muss weniger nacharbeiten“, erklärt von der Laden. Unter dem Strich sparen beide Seiten Zeit, Geld und Ärger.
Für acht bis zehn Besichtigungen durch einen baubegleitenden Fachmann sind je nach Umfang und Region 2000 bis 4000 Euro aufzuwenden. „Dieses Geld ist gut angelegt und sollte vom Bauherrn von vornherein mit einkalkuliert werden“, rät der Magdeburger Anwalt Wortmann. So würden Mängel frühzeitig entdeckt und verhindert. „Zudem hat die baubegleitende Qualitätskontrolle einen gewissen Erziehungseffekt und führt oft dazu, dass die beteiligten Handwerker von vornherein sorgfältiger arbeiten.“ Und das ist es ja, was Bauherren vorrangig wünschen. Die Chancen auf ein stressfreie Bauabnahme steigen so rapide.