Immobilien in Hamburg Mauern gegen steigende Preise

Der Hamburger Wohnungsmarkt wird von lokalen Käufern bestimmt – egal, ob die Immobilie bewohnt oder als Kapitalanlage genutzt wird. Doch allmählich werden internationale Investoren auf die Stadt aufmerksam. Die Toplagen.

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Das Bauvorhaben steht symbolisch für den Bau-Aufschwung am Hamburger Wohnungsmarkt. Quelle: Reuters

Hamburg Im Hamburger Stadtteil Altona werden gleich eine ganze Reihe von Neubauprojekten das Erscheinungsbild des Viertels in den kommenden Jahren verändern. Gebaut wird etwa auf dem alten Gelände der Holsten Brauerei. Allen voran steht allerdings das Projekt „Mitte Altona“. Auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs soll dort ein neues Quartier entstehen. Bis 2023 wird auch der Fernbahnhof Altona umziehen – und die Stadt hat sich gleich weitere Flächen für den Wohnungsbau gesichert. Insgesamt sollen im Zuge des Projektes „Mitte Altona“ 3.600 Wohnungen und 80.000 Quadratmeter Grünfläche entstehen.

„Neben der immer noch spannenden Hafen-City kommt den Bauprojekten rund um den Altonaer Bahnhof derzeit hohe Bedeutung zu“, sagt Reiner Braun, Geschäftsführer des Immobilien-Analysehauses Empirica. Dabei hat der Stadtteil im Hamburger Westen heute schon viel zu bieten. Vom linksautonom geprägten Schanzenviertel über das bürgerliche Treppenviertel bis hin zum größten öffentlichen Park der Stadt, dem Altonaer Volkspark. Nicht zu vergessen ist natürlich die Elbe. Bunt gemischt also.

Nicht nur in Altona, in der ganzen Stadt wird im Moment viel gebaut. Ziel ist es, der anhaltenden Nachfrage Herr zu werden. Denn die hat die Preise in den vergangenen Jahren schon kräftig steigen lassen: Im Vergleich zu 2004 stieg laut JLL der Preis für einen Quadratmeter Eigentumswohnung bis 2016 um 81 Prozent. Bei den Mieten betrug die Steigerung im gleichen Zeitraum 40 Prozent.

„Insgesamt bietet Hamburg sehr gute Zukunftsperspektiven für Immobilienanleger“, urteilt Jan Hebecker, Leiter Märkte und Daten bei Immobilienscout24. Die Leerstandsquote liegt in der Hafenstadt gerade einmal bei 0,7 Prozent. Im Vergleich zu 2012 werde die Zahl der Haushalte bis 2025 um 7,5 Prozent auf 1,06 Millionen steigen, zeigt eine Analyse des Immobilien-Dienstleisters Dr. Lübke & Kelber.

Die Hansestadt biete Investoren insbesondere in zentrumsnahen Stadtteilen eine hohe Investitionssicherheit. Dabei sei Hamburg zweigeteilt in Lagen mit hohem Preisniveau nördlich der Elbe und Lagen mit moderatem Preisniveau südlich der Elbe, sagt Hebecker von Immobilienscout24. Empirica berechnet, dass zwischen den fertiggestellten Wohnungen und dem tatsächlichen Bedarf – trotz angeschobener Investitionen – noch immer eine Nachfragelücke von 53 Prozent klafft. Im deutschen Durchschnitt beträgt die Lücke 32 Prozent. Dennoch: Die Preisobergrenzen seien langsam erreicht, die Renditeaussichten eher gering, schätzt Hebecker von Immobilienscout24. Denn die Teuerungskurve flacht seit 2011 ab.


10.000 neue Wohnungen – pro Jahr

Das hat auch mit dem Hamburger Oberbürgermeister Olaf Scholz (SPD) zu tun. Denn der hat gemeinsam mit seiner Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) und der Wohnungswirtschaft ein „Bündnis für Wohnen“ vereinbart. Das jüngst in diesem Jahr erklärte Ziel: Jährlich 10.000 neue Wohnungen zu bauen. Man könnte auch sagen: Scholz mauert gegen steigende Preise.

