Immobilien in Frankfurt Eine Stadt will hoch hinaus

Deutschlands Bankenmetropole ist ein teures Pflaster für Immobilienkäufer. Und nach dem Brexit dürften die Preise weiter steigen. Wo schon jetzt bis zu 19.000 Euro pro Quadratmeter für Wohnungen gezahlt werden.

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Investoren am Immobilienmarkt möchten von einem Schub durch den Brexit profitieren. Quelle: dpa

Frankfurt Wer wissen will, wohin sich der Wohnimmobilienmarkt der Mainmetropole bewegt, muss sich nur das Bauprojekt „Grand Tower“ im Europaviertel anschauen. 172 Meter hoch soll der Wohnturm werden. 401 Wohnungen entstehen hier bis 2019. Noch ist keine Wohnung fertig. Doch mehr als die Hälfe davon ist schon verkauft.

„Wir haben innerhalb von drei Monaten 240 Wohnungen verkauft. Und die große Nachfrage hält weiter an“, sagt Thomas Zabel, Geschäftsführer von Zabel Property Management, der die Wohnungen exklusiv vertreibt. Normalerweise betrage die Vertriebszeit für solch ein Projekt etwa drei Jahre. Doch diese werde sich verkürzen, schätzt Zabel. Und: „Die Preise werden noch während der Bauzeit steigen.“ Er erwartet dies in vier bis fünf Schritten. Frankfurts Wohnimmobilienmarkt will offenbar hoch hinaus – sowohl was die Gebäude als auch die Preise betrifft.

Wer im „Grand Tower“ kaufen will, muss mit 5.700 Euro pro Quadratmeter in den unteren bis zu 19.000 Euro pro Quadratmeter für Wohnungen in den oberen Geschossen rechnen. Dabei ist das Projekt längst nicht das einzige seiner Art. Das Immobilienmarktforschungsinstitut Bulwiengesa zählt in Frankfurt 16 Wohntürme mit insgesamt 2.400 Wohnungen, die zwischen 2010 und 2018 entstanden sind oder entstehen werden.

Verlockend sind dabei nicht unbedingt die Renditen, die bei Bestandswohnungen laut den Analysen von Dr. Lübke & Kelber im Schnitt bei 2,7 Prozent liegen. Wichtig ist in Zeiten von Niedrigzinsen eine sichere Geldanlage. „Frankfurt am Main zeichnet sich durch ein hohes Preisniveau aus, das aus einer großen Nachfrage nach Wohnraum und einem zu knappen Angebot resultiert“, sagt Jan Hebecker, Leiter Märkte und Daten bei Immobilienscout24.

Die Mieten sind 2015 um rund fünf Prozent gestiegen. Die Kaufpreise legten mit sechs Prozent etwas mehr zu. Das ist zwar ein geringerer Anstieg als etwa in Berlin. Doch erstens ist in Frankfurt das Preisniveau bereits deutlich höher als in der Hauptstadt. Und zweitens schöpfen Investoren wie Lobbyisten der Stadt durch den Brexit neue Hoffnungen.


Es wird viel gebaut, aber nicht genug

Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dürfte die Stadt am Main nämlich stärker vom Austritt des Briten aus der EU profitieren als andere Großstädte in Europa. Die Lobbyvereinigung Frankfurt Main Finance rechnet mit 10.000 neuen Arbeitsplätzen. Ein erhebliches Plus, wenn man bedenkt, dass heute 70.000 Menschen im Frankfurter Finanzsektor arbeiten.

Sollten tatsächlich 10.000 Menschen kommen, dann wollen sie natürlich auch in der Stadt leben. Das könnte den Druck auf dem Wohnungsmarkt erhöhen. Bis sich die Banker wirklich aktiv umschauen dürfte es allerdings noch eine Weile dauern, schließlich muss erst einmal der Ablauf des Brexits ausgehandelt werden.

Investoren aber orientieren sich jetzt schon um. Deutschland statt London. Und natürlich interessieren sie sich vor allem für die Metropolen. „Die Kunden, die bisher in London gekauft haben, kaufen jetzt verstärkt in Deutschland. Wir registrieren eine doppelt so große Nachfrage wie zuvor“, berichtet Zabel.

