2. Wärmeschutz der Gebäudehülle
Fassade, Dach, Fenster und Bodenplatte eines Hauses sollten in der kalten Jahreszeit so wenig Wärme wie möglich nach außen entweichen lassen und dürfen auch nicht zu viel Hitze hereinlassen. Sonst muss viel geheizt oder im Sommer gekühlt werden, um den nötigen Wohnkomfort herzustellen. Die EnEV-Höchstwerte für 2016 schreiben vor, dass der Wärmeschutz der Gebäudehülle – also der oben genannten Gebäudeteile – gegenüber den Richtwerten von 2014 nochmals um 20 Prozent verbessert werden muss.
Auch hier gilt als Maßstab der Transmissionswärmeverlust des Referenzhauses, sowie der laut EnEV vorgegebene Höchstwert je nach Haustyp – etwa freistehend, einseitig angebaut. Entscheidend für den Bauherren ist der jeweilige Wärmedurchgangskoeffizent der Bauteile, auch U-Wert genannt. Je niedriger der U-Wert, umso weniger Wärme lässt das Bauteil nach außen entweichen.
Musterrechnung: Hier lohnt sich die Sanierung
Zweifamilienhaus, 290 Quadratmeter (Baujahr 1925)
Bei hohem Verbrauch rechnen sich auch teure Maßnahmen. Beispiel Außenwände: Über die Fassade verlor das Haus 21.900 Kilowattstunden Wärme pro Jahr, nach Dämmung nur noch 5140, das spart in den nächsten 30 Jahren jährlich 1800 Euro Heizkosten. 50 Prozent der Dämmkosten von 21.300 Euro sind kreditfinanziert, das kostet jährlich 490 Euro Zins und Tilgung. Die Gesamtsanierung (alle fünf Maßnahmen) kostet 55.560 Euro und bringt 5110 Euro Ersparnis pro Jahr (6260 Euro Heizkostenersparnis – 1150 Euro Zinsen).
energetischer Zustand: sehr schlecht
Energiebedarf: 292 kWh/m² pro Jahr
Heizungsverbrauch: 74.870 kWh pro Jahr¹
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
Wärmeverlust vorher: 16.800 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 4570 kW¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 8730 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 1780 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 180 Euro²
Einsparung: 1600 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 6 Jahren
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
Wärmeverlust vorher: 21.900 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 5140 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 21.300 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 1800 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 490 Euro²
Einsparung: 1310 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 16 Jahren
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
Wärmeverlust vorher: 8440 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 3800 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 13.290 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 650 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 280 Euro²
Einsparung: 370 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 34 Jahren
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
Wärmeverlust vorher: 8050 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 2210 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 4030 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 830 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 90 Euro²
Einsparung: 740 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 5 Jahren
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
Wärmeverlust vorher: 19.000 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 7000 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 6300 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 1200 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 100 Euro²2
Einsparung: 1100 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 6 Jahren
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
(durch Öffnen oder Kippen der Fenster)
Wärmeverlust vorher: 13.600 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 13.600 kWh¹ pro Jahr
(keine Einsparung möglich)
¹kWh: Kilowattstunden
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit)
Heizungsverbrauch: 17.970 kWh pro Jahr
Energieersparnis: 74 %
Kostenersparnis: 5110 Euro pro Jahr
Sanierungskosten gesamt: 53.650 Euro
Investition rechnet sich nach 11 Jahren
Was die EnEV Bauherren und Haussanierer zusätzlich kostet
In dieser Form sind die neuen Vorschriften schon seit zwei Jahren Hauseigentümern, Vermietern und der Bauwirtschaft bekannt. Sie einzuhalten, gelingt etwa durch den Bau eines KfW-Effizienzhauses 70. Die Flüchtlingskrise bot nun einigen Verbänden und Interessengruppen die Hoffnung, den verschärften Auflagen zu entgehen. Ihr Argument: Die Auflagen trieben die Baukosten in die Höhe und trügen so dazu bei, dass zu wenig Wohnraum entstünde. Die ohnehin schon angespannte Situation am Wohnungsmarkt würde so unnötig verschlimmert.
Der Streit der EnEV-Gegner und -Befürworter entzündete sich vorrangig an der Frage, ob die Baukosten durch die Energiespar-Anforderungen tatsächlich signifikant steigen. Dazu gibt es allerlei Berechnungen und Prognosen von Umweltverbänden, Bau- und Immobilienwirtschaft sowie von der Bundesregierung selbst.
Musterrechnung: Hier lohnt sich die Sanierung nicht
energetischer Zustand: gut
Energiebedarf: 146 kWh/m² pro Jahr
Heizungsverbrauch: 59.480 kWh pro Jahr¹
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
Sechsfamilienhaus, 531 Quadratmeter (Baujahr 1992)
Das Haus ist bereits in gutem energetischem Zustand. Die meisten Maßnahmen sparen nur wenig Heizkosten und amortisieren sich zum Teil erst nach Ablauf der wirtschaftlichen Lebensdauer der Bauteile (Dach, Fassade, Kellerdecke: 30 Jahre, Heizung: 15 Jahre). Auch hier wird zur Hälfte auf Kredit finanziert, die andere Hälfte mit Ersparnissen. Nach Abzug der Kapitalkosten hätte bei diesem Haus ein Austausch der Fenster sogar Verluste erbracht (Kapitalkosten größer als Heizkostenersparnis).
