Ende des Immobilienbooms Hauskäufer trotzen dem Immobilienfieber

Kühlt der Immobilienmarkt langsam ab? Die Indizien für eine Rückkehr zur Vernunft mehren sich, vor allem in den Großstädten. Wie gesund ist der Immobilienmarkt?

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Immobilien im Check Quelle: Getty Images (M)

Spätestens seit die Deutsche Bundesbank im Februar warnte, der Immobilienmarkt sei in manchen Regionen Deutschlands überhitzt und die Preise für Häuser uns Wohnungen jenseits aller Vernunft, sind Hauskäufer verängstigt. Sollte die Immobilienblase platzen, würden Häuser und Wohnungen massiv an Wert verlieren. Auch Banken könnten nervös werden, wenn ihre mit Immobilien besicherten Kredite plötzlich wackeln. Doch immer wieder haben Marktexperten Entwarnung gegeben: Nein, es gebe keine Immobilienblase, die Preise wären noch nicht überzogen.

Seit 2010 steigen die Preise für Eigentumswohnungen, Neubauten und Bestandshäuser jedoch mehr oder weniger stetig, mancherorts sogar mit zweistelligen Prozentraten pro Jahr. Vor allem Eigentumswohnungen und Neubauhäuser erleben seitdem einen Nachfrageboom, der die Preise in geradezu aberwitzige Höhen treibt.

Die Bundesbank monierte in ihrem Monatsbericht: „In den Großstädten weichen die Preise für Wohnimmobilien im Durchschnitt vermutlich um 25 Prozent nach oben ab.“ Eine Institution wie die Bundesbank sagt so etwas nicht leichtfertig.

Wo eine Immobilienblase droht
Eine deutsche Immobilienblase ist vorerst nicht zu erkennen – so lautet die Einschätzung des Empirica-Instituts. Ihr Blasenindex für 2014 zeigt in den größten Städten Deutschlands keine akute Gefahr an. Mieten, Kaufpreise und Einkommen steigen nämlich vielerorts im Gleichklang. Laut empirica drohen Blasen auf dem Immobilienmarkt erst, wenn die Kaufpreise schneller als die Mieten steigen, die Kaufpreise wiederrum schneller als die Einkommen steigen, in spekulativer Erwartung mehr Wohnungen gebaut und dafür zudem mehr Kredite aufgenommen werden. Quelle: REUTERS
In Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf ist die Bildung einer regionalen Immobilienblase in den kommenden Jahren wahrscheinlich. Gemessen am Referenzwert von 2004 ist sowohl die Anzahl die für den Erwerb einer Eigentumswohnung benötigten Jahresmieten als auch die dafür benötigten Jahreseinkommen gestiegen. Brauchte man im ersten Quartal 2004 lediglich 22,4 Jahresmieten, benötigte man 2014 bereits 25,5. Bei den Jahreseinkommen stieg die Zahl von 5,3 auf 5,9. Bei beiden Werten leuchtet die Blasenampel rot auf. Lediglich die Fertigstellung neuer Wohnungen je 1000 Einwohner macht einen stabilen Eindruck. Statt 2,1 im Jahre 2003 wurden 2012 1,8 Wohnungen je 1000 Düsseldorfer errichtet. Insgesamt herrscht in Düsseldorf eine mittelmäßig einzustufende Blasengefahr.Blasengefahr: GelbHinweis: Empirica teilt ihr Bewertungsschema zur Untersuchung der Blasengefahr in Deutschlands Großstädten in vier Kategorien ein: „Vervielfältiger“ gibt an, wie viele Jahresmieten nötig sind, um eine Eigentumswohnung erwerben zu können, „Preis-Einkommen“ misst die Anzahl der benötigten Jahreseinkommen für den Erwerb einer Eigentumswohnung, „Fertigstellungen“ zeigt, wie viele Wohnungen je 1000 Einwohner pro Quartal fertiggestellt wurden. Die vierte Kategorie beziffert die gesamte Blasengefahr für die jeweilige Stadt. Zur Kennzeichnung der Blasengefahr verwendet Empirica eine „Ampel-Logik“. Rot bedeutet akute Blasengefahr, Gelb eine mittelmäßige Blasengefahr und grün eine stabile Immobilienmarktentwicklung. Die Daten beschreiben die Entwicklung des ersten Quartals 2014 im Vergleich zum ersten Quartal 2004. Quelle: dpa/dpaweb
In den Großstädten der neuen Bundesländer sieht die Immobilienmarktsituation entspannter aus, als in den Städten der alten Länder. So steht die Ampel im Dresden in der Kategorie „Vervielfältiger“ auf grün. Im Vergleich zu 2004 sank die Anzahl der Jahresmieten für den Erwerb einer Wohnung von 25 auf 22,6. Damit liegt die Stadt unter dem bundesdeutschen Schnitt von 24,9. Bei „Preis-Einkommen“ stieg der Wert leicht von 5,4 auf 5,6. Die Ampel leuchtet hier gelb auf.Blasengefahr: Gelb Quelle: dpa
In Bremen zeigen die Indikatoren eine leichte Blasengefahr an, die schnell akut werden könnte. Die Jahresmieten stiegen um 19,9 auf 21,6, das Preis-Einkommensverhältnis um 0,1 auf 4,8. Nur die Fertigstellung neuer Wohnungen gab leicht nach von 2,2 auf 1,2.Blasengefahr: Gelb Quelle: dpa
Deutschlands teuerster Immobilienmarkt zeigt in der Empirica-Studie die deutlichsten Anzeichen einer möglichen Blasenbildung. Zwar gehört München zu den einkommensstärksten Regionen der Republik, das Preis-Einkommensverhältnis leuchtet dennoch rot auf. Wurden 2004 noch 7,3 Jahreseinkommen für eine Eigentumswohnung verlangt, waren es im ersten Quartal 2014 schon 8,8. In der Kategorie „Vervielfältiger“ stieg die Zahl von 27,7 auf 31,1. Auch hier steht die Ampel auf rot. Nur die Zahl der Fertigstellungen macht einen stabilen Eindruck. Hier stieg die Zahl der neuen Wohnungen von 2,9 auf 4,3.Blasengefahr: Gelb Quelle: dpa
Die beliebte Studentenstadt Köln gehört ebenfalls zu den eher sich erhitzenden regionalen Immobilienmärkten. Das Jahresmieten-Kaufpreisverhältnis stieg um 2,3 auf 25 und leuchtet rot auf. Das Preis-Einkommensverhältnis präsentiert sich etwas stabiler mit einem Anstieg von lediglich 0,2 auf 6,2. Im Vergleich zum Deutschlandweiten Schnitt von 4,6 liegt die Zahl allerdings klar darüber.Blasengefahr: Gelb Quelle: WirtschaftsWoche
In der Finanzmetropole Frankfurt am Main werden für den Erwerb neue Wohnungen 23,7 Jahresmieten fällig. Im ersten Quartal 2004 waren es lediglich 20,6. Das Preis-Einkommensverhältnis tendiert auf stabilen 7,2 Jahreseinkommen.Blasengefahr: Gelb Quelle: WirtschaftsWoche