Zwar ist die Stadt am Main nach München sowohl nach Miet- als auch nach Kaufpreisen heute schon die zweitteuerste Stadt Deutschlands. Dennoch glauben Immobilienexperten an einen weiteren positiven Preistrend. „Solange wir diese Kapitalströme haben wie zurzeit, wird das zu weiteren Preissteigerungen führen“, sagt Ulrich Jacke, Geschäftsführer von Dr. Lübke & Kelber. Heute kostet eine Eigentumswohnung im Durchschnitt 4.200 Euro je Quadratmeter. Berlin ist rund 900 Euro günstiger. „Den Zufluss könnte eine maßgebliche Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank stoppen. Dann würden andere Geldanlagen für Anleger wieder interessant. Doch das sehe ich in den nächsten Jahren noch nicht kommen“, sagt Jacke.

Wenn es um die Bautätigkeit geht, könne er Frankfurt im Vergleich zu anderen Großstädten kaum kritisieren. 2014 wurden mit 4.418 Wohnungen so viele fertiggestellt wie seit 20 Jahren nicht. Mit dem statistischen Wert von 0,6 Wohnungen je 100 Einwohner steht Frankfurt sogar doppelt so gut da wie der deutsche Durchschnitt. 2015 sank die Zahl der Wohnungen zwar leicht, aber nicht bedeutend auf 4.325.

Der Immobiliendienstleister CBRE sieht dennoch Nachholbedarf. „Engpässe bestehen vor allem im preiswerten Segment und in innenstadtnahen, zentralen Stadtteilen, die wiederum auch bei Investoren besonders beliebt sind“, schreibt CBRE in seinem Wohnmarktreport.

Und so wird der Aufwärtstrend bei den Preisen anhalten. Das sieht auch Reiner Braun so, Geschäftsführer des Immobilienanalysehauses Empirica. Gleichzeitig gibt er zu bedenken, dass die Risiken bei Frankfurt gegenüber den Berlin, Hamburg und München ausgeprägter seien. „Die Risiken sind in Frankfurt aufgrund der Abhängigkeit von der Finanzindustrie am größten“, sagt Braun.
Für den Immobilienvermittler Zabel ist das jedoch ein überschaubares Risiko. Er glaubt so fest an Frankfurt, dass er sich schon die Exklusivvermarktung für weitere 2.500 Wohnungen in Frankfurt gesichert habe.


Die besten Lagen in Altstadt, Innenstadt und Westend

Altstadt-Innenstadt

Im Zentrum von Frankfurt reiht sich derzeit Baustelle an Baustelle. Vor allem in der Nähe des Römers und des Doms können Touristen derzeit neben der historischen Bausubstanz auch den deutschen Gerüstbau bestaunen.

„Im Frankfurter Stadtteil Altstadt, nördlich des Mainufers, wird seit Jahren gebaut und rekonstruiert. Nicht mehr lange und dann wird in der ‚neuen Mitte Frankfurts‘ Richtfest gefeiert“, sagt Hebecker von Immobilienscout24. In der neuen Mitte sollen 20 Neubauten und 15 Nachbauten entstehen. Das Richtfest ist für Oktober 2016 geplant. 2018 sollen die Häuser dann fertig sein.

„Im nordwestlichen Teil des Innenstadtgebiets befinden sich rund um Goetheplatz und Kaiserplatz sehr gute Lagen. Mittlere Lagen grenzen im östlichen Stadtgebiet rund um die Stephanstraße und den Klaus-Mann-Platz daran an. Einfache Lagen befinden sich im Stadtzentrum zwischen Holzgraben und Mainkai“, erklärt Hebecker.

Nicht nur Wohngebäude sind im Zentrum gefragt, auch Gewerbeflächen stehen hoch im Kurs. Gerade will die Commerzbank ihre Zentrale, das höchste Bürogebäude Deutschlands, losschlagen. Interessiert ist offenbar vor allem die südkoreanische Samsung SRA Asset Management. Als Kaufpreis stehen knapp 740 Millionen Euro im Raum.

Westend-Süd

Zu den Lagen mit dem höchsten Preisniveau gehören Westend-Süd und Westend-Nord. Dort registriert Immobilienscout24 auch den stärksten Mietanstieg. Um mehr als 14 Prozent haben sich die Kaltmieten verteuert. Im Schnitt kostet der Quadratmeter etwa 15 Euro.

Doch es geht auch deutlich darüber. Auf Online-Portalen wird etwa ein möbliertes 42-Quadratmeter-Apartment mit kleinem Garten für 860 Euro angeboten – mehr als 20 Euro pro Quadratmeter.

