Eigentumswohnungen Kempten statt München

Wer in Deutschland Geld mit Wohn- und Geschäftshäusern verdienen will, sollte nicht mehr allein auf die Metropolen schauen. In kleineren Städten sind die Renditen höher – und die Immobilienwerte steigen schneller.

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Die Preise für Wohnimmobilien stiegen 2016 in der bayerischen Kleinstadt Kempten um rund 44 Prozent auf 2.120 Euro pro Quadratmeter. Quelle: Imago

Düsseldorf München spielt in der ersten Liga – nicht nur im Fußball. Auch der Immobilienmarkt der bayerischen Landeshauptstadt steht in der Rangliste der teuersten deutschen Städte seit Jahren unangefochten auf Platz eins. Das wird auch so bleiben. „München bleibt die dynamischste Stadt und sowohl der hohe Einwohnerzuwachs als auch die rekordverdächtige Leerstandsquote dürften noch über Jahre für weitere Preiserhöhungen sorgen“, schreibt die Deutsche Bank in einer Studie zum deutschen Häuser- und Wohnungsmarkt 2017. Und die herausragende Stellung hat offenbar nichts mit der Größe der Millionenstadt zu tun. Denn anders als im Fußball haben auch Kleinstädte das Zeug, in die Spitzengruppe der teuersten Wohnstädte aufzusteigen.

Das zeigt eine Untersuchung des Maklerhauses Engel & Völkers (E&V) zu den Preisen von Wohn- und Geschäftshäusern in 57 deutschen Städten. Dort führt zwar das gemäß seiner Größe zu den A-Städten zählende München mit einem Quadratmeterpreis von 5.289 Euro und einer Monatsmiete pro Quadratmeter von 16,07 Euro die Liste an. Auf Platz zwei aber folgt unmittelbar die zur Gruppe der D-Städte gehörende mittelgroße Stadt Konstanz mit 3.571 Euro und 11,34 Euro.

Das sind Durchschnittswerte auf Angebotsbasis. Die Einteilung in A- bis D-Städte basiert auf der Bevölkerungszahl. Zur Orientierung: Nürnberg ist danach eine B-, Freiburg eine C-Stadt.

Im bundesweiten Vergleich der deutschen Wohnungsmärkte ist die Stadt im Breisgau allerdings seit Jahren eines der teuersten Pflaster. Ihr hoher Freizeitwert und die attraktive Universität ziehen Menschen an. Ein Grund für Maike Brammer, Leiterin der Analyseabteilung von E&V, über neue Kriterien der Kategorisierung für deutsche Immobilienstandorte nachzudenken.

„Die größten Mietpreissteigerungen sehen wir in den schwächeren und mittleren Lagen“, stellt Brammer fest. In Berlin gelte dies etwa für die Bezirke Lichtenberg und Neukölln, weil sich die Nachfrage dorthin verschoben habe. Auf Städteebene ist dies ablesbar daran, dass die C-Stadt Offenbach 2016 mit 14,3 Prozent die höchste Mietsteigerung gegenüber dem Vorjahr unter den 57 untersuchten Kommunen erlebte und auf eine Monatsmiete von 10,21 Euro pro Quadratmeter kam.

Zum Vergleich: In der wesentlich größeren Nachbarstadt Frankfurt betrug die Miete 13,03 Euro nach einem Plus von 3,7 Prozent. Bei aller Rivalität zwischen den beiden Nachbarstädten – nicht nur im Fußball – ist zu sehen, dass viele Menschen sich Frankfurt nicht leisten können oder wollen und deshalb Offenbach eine Alternative geworden ist. Ohnehin rücken die Wohngebiete beider Städte stärker zusammen.


Mieten und Preise stoßen in den Metropolen an die Decke

Die unterschiedliche Mietentwicklung – bei den Preissteigerungsraten liegen die Städte in etwa gleich auf – bestätigt die Beobachtung vieler Makler, dass in den deutschen Metropolen die Mietobergrenzen, insbesondere in den gehoben Lagen erreicht sind. Und mit Preissteigerungsraten um die zehn Prozent wie etwa in Frankfurt hat keine Stadt eine Chance, unter die zehn Städte mit den höchsten Steigerungsraten zu kommen.