Hamburg ist schon jetzt grob auf Kurs. 2015 wurden 8.521 Wohnungen fertiggestellt – so viel wie seit 1996 nicht mehr und ein Fünftel mehr als noch im Vorjahr. Im vergangenen Jahr wurden zudem mehr als 8.600 Baugenehmigungen erteilt. Eine Regelung des Wohnungsbauprogrammes sieht vor, dass etwa ein Drittel der 10.000 geplanten neuen Wohnungen als geförderte Mietwohnungen für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen entstehen sollen.

Das passt ins Käuferbild der Stadt: „Neben München ist in Hamburg der Anteil der lokalen Käufer am größten, egal ob als Kapitalanlage oder zur Eigennutzung“, sagt Michael Schlatterer, Direktor für Wohnimmobilienbewertung beim Immobiliendienstleister CBRE. In den beiden Städten gebe es die käuferstärkste Bevölkerung.

Bei der Mietkostenbelastung schneidet Hamburg nach Berechnungen von CBRE mit 32 Prozent des verfügbaren Einkommens im Vergleich zu Berlin (33,3 Prozent), Frankfurt (35,2 Prozent) und München (35,7 Prozent) noch am „günstigsten“ ab. Doch auch wenn ausländische Investoren hier noch nicht so stark zuschlagen, wie in Berlin: Das Interesse wächst. Das zeigte ein 2015 herausgegebene Studie von PwC und dem Urban Land Institute. Der zufolge liegt die Hafenstadt hinter Berlin, Dublin und Madrid sogar auf Platz vier der der attraktivsten Immobilienstandorte für langfristig orientierte, eigenkapitalstarke Investments in europäische Bestandsimmobilien.


Die besten Lagen in Harvestehude, Marienthal und Stellingen

Harvestehude

Gemessen an den Preissteigerungen gehört Harvestehude, nördlich des Zentrums gelegen, zu den Trendvierteln Hamburgs. Sowohl die Mieten (plus 4,6 Prozent) als auch die Preise für eine Eigentumswohnung (plus 5,6 Prozent) sind 2015 hier so stark gestiegen wie nirgendwo sonst in Hamburg. Schon seit vielen Jahren ist Harvestehude eines der nobelsten Viertel in der Hafenstadt und besticht mit viel Grün und der Lage an der Alster. Jugendstilvillen und Altbauten bestimmen das Bild.

„Mit einer Durchschnittsmiete von über 14 Euro pro Quadratmeter und über 5.500 Euro Kaufpreis pro Quadratmeter ist der Stadtteil ein teures Pflaster“, sagt Hebecker von Immobilienscout24. Die besten Wohnlagen befänden sich vom Zentrum Harvestehudes aus gesehen in Richtung Alster liegend. Dazu gehören Alsterkamp, Rothenbaumchaussee, Mittelweg und Klosterstieg.

„Mittlere Lagen finden sich jenseits der Hagedornstraße. Noch weiter nördlich schließen sich im Umfeld von Jungfrauenthal und Sankt Benedictstraße einfache Lagen an“, erklärt Becker. Weitere für den Stadtteil verhältnismäßig günstige Wohngegenden lägen süd-westlich rund um Grindelberg, Kaiser-Friedrich-Ufer und Schlankreye.

Marienthal

Das relativ weit im Osten Hamburgs gelegene Marienthal zählt zu den ruhigen Wohnlagen mit Einfamilienhäusern, Villen, Gärten und Parks. „Die besten Wohnlagen befinden sich im östlichen Teil rund um Rodigallee und Osterkamp sowie weiter westlich zwischen Luisenstraße und Jüthornstraße“, sagt Hebecker. Mittlere und einfache Lagen schlössen sich im Umfeld der Ziesenißstraße sowie entlang von Hammerstraße und Kielmannseggstraße an. Im Schnitt mussten die Bewohner 2015 eine Kaltmiete von 10,39 Euro aufbringen.