„Das Westend ist eines der begehrtesten Luxuswohnquartiere Frankfurts mit gründerzeitlichen Villen, vielen Altbauten und überdurchschnittlichen Immobilienpreisen“, sagt Hebecker von Immobilienscout24. „Besonders gefragt sind die Gebiete in unmittelbarer Nähe von Palmengarten und Grüneburgpark. Zu den besten Wohnlagen gehören die Beethovenstraße und die Schumacherstraße. Auch im östlichen Teil des Westend-Süd, im Gärtnerweg, sowie nördlich und südlich der Bockenheimer Landstraße gibt es gute Lagen. Einfache bis mittlere Lagen finden sich in Richtung Mainzer Landstraße, etwa rund um Savignystraße und Westendstraße.“


So funktioniert das Lagerating

Das Lagerating für ganz Deutschland macht die Investitionsperspektiven für knapp 8.000 Ortsteile und Gemeinden vergleichbar. Das Rating basiert auf den von Immobilienscout24 erhobenen Immobilienmarktdaten wie Mietpreisniveaus und -entwicklungen der vergangenen drei Jahre. Jährlich wertet das Portal mehr als eine Million Angebotsinserate aus. Zudem fließen als externe Faktoren die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung der Arbeitsplätze in die Bewertung ein.
Ausgewählte Stadtteile in den Großstädten Berlin, Frankfurt am Main, München und Hamburg werden auf der Mikroebene bewertet, wobei zwischen „guten“, „mittleren“ und „einfachen“ Lagen unterschieden wird.
Das Lagerating für Deutschland unterteilt – vergleichbar einem Bonitäts-Ranking – zehn Lageklassen, die von AAA (beste Lage mit exzellenter Investitionssicherheit) über BBB (mittlere Lage mit weitgehender Investitionssicherheit) bis zu D (einfachste Lage mit höchstem Investitionsrisiko) reichen. Je höher das Lagerating eines Ortsteils oder einer Gemeinde, desto besser wird die Investitionssicherheit eines Standorts eingeschätzt.

Die im Lagerating verwendeten Preisniveaus und Preisentwicklungen werden mit Hilfe eines hedonischen Modells berechnet. Die Preise werden damit auf ein Referenzobjekt geeicht und bilden den Preisunterschied ab, den Haushalte aufgrund der Lagequalität bereit sind, für das gleiche Objekt am jeweiligen Standort zu zahlen.

Die besten Lagen (AAA) finden sich in den zentralen Bezirken der Metropolräume München, Frankfurt am Main, Hamburg sowie einzelnen Stadtteilen von Stuttgart. Auch Ortsteile der Ferieninsel Sylt, das Mainviertel in Würzburg sowie einige Münchner Umlandgemeinden wie Starnberg oder Grünwald zeichnen sich durch beste Lagequalitäten aus.

Gute Lagen finden sich ebenfalls in den besonders wirtschaftsstarken Umlandregionen der großen Ballungsräume des Rhein-Main-Gebiets, der Rhein-Neckar-Region, der Oberrhein-Region, Münchens mit dem Umland, der Rheinschiene, Hamburgs mit dem Umland sowie der Metropolregion Berlin. Auch einzelne Großstädte wie Düsseldorf, Bremen, Kiel, Hannover, Münster, Wolfsburg, Braunschweig, Oldenburg, Nürnberg, Ulm, Konstanz sowie die ostdeutschen Städte Dresden und Jena sind durch gute Lagen geprägt.

Demgegenüber sind einfache Lagen vor allem in ländlich-peripheren Regionen West- und Ostdeutschlands wie der Eifel, dem Bayerischen Wald, Ostwestfalen, dem Wendland oder in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsen-Anhalts, Sachsen oder Thüringens zu finden. In diesen strukturschwachen Regionen hat der demografische Wandel bereits zu deutlichen Bevölkerungsverlusten geführt, der starke Auswirkungen auf den Immobilienmarkt hat.


Legende mit der Beschreibung der einzelnen Lageklassen

AAA: Beste Lage in Metropolen mit exzellenter Investitionssicherheit mit sehr hohen Preisen und guter Preisentwicklung sowohl auf Bezirks-, als auch auf Stadtebene. Die Bevölkerungs- und Beschäftigungszahlen wachsen stark. Beispiele: Zentrale Lagen in München (Bayern), Frankfurt am Main (Hessen), Stuttgart (Baden-Württemberg).