Doch jetzt mehren sich die Indizien dafür, dass die Zeit der Übertreibungen vorbei ist. Denn in einigen Städten und bestimmten Segmenten des Marktes sind die Preise zuletzt deutlich langsamer gestiegen und teilweise sogar gefallen.

Sind das schon Vorboten für das Ende des Immobilienbooms? Platzt doch noch eine Immobilienblase? Droht sogar eine Trendumkehr zu fallenden Preisen bei Häusern, Wohnungen und Mieten?

Maximum in München erreicht

Vor allem in den sieben Großstädten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf sind die Preise 2013 laut Bundesbank um neun Prozent gestiegen. Seit 2010 in Deutschland der Immobilienboom losbrach, haben sich städtische Wohnimmobilien im Durchschnitt um fast ein Fünftel verteuert. Nahezu alles, was in den guten Lagen auf dem Markt kam, wurde gekauft. Allein im vorigen Jahre stiegen die Preise für Hauskäufer im Durchschnitt um 6,25 Prozent – überall, nicht nur in den Top-Wohnlagen.

Dass es regional enorme Unterschiede gibt, versteht sich von selbst. Die Zeit der Übertreibungen scheint jedoch vorbei zu sein. Käufer in den besten Lagen der begehrten Großstädte sind nicht mehr bereit, jeden Preis zu zahlen.

„Exklusive Neubauten wie die Villa auf Sylt oder das Haus am Starnberger See werden immer ihren Preis haben“, relativiert der Chefanalyst Michael Kiefer vom Immobilienportal Immoscout24. „Aber ganz allgemein ist im obersten Preissegment die Preisobergrenze offenbar inzwischen erreicht.“

Kiefer wertet regelmäßig den Datenbestand des größten deutschen Immobilienvermittlers im Internet aus. Allerdings gebe es regional große Unterschiede. In München und Hamburg sehe es nach Stagnation aus, in Frankfurt hingegen nicht.

Preisanstieg für Eigentumswohnungen verliert an Dynamik

Auch vom „Handelsblatt“ befragte Makler und Projektentwickler sprechen davon, dass die Nachfrage nach hochpreisigen Wohnungen spürbar nachgelassen habe. Neugebaute Penthouse-Wohnungen für 750.000 Euro und mehr – etwa in besten Lagen Düsseldorfs – fänden derzeit keinen Abnehmer.

Noch vor ein paar Jahren wären die Luxus-Apartments sofort weg gewesen. Da in diesem Preissegment in den vergangenen Jahren viele Neubauprojekte angeschoben wurden, befürchten einige Marktbeobachter bereits ein drohendes Überangebot bei Objekten mit Quadratmeterpreisen oberhalb von 5000 Euro.

Schon wegen der gestiegenen Grundstückspreise und Baukosten seien Neubau-Eigentumswohnungen vielerorts in diese Preisregion gestiegen. „Auf unserer Plattform stellen wir fest, dass die sehr teuren Objekte deutlich länger auf den Markt bleiben und nicht mehr so schnell verkauft werden wie noch vor zwei oder drei Jahren“, bestätigt Immobilienmarktanalyst Kiefer.

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