Stellingen

Im Nordwesten Hamburgs befindet sich der dicht besiedelte Stadtteil Stellingen. Die Kaltmiete kostet hier im Durchschnitt 10,49 Euro pro Quadratmeter. Stellingen zeichne sich durch viele Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Hochhäuser aus, erklärt Hebecker. „Die besten Lagen liegen im Süden in Richtung Hamburger Innenstadt im Ortsteil Langenfelde. Mittlere Lagen lassen sich rund um Kronsaalweg und Flaßheide sowie Spannskamp und Warnstedtstraße verorten.“ Einfache Lagen befänden sich in Richtung Stadtrand, etwa in der Vogt-Kölln-Straße und im Wördemannsweg.


So funktioniert das Lagerating

Das Lagerating für ganz Deutschland macht die Investitionsperspektiven für knapp 8.000 Ortsteile und Gemeinden vergleichbar. Das Rating basiert auf den von Immobilienscout24 erhobenen Immobilienmarktdaten wie Mietpreisniveaus und -entwicklungen der vergangenen drei Jahre. Jährlich wertet das Portal mehr als eine Million Angebotsinserate aus. Zudem fließen als externe Faktoren die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung der Arbeitsplätze in die Bewertung ein.

Ausgewählte Stadtteile in den Großstädten Berlin, Frankfurt am Main, München und Hamburg werden auf der Mikroebene bewertet, wobei zwischen „guten“, „mittleren“ und „einfachen“ Lagen unterschieden wird. Das Lagerating für Deutschland unterteilt – vergleichbar einem Bonitäts-Ranking – zehn Lageklassen, die von AAA (beste Lage mit exzellenter Investitionssicherheit) über BBB (mittlere Lage mit weitgehender Investitionssicherheit) bis zu D (einfachste Lage mit höchstem Investitionsrisiko) reichen. Je höher das Lagerating eines Ortsteils oder einer Gemeinde, desto besser wird die Investitionssicherheit eines Standorts eingeschätzt.

Die im Lagerating verwendeten Preisniveaus und Preisentwicklungen werden mit Hilfe eines hedonischen Modells berechnet. Die Preise werden damit auf ein Referenzobjekt geeicht und bilden den Preisunterschied ab, den Haushalte aufgrund der Lagequalität bereit sind, für das gleiche Objekt am jeweiligen Standort zu zahlen.

Die besten Lagen (AAA) finden sich in den zentralen Bezirken der Metropolräume München, Frankfurt am Main, Hamburg sowie einzelnen Stadtteilen von Stuttgart. Auch Ortsteile der Ferieninsel Sylt, das Mainviertel in Würzburg sowie einige Münchner Umlandgemeinden wie Starnberg oder Grünwald zeichnen sich durch beste Lagequalitäten aus.

Gute Lagen finden sich ebenfalls in den besonders wirtschaftsstarken Umlandregionen der großen Ballungsräume des Rhein-Main-Gebiets, der Rhein-Neckar-Region, der Oberrhein-Region, Münchens mit dem Umland, der Rheinschiene, Hamburgs mit dem Umland sowie der Metropolregion Berlin. Auch einzelne Großstädte wie Düsseldorf, Bremen, Kiel, Hannover, Münster, Wolfsburg, Braunschweig, Oldenburg, Nürnberg, Ulm, Konstanz sowie die ostdeutschen Städte Dresden und Jena sind durch gute Lagen geprägt.

Demgegenüber sind einfache Lagen vor allem in ländlich-peripheren Regionen West- und Ostdeutschlands wie der Eifel, dem Bayerischen Wald, Ostwestfalen, dem Wendland oder in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsen-Anhalts, Sachsen oder Thüringens zu finden. In diesen strukturschwachen Regionen hat der demografische Wandel bereits zu deutlichen Bevölkerungsverlusten geführt, der starke Auswirkungen auf den Immobilienmarkt hat.


Legende mit der Beschreibung der einzelnen Lageklassen

AAA: Beste Lage in Metropolen mit exzellenter Investitionssicherheit mit sehr hohen Preisen und guter Preisentwicklung sowohl auf Bezirks-, als auch auf Stadtebene. Die Bevölkerungs- und Beschäftigungszahlen wachsen stark. Beispiele: Zentrale Lagen in München (Bayern), Frankfurt am Main (Hessen), Stuttgart (Baden-Württemberg).