AA: Sehr gute Lage in Metropolen und Großstädten mit hoher Investitionssicherheit. Die Lage ist hochpreisig mit sehr guten Preisentwicklungen sowie wachsenden Bevölkerungs- und Beschäftigungszahlen. Beispiele: Teile Münsters (Nordrhein-Westfalen), Wolfsburgs (Niedersachsen), Würzburgs (Bayern).

A: Gute Lage in Metropolrandgebieten, Großstädten und im verdichteten Umland mit Investitionssicherheit. Die Preise im oberen Segment werden von guten Preisentwicklungen, einem leichten Bevölkerungszuwachs sowie einer überdurchschnittlichen Beschäftigungsentwicklung gestützt. Beispiele: Teile Augsburgs (Bayern), Böblingens (Baden-Württemberg), Bonns (Nordrhein-Westfalen).

BBB: Mittlere Lage mit weitgehender Investitionssicherheit in Metropolrandgebieten, Großstädten und im verdichteten Umland oder in sehr guten Landkreislagen. Sowohl Preisniveau als auch Preisentwicklung liegen über dem Durchschnitt. Die Bevölkerungszahlen stagnieren oder steigen leicht und die Beschäftigungsentwicklung ist ebenfalls leicht überdurchschnittlich. Beispiele: Teile Kolbenz‘, des Landkreises Mainz-Bingen (Rheinland-Pfalz) oder Außenbezirke Berlins wie Friedrichsfelde oder Spandau.

BB: Mittlere Lage in kleineren Städten und Großstädten oder gute Lagen im ländlichen Raum mit geringer Investitionssicherheit. Preisniveau sowie Preis-, Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung liegen im Durchschnitt. Beispiele: Teile Dortmunds, Essens (beide Nordrhein-Westfalen), Leipzigs (Sachsen).

B: Zu dieser Lage gehören kleinere Großstädte, verdichtetes Umland und solide Landkreislagen mit geringem Investitionsrisiko. Sowohl Preisniveau als auch Preis- und Beschäftigungsentwicklung liegen leicht unter dem Durchschnitt, die Bevölkerungsentwicklung ist leicht negativ. Beispiele: weite Teile Duisburgs (Nordrhein-Westfalen), Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt), des Landkreises Trier-Saarburg (Rheinland-Pfalz).

CCC: Einfache Lage in Städten bis mittlere Lage im ländlichen Raum mit erhöhtem Investitionsrisiko. Preisniveau, Preisentwicklung und Beschäftigungsentwicklung sind unterdurchschnittlich und werden von leichten Bevölkerungsverlusten begleitet. Beispiele: Teile Bayreuths (Bayern), Kaiserslauterns (Rheinland-Pfalz), des Landkreises Fulda (Hessen).

CC: Diese Lage umfasst nahezu ausschließlich den ländlichen Raum mit einfachen Lagen und hohem Investitionsrisiko. Das geringe Preisniveau wird durch die stagnierende Preisentwicklung in Verbindung mit Bevölkerungsverlusten bei unterdurchschnittlicher Beschäftigtenentwicklung gefestigt. Beispiele: Teile des Landkreises Bad Kissingen (Bayern), des Landkreises Börde (Sachsen-Anhalt), des Landkreises Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern).

C: Sehr einfache Lagen im ländlichen Raum mit sehr hohem Investitionsrisiko. Das Preisniveau ist niedrig, die Preisentwicklung negativ, die Bevölkerungszahl sinkt und die Beschäftigtenentwicklung verläuft stark unterdurchschnittlich. Beispiele: Teile des Vogtlandkreises (Sachsen), der Südwestpfalz in Rheinland-Pfalz, des Spree-Neiße-Kreises in Brandenburg.

D: Einfachste Lagen in Deutschland mit höchstem Investitionsrisiko. Das geringe Preisniveau wird durch einen starken Preisverfall weiter bedroht. Die Region ist durch einen starken Bevölkerungsrückgang und eine stark unterdurchschnittliche, stagnierende Beschäftigungsentwicklung gekennzeichnet. Beispiele: Göllingen im Kyffhäuserkreis (Thüringen), Wieda im Landkreis Osterrode am Harz (Niedersachsen), Nagel im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge (Bayern).

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