Debatte im Bundesrat Streit um Immobilienkredite

Ein neues Gesetz verunsichert Banken. Angesichts steigender Ablehnungsquoten bei Immobilienkreditanfragen ist von Diskriminierung die Rede. Nun kommt Bewegung in die Sache.

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Baden-Württemberg, Hessen und Bayern wollen die Rücknahme einer neuen Wohnimmobilienkreditrichtlinie erwirken. Quelle: dpa

Berlin An dem neuen Gesetz, das die Verbraucher vor zu großen Risiken bei der Immobilienfinanzierung und die Banken vor faulen Krediten schützen soll, scheiden sich die Geister. Während das Bundesverbraucherministerium dafür wirbt, die Folgen der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die ab dem 21. März 2016 gilt, in Ruhe zu analysieren, pochen einige Bundesländer bereits jetzt auf Änderung.

„Es ist ungewöhnlich, wenn ein Gesetz ein halbes Jahr nach Verabschiedung bereits wieder auf der Tagesordnung ist“, räumte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) auf der Bundesratssitzung am Freitag ein. Aber es bestehe kurzfristiger Handlungsbedarf. Bei einigen Instituten sei die Ablehnungsquote bei Immobilienkrediten auf 20 bis 25 Prozent gestiegen. Vor allem ältere Mitbürger und junge Familien würden unter der restriktiven Kreditvergabe der Banken leiden. Das grenze an Diskriminierung, kritisierte Schäfer.

Die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) verwies auf den Fall eines älteren Ehepaares, das keinen Kredit für einen altersgerechten Umbau seines schuldenfreien Hauses von der Bank erhalten hätte. Mit Blick auf die statistische Lebenserwartung wurde es als unwahrscheinlich angesehen, dass das Ehepaar den Kredit vollständig zurückzahlen könne. „Hier ist der Gesetzgeber über das Ziel hinausgeschossen“, so Sitzmann. Wenn jüngere Familien Nachwuchs planen, würde sich das gleich negativ auf ihre Fähigkeit auswirken, den Schuldendienst zu leisten.

Die grün-schwarz geführten Landesregierungen von Baden-Württemberg und Hessen sind die Initiatoren eines Gesetzesentwurfs, mit dem einige Punkte der Wohnimmobilienkreditrichtlinie konkretisiert werden sollen. Bayern schloss sich der Gesetzesinitiative an.

Im Kern lautet der Vorwurf an das SPD-geführte Bundesverbraucherministerium, bei der Umsetzung der EU-Richtlinie Gestaltungsmöglichkeiten nicht genutzt zu haben. „Dadurch wird die Vergabe von Immobilienkrediten an eine Vielzahl von Verbrauchern erheblich erschwert oder sogar unmöglich gemacht“, heißt es in dem Antrag.


Treffen mit der Kreditwirtschaft geplant

Dagegen verwahrte sich der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Christian Lange (SPD). Sein Ministerium befindet sich im Austausch mit der Kreditwirtschaft und Verbraucherschützern und noch lägen keine belastbaren Zahlen über einen Einbruch bei der Kreditvergabe vor, sagte Lange im Bundesrat. Auch sehe das Gesetz nicht vor, dass ein Kredit innerhalb der statistischen Lebenserwartung der Kreditnehmer zurückgeführt werden müsse. Viele Banken wüssten noch nicht, wie sie das Gesetz richtig anwenden sollen.

Aber das Ministerium werde sich dem Dialog nicht verschließen. Die Gespräche mit der Kreditwirtschaft dauerten an. Man sei für Änderungen offen. Aber solange keine solide Datenbasis vorliege, sollte man auf Schnellschüsse verzichten, bat Lange. Der Gesetzesentwurf der Bundesländer wurde an die zuständigen Ausschüsse verwiesen.

Nach Informationen des Handelsblatts will sich das Ministerium Ende des Monats erneut mit Vertretern der Kreditwirtschaft zusammensetzen. Dann könnten schon Quartalszahlen Aufschluss über den weiteren Trend bei der Immobilienfinanzierung geben.

Die Kreditwirtschaft und die Immobilienbranche indes begrüßten die Gesetzesinitiative der Länder. „Wir begrüßen es, wenn auch außerhalb der Kreditwirtschaft die Notwendigkeit erkannt wird, die Umsetzung der Richtlinie zu präzisieren“, sagte Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. „Endlich reagiert die Politik und bringt Bewegung in die Sache“, assistierte der Präsident des Immobilienverbandes Deutschland, Michael Schick.

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