Die führt Kempten mit rund 44 Prozent auf 2.120 Euro pro Quadratmeter an, und selbst in Braunschweig auf Platz zehn sind die Quadratmeterpreise in Wohn- und Geschäftshäusern noch um gut 20 Prozent gestiegen auf 1.472 Euro pro Quadratmeter. Das Signal für Anleger fasst Expertin Brammer so zusammen: „In den teuren Lagen in den A-Städten sind die Preisobergrenzen erreicht.“

Solche Durchschnittswerte auf Angebotsbasis über unterschiedliche Bauqualitäten, Alter und  Lagen hinweg haben allerdings eine große Tücke. Werden in einer Stadt gerade große Neubaugebiete vermarktet, nimmt der Anteil der Neubauten an den gesamten Transaktionen zu. Das treibt die Preise, weil Neubauten teurer als Bestandsobjekte sind.

Von den E&V-Daten lässt sich auch nur bedingt auf die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen schließen. Auf diesem Markt konkurrieren Selbstnutzer und Kapitalanleger. Wer Wohn- und Geschäftshäuser kauft, kauft quasi mit einem Großabnehmer-Rabatt. Denn diese auch Zinshäuser genannten Mehrfamilienhäuser haben typischerweise vier bis zehn Wohnungsmieter und häufig noch Ladenlokale im Parterre.

Ein Vergleich der E&V-Zahlen mit Daten des Immobilienmarktforschungsinstituts Empirica zu den Preisen von Eigentumswohnungen, die ebenfalls auf Angebotsmieten und -preisen basieren, zeigt dies. Die Berliner ermittelten für Eigentumswohnungen aller Baujahre im vierten Quartal 2016 einen Quadratmeterpreis von 6.072 Euro, für Neubauten einen um 1.000 Euro höheren Preis. Die Monatsmieten pro Quadratmeter variieren zwischen 14,50 Euro für alle Baujahre und 16,40 für Neubauten.

Dass Preise andernorts noch stärker steigen, wird Menschen, die in den sieben Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart leben wollen kaum trösten, stellt doch Empirica fest: „Der Preisanstieg auf dem Markt für Eigentumswohnungen setzt sich in den Top-Sieben-Städten ungemindert fort.“

Die Deutsche Bank, die in ihrer Analyse die Immobilienmärkte Köln und Stuttgart auslässt, aber den Markt für Einfamilienhäuser berücksichtigt, schreibt: „Für alle hier analysierten Metropolen wie für den deutschen Häuser- und Wohnungsmarkt insgesamt erwarten wir in den kommenden Jahren weitere Preissteigerungen.“ Alle Bedingungen, wie Zinswende, massiver Neubau und nachlassende oder rückläufige Einwanderung seien aktuell noch nicht erfüllt, begründet das Institut, warum das Ende der Hochphase im gegenwärtigen Zyklus erst in ein paar Jahren erreicht werde.


Schere zwischen Miet- und Kaufpreisen öffnet sich weiter

An einem anderen Phänomen ändert das allerdings nichts: Die Schere zwischen der Entwicklung von Mieten und Preisen geht weiter auseinander. Weil die Preise schneller steigen als die Mieten sinken die Mietrenditen immer weiter. Ein Ende dieser Entwicklung vermag Brammer nicht zu prognostizieren. Vielmehr herrschen Zweifel, ob sich die Schere jemals wieder ganz schließt. Empirica verdeutlicht das Problem anhand einer anderen Kennziffer: Gemessen an der Mietentwicklung liege das Rückschlagpotenzial in den sieben Metropolen inzwischen bei 27 Prozent.

Anders ausgedrückt: Um die Schere zu schließen, müssten die Preise um 27 Prozent sinken. Doch kurzfristig könnte die Schere sogar noch weiter aufgehen, nämlich dann, wenn die Zinsen steigen. Empirica begründet diese Annahme damit, dass Anleger bei steigenden Zinsen noch schnell Immobilien kaufen wollen, bevor die Zinsen noch höher klettern als zum Kaufzeitpunkt. Ein solches Verhalten würde die Preise zusätzlich treiben. Doch mittelfristig müssen die Preise bei normalen Zinsen nachgeben, meint Empirica. Der Grund: Alternative Anlagen werden attraktiver.

Für München und Hamburg nennt E&V Kaufpreisfaktoren von 29,5 beziehungsweise 27. Das bedeutet, dass Hamburg auf drei Prozent Mietrendite zusteuert und Hamburg unter vier Prozent liegt. Für Eigentumswohnungen gilt, dass die Renditen nochmals niedriger sind. Die Frage, ob sich das noch lohne, beantwortet Brammer so: „Für viele Anleger steht inzwischen Kapitalsicherung statt Rendite im Vordergrund.“

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