Himmlisch bis heikel Diese Fertighaus-Fallen sollten Bauherren kennen

Ein Einfamilienhaus ist der Traum vieler Familien. Fertighäuser versprechen kurze Bauzeit, fixe Baukosten und höchste Qualität. Aber es gibt auch einige Nachteile und Tücken, die Bauherren kennen sollten.

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Bau eines Fertighauses Quelle: dpa

„Petit Palais“ nennt sich das Fertighaus mit bis zu sieben Zimmern auf 230 Quadratmetern, drei Badezimmern und herrschaftlichem Eingangsbereich mit Galerie über der Diele. Seit 2012 gibt es das exklusive Mini-Anwesen von Star-Designer Harald Glööckler als herrschaftlichen Wohnsitz von der Stange. Preis für das Palais vom Prinz Pompös: um die 400.000 Euro ohne Bodenplatte beziehungsweise Keller - je nach Prunkfaktor der Ausstattung geht es auch deutlich teurer.

Noch vor dreißig Jahren waren viele Fertighäuser sehr nüchtern gestaltet, die Ausstattung oft karg, die Haustechnik einfach, dafür waren sie im Vergleich zur klassischen Massivbauweise günstig. Aber diese Zeiten sind vorbei. Heute sind Fertighäuser in zahllosen Varianten und allen möglichen Ausstattungen erhältlich – und ebenso in allen Preiskategorien. Jedes Wochenende besichtigen Tausende die Musterhausparks der Fertighaushersteller oder wälzen deren dicke Kataloge. Der Traum vom eigenen Haus - immer öfter führt er zum Traumhaus vom Fließband. Nahezu jedes sechste genehmigte Ein- oder Zweifamilienhaus in Deutschland ist ein Fertighaus.

Baunebenkosten beim Fertighaus

Fertighäuser bieten einige Vorteile, haben allerdings auch so ihre Tücken. Was beim Hausbau letztlich schwerer wiegt, ist vor allem eine Frage der Umstände und des Typs. Üblich sind Angebote in verschiedenen Ausbaustufen, die dem Käufer zusätzliche Freiheiten bei der Ausgestaltung  bieten. Fertighäuser gibt es daher sogar als Bausatzhaus schon ab 50.000 Euro, bei dem nur die Außenwände stehen. Darüber hinaus bieten viele Hersteller verschiedene Ausbaustufen, bei denen dann etwa noch Dachgeschossausbau, Innenwände oder die Badezimmerausstattung fehlen, bis hin zum bezugsfertigen, komplett ausgebauten Haus mit Keller, vollständiger Ausstattung und angelegtem Garten.

Ausbaustufe flexibel wählen

Beim Ausbau in Eigenregie kann der Bauherr so auch auf Ausstattungen zurückgreifen, die der Katalog des Hausherstellers nicht bietet, oder alternative Handwerksfirmen beauftragen, deren Arbeit eher seinen Vorstellungen entspricht und vielleicht sogar preiswerter ist.

So sparen Sie beim Hausbau Geld
Je größer das Grundstück, desto höher der Preis für Häuslebauer. Besonders in Metropolen wie München oder Frankfurt ist Baugrund teuer. Je mehr Garten das Häuschen umrahmt, desto teurer wird also das Eigenheim. Folglich lässt sich einiges sparen, wenn Bauherren statt mehrerer Hektar ihr neues Zuhause beispielsweise nur auf 400 Quadratmetern errichten. Quelle: dpa
Auch die Größe des Hauses spielt eine entscheidende Rolle: Ein Quadratmeter Wohnfläche kostet zwischen 1500 und 5500 Euro. Dementsprechend sparen lässt sich, wenn der Bauherr ein kleines Häuschen statt einer Villa errichtet. Quelle: dpa
Und selbst wenn es das Haus mit sechs Schlafzimmern und großem Garten sein soll, lässt sich einiges einsparen: Giebel, Türmchen, Erker und Winkel kosten nämlich etliches extra. Grundsätzlich gilt: Je ausgefallener die Architektur, desto teurer wird es. Billiger kommen Bauherren auch weg, wenn sie ebenerdig bauen statt mehrstöckig. Quelle: dpa
Einen Keller zu bauen kostet je nach Größe zwischen 30.000 und 70.000 Euro. Wer darauf verzichtet und die Waschmaschine ins Bad oder die Küche stellt, kann dementsprechend Geld sparen. Eine Bodenplatte als Fundament kostet nämlich nur 12.000 bis 20.000 Euro. Quelle: dpa
Auch bei der Ausstattung des Badezimmers lässt sich ordentlich sparen. Wer statt Marmor günstigere Materialien einsetzt und statt des raumgreifenden Whirlpools eine einfache Badewanne nimmt, kann die Kosten drastisch reduzieren. Gleiches gilt für Armaturen und Fliesen. Quelle: dpa
Gleiches gilt für die Küche: Günstige Küchen gibt es oft schon ab 4000 Euro - es lassen sich aber auch spielend leicht 40.000 Euro oder mehr für eine Designerküche ausgeben. Quelle: dpa
Und wer selber Böden verlegt, fliest oder tapeziert, hat zwar die Materialkosten, aber spart sich das Geld für die Handwerker. Voraussetzung ist natürlich handwerkliches Geschick und die entsprechende Zeit. Quelle: dpa

Hauptgrund für den Verzicht der Fertighauskäufer auf die komplette, schlüsselfertige Variante dürfte jedoch die „Muskelhypothek“ sein. Viele Bauherren wollen selbst Hand anlegen und durch entsprechende Eigenleistungen den Kaufpreis drücken. Wer selbst das Dach ausbaut, die Böden verlegt oder Fliesen anklebt, spart zumindest die teuren Handwerkerstunden. Diese Hoffnung erfüllt sich aber nur, wenn zuvor viel Zeit in die Planung und später viel Energie in die eigenhändigen Bauarbeiten investiert wird. 

