Immobilien Um welche Blase geht's hier eigentlich?

Die Wohnungspreise in deutschen Metropolen steigen seit Jahren unaufhörlich. Einige Experten warnen vor einer Blase. Unser Autor sieht allenfalls Übertreibungen, aber keine platzende Blase. Ein Kommentar.

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Die Preise für Bestandswohnungen steigen unaufhaltsam, weil der Bedarf steigt. Nun wird auch in Großstädten wieder mehr gebaut. Quelle: dpa

Frankfurt In den vergangenen fünf Jahren sind die Wohnungspreise in Deutschland um etwa 40 Prozent gestiegen. In der gleichen Zeit legte der wichtigste deutsche Aktienindex, der Dax, um knapp 80 Prozent zu. Haben wir eine Blase auf dem Aktienmarkt? Nein, zumindest spricht keiner davon. Doch wenn in den vergangenen fünf Jahren Immobilienmarktforscher wie am Dienstag der Maklerverband IVD neue Preissteigerungsraten für Wohnimmobilien verkündeten, witterten Marktbeobachter schnell eine Immobilienblase. Warum?

Ein Grund könnten Emotionen sein. Kein Mensch muss Aktien besitzen. Aber wohnen muss jeder. Hinter den steigenden Preisen steht die Furcht, Wohnraum nicht mehr bezahlen zu können. Das gilt für Käufer wie für Mieter. Die Deutschen haben eine klare Vorstellung, was das Wohnen kosten darf, nämlich nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens. Damit kommen viele Menschen in Großstädten nicht mehr hin, weil dort die Preise und Mieten für Wohnungen und Häuser wesentlich stärker gestiegen sind als es der Durchschnittswert des IVD ausweist.

Die Mieten steigen unaufhörlich, wenn auch langsamer als die Preise. Und die Preise steigen schneller als die Einkommen. Deswegen wird es für Mieter immer schwieriger Eigentümer zu werden. In den vergangenen Jahren konnten sich Bauherrn und Käufer die steigenden Preise dank sinkender Zinsen schönrechnen. Gemessen an der monatlichen Belastung war Wohneigentum sogar erschwinglich geworden.

Die Zeit ist zu Ende. Wer Baudarlehen mit 15 Jahren Zinsbindung für 1,3 Prozent Zinsen bekommt, sollte nicht auf einen weiteren Zinsrückgang spekulieren. Tatsächlich wird dann Wohneigentum für mehr und mehr Menschen unerschwinglich – erst recht wenn die Zinsen steigen. Käufer von Anlegerwohnungen werden die Lust an Investitionen verlieren, die immer weniger Rendite abwerfen, weil die Mietsteigerungen mit den Preissteigerungen nicht mehr mithalten.

Platzt dann die Blase? Nein! Es gibt keine Blase. Es wird lediglich das Ende der Preisübertreibungen kommen. Und wenn die Zinsen steigen, die Konjunktur ein wenig nachlässt, dann wird die Nachfrage nach Wohnungen sinken. Nicht zu vergessen, dass inzwischen mehr gebaut wird. Selbst die großen Wohnungskonzerne, die in den vergangenen Jahren dadurch auffielen, dass sie sich gegenseitig Wohnungen zu immer höheren Preisen abjagten, beginnen nun zaghaft Wohnungen zu bauen. Es besteht Hoffnung, dass so die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage kleiner wird.


Keine Parallele zur Krise 2009

Nicht nur die Preise, sondern auch die Werte der Wohnungen werden sinken. Aber plötzliche deftige Wert- und Preiseinbrüche, weil spekulative Neubauten zu einem Überangebot geführt haben wie vor acht Jahren in Spanien und Irland sind nicht zu erwarten. Während Chinesen, die es sich leisten können, zurzeit ihre zweite und dritte Wohnung kaufen und darauf vertrauen diese ein wenig später unvermietet noch sehr viel teurer wieder losschlagen zu können, kaufen Deutsche Eigentumswohnungen, vermieten sie und geben sich mit schmalen Mietrenditen zufrieden, die aber immer noch höher sind als die Renditen von Anleihe.

Es ist auch nicht zu erwarten, dass aus allmählich sinkenden Werten und Preise rasend fallende werden, weil Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bezahlen können und in ihrer Not die eigenen vier Wände verkaufen müssen. Dazu finanzieren die Deutschen ihren Immobilienbesitz viel zu solide.

Zur Erinnerung: In Deutschland haben die Besitzer großer, wild zusammengekaufter Gewerbe- und Wohnungsportfolios nach 2009 den Banken den Schlüssel in die Hand gedrückt. Die Besitzer von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern haben brav ihre Kredite weiter bezahlt. Sie haben keine Leichen in den Kellern der Banken hinterlassen.

Diese Wohnraumbesitzer müssen sich nur damit abfinden, dass es nicht nur aufwärts geht. Wie sich das anfühlt, können sie ja mal bei Aktieninhabern erfragen. Vor 18 Monaten hatte der Dax noch mehr als 12.000 Punkte. Jetzt sind es nur noch gut 10.600.

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