AA: Sehr gute Lage in Metropolen und Großstädten mit hoher Investitionssicherheit. Die Lage ist hochpreisig mit sehr guten Preisentwicklungen sowie wachsenden Bevölkerungs- und Beschäftigungszahlen. Beispiele: Teile Münsters (Nordrhein-Westfalen), Wolfsburgs (Niedersachsen), Würzburgs (Bayern).

A: Gute Lage in Metropolrandgebieten, Großstädten und im verdichteten Umland mit Investitionssicherheit. Die Preise im oberen Segment werden von guten Preisentwicklungen, einem leichten Bevölkerungszuwachs sowie einer überdurchschnittlichen Beschäftigungsentwicklung gestützt. Beispiele: Teile Augsburgs (Bayern), Böblingens (Baden-Württemberg), Bonns (Nordrhein-Westfalen).

BBB: Mittlere Lage mit weitgehender Investitionssicherheit in Metropolrandgebieten, Großstädten und im verdichteten Umland oder in sehr guten Landkreislagen. Sowohl Preisniveau als auch Preisentwicklung liegen über dem Durchschnitt. Die Bevölkerungszahlen stagnieren oder steigen leicht und die Beschäftigungsentwicklung ist ebenfalls leicht überdurchschnittlich. Beispiele: Teile Kolbenz‘, des Landkreises Mainz-Bingen (Rheinland-Pfalz) oder Außenbezirke Berlins wie Friedrichsfelde oder Spandau.

BB: Mittlere Lage in kleineren Städten und Großstädten oder gute Lagen im ländlichen Raum mit geringer Investitionssicherheit. Preisniveau sowie Preis-, Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung liegen im Durchschnitt. Beispiele: Teile Dortmunds, Essens (beide Nordrhein-Westfalen), Leipzigs (Sachsen).

B: Zu dieser Lage gehören kleinere Großstädte, verdichtetes Umland und solide Landkreislagen mit geringem Investitionsrisiko. Sowohl Preisniveau als auch Preis- und Beschäftigungsentwicklung liegen leicht unter dem Durchschnitt, die Bevölkerungsentwicklung ist leicht negativ. Beispiele: weite Teile Duisburgs (Nordrhein-Westfalen), Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt), des Landkreises Trier-Saarburg (Rheinland-Pfalz).

CCC: Einfache Lage in Städten bis mittlere Lage im ländlichen Raum mit erhöhtem Investitionsrisiko. Preisniveau, Preisentwicklung und Beschäftigungsentwicklung sind unterdurchschnittlich und werden von leichten Bevölkerungsverlusten begleitet. Beispiele: Teile Bayreuths (Bayern), Kaiserslauterns (Rheinland-Pfalz), des Landkreises Fulda (Hessen).

CC: Diese Lage umfasst nahezu ausschließlich den ländlichen Raum mit einfachen Lagen und hohem Investitionsrisiko. Das geringe Preisniveau wird durch die stagnierende Preisentwicklung in Verbindung mit Bevölkerungsverlusten bei unterdurchschnittlicher Beschäftigtenentwicklung gefestigt. Beispiele: Teile des Landkreises Bad Kissingen (Bayern), des Landkreises Börde (Sachsen-Anhalt), des Landkreises Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern).

C: Sehr einfache Lagen im ländlichen Raum mit sehr hohem Investitionsrisiko. Das Preisniveau ist niedrig, die Preisentwicklung negativ, die Bevölkerungszahl sinkt und die Beschäftigtenentwicklung verläuft stark unterdurchschnittlich. Beispiele: Teile des Vogtlandkreises (Sachsen), der Südwestpfalz in Rheinland-Pfalz, des Spree-Neiße-Kreises in Brandenburg.

D: Einfachste Lagen in Deutschland mit höchstem Investitionsrisiko. Das geringe Preisniveau wird durch einen starken Preisverfall weiter bedroht. Die Region ist durch einen starken Bevölkerungsrückgang und eine stark unterdurchschnittliche, stagnierende Beschäftigungsentwicklung gekennzeichnet. Beispiele: Göllingen im Kyffhäuserkreis (Thüringen), Wieda im Landkreis Osterrode am Harz (Niedersachsen), Nagel im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge (Bayern).

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