Ende des Immobilienbooms Hauskäufer trotzen dem Immobilienfieber

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Kaufen nicht um jeden Preis

Private Käufer sind ebenfalls immer weniger bereit, noch mehr für eine Immobilie zu bezahlen. Ihr Problem: Die Auswahl ist zu knapp. „Wir befinden uns noch immer in einem Verkäufermarkt, die Nachfrage nach Immobilien ist weiterhin deutlich höher als das Angebot“, schätzt Kiefer. „Zwar ist die Nachfrage nicht mehr weiter gestiegen, aber zurückgegangen ist sie auch nicht.“

Auch Neubauten und die Umwidmung von Gewerbe- zu Wohnimmobilien ändern daran bislang nichts.  „Die Zunahme der Neubautätigkeit in den vergangenen Jahres ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist immer noch zu wenig, vor allem gemessen daran, was in den stark nachgefragten Regionen eigentlich nötig wäre. Die Neubauten ändern an der Situation nichts“, relativiert Kiefer von Immobilienscout24.

Hier gibt es noch Immobilien-Schnäppchen
Ein Einfamilienhaus in Deutschland kostet im Schnitt 223.000 Euro. Das ist fünf Mal so viel, wie ein Bundesbürger an Einkommen im Jahr zur Verfügung hat. Rechnet man die Hauskosten durch das Jahreseinkommen, erhält man die Kaufpreis-Einkommens-Relation. Je nach Region kann sie stark variieren: Während ein Hausbesitzer im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge zweieinhalb Mal so viel für sein Haus bezahlt, wie er im Jahr verdient, muss ein Münchener das Zehnfache seiner Jahreseinkommens für das Eigenheim ausgeben. Als günstig gilt ein Kaufpreis-Einkommens-Verhältnis von unter 4,5. Rund 45 Prozent aller Kommunen in Deutschland bieten Investoren Immobilien, die das Kriterium erfüllen. Viele von ihnen liegen im Norden und Osten des Landes. Quelle: dpa-dpaweb
Dagegen müssen Menschen, die im Süden Deutschlands wohnen, wesentlich mehr Geld relativ zu ihrem Einkommen für ihre Häuser und Wohnungen aufbringen. Rund ein Fünftel aller Städte und Kommunen hat eine Kaufpreis-Einkommens-Relation, die höher als sechs liegt. Betroffen sind vor allem Großstädte wie Hamburg und München. Aber auch Ballungsräume in Nordrhein-Westfalen sowie Kommunen nahe am Meer in Schleswig-Holstein sind für ihre Bewohner tendenziell teuer. Quelle: dpa
Unter den teuren Großstädten liegt München mit einer Kaufpreis-Einkommensrelation von 10,6 ganz vorn. Es folgen die Städte Frankfurt am Main (7,9) und Stuttgart (7,8). Berlin liegt auf Platz drei mit einem Verhältnis von 7,4. Etwas günstiger wohnen die Nordlichter. In Hamburg liegt die Kaufpreis-Einkommensrelation bei 6,4 und Bremer wohnen mit einem Verhältnis von 4,3 sogar unter dem bundesweiten Schnitt (5,1). Quelle: dpa
Wer sich fragt, in welcher Kommune sich ein Hauskauf lohnt, sollte sich auch deren Zukunftsfähigkeit anschauen. Wie gut eine Gemeinde für die Zukunft gerüstet ist, berechnet das Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos. In seinem Zukunftsatlas 2013 hat Prognos anhand von Daten wie etwa der demografischen Entwicklung, der Entwicklung des Arbeitsmarktes und des Wohlstandes innerhalb einer Kommune die zukunftsfähigsten Städte, Landkreise und Dörfer identifiziert. Manche von ihnen haben außerdem eine günstige Kaufpreis-Einkommens-Relation für ihre Immobilien. Quelle: dpa
Im Westen Deutschlands ist das zum Beispiel der Landkreis Dingolfing-Landau im Südosten Bayerns. Der Kreis lebt hauptsächlich von der Autobranche. Im Dingolfinger Werk baut BMW seine Autos, eine Reihe von Zulieferern hat sich in dem Landkreis niedergelassen. Er schneidet im Prognos-Ranking sowohl bei der demografischen Entwicklung als auch in den Kategorien „Wohlstand“ und „Innovation“ gut ab. Dagegen ist die Kaufpreis-Einkommensrelation von 4,1 noch günstig. Weitere Kommunen mit hohen Zukunftschancen und einem günstigen Preis-Einkommensverhältnis: Landkreis Tutlingen in Baden-Württemberg (3,7), Landkreis Stade in der Nähe von Hamburg (3,7) und Landkreis Rhön-Grabfeld in Bayern. Quelle: dpa
Für Kommunen im Osten der Republik rechnen die Prognos-Studienmacher dagegen keine ganz so starken Zukunftschancen aus. Auch müssen die Menschen, die dort wohnen, in der Regel mehr Geld im Verhältnis zu ihrem Jahreseinkommen für ihre Häuser aufwenden, als in den am besten bewerteten Gemeinden in Westdeutschland. Dennoch gibt einige Orte die Chancen bieten. Etwa der Landkreis Mittelsachsen. Dieser bietet seinen Investoren einen ausgeglichenen Chancen-Risiko-Mix und eine Kaufpreis-Einkommens-Relation von 3,9. Auch im sächsischen Dahme-Spreewald sind die Risiken und Chancen ausgeglichen. Wer dort wohnt, muss im Schnitt viereinhalb Mal so viel für sein Haus bezahlen, wie er im Jahr verdient. Quelle: dpa-dpaweb
Interessant für Immobilieninvestoren ist auch, wie viele der Häuser und Wohnungen in einer Gemeinde bereits „vergeben“ sind. In 70 Prozent aller Kreise und kreisfreien Städte liegt die Eigentümerquote über dem Bundesdurchschnitt (46 Prozent). Dabei besitzen westdeutsche Bürger häufiger Immobilien, die Eigentümerquote liegt bei 49 Prozent. In Ostdeutschland liegt sie dagegen mit 34 Prozent unter dem deutschlandweiten Schnitt. Quelle: dpa

