Grundsätzlich gilt: Im Lauf der Zeit steigt der Tilgungsanteil einer Finanzierung, der Zinsanteil fällt. Je niedriger die Zinsen sind, desto mehr Tilgung kann sich der Schuldner auch schon zu Anfang leisten, um dann mit einem kräftig reduzierten Kredit in die Phase höherer Zinsen zu gehen. Bei Niedrigzinsen wenig zu tilgen macht deshalb kaum Sinn. So wirbt etwa die Sparda-Bank Hannover für einen Zehnjahreskredit über 150.000 Euro zu 2,25 Prozent Sollzins mit einem Prozent anfänglicher Tilgung. Mit mageren 406 Euro Monatsrate wirkt dieser Kredit attraktiv. Doch selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass die Zinsen dauerhaft so niedrig bleiben, müssten Immobilienkäufer ihre Raten über 52 Jahre zahlen. Nach Ende der zehnjährigen Zinsgarantie säßen sie noch auf 133.200 Euro Restschuld und könnten mit einem teureren Folgekredit schnell Finanzprobleme bekommen.
„Kreditkunden sollten die aktuell niedrigen Zinsen lieber von Anfang an nutzen, um mehr zu tilgen“, sagt Berater Beer. Mit zwei oder drei Prozent anfänglicher Tilgung wären sie deutlich schneller raus aus den Schulden. Im Beispielfall würde der Zehnjahreskredit über 150.000 Euro bei zwei Prozent Tilgung 531 Euro pro Monat kosten. Langfristig würde sich diese höhere Rate lohnen: Bei gleichbleibendem Zins wäre die Gesamtschuld damit schon nach 34 Jahren getilgt. Die Finanzierung hätte insgesamt nur 63.800 Euro an Zinsen und Gebühren gekostet. Bei einem Prozent Tilgung, wie von der Bank vorgeschlagen, wären es hingegen 105.600 Euro Zinsen und Gebühren.
Wie Eigentümer aus Altkrediten wieder aussteigen können
Geduldige Kreditsuchende waren in den vergangenen Jahren fein raus – je länger sie warteten, desto günstiger wurde ihr Kredit. Allenfalls die steigenden Immobilienpreise vermiesten ihnen die Laune. Wer seinen Kredit schon aufgenommen hatte, musste sich hingegen ärgern: Mit jeder Woche wurde aus dem vermeintlichen Zinsschnäppchen plötzlich eine teure Altlast – zumindest im Vergleich zu Neukrediten.
Das muss nicht sein. In einigen Fällen können Kunden von teuren Altverträgen auf günstige Neukredite umsatteln:
Läuft ein Kredit besonders lang, können Kunden laut Gesetz nach zehn Jahren mit Sechs-Monats-Frist kündigen. Mehr als 10,5 Jahre sind sie also nie gebunden.
Viele Banken haben ihre Kunden nicht korrekt auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen. Oft bleibt unklar, wann die zweiwöchige Widerrufsfrist startet. In der Folge beginnt sie gar nicht: „Kunden kommen gegebenenfalls auch nach Jahren noch aus dem Vertrag heraus“, sagt Mathias Corzelius, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Göddecke. Ist eine falsche Frist angegeben oder soll die Frist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginnen, ist das rechtlich nicht haltbar (Bundesgerichtshof, III ZR 83/11). Die Bank wird sich aber selbst dann erst einmal darauf berufen, dass der Kunde sein Widerrufsrecht mittlerweile verwirkt habe.
Hat der Kunde einen wichtigen Grund (wie den Verkauf der Immobilie), kann er aus dem Vertrag raus. Er muss die Bank jedoch für den entgangenen Gewinn entschädigen (Vorfälligkeitsentschädigung). Die Berechnung dieser Entschädigung sollte ein Experte überprüfen – viele Banken tricksen zum Nachteil der Kunden.
Tragbar sollten die monatlichen Überweisungen für den Kredit aber auf jeden Fall bleiben. Wer zur Miete wohnt, sollte für eine Finanzierung pro Monat nicht mehr einplanen als die bisherige Nettokaltmiete. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, sollten zudem pro Jahr ein bis zwei Prozent des Kaufpreises für Instandhaltung und Modernisierung eingeplant werden.
Finanziell überfordert
Einige Kreditangebote dürften Immobilienkäufer finanziell überfordern. Die Commerzbank etwa wirbt mit einem 1,9-Prozent-Lockzins um Kreditkunden. Dahinter verbirgt sich ein Zehnjahreskredit über 100.000 Euro. Der Haken ist, dass der komplette Kredit innerhalb von zehn Jahren getilgt werden muss. Das sorgt zwar für Planungssicherheit, die Monatsrate liegt aber schon für den überschaubaren Kredit bei mehr als 900 Euro. „Bei Immobilienkrediten von 300.000 Euro schafft das dann vielleicht noch einer von 100 Kunden“, sagt ein Finanzierungsberater.
Grundsätzlich sollten Haus- oder Wohnungskäufer auch eigenes Vermögen für den Immobilienkauf mitbringen. Empfehlenswert ist, wenn sie 25 Prozent des Kaufpreises und die Kaufnebenkosten für Notar, Grunderwerbsteuer und Makler (insgesamt etwa 8 bis 13 Prozent des Kaufpreises) aus eigener Tasche zahlen können. Klappt das nicht, bleiben die niedrigen Werbezinsen ein schöner Traum. Wie zum Beispiel bei der ING-DiBa. Die Direktbank bietet mit 1,98 Prozent für Zehnjahreskredite einen herausragend niedrigen Zins an. Der zweitbeste Anbieter verlangt oft schon 2,3 Prozent. Doch der niedrige Zins gilt nur, wenn Käufer maximal 60 Prozent des Kaufpreises als Kredit aufnehmen wollen. Wer 85 Prozent aufnimmt, zahlt 2,33 Prozent und wer kein Eigenkapital einsetzt und den Kaufpreis zu 100 Prozent finanzieren muss – was wegen der hohen Raten allenfalls Käufer mit viel Luft im Monatsbudget erwägen sollten –, der zahlt bei ING-DiBa 3,08 Prozent Zinsen.