Immobilien Mallorcas Ferienhäuser im Notverkauf

Die Wirtschaftskrise in Spanien hat dem Häusermarkt auf Mallorca zugesetzt. Es gibt jetzt Wohnungen mit Meerblick unter 200.000 Euro – doch viele dürften noch billiger werden.

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 Ferienimmobilien auf Mallorca Quelle: dpa

Manchmal ärgert sie sich über den schlechten Service in einigen Restaurants – vor allem, weil sie nicht genug Spanisch spricht, um sich beschweren zu können. Aber Irmgard Wirth ist ganz sicher: „Hier wollen wir unseren Lebensabend verbringen.“ Die Lübecker Unternehmerin hat mit ihrem Mann in den Siebzigerjahren ein Haus im Norden der Insel gekauft, „am Anfang ein klassisches Feriendomizil“. Andere Immobilien kamen dazu, jetzt leben sie dauerhaft hier, ihr Sohn hat sich beruflich als Anwalt auf Mallorca etabliert.

Wer es den Wirths nachtun will, kann heute deutlich billiger zum Zuge kommen als noch vor drei bis vier Jahren. Mit Ausbruch der Finanzkrise wich die Luft aus der spanischen Immobilienblase, um mehr als ein Drittel haben die Preise etwa in Palma de Mallorca seit Mitte 2008 nachgegeben (siehe Chart).

Durchschnitts-Quadratmeterpreise in Palma de Mallorca seit Juni 2008 Quelle: Casas.facilismo.com

Und es dürfte weiter nach unten gehen: „Vor allem im unteren und mittleren Bereich sind in diesem Jahr Preisreduzierungen von 30 Prozent verhandelbar“, sagt Peter Hermann, der in Palma de Mallorca eine Klinik betreibt. „Verglichen mit dem US- oder dem irischen Markt, die ebenfalls unter Preisblasen litten, erscheinen die spanischen Hauspreise immer noch inflationiert“, warnen die Analysten der französischen Société Générale. Unter ungünstigen Umständen könnten die Preise weitere 20 bis 25 Prozent fallen.

Die Preise schrumpfen auch im obersten Segment

Die Geschäfte der Makler gehen schlecht: „Es gibt immer noch genug Objekte, die viel zu hochpreisig sind für das, was Mallorca darstellt. Die Insel ist einfach nicht Cannes oder Monaco“, sagt Matthias Meindel von der Concept Real Estate, der Mallorca-Immobilien in Deutschland vertreibt. Leer stehende Villen zwischen Puerto Portals und dem neuen Trendhafen Puerto Adriano können seiner Meinung nach nur schwer verkauft werden.

Schnäppchen für Mallorca-Freunde
Cala Figuera (Mallorca) Quelle: Pressebild
Camp de Mar (Mallorca) Quelle: Pressebild
Cala Santanyi (Mallorca) Quelle: Pressebild

Dass die Finanzkrise auch Mallorca durchschüttelt, davon kann sich überzeugen, wer an den Schaufenstern der Maklerbüros vorbeigeht. Selbst in Luxusgegenden wie Port Andratx überwiegen nach Jahren der Fantasiepreise auf den Anzeigetafeln eindeutig Objekte zwischen 300.000 und 800.000 Euro. Im vom Massentourismus heimgesuchten Osten der Insel sind sogar Objekte zwischen 80.000 und 200.000 Euro zu finden. „Das war vor ein paar Jahren noch undenkbar“, sagt Meindel.

Auch im obersten Segment rutschen die Preise – wenn auch langsam. Makler Andreas Meier von AM Inmobiliaria hat gerade eine Villa hereinbekommen, deren Preis von 4,6 Millionen auf knapp 4,0 Millionen Euro reduziert wurde.

