Erst in der vergangenen Woche hat Mario Draghi erneut bestätigt, dass die Zinsen in der Eurozone noch für eine längere Zeit niedrig bleiben werden. Um überhaupt eine Rendite zu erzielen, müssen sich Anleger also weiterhin auf Sachwerte verlassen – auch auf Immobilien.
Angesichts der Aussicht auf eine anhaltend hohe Nachfrage frohlocken vor allem diejