Hürden beim Immobilienkauf Der geplatzte Traum vom Eigenheim

Nicht nur die gestiegenen Kaufpreise zerstören für viele den Traum vom Eigenheim. Auch deutlich erhöhte Nebenkosten und Vorschriften zur Kreditvergabe machen den Hauskauf immer öfter unerschwinglich und riskant.

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Baustopp Eigenheim: Wenn die Baufirma pleite geht. Quelle: imago images

Henrike Lippa und Philipp Wagenmann stehen beispielhaft für viele Paare, Familien, aber auch Singles. Das Paar sucht ein eigenes Heim, findet aber keines. Dabei wollen die beiden nicht in München, Stuttgart oder Hamburg wohnen, sondern auf dem Land, nahe Gütersloh. Auch dort ist das Angebot an Immobilien rar. „Die meisten dieser Objekte sind gar nicht auf dem freien Markt inseriert, sondern werden privat veräußert“, berichtet Lippa. Das verteuert die Immobilien, die nicht unter der Hand angeboten werden. Die Hürden für den Wohnungserwerb sind in den vergangenen Jahren deutlich höher geworden, besonders in den Großstädten aber längst eben auch auf dem Land.

Nicht nur die allgemeine Flucht in Sachwerte, angetrieben von Nullzins und Euro-Crash-Ängsten, sondern auch Sanierungsvorschriften, verschärfte Kreditrichtlinien, üppige Folgekosten und natürlich der enorme Preisauftrieb machen Immobilien oft zum Luxusgut.

Mit am teuersten ist Berlin. Zwar liegt die Grunderwerbsteuer bei einem Immobilienerwerb mit sechs Prozent nicht an der Spitze, die exorbitante Maklercourtage von 7,14 Prozent jedoch treibt die Nebenerwerbskosten auf über 15 Prozent. Wer in der Hauptstadt für 700.000 Euro netto ein Heim erwirbt, den kostet das am Ende also mehr als 800.000 Euro.

Dazu kommt: Die Immobilienpreise in den Metropolen sind in den vergangenen zehn Jahren so rasant gestiegen, dass sie sich von den Einkommen der Haushalte entkoppelt haben. Das hat eine Ende Mai veröffentlichte Untersuchung des Bundesverbands der Volksbanken und Raiffeisenbanken ergeben. Die Kaufpreise für Wohnungen und Häuser in deutschen Großstädten sind demnach achtmal so stark gestiegen wie die Einkommen.

Zu den Hürden, die unmittelbar mit dem Immobilienerwerb zum Kaufzeitpunkt zusammenhängen, können sich nach dem Erwerb weitere Kosten summieren. Wer sich beispielsweise eine Eigentumswohnung zulegen will, der sollte wissen, dass ihm jederzeit Zusatzkosten wegen größerer Baumaßnahmen drohen. Dazu gehört das Dämmen der Außenfassaden. 

In diesen zehn Städten lohnt sich der Kauf
Ludwigshafen Quelle: Fotolia
Leipzig Quelle: dpa
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Gelsenkirchen Quelle: Fotolia

Steffen Haase, Vize-Präsident des Dachverbands Deutscher Immobilienverwalter, schätzt die Kosten für eine nachträgliche Fassadendämmung auf 8000 bis 12.000 Euro pro Eigentumswohnung. Einschließlich Austausch von Fenstern und Heizung wären es rund 20.000 Euro, so Haase.

Und Geldhäuser ziehen solche Zusatzkosten auch mit ein in die Beurteilung der Kreditwürdigkeit und sie achten mittlerweile penibel auf regelmäßige und verlässliche Einkommen. Das kommt daher, weil eine im März 2016 eingeführte Immobilienkreditrichtlinie den Banken Zügel anlegt.

So dürfen die Kreditinstitute sich nicht mehr darauf verlassen, im Notfall die Immobilie verkaufen zu können. Stattdessen sollen sie sicherstellen, dass Kunden ihr Darlehen dauerhaft schultern können. Die Folge: Banken vergaben von April bis Juli 2016 weniger Geld als Wohnungsbaukredite an Privathaushalte als im Vorjahreszeitraum – obwohl angesichts der gestiegenen Preise im Immobilienboom eigentlich ein Anstieg zu erwarten gewesen wäre.

Immer höhere Rechnungen von der Kommune

Mittlerweile hat sich die Kreditvergabe wieder etwas normalisiert. Im Mai hat der Bundesrat einer gesetzlichen Nachbesserung zugestimmt: Bei Neubauten oder Renovierungen von Immobilien dürfen die Banken jetzt doch wieder auch den Immobilienwert als Sicherheit bei der Entscheidung für oder gegen die Kreditvergabe einbeziehen. Beim Kauf von bestehenden Immobilien bleibt es jedoch bei den verschärften Regeln. Und die Unsicherheit, sie hält weiter an.

Dazu können unvorhergesehene Investitionen kommen. Dabei muss es sich nicht immer um eine Fehleinschätzung der Kosten für die Innengestaltung beispielsweise gehen. So flattert manchem Immobilieneigentümer plötzlich eine Rechnung ins Haus, die selbst klug angelegte Finanzierungen ins Wanken bringt, bis zum Kompletteinsturz. Dieser wichtige Posten, den Käufer von Immobilien häufig gar nicht auf dem Radar haben, sind sogenannte Straßenausbaubeiträge. Gemeinden ziehen bei einem Ausbau von Anliegerstraßen gerne die Anwohner heran.