Spanien ist noch zu teuer

Spaniens Baustellen
Spanien hat wie die anderen südeuropäischen Euro-Länder von den niedrigen Zinsen in der Währungsunion profitiert und einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Ähnlich wie in Irland bildete sich eine Immobilienblase, die mit einem lauten Knall platzte: Der Bausektor fiel in sich zusammen, die Arbeitslosigkeit stieg rasant. Quelle: REUTERS
Seit 2008 stieg die Arbeitslosenquote von knapp über zehn auf fast 25 Prozent. Bei den Jugendlichen ist fast jeder Zweite arbeitslos. Hatten bislang vor allem ungelernte Arbeitskräfte in der Bauwirtschaft und im Servicebereich ihren Job verloren, trifft es jetzt auch qualifizierte Kräfte. Nach einem schwachen Wachstum in der ersten Jahreshälfte 2011 befindet sich Spaniens Wirtschaft jetzt wieder in der Rezession. In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,7 Prozent schrumpfen. Quelle: dpa
Das Hauptproblem: Fortbildungsprogramme und Arbeitsvermittlung wurden bislang vernachlässigt, Teilzeitverträge existierten bislang fast gar nicht. Auf Seiten der Arbeitnehmer haben sich zu viele Angestellte in komfortablen Bedingungen eingenistet. Flexibilität und Mobilität bei Stellensuchenden sind so gut wie gar nicht ausgeprägt. Quelle: REUTERS
Ausgerechnet die Hochqualifizierten bewegen sich nun – mit fatalen Folgen für Spanien. Weil Jobs und Perspektiven für Akademiker fehlen, schauen sich junge Iberer zunehmend im Ausland nach Jobs um. In Deutschland könnte sie fündig werden. Die Bundesregierung warb im vergangenen Herbst um spanische Ingenieure. Mit Erfolg. Bis zum Jahresende 2011 bewarben sich mehr als 14.000 junge Iberer um einen Job zwischen Hamburg und München. Spanien droht nun der „brain drain“. Quelle: dpa
Ein weiteres Problem: Spaniens Regierungschef legt ein hohes Reformtempo vor – doch die Kommunal- und Regionalregierungen zeigen keinerlei Sparbereitschaft. Während die Zentraladministration seit 2001 ihr Personal um 22 Prozent reduziert habe, sei die Belegschaft der autonomen Gemeinschaften um 44 Prozent und die der Gemeinden um 39 Prozent gestiegen, rechnete Antonio Beteta vor, der Staatssekretär für öffentliche Verwaltungen. Quelle: REUTERS
Höhere Sozialausgaben und sinkende Steuereinnahmen aufgrund der Rezession und der Abwanderung von Hochqualifizierende führen zwangsläufig zu einem Anstieg der Verschuldung. Die Gesamtverschuldung liegt derzeit mit knapp 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zwar unter dem Schnitt der Eurozone, aber diese Zahl dürfte bis 2014 rasant wachsen. Die Ratingagentur Moody’s geht davon aus, dass die Verschuldung bis Jahresende bei rund 80 Prozent des BIPs liegen wird. Quelle: dpa
Auch die Finanzmärkte sind skeptisch. Zwar haben die großzügigen Geldausleihen der Europäischen Zentralbank (EZB), bei der sich vor allem südeuropäische Banken mit Liquidität versorgt haben, auch die Renditen spanischer Staatsanleihen auf ein erträgliches Niveau gedrückt. Doch die Anleger verlangten von Spanien zuletzt wieder höhere Renditen als für Italien – ein deutliches Zeichen des Misstrauens. Quelle: REUTERS

„Interessiert am Kauf sind langjährige Mallorca-Kenner, vor allem sie investieren derzeit auf der Insel“, behauptet die Immobilienmaklerin Heidi Stadler von First Mallorca. Der Hauptsitz ihres Büros ist im reichen Südwesten der Insel. Noch gebe es auch Interessenten für Millionenobjekte, vor allem Käufer, die den gefallenen Euro-Wechselkurs nutzten – Norweger, Schweden, Schweizer und auch Osteuropäer. Die blonde Österreicherin strahlt zuversichtlich von den Werbeplakaten ihrer Firma, aber die Zeiten sind auch auf Mallorca nicht mehr zum Lachen.

Verschärfte Lage

Verglichen mit Urlaubszielen wie Bulgarien, Nordafrika, Kroatien oder der Türkei, ist Spanien teuer. Laut Tourismusministerium kamen in den ersten drei Monaten 2012 nur knapp 217.000 Urlauber nach Mallorca, elf Prozent weniger als 2011. Ein Krisensymptom: Die Insel ist unsicherer geworden. Die Balearen waren 2011 die spanische Region mit der zweithöchsten Kriminalitätsrate, laut Innenministerium gab es 67 Delikte pro 1000 Einwohner – 13 Prozent mehr als im Vorjahr. „Der Abstand zwischen den sozialen Klassen ist enorm groß geworden“, sagt der Immobilienmakler Juan Antonio Rivera Hidalgo.