Wärmeverlust vorher: 7300 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 5700 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 6400 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 210 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 145 Euro²
Einsparung: 65 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 65 Jahren³
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
Wärmeverlust vorher: 15.800 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 7740 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 31.700 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 1100 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 760 Eur²
Einsparung: 340 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 95 Jahren³
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
Wärmeverlust vorher: 12 150 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 12 150 kWh¹ pro Jahr
(keine sinnvollen Maßnahmen möglich)
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
Wärmeverlust vorher: 8420 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 4050 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 6900 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 600 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 150 Euro²
Einsparung: 450 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 15 Jahren
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
Wärmeverlust vorher: 12.560 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 5080 kWh¹ pro Jahr
Sanierungskosten: 10.700 Euro
eingesparte Heizkosten pro Jahr: 710 Euro
Kapitalkosten pro Jahr: 360 Euro²
Einsparung: 350 Euro pro Jahr
rechnet sich nach: 29 Jahren³
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
(durch Öffnen oder Kippen der Fenster)
Wärmeverlust vorher: 24.600 kWh¹ pro Jahr
Wärmeverlust nachher: 24.600 kWh¹ pro Jahr
(keine Einsparung möglich)
¹Kilowattstunden;
²Bauherr setzte zu 50 % Eigenkapital ein, das unrentabel auf Sparbüchern lag. Mittlere jährliche Kapitalkosten für Fremdkapitalanteil (2,00 % Zinsen, 3,5 % anfängliche Tilgung, 30 Jahre Laufzeit);
³Amortisierungszeitraum liegt jenseits der Lebenserwartung des sanierten Bauteils (zum Beispiel Heizung: 15 Jahre, Dach: 30 Jahre). Maßnahme unwirtschaftlich;
Quelle: Dr-Ing. Jörg Albert, Duisburg
Heizungsverbrauch: 37.880 kWh pro Jahr
Energieersparnis: 32 %
Kostenersparnis: 1200 Euro pro Jahr
Sanierungskosten gesamt: 55.700 Euro
Investition rechnet sich nach 49 Jahren
Die Bundesregierung geht etwa nach Berechnungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) davon aus, dass die Einführung der EnEV 2014 zu Mehrkosten bei Wohngebäuden von durchschnittlich 1,7 Prozent führt, die nicht durch Energieeinsparungen und Mietumlage gedeckt sind. Durch die Verschärfung der EnEV mit Beginn des Jahres 2016 würde der Mehraufwand nochmals um rund zwei Prozent steigen. Unter dem Strich stiegen die Kosten im Wohnungsbau also um etwas mehr als 3,7 Prozent.
Das Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) schätzt hingegen die Mehrkosten beim Neubau eines KfW-70-Effizienzhauses auf 75 Euro pro Quadratmeter für ein Mehrfamilienhaus. Bei durchschnittlichen Baukosten von 3080 Euro je Quadratmeter wäre das ein Plus von 2,5 Prozent gegenüber einem EnEV-2014 konformen Gebäude.
Einige Vertreter der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft schätzen den Mehraufwand hingegen eher auf sieben bis acht Prozent, einzelne Stimmen sprechen sogar von bis zu zehn Prozent. Laut Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen aus Kiel (Arge) basierend auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, sind die Kosten für den Wohnungsneubau seit dem Jahr 2000 um knapp 40 Prozent gestiegen. Davon sollen etwa neun Prozentpunkte auf das Konto verschärfter Energieeinsparvorschriften gehen. Durch die EnEV-Grenzwerte für 2016 und das Erneuerbare EnergienWärmeGesetz rechnet die Arge mit einer weiteren Steigerung um neun Prozentpunkte. Bereits mit der EnEV 2014 sei das Ende der wirtschaftlichen Vertretbarkeit erreicht worden, kritisiert die Arge.
Dem widersprechen unter anderem der Bundesverband Erneuerbarer Energien (BEE) – ein Zusammenschluss unter anderem von mehr als 5000 Unternehmen aus der Energiebranche - und die Dämmstofflobby vehement. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die deutlich gestiegenen Baukosten der vergangenen Jahre im Wesentlichen auf das Konto von Immobilienspekulanten gegangen seien. BEE-Geschäftsführer Hermann Falk argumentiert, die höhere Anforderungen der EnEV an die Energieeffizienz von Neubauten machten nur einen sehr geringen Teil aus, trügen aber durch verstärkte Nutzung von Bioenergie, Geothermie, Solarenergie und Umweltwärme zusammen mit höheren Energiestandards zu einer erheblichen Reduktion des Energiebedarfs und der Treibhausgasemissionen bei.
Tatsächlich sind die Mehrkosten auch nach Zahlen der Bundesregierung kaum durch die Energieersparnis wieder hereinzuholen – jedenfalls nicht bei Wohngebäuden. Das zeigen auch Gutachten, die das Bundesbauministerium in Auftrag gegeben hat.