Gutachten Platzt die Immobilienblase?

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Häuser und Wohnungen in den Großstädten haben sich massiv verteuert. Nun warnt selbst die Immobilienbranche in einer Studie vor Rückschlägen. In vier Metropolen könnten die Preise einknicken.

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Die Kaufpreise von Immobilien steigen viel stärker als die Mieten. Das ist nichts Neues, sondern die Begleitmusik des 2009 gestarteten Booms am städtischen Immobilienmarkt.

Bislang wurde dieser Hinweis stets damit gekontert, dass durch den anhaltenden Zinsverfall fast alle einigermaßen sicheren Geldanlagen immer weniger Ertrag brächten. Insofern sei es normal, dass dies auch für Immobilien gelte. Steigen die Preise stärker als die Mieten, sinkt die Rendite von Immobilieninvestoren.

Auch für Selbstnutzer wird im Vergleich von Kauf und Miete die Miete damit attraktiver. Der große Immobilienatlas der WirtschaftsWoche hatte jüngst bereits gezeigt, dass in 17 der 50 größten Städte mieten mittlerweile attraktiver als kaufen ist - rein finanziell betrachtet.

In diesen zehn Städten lohnt sich der Kauf
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Sinkende Mietrenditen machten den Boom am Immobilienmarkt daher schon länger anfälliger für ein plötzliches Ende. Doch bislang fehlte dafür ein Auslöser. Das hat sich womöglich geändert. Im September 2016 haben die Zinsen zumindest vorläufig gedreht. Sie starteten einen vorsichtigen Anstieg. Ob daraus wirklich eine Zinswende wird, steht noch nicht fest. Dennoch: Die Entwicklung setzt den Immobilienmarkt und die stark gestiegenen Preise in vielen Städten einer Art Stresstest aus.

Nun sind selbst Branchenvertreter besorgt. Im aktuellen Frühjahrsgutachten weist der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) darauf hin, dass die Entwicklung in einigen Städten nicht mehr nachhaltig sei. So gingen Immobilieninvestoren offenbar davon aus, dass sich die Mieterträge kräftig steigern ließen. Anders ließen sich die gezahlten Kaufpreise nicht mehr erklären.

Doch diese Erwartung steht auf wackligem Fundament: So schreibt etwa die im Juni 2015 eingeführte Mietpreisbremse in vielen Städten vor, dass Vermieter maximal zehn Prozent Aufschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete nehmen dürfen. Einzig bei Neubauten und umfassend sanierten Bestandsbauten greift die Beschränkung nicht. Zudem gilt ein Bestandsschutz: Hat also bereits der Vormieter eines Bestandsbaus mehr als die laut Mietpreisbremse eigentlich zulässige Miete gezahlt, darf der Vermieter eine Miete in dieser Höhe auch weiter verlangen - mehr allerdings nicht. Weiteren Mieterhöhungen wäre damit ein Riegel vorgeschoben.

Aus Vermietersicht könnte es noch schlimmer kommen. So schlägt die SPD vor, die Vergleichsmieten künftig nicht mehr über vier Jahre, sondern über acht Jahre zu berechnen. Damit würden die angesetzten Vergleichsmieten geringer ausfallen, da eben nicht mehr nur die schon stark vom Preisboom erfassten Jahre einfließen würden. In einigen Städten könnten Vermieter auf Sicht mehrerer Jahre die Mieten nicht mehr erhöhen.

Kauf oder Miete?

Offenbar ist diese Botschaft noch nicht bei den Investoren angekommen. Und das besorgt den ZIA in seinem Frühjahrsgutachten: "In Berlin ist sicherlich, in München wahrscheinlich und in Hamburg und Frankfurt möglicherweise mit einem Trendbruch bei den Kaufpreisen zu rechnen."

Laut dem großen Immobilienatlas der WirtschaftsWoche sind die Preise seit 2009 in München um 63 Prozentpunkte stärker gestiegen als die Mieten, in Hamburg noch um 47, in Berlin um 41 und in Frankfurt um 39 Prozentpunkte. In allen vier Städten erzielen Vermieter bei neuen Käufen weniger als vier Prozent Rendite, wenn man den stadtweiten Durchschnitt von Mieten und Preisen ansetzt - und das noch vor dem Abzug nicht auf die Mieter umlegbarer Nebenkosten.

Schnelle Preisabstürze dürften allerdings selbst in Städten mit stark überhitztem Immobilienmarkt nicht drohen. Noch ist die Nachfrage vielerorts sehr groß, das Angebot knapp. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) müssten bis 2020 deutschlandweit 385.000 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt werden. Doch 2015 lag die Zahl nur bei rund 250.000 und 2016 bei etwa 300.000 Wohnungen.

In diesen zehn Städten rentiert sich die Miete
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Diese Zahl überdeckt allerdings große regionale Unterschiede. So warnte Harald Simons, Vorstand des Marktforschungsunternehmens Empirica, jüngst bereits gegenüber der WirtschaftsWoche: "Dass Berlin wächst, ist kein Naturgesetz." Die Zuwanderung aus anderen Landesteilen nehme bereits ab. Bislang sei das vom Zuzug aus Süd- und Südosteuropa überdeckt worden. Wenn plötzlich nur noch 5000 statt 40.000 neue Einwohner nach Berlin kämen, könnten die Preise einbrechen. "Natürlich ist der Markt überhitzt, was denn sonst!"

Im großen Immobilienatlas der WirtschaftsWoche erfahren Interessenten, wo der Kauf in diesem Umfeld trotzdem noch lohnt. Selbstnutzer bekommen zudem eine Empfehlung, was sich für sie eher rechnet: Kauf oder Miete. Eine Analyse bis auf Stadtteilebene rundet das Bild ab.

Im Immobilienboom sind die Kaufpreise den Mieten weit enteilt. Trotz der günstigen Kredite ist das Ergebnis eindeutig: Vielerorts fahren Mieter besser. Wir zeigen wo.
von Niklas Hoyer

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