Dennoch glaubt Immobilienmarktforscher Eilers an eine Beruhigung der Märkte. „Die Baugenehmigungen nehmen zu, vor allem in den Ballungsgebieten. Die Frage ist daher weniger ob, sondern wann sich der Markt beruhigt. Mit fallenden Preise ist allerdings nicht zu rechnen, sondern lediglich mit einer Stabilisierung“, erklärt Eilers.

Zu wenig neuer Wohnraum

Schließlich reicht die Zahl der Neubauten bei weitem nicht aus, um die überschüssige Nachfrage zu befriedigen. Laut Statistik des Bundes sind im vergangenen Jahr 214.000 neue Wohnungen im Bundesgebiet fertiggestellt worden, davon 188.000 durch Neubauten. Genehmigt wurden sogar 272.000 neue Wohnungen. In der Rückschau ist dennoch wenig.

Zum Vergleich: Im letzten Immobilienboom vor der Finanzkrise sind bis zu 600.000 neue Wohnungen pro Jahr entstanden. Hauseigentümerverbände fordern daher seit langem eine Ausnahme von der Mietpreisbremse für Neubauten und eine vermehrte Ausweisung von Bauland für Neubauprojekte.

Subventionen für Bauvorhaben sind jedenfalls der falsche Weg. Angesichts der niedrigen Zinsen für Immobilienkredite sind auch für Bauherren die Bedingungen so günstig, dass die gestiegenen Preise für Grundstücke und höhere Baukosten dadurch überkompensiert werden.

Boom oder Blase? Wo der Hauskauf lohnt

„Ich glaube, dass sich die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank mittlerweile nicht mehr auf den Immobilienmarkt auswirkt“, schätzt Kiefer. „Die Banken werden das in dem Umfang nicht mehr an die Kunden weitergehen. Die Bauzinsen gehen höchstens noch im Promillebereich runter. Das genügt nicht, um den Boom zusätzlich zu befeuern. Auf die Immobilienpreise, die Käufer zu zahlen bereit sind, hat das keinen Einfluss.“ Am Geld scheitern die Neubauvorhaben jedenfalls nicht.

Weniger Besitzerwechsel

Gegen eine Beruhigung des Immobilienmarktes spricht laut Eilers allerdings, dass der Handel mit Immobilien rückläufig sei. „Die Zahl der Transaktionen ist den vergangenen zwei bis drei Jahren gesunken. Eigentümer halten sich mit dem Verkauf ihrer Immobilien zurück, das Angebot ist gesunken. Zusammen mit der weiter steigenden Nachfrage verursacht das weiter steigende Preise“, begründet Eilers den widersprüchlichen Markt.

Angesichts der weiter steigenden Preise wäre es auch ökonomischer Unsinn, jetzt seine Immobilie zu verkaufen, wenn nicht gerade dringend Geld benötigt wird. Schließlich bleibt die Immobilie in Zeiten der Niedrigzinsen, spärlicher Anlagealternativen und fortdauernder Risiken von Währungs- und Finanzkrisen ein sinnvoller und vergleichsweise sicherer Vermögenswert, der derzeit noch solide im Wert steigt.

Die Gefahr von raschen Wertverlusten ist jedenfalls gering. „Ich rechne damit, dass der Immobilienmarkt jetzt allmählich in eine Seitwärtsbewegung übergeht. Pro Jahr kann es schon noch ein bis zwei Prozent nach oben gehen. Aber die Zeit der großen Preissprünge ist in jedem Fall vorbei“, sagt Kiefer. Das ist kein Zeichen von Schwäche. „Insgesamt betrachte ich den Wohnungsmarkt als gesund. Er reagiert flexibel auf Schwankungen bei Angebot und Nachfrage“, resümiert auch Eilers.

Schon im Februar wollte die Bundesbank das Wort Immobilienblase lieber nicht öffentlich aussprechen. Generell wären Immobilienkäufe in Deutschland sehr solide und mit viel Eigenkapital finanziert, der Markt stabil. Wie es aussieht, behält sie Recht.

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