Das Thema energetische Gebäudesanierung ist komplex, das Interesse seitens der Handwerksbetriebe, Baustoffindustrie und nicht zuletzt auch der Regierung jedoch hoch. Da überrascht es nicht, dass beim Thema Sinn oder Unsinn von Wärmedämmung, Fenstererneuerung und Heizanlagenmodernisierung viel getrommelt, manches versprochen und so manche undifferenzierte Aussage gemacht wird, Kritiker dahinter reine Interessenpolitik vermuten und so manche Vorschrift verteufeln. Die zentrale Frage, die je nach Expertise und politischer Orientierung ganz unterschiedlich beantwortet wird, bleibt jedoch die nach der Amortisationsdauer einer Sanierung durch die eingesparten Energiekosten. Denn allem Idealismus zum Trotz wird eine umfassende Sanierung des deutschen Gebäudebestands nur erfolgen, wenn die Ersparnisse die finanziellen Lasten aufwiegen – und zwar in einem vertretbaren Zeitraum.
Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Orientierung am Verbrauch oder am Bedarf?
Woran aber können sich Hausbesitzer bei ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnung orientieren?
Dass die CDU im zitierten Jahrbuch den Energiebedarf senken will, kommt nicht von ungefähr. Entscheidend ist für den einzelnen Bauherren nämlich naheliegender Weise die Differenz zwischen dem tatsächlichen Energieverbrauch vor und nach einer Sanierungsmaßnahme. Da niemand exakt vorhersagen kann, wie sich der Verbrauch nach Sanierung entwickelt, greifen Energieberater auf eine modellhafte Berechnung anhand des Bedarfs zurück. Denn der Energiebedarf ist etwas völlig anderes als der tatsächliche Verbrauch. Er ist eine rechnerische Größe, die sich aus einer Analyse von Gebäudegröße und energetischer Qualität der Bausubstanz theoretisch errechnen lässt. Das individuelle Nutzerverhalten, die Zahl der Bewohner sowie witterungsbedingte Schwankungen bleiben dabei unberücksichtigt und werden standardisiert. Die Bedarfsrechnung ermöglicht daher die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Häusern oder über den gesamten Gebäudebestand. Für den, der aber viel Geld in die Sanierung seines Hauses investieren will und auf entsprechende Einsparungen bei den Energiekosten hofft, liefert die Bedarfsberechnung und -prognose für die Zeit nach einer Sanierung lediglich erste Anhaltspunkte für das erreichbare Einsparpotenzial. Gewissheit über den genauen Einspareffekt erlangt der Bauherr erst in den Jahren nach erfolgter Sanierungsmaßnahme, wenn er die Prognose mit den tatsächlichen Verbrauchsdaten abgleichen kann.