Die Arbeitslosenrate liegt hier mit 28 Prozent sogar über dem Landesdurchschnitt von knapp 25 Prozent. „Auch wenn die Zahl wohl so nicht stimmt, weil hier viele schwarzarbeiten, hat sich die Lage für viele so verschärft, dass wir immer mehr Notverkäufe von Wohnungen und Häusern beobachten“, sagt der Spanier.

Zu wenige Touristen

Nicht nur Immobilien verkaufen sich schlecht. Inzwischen werden auch die Verkäufer in den Luxusläden in Puerto Portals schon fast aufdringlich, weil Touristen immer seltener das Portemonnaie zücken. Schlagzeilen über Korruption, steigende Arbeitslosigkeit und die Immobilien- und Bankenkrise hätten auch viele Wohlhabende verschreckt, glaubt Feiko Westra, der in Puerto Portals Yachten verkauft. Sein Geschäft, das ähnlich wie der Immobilienmarkt auf den Balearen starke Preissteigerungen in den Jahren 1998 bis 2007 erlebte, läuft auch nur noch mäßig: „Wir haben viele von den Banken beschlagnahmte Objekte im Portfolio.“ Früher hätten sich die Leute an diesem Luxusstandort um Immobilien und Yachten gerissen.

Die Preise, das scheint angesichts der schwierigen Lage der spanischen Banken ziemlich sicher, werden weiter fallen. Die spanischen Banken sitzen auf 307 Milliarden Euro Immobilienkrediten, Darlehen von über 180 Milliarden Euro gelten laut spanischer Notenbank als problembehaftet.

Erhöhung der Grunderwerbssteuer

Welche Fallen das Ferienhaus birgt
Laue Luft, köstliche Paella und ein erlesener Rotwein, den die heimischen Gastgeber reichlich einschenkten - was für ein schöner Abend. Bei der Vorspeise sprach der Spanier vom Wetter und erzählte von seinem neuen Bauprojekt. Hochglanzbroschüren machten noch vor dem Hauptgericht die Runde. Von Meeresblick, großzügigen Terrassen war die Rede und vom Einzug im nächsten Sommer. Freilich, die Nachfrage sei groß und nur noch wenige Apartments seien zu haben. Aber Kurzentschlossenen könne er helfen. Beim Dessert lag der Vorvertrag auf dem Tisch: Eine kleine Anzahlung von 50 000 Euro sei doch kein Problem? Quelle: Engel & Völkers
Die deutschen Käufer unterschrieben eilig und überwiesen das Geld nach dem Urlaub pünktlich. Anschließend hörten sie lange nichts mehr aus Spanien. Kein Einzelfall, weiß Peter Schöllhorn von der Deutschen Schutzvereinigung Auslandsimmobilien: „Dann kommen die Leute zu uns, und fragen wie es weitergehen soll.“ Er stellt klar: „Privatschriftliche Vorverträge sind in Spanien und Frankreich gültig und bindend. Aber eine Anzahlung ohne Sicherheit kann die schlimmste Falle beim Kauf einer Ferienimmobilie sein.“ Bevor eine Anzahlung überwiesen wird, sollte der Käufer auf jeden Fall eine Bankbürgschaft vom Bauträger oder Verkäufer verlangen. Quelle: dpa
Falle LuftblasenPapier ist geduldig und ein schöner Prospekt ist schnell gedruckt. Im schlimmsten Fall existiert das Traumhaus aber nur auf dem Papier. An Ort und Stelle findet der Geprellte nichts als Wildnis. Erst ansehen dann anzahlen, das gilt auch für gebrauchte Objekte. Schon manches Traumhaus am Strand erwies sich als Bruchbude. Quelle: dpa
Falle SchwarzbautenIn Italien und Spanien wird viel schwarzgebaut. Statt eine Baugenehmigung einzuholen wird die gesamte Ferienanlage ohne Prüfung fertiggestellt und das Bußgeld im Kaufpreis einkalkuliert. Den Ärger hat später der Käufer. Nachträglich Genehmigungen einzuholen, verschlingt viel Zeit. Quelle: Reuters
Falle Baumängel„Wo die Baugenehmigung fehlt, wird auch oft die Statik eingespart“, warnt Anwalt Schöllhorn. Das nächste Erdbeben bringt solche Ferienträume in Gefahr. Wer sich vor Baumängeln schützen will, geht mit einen unabhängigen Bausachverständigen zum Ortstermin. „Deutsche Bauqualität ist im Süden nicht selbstverständlich“, bemerkt Schöllhorn. Quelle: dpa
Falle EigentümerWer das richtige Objekt gefunden hat, sollte klären, ob der Verkäufer überhaupt der Eigentümer ist. Auf eine Anfrage bei den ausländischen Eigentumsregistern sollte deshalb kein Käufer verzichten. Leider wird im sonnigen Süden oft nicht viel Wert auf die Eintragungen gelegt. In Griechenland gibt es außerdem immer noch kein flächendeckendes Grundbuch. Quelle: picture-alliance
Falle ErbengemeinschaftErben verkaufen im Ausland oft ohne die geerbten Immobilien vorher umschreiben zu lassen. Doch zerstrittene Erbengemeinschaften sind in Spanien, Frankreich oder Italien genauso häufig wie bei uns. Ohne die Unterschrift der Miterben ist der Kauf nicht möglich. Quelle: dpa

Allerorten werden zurzeit staatliche Leistungen gekürzt, die Einkommensteuer wurde erhöht, was auch die 30.000 deutschen Residenten auf der Insel betrifft, von denen viele auf Mallorca arbeiten. Der spanische Immobilienberater Eduardo Molet erwartet, dass die unter den neuen 100 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm schlüpfenden spanischen Banken ihren Immobilienbestand schnell reduzieren müssen: „Das geht aber nur, wenn die Preise niedrig sind.“ Er rechnet bei Wohnungen mit einem Wertverlust von bis zu 70 Prozent im Vergleich zum Jahr 2006.

Für Makler Rivera Hidalgo werden die goldenen Zeiten, in denen sich Reihenhäuser in der ersten Strandreihe für mehrere Millionen Euro verkauft haben, nie wieder zurückkommen. Sein nur spärlich eingerichtetes Maklerbüro Encasa liegt in einem der bisherigen Avantgarde-Vororte von Palma, Ciutat Jardi. Hier, weit weg von Ballermann & Co, leben Ausländer unter Einheimischen. Strandbuden und Hotels gibt es kaum. „Früher kosteten hier die kleinen Fischerhäuser zwischen 800.000 und 1,5 Millionen Euro, jetzt kann man sie auch schon für 500.000 Euro haben, wenn der Besitzer einmal unter Druck geraten ist“, sagt Rivera Hidalgo.

Begünstigte Neubauten

Zu allem Überfluss erhöhte die klamme Regierung der Balearen jetzt auch noch die Grunderwerbsteuer: Der Tarif steigt progressiv, von sieben Prozent bei Objekten bis 300.000 Euro bis hin zu zehn Prozent, die auf einen Kaufpreis fällig werden, der 700.000 Euro übersteigt.

Begünstigt sind Verkäufe von Neubauten, auf sie werden nur vier Prozent Mehrwertsteuer fällig. So will die Regierung die Zahl der leer stehenden Neubauten drücken. Ein weiteres Bonbon für Käufer: Wer 2012 in Spanien eine Immobilien erwirbt, muss beim Verkauf nur den halben Gewinn versteuern. Einige deutsche Finanzämter interpretieren das Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien allerdings so, dass auch sie die Veräußerungsgewinne Deutscher in Spanien besteuern dürfen, sofern sie die niedrigere spanische mit der deutschen Steuer verrechnen.

Kopfzerbrechen sollte dies Käufern allerdings in näherer Zukunft kaum bereiten. Weil die Preise weiter fallen, dürfte es noch dauern, ehe sie mit ihrer Immobilie nennenswert in die Gewinnzone kommen.

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