Schnell im Eigenheim

Dabei ist die Dauer der Bauphase ohne Zweifel das stärkste Argument für ein Fertig- und gegen ein massiv gebautes Haus. Fertighäuser versprechen dem Käufer, deutlich schneller in die eigenen vier Wände einziehen zu können. Oft ist solch ein Haus innerhalb von zwei bis drei Tagen aufgebaut, manche Anbieter versprechen den Aufbau in nur einem Tag. Dadurch ersparen sich Bauherren monatelange Baustellenbesuche und endlose Gespräche mit den Bauhandwerkern. Dauert der Bau eines Massivhauses ungefähr acht Monate oder länger, sind es beim Fertighaus oft nur drei oder vier Monate, bis es bezugsfertig ist. Der Fertighausrohbau entsteht unabhängig vom Wetter, Beton oder Mörtel müssen nicht erst trocknen, bevor die Handwerker weiterarbeiten können.

In diesen Regionen zahlen Immobilienbesitzer ihr Häuschen am schnellsten ab
27 Jahre, so lange dauert es, bis ein Durchschnittsverdiener in Deutschland sein Eigenheim abbezahlt hat. Der Tilgungssatz liegt dabei im Schnitt bei 2,89 Prozent. Für die Postbank-Studie, aus der die Bild zitiert, wurden die Kaufpreise in allen 402 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland ins Verhältnis zum jeweiligen Einkommensniveau gesetzt. Voraussetzung ist, dass für die Tilgung wie maximal 40 Prozent des Haushalt-Nettoeinkommensaufgewendet werden, 20 Prozent Eigenkapitalanteil vorhanden waren. Sonderzahlungen wurden nicht berücksichtigt. Quelle: dpa
In weniger als der Hälfte (43 Prozent) der Kreise und kreisfreien Städte zahlen Eigenheimbesitzer die Immobilie wie empfohlen in 30 Jahren ab. In besonders teuren Immobilienstädten wie München oder Köln zahlen Durchschnittsverdiener mit einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.600 Euro dagegen auch einmal mehr als 40 lang, bis 110 Quadratmeter Wohneigentum ihnen gehören. Im westlich von Köln gelegenen Rhein-Erft-Kreis haben sie das notwendige Darlehen für eine 110-Quadratmeter-Wohnung dagegen nach 29 Jahren beglichen. Quelle: dpa
Auch im Nordosten der Republik ist eine 110 Quadratmeter-Immobilie für Durchschnittsverdiener trotz moderater Immobilienpreise kaum erschwinglich: Wegen des geringen Einkommens in der Region zahlen Immobilienbesitzer in Berlin, Potsdam, Rostock & Co. deutlich länger als 40 Jahre ihren Kredit ab. Wer in Berlin arbeitet, findet allerdings im brandenburgischen Kreis Barnim nördlich der Hauptstadt Wohnungen mit 110 Quadratmetern, die in der Regel nach 25 Jahren abbezahlt sind. Quelle: dpa
Wer keine Angst hat, zu pendeln, findet jedoch im Umland der großen Metropolen finanzierbare Immobilien. Selbst in teuren Gegenden rund um Frankfurt am Main gibt es Schnäppchen. Allerdings sind hier die Einkommen im Bundesvergleich auch so hoch, dass sich auch Durchschnittsverdiener eine 110-Quadratmeter-Wohnung leisten können. Quelle: dpa
Auch in den unmittelbar an Hamburg angrenzenden Kreisen Stormarn und Segeberg sowie dem Herzogtum Lauenburg dauert die Tilgung eines Kredits im Schnitt 34 Jahre. Quelle: dpa
In Pirmasens (im Bild), dem Landkreis Altenkirchen (Westerwald) und dem Landkreis Wesermarsch dauert die Tilgung eines Kredites für eine 110-Quadratmeter-Immobilie für den Durchschnittsverdiener rund zwölf Jahre. Quelle: dpa
Im Saale-Orla-Kreis, dem Landkreis Nienburg (Weser), Landkreis Holzminden, dem Unstrut-Hainich-Kreis und dem Vogtlandkreis dauert das Abbezahlen der eigenen vier Wände dagegen elf Jahre. Quelle: dpa

Nicht billig, aber bequem

„Bauen ist vor allem auch ein Kommunikationsprozess“, sagt Stefan Würzner, Architekt, Bausachverständiger und Bauherrenberater beim Bauherren-Schutzbund. „Aus der Praxis würde ich sagen, dass die bei Fertighäusern besser läuft. Durch die fabrikartige Fertigung der Häuser sind die Anbieter meist sehr gut organisiert und besser strukturiert, als die kleine regionale Baufirma.“ Weil das Bauvorhaben auch deutlich schneller abgeschlossen ist und die Bauherren mit dem Hersteller nur einen zentralen Ansprechpartner haben, ist der Hausbau für die Kunden oft weit weniger mühsam, als der Bau eines individuell geplanten Massivhauses.

Die kurze Bauzeit hilft außerdem, die Baukosten im Griff zu behalten. So reduziert sich etwa die Zeit der Doppelbelastung durch Kreditzinsen und Miete. Auch sinkt das Risiko, dass der Hausbau durch Witterung oder fehlende Handwerker gebremst wird. Laut Umfrage sind nämlich mehr als 70 Prozent der Bauvorhaben am Ende teurer als geplant, nahezu jedes zweite zieht sich länger hin.

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