Immobilien-Profi im Interview „Zu wenig Rendite, zu hohes Risiko“

In Deutschland grassiert ein Boom bei Wohnimmobilien. Für den Investor Lorenz Reibling ist ein Einstieg nicht mehr interessant. In welche Projekte Milliardäre jetzt investieren und womit Häuslebauer rechnen müssen.

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Lohnt der Kauf trotz Preisrally? Quelle: Getty Images

Düsseldorf Professor Lorenz Reibling sieht aus wie ein amerikanischer Geschäftsmann aus dem Bilderbuch. Die goldene Uhr und der silberne Armreif fallen selbst im manchmal etwas neureichen Düsseldorf auf. Auch die gestickten Initialen am Hemdärmel wirken typisch amerikanisch. Der deutsche Auswanderer scheint sich in Übersee bestens integriert zu haben, der bayrische Akzent ist dennoch geblieben.

Im Gespräch zeigt sich: Der Mann mit Schnurrbart redet gerne und gibt ausführliche Antworten. Reibling ist Chairman und Mitbegründer von Taurus Investment. Die Firma mit Sitz in Boston hat sich auf Immobilienanlagen für sehr reiche und institutionelle Kunden spezialisiert. Handelsblatt-Online sprach mit ihm über seine exklusiven Kunden, Chancen am deutschen Immobilienmarkt und sein Prestigeprojekt in Texas.

Professor Reibling, viele Ihrer Kunden sind sehr reich. Wer vertraut Ihnen sein Geld an?
Es gibt im Wesentlichen drei Kriterien, die unsere Kunden erfüllen sollten. Sie sollten über längere Zeit einen Geldbetrag investieren können, sie sollten in der Lage sein bei Bedarf die Investitionssumme zu erhöhen und sie sollten sich auf unser Geschäftsmodell einlassen. Es gibt zwar die Möglichkeit mit 500.000 Dollar an einem „Schnupperprojekt“ teilzunehmen, um zu gucken wie es läuft. Wir wollen aber ein größeres liquides Finanzpotential sehen, denn die Betreuung dieser Kunden ist sehr aufwendig.

Wie liquide sollten Ihre Kunden sein?
Wir raten immer rund 5 bis 15 Prozent der liquiden Mittel bei uns zu investieren. Bei fünf Millionen Dollar, unserer üblichen Einstiegssumme, entspräche das einem liquiden Vermögen von über 30 Millionen US-Dollar. Wir haben natürlich auch deutlich vermögendere Kunden, darunter auch einige Milliardäre.

Stimmen eigentlich die Milliardärs-Rankings in den Magazinen?
Nein. Die Angaben zu den Vermögen in den Rankings weichen meist nach oben, als auch nach unten ab. Wir haben mindestens zwei deutsche Milliardäre als Kunden, die bei uns einen dreistelligen Millionenbetrag investiert haben. Keiner von beiden taucht auf diesen Listen auf.

Lehnen Sie auch Kunden ab?
Auch das kommt vor. Liquidität allein reicht nicht. Es ist uns wichtig, dass der Kunde genau versteht was wir tun. Im äußersten Falle kann ein Kunde mit unseren Immobilieninvestments einen Totalverlust erleiden. Wer das nicht versteht oder nicht unternehmerisch denken kann, ist bei uns an der falschen Adresse.

Wie investieren die Milliardäre ihr Geld?
Ich erlebe immer wieder, dass selbst superreiche Kunden, die es eigentlich gar nicht mehr nötig hätten, sehr detailliert prüfen, ob mit einem Projekt Geld zu verdienen ist. Sie denken wie Unternehmer: Was muss ich investieren, welche Erträge sind möglich. Das Personenrisiko gewichten sie besonders hoch.


„Mindestens eine Jahresrendite von sieben Prozent“

Helfen Sie uns: Was ist ein „Personenrisiko“?
Ein gutes Geschäft in schlechten Händen ist für einen Superreichen ein deutlich höheres Risiko, als ein mittelgutes Geschäft in guten Händen. Vertrauen in die Person des Projektpartners ist enorm wichtig in unserer Branche.

Und Ihnen vertrauen die Milliardäre?
Offenkundig schon. Das Ziel unserer Firma ist die Vermehrung von Vermögen. Unser Konzept: Wir investieren dabei in nur eine Asset-Klasse, dass sind Immobilien. Uns geht es dabei weniger um eine Einschätzung des Marktes. Wir verfolgen die Idee, ein Gebäude oder ein Grundstück so aufzuwerten damit es im Wert steigt.

Gab es schon einmal einen Totalverlust?
Nein, nicht wenn der Investor über drei oder mehr Projekte diversifiziert hatte. Insgesamt gab es drei bis vier Totalverluste bei insgesamt 180 „Club Deals.“ Während der Finanzkrise konnten wir einige Jahre keine Objekte verkaufen. Unsere Investoren haben uns aber vertraut und die Krise ausgesessen. Um die Sicherheit zu erhöhen, teilen wir die Risiken auf. Wir setzen auf „Club-Deals“, bei denen sich mehrere Investoren in einem Projekt zusammenfinden. So können sich Investoren gleichzeitig an mehreren Projekten beteiligen und durch Diversifikation ihre Risiken minimieren. Durch dieses Modell verdienen wir bei Taurus sehr viel Geld.

Wieviel Rendite machen Ihre Kunden?
Wir werden an einer Benchmark gemessen, die auch für viele andere amerikanische Privat-Equity Gesellschaften und Hedge-Fonds gilt. Im Durchschnitt sind institutionelle Investoren in den USA in der Lage eine Jahresrendite von sieben Prozent zu erzielen. In den vergangenen Jahren lagen wir regelmäßig über diesem Satz und wir möchten dieselbe Rendite für unsere Firma verdienen.

Die deutschen Anleger, die ihr Geld in offene Immobilienfonds investieren, können von solchen Renditen nur träumen…
Stimmt, wir profitieren aber auch von den Entwicklungen an den Märkten und können antizyklisch agieren. Außerdem ist unser Grundsatz: Je schneller wir unsere Renditeziele erreicht haben und je schneller wir verkaufen können desto besser. Es gibt derzeit viele Chancen.

Geben Sie uns einen Tipp?
Nehmen Sie aktuell etwa den amerikanischen Häusermarkt, der in der Regel ein Neubau-Volumen von 1,5 Millionen pro Jahr hat. In der Zeit von 2009 bis 2012 ist etwas passiert, was es eine lange Zeit davor so nicht gegeben hatte. Es wurden fast keine neuen Grundstücke entwickelt.


„Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist für uns uninteressant“

Was bedeutet das für den Immobilienmarkt?
Die entscheidende Ressource für den Häuserbau in den USA ist ein Grundstück. Die Landentwickler, die in den USA für die Produktion von Grundstücken verantwortlich sind, mussten mit einem Nachfragerückgang von zwei Millionen auf 500.000 Häuser kämpfen. 2009 gingen einige Land-Developer insolvent, weil sie die Grundstücke nicht mehr verkaufen konnten. Die Erschließung von Grundstücken ist teuer in den USA und die Banken wollten nach 2008 nicht länger in Immobilien investieren. Wir haben das als Chance erkannt und investiert.

Haben Sie Projekte hier in Deutschland?
Ja, wir haben Vermögenswerte von rund einer Milliarde Euro in Deutschland. Unser Portfolio in Deutschland umfasst Gewerbeimmobilien am Frankfurter Flughafen, Baumärkten von Hornbach und Innenstadtrenovierungen in Burghausen.

Sie setzen auch auf Supermärkte…
Ich weiß noch wie wir belächelt wurden, als wir Edeka-Märkte in Deutschland gekauft haben. Dennoch war die Entscheidung richtig, denn der Lebensmittelhandel in Deutschland läuft weiterhin in Läden ab und nicht im Internet. Durch die Investition konnten wir mehrere hundert Millionen Euro realisieren.

In Deutschland gibt es einen historischen Boom bei Wohnimmobilien. Sind Sie da auch dabei?
Wir haben uns tatsächlich überlegt in Wohnimmobilien in Deutschland zu investieren. Geplant war der Aufbau einer Publikumsgesellschaft, weil wir überzeugt sind, dass es für diese Geschäfte genug Geld in Deutschland gibt. Das haben ja auch viele Firmen in Form eines REITs getan. Für uns wäre das nur im Zuge eines Joint Ventures möglich gewesen. Die ist an den unvereinbaren Vorstellungen mit den möglichen Partnern gescheitert. Der Markt hat aber trotzdem Potential.

Genug Potential um jetzt noch einzusteigen?
In Berlin und in anderen Städten möglicherweise schon. Der generelle Wohnungsmarkt in Deutschland ist für uns aber uninteressant. Vor allem weil wir der Auffassung sind, dass die Renditen in diesem Markt das Risiko nicht rechtfertigen. Besonders das politische Risiko ist in diesem Fall sehr hoch, denken sie an die Mietpreisbremse - und alle weiteren Bremsen, die es jetzt schon gibt.

Deutsche Wohnimmobilien sind für Sie bereits zu teuer?
Wir sehen andere Möglichkeiten in Deutschland speziell im Bereich Logistik. Deshalb haben wir frühzeitig in ein 25.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum am Frankfurter Flughafen investiert und erzielen damit eine laufende Rendite von acht Prozent.


„Probleme auf dem deutschen Immobilienmarkt“

Was am Frankfurter Flughafen möglich ist, funktioniert bei Mietshäusern oder Kaufobjekten nicht mehr?
Schauen Sie, es gibt doch eigentlich nur zwei  Faktoren, die den Wert von Immobilien bestimmen. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Entstehen von neuen Arbeitsplätzen ist der wichtigste Faktor die Demographie. In Deutschland ist der Trend zur Alterung der Gesellschaft nicht mehr aufzuhalten. Firmen die Altersheime produzieren oder betreiben, werden sehr gutes Geld verdienen. Der Wert eines solchen Geschäfts liegt aber im Management. Die Immobilie an sich ist sehr einfach zu erstellen. So etwas können wir bei Taurus nicht und wollen es auch nicht können.

Deutschland gilt als Europas Wirtschaftsgigant. Hat das keinen Einfluss auf Wohnimmobilien?
Ich glaube, dass auch die soziodemographischen Entwicklungen, die mindestens genauso wichtig für den Immobilienmarkt sind, in Zukunft in Deutschland für Probleme sorgen werden. Unser Fokus liegt deshalb weniger auf Deutschland, sondern auf den Entwicklungen in der ganzen Welt. Gewerbeimmobilien im Logistikbereich bleiben für uns in Deutschland allerdings interessant.

Viele Privatleute kaufen in Deutschland derzeit Wohn-Immobilien zur Eigennutzung oder als Geldanlage. Würden Sie privaten Käufern derzeit abraten ?
Ich würde davon nicht abraten, dass ist ja auch nicht meine Aufgabe. Die reichen Leute wissen sehr gut, was sie mit Ihrem Geld machen wollen. Wenn Sie ein Gemälde für 15 Millionen Euro kaufen wollen, was vor ein paar Jahren noch 100.000 Euro in Düsseldorf gekostet hat, sollen sie das tun. Wir sind keine Missionare, sondern harte Geschäftsleute. Und die denken bei einem Kauf nicht an den inneren Wert, sondern an die tatsächlichen Erträge einer Investition. Über manche Dinge wundern wir uns dennoch.

Was verwundert Sie?
Dass psychologische Faktoren beim Kauf oft einen viel größeren Einfluss haben als wirtschaftlich rationale Gründe. Offenbar sitzt den Deutschen immer noch eine historisch überlieferte Angst vor der Inflation im Nacken. Das Investment in Steine soll vor Geldentwertung schützen. Und bei manchem Kauf ist sicherlich auch etwas Angeberei dabei. Etwa wenn Käufer in München eine smartes Loft mit Dachterrasse ergattern. 

Sie investieren auch in Länder, vor denen konservative Anleger graust. In Argentinien gibt es eine Staatskrise. Die Türkei hat große politische Probleme und Indien entwickelt sich nicht so, wie es sich viele Investoren erhofft haben. Wie kommen Sie gerade auf diese Länder?
Es gibt Länder die mit Sicherheit genauso interessant wären, dazu gehören: Malaysia, Vietnam, Indonesien, Ruanda, Mosambik und Südafrika, um ein paar zu nennen. Unser Geschäftsmodell ist letztlich auf eine starke Person in einem Land ausgelegt. Unser Leiter in Argentinien ist ein hochkarätiger Argentinier, unser Mann in der Türkei ein Türke, unser Mann in Indien ein Inder. Ohne diese Vertrauenspersonen können wir keine lokalen Investoren gewinnen und keine Geschäfte machen. Idealerweise ist das jemand, der ein gutes Netzwerk mitbringt. Deshalb können wir in Märkten wo uns diese Person fehlt nicht aktiv werden.


„Investitionen wegen der Weltanschauung“

Nennen Sie uns ein Beispiel wie das funktioniert?
In der Türkei haben wir etwa ein Bürogebäude und ein Einkaufszentrum für einen dreistelligen Millionenbetrag entwickelt. Unser Mann in Istanbul hat das organisiert und türkische Investoren überzeugt. 70 Prozent des Geldes kommt aus der Türkei, der Rest aus der ganzen Welt.

Wie sehen Sie Südeuropa?
Das haben wir uns auch angeschaut, Spanien insbesondere. Wir sind der Überzeugung, dass die beiden Kriterien die ich Ihnen genannt habe, Demographie und Arbeitsplatzentwicklung, nicht für Spanien sprechen. Obwohl die demographische Entwicklung in Spanien etwas besser ist als in Deutschland, ist die Jobsituation viel schlechter. Wir haben dann von Spanien Abstand genommen.

Ist die Krise in Europas Süden bald vorbei?
Wir glauben, dass den südeuropäischen Ländern noch eine schwere Zeit bevorsteht, bis sie wieder auf gesunden ökonomischen Beinen stehen. Ohne die Zuwendungen von Deutschland wäre es nicht nur für Spanien, sondern auch für Italien sehr knapp geworden. Wo wir gerne investiert wären, aber im Moment nicht in der Lage sind, weil wir uns gerade in Indien konsolidieren, ist Afrika.

Mit Afrika verbinden viele Investoren vor allem Elend, Rechtlosigkeit und Korruption. Welche Länder meinen Sie?
Ruanda ist ein wunderbares Land. Aber auch Mosambik ist interessant. Dennoch muss man bei einer Firma, die vor 40 Jahren gegründet wurde und in einer Zwischenphase von 20 Jahren zu einem soliden amerikanischen Add-Value Unternehmen geworden ist, solchen Dingen Zeit geben. Wir sind manchmal ärgerlich über diese verpassten Chancen, dennoch wollen wir uns erstmal um unsere Projekte in Indien und der Türkei kümmern und deren Erfolg gewährleisten. Das für mich spannendste Projekt ist aber in Austin, Texas.

Dort entwickeln sie einen großen Wohnpark, der auf alternative Energien setzt.
Wir haben in der Krise die Grundstücke gekauft und sind sehr glücklich. Wir entwickeln 7.500 Häuser und weitere 100.000 Quadratmeter sonstige Flächen für Schulen, Parks und sonstiges. der Clou: Eine Geothermie-Anlage sorgt für die Energieversorgung. Bosch oder BASF sorgen für die Technik. Austin ist eine prosperierende, junge und liberale Stadt. Und wir hatten Glück: Eine neue Autobahn wurde direkt in der Nähe gebaut. Wir rechnen damit, dass die Investoren Ihr Kapital mindestens verdoppeln dürften.

Warum funktionieren solche Geothermie-Projekte in Deutschland trotz Energiewende nicht?
Wenn Sie mir ein Grundstück zeigen können, das den Bau mehrerer tausend Häuser ermöglicht und eine gute Lage und Infrastruktur bietet, machen wir das auch in Deutschland.  Solche Projekte sind erst ab einer kritischen Größe von tausend Häusern rentabel. Die kommunalen Verwaltungen und Bürgermeister tun sich mit solchen Projekten sehr schwer.

Die Deutschen Eigenheimbesitzer haben doch schon lange ein Herz für alternative Energien. 
Wenn Sie sich als Einzelner eine Geothermalanlage kaufen, dann tun Sie das für Ihre Weltanschauung. Dann vergessen sie die Zahlen und tun etwas Gutes für die Natur. Das Projekt in Austin ist deshalb so interessant, weil es ein gigantisches Projekt ist. Wir haben alles in allem mittlerweile fast hundert Millionen US-Dollar investiert, sowas können sie nur verantworten wenn die ökonomischen Skaleneffekte stimmen.
Herr Reibling, vielen Dank für das Interview!

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