So etwa in Niedersachsen. In einem Ort nahe Braunschweig kostete die Ausbesserung einer Straße genau 227.949,47 Euro. 67,5 Prozent davon, exakt 153.865,89 Euro mussten die Anwohner zahlen. Klagen gegen die Stadt scheiterten, die Eigentümer mussten sich irgendwoher das Geld beschaffen.

Überschaubarer, aber dennoch laufend steigend, sind städtische Gebühren. Wer zu eng bei einer Finanzierung kalkuliert oder wer zu hoch ins Immobilienregal greift, den können auch vermeintlich kleinere regelmäßige Gebühren binnen weniger Jahre aus der Bahn werfen.

So kostet in Münster allein die Restmülltonne für einen Musterhaushalt jährlich 564 Euro. Richtig teuer machen Kommunen sukzessive auch die Abwassergebühren. In Bad Honnef nahe Bonn legten sie 2016 gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zu.

Worauf die Deutschen bei der Wohnungssuche Wert legen
Studenten wohnen gerne in Uni-Nähe, für Familien dagegen sind die Entfernung zur Arbeitsstelle und zur nächsten Schule entscheidend. Worauf die Deutschen bei der Wohnungssuche achten, hat das Immobilienportal immowelt.de in einer repräsentativen Studie untersucht. Das Ergebnis: Auch wenn die Bedürfnisse meist individuell sind – bei den großen Standortfaktoren sind sich die 1000 Befragten überraschend einig. Die zehn wichtigsten im Folgenden. Quelle: dpa
Ob Kita, Krippe oder Kindergarten – für 7 Prozent der Deutschen ist es wichtig, in der Nähe von Betreuungsangeboten zu wohnen. Bei den befragten Familien ist der Anteil deutlich höher: Hier gaben 19 Prozent an, nahegelegene Tagesstätten in die Wohnungssuche miteinzubeziehen. Quelle: dpa
Nach dem Kneipenabend noch stundenlang mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bis nach Hause fahren? Für 8 Prozent der Deutschen kommt das nicht infrage. Sie gaben an, die Nähe zu Kneipen oder Restaurants bei der Suche nach einem neuen Wohnort zu berücksichtigen. Bei den Single-Haushalten liegt der Wert mit 9 Prozent leicht höher. Quelle: dpa
Ebenfalls entscheidend, vor allem für Familien mit Kindern, ist die Entfernung zur nächsten Schule. Während nur 2 Prozent der Haushalte ohne Kinder diesen Faktor wichtig finden, sind es bei den Familien 38 Prozent. Insgesamt liegt der Wert damit bei 11 Prozent. Quelle: dpa
Wer in den Urlaub fliegt, freut sich, wenn der nächste Flughafen um die Ecke ist. Das gilt auch für ICE-Bahnhofe und Autobahnanbindungen. Rund 11 Prozent der Deutschen wünschen sich, dass ihre Wohnort überregional gut angebunden ist – das gilt besonders für Mehrpersonen-Haushalte ohne Kinder (13 Prozent). Quelle: dpa
Doch warum in die Ferne schweifen... Deutlich wichtiger als überregionale Anbindung ist den meisten Deutschen die Nähe zu Kultur- und Freizeitangeboten. Insgesamt 21 Prozent der Befragten gaben an, diesen Standortfaktor bei der Wohnungssuche besonders wertzuschätzen. Bei den Single-Haushalten sehen das sogar 26 Prozent so. Quelle: dpa
Für Familien weniger wichtig, für Haushalte ohne Kinder dagegen umso mehr: Für rund 23 Prozent der Deutschen ist es entscheidend, in einer angesehenen Nachbarschaft zu wohnen. Während rund 25 Prozent kinderlosen Haushalte ihre Wohnungen nach diesem Kriterium aussuchen, sind es bei den Familien lediglich 16 Prozent. Quelle: dpa

Das mögen vergleichsweise Kleckerbeträge sein. Doch bei ohnehin knapper Kalkulation fehlen dem Eigentümer bei den kontinuierlich steigenden Kommunalgebühren irgendwann die entscheidenden 200 oder 300 Euro. Finanzierungen scheitern am Ende nicht am großen Geld, sondern dann, wenn im Zweifel über neue und teurere Kredite zunächst kleinere Löcher gestopft werden müssen.

Vor welchen Problemen Immobilienkäufer stehen, warum Häuser selbst auf dem Land zum Luxusgut werden, wie Gesetzgeber, öffentliche Hand und die Geldpolitik der Notenbanken den Immobilienerwerb verteuern und vor welchen finanziellen Risiken Käufer stehen, erfahren Sie in der neuen WirtschaftsWoche (Heft 24 ab Freitag am Kiosk). Mit dem WiWo-Digitalpass erhalten Sie die neue Ausgabe bereits am Donnerstagabend in der App oder als eMagazin. Alle Abo-Varianten finden Sie auf unserer Info-Seite.

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