Immobilien und die EnEV 2016 Was Sie die neuen Dämmvorschriften kosten

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Zusatzkosten für dickere Wärmedämmung der Immobilien

2. Wärmeschutz der Gebäudehülle

Fassade, Dach, Fenster und Bodenplatte eines Hauses sollten in der kalten Jahreszeit so wenig Wärme wie möglich nach außen entweichen lassen und dürfen auch nicht zu viel Hitze hereinlassen. Sonst muss viel geheizt oder im Sommer gekühlt werden, um den nötigen Wohnkomfort herzustellen. Die EnEV-Höchstwerte für 2016 schreiben vor, dass der Wärmeschutz der Gebäudehülle – also der oben genannten Gebäudeteile – gegenüber den Richtwerten von 2014 nochmals um 20 Prozent verbessert werden muss.

Auch hier gilt als Maßstab der Transmissionswärmeverlust des Referenzhauses, sowie der laut EnEV vorgegebene Höchstwert je nach Haustyp – etwa freistehend, einseitig angebaut. Entscheidend für den Bauherren ist der jeweilige Wärmedurchgangskoeffizent der Bauteile, auch U-Wert genannt. Je niedriger der U-Wert, umso weniger Wärme lässt das Bauteil nach außen entweichen.

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Was die EnEV Bauherren und Haussanierer zusätzlich kostet

In dieser Form sind die neuen Vorschriften schon seit zwei Jahren Hauseigentümern, Vermietern und der Bauwirtschaft bekannt. Sie einzuhalten, gelingt etwa durch den Bau eines KfW-Effizienzhauses 70. Die Flüchtlingskrise bot nun einigen Verbänden und Interessengruppen die Hoffnung, den verschärften Auflagen zu entgehen. Ihr Argument: Die Auflagen trieben die Baukosten in die Höhe und trügen so dazu bei, dass zu wenig Wohnraum entstünde. Die ohnehin schon angespannte Situation am Wohnungsmarkt würde so unnötig verschlimmert.

Der Streit der EnEV-Gegner und -Befürworter entzündete sich vorrangig an der Frage, ob die Baukosten durch die Energiespar-Anforderungen tatsächlich signifikant steigen. Dazu gibt es allerlei Berechnungen und Prognosen von Umweltverbänden, Bau- und Immobilienwirtschaft sowie von der Bundesregierung selbst.

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Die Bundesregierung geht etwa nach Berechnungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) davon aus, dass die Einführung der EnEV 2014 zu Mehrkosten bei Wohngebäuden von durchschnittlich 1,7 Prozent führt, die nicht durch Energieeinsparungen und Mietumlage gedeckt sind. Durch die Verschärfung der EnEV mit Beginn des Jahres 2016 würde der Mehraufwand nochmals um rund zwei Prozent steigen. Unter dem Strich stiegen die Kosten im Wohnungsbau also um etwas mehr als 3,7 Prozent.

Das Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) schätzt hingegen die Mehrkosten beim Neubau eines KfW-70-Effizienzhauses auf 75 Euro pro Quadratmeter für ein Mehrfamilienhaus. Bei durchschnittlichen Baukosten von 3080 Euro je Quadratmeter wäre das ein Plus von 2,5 Prozent gegenüber einem EnEV-2014 konformen Gebäude.

Einige Vertreter der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft schätzen den Mehraufwand hingegen eher auf sieben bis acht Prozent, einzelne Stimmen sprechen sogar von bis zu zehn Prozent. Laut Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen aus Kiel (Arge) basierend auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, sind die Kosten für den Wohnungsneubau seit dem Jahr 2000 um knapp 40 Prozent gestiegen. Davon sollen etwa neun Prozentpunkte auf das Konto verschärfter Energieeinsparvorschriften gehen. Durch die EnEV-Grenzwerte für 2016 und das Erneuerbare EnergienWärmeGesetz rechnet die Arge mit einer weiteren Steigerung um neun Prozentpunkte. Bereits mit der EnEV 2014 sei das Ende der wirtschaftlichen Vertretbarkeit erreicht worden, kritisiert die Arge.

Dem widersprechen unter anderem der Bundesverband Erneuerbarer Energien (BEE) – ein Zusammenschluss unter anderem von mehr als 5000 Unternehmen aus der Energiebranche - und die Dämmstofflobby vehement. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die deutlich gestiegenen Baukosten der vergangenen Jahre im Wesentlichen auf das Konto von Immobilienspekulanten gegangen seien. BEE-Geschäftsführer Hermann Falk argumentiert, die höhere Anforderungen der EnEV an die Energieeffizienz von Neubauten machten nur einen sehr geringen Teil aus, trügen aber durch verstärkte Nutzung von Bioenergie, Geothermie, Solarenergie und Umweltwärme zusammen mit höheren Energiestandards zu einer erheblichen Reduktion des Energiebedarfs und der Treibhausgasemissionen bei.

Tatsächlich sind die Mehrkosten auch nach Zahlen der Bundesregierung kaum durch die Energieersparnis wieder hereinzuholen – jedenfalls nicht bei Wohngebäuden. Das zeigen auch Gutachten, die das Bundesbauministerium in Auftrag gegeben hat.

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