Immobilien und die EnEV 2016 Was Sie die neuen Dämmvorschriften kosten

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Finanzieller Mehraufwand zahlt sich nicht aus

Die Schätzungen der Regierung basieren nämlich auf einem Wirtschaftlichkeitsgutachten zur Fortschreibung der Energieeinsparverordnung durch das Bundesbauministerium. Dabei wurden unterschiedliche Varianten in der Anlagentechnik (Brennwertheizung mit Solarunterstützung für Warmwasser, Wärmepumpen und Pelletheizungen) für insgesamt 14 Gebäudetypen vom Bungalow bis zum Single-Apartment auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht. Dass sich der finanzielle Mehraufwand hinsichtlich der Anforderungen an den Primärenergiebedarf und Wärmeschutz innerhalb von 20 Jahren vollständig amortisiert, ist demnach eher die Ausnahme als die Regel.

Es gibt jedoch auch Kombinationen aus Gebäudetyp und Anlagentechnik, die sich quasi sofort rechnen. Bei Wohngebäuden liegen die Amortisationszeiten hinsichtlich der Wärmedämmung der Gebäudehülle laut Gutachten im Durchschnitt bei 29 Jahren. Feinschmecker finden die Studie unter Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung.

Die Untersuchung zeigt eines deutlich: Die Effektivität und Wirtschaftlichkeit beim Einsatz energiesparender Bautechnik ist vom Einzelfall und diversen Annahmen über die Entwicklung der Preise für Energie, Dämmstoffe und Anlagentechnik sowie von der Zinsentwicklung auf der Finanzierungsseite abhängig. Und das Gutachten fördert eine weitere Erkenntnis zutage: Bei Nichtwohngebäuden wie Schulen, Büros oder Hallen amortisiert sich der Mehraufwand nach EnEV deutlich schneller: oftmals sofort und spätestens nach zehn Jahren.

Wer es mit dem Klimaschutz bei Wohngebäuden ernst meint, muss also mehr Geld in die Hand nehmen und holt dieses unter Umständen auch nicht mehr in einer vertretbaren Zeit rein. Doch wenn jetzt – wegen der Wohnungsknappheit in vielen Städten und den gestiegenen Wohnraumbedarf durch hier dauerhaft lebende Flüchtlinge – die Chance verpasst wird, zumindest im Neubau von Wohnungen gleich hohe Maßstäbe an die Energieersparnis anzulegen, wird diese auf Jahrzehnte nicht wieder bekommen. Denn sicher ist es effizienter, beim Wohnungsneubau den Energiebedarf zu senken als durch eine Sanierung alter Gebäude.

Die Sanierung lohnt sich vor allem dann, wenn ohnehin Gebäudeteile erneuert werden müssen. Die energetisch bedingten Mehrkosten für Wärmedämmung und neue Heizung halten sich dann im Rahmen. Und der zusätzliche Aufwand für eine um fünf oder zehn Zentimeter dickere Dämmung die es braucht, um die auch strengeren Vorschriften der EnEV 2016 - noch sind sie freiwillig - einzuhalten, fällt dann weniger stark ins Gewicht. Wichtiger für die Dämmkosten pro Quadratmeter sind etwa die Gesamtfläche der zu dämmenden Bauteile, die Zugänglichkeit je nach Gebäudetyp und die Gebäudegröße. Das Umweltinstitut München schätzt etwa, dass die Zusatzkosten zwischen 80 Euro pro Quadratmeter bei ohnehin fälligem Fassadenanstrich, und 150 Euro pro Quadratmeter inklusive Gerüst bei kleinen Häusern liegen - unabhängig davon, ob das Dämmmaterial 10, 15 oder 20 Zentimeter dick ist. Unter dem Strich ist das für jedes Haus anders zu berechnen – am besten mit professioneller Hilfe durch einen Energieberater.

Dass sich eine Wärmedämmung bezahlt machen kann, hat nicht zuletzt die WirtschaftsWoche an Beispielfällen nachgewiesen. Allerdings ist es bei der Wärmedämmung wie bei vielen Optimierungsverfahren: Der Grenznutzen nimmt ab. Um das letzte Prozent herauszuholen ist ein überproportionaler Aufwand nötig.

Im Klartext heißt das: Die ersten zehn Zentimeter Dämmung bringen am meisten, die letzten zehn Zentimeter im Vergleich dazu wenig. Ob sich die Wärmedämmung im Verhältnis zu den Kosten lohnt, zeigt sich daher immer erst am konkreten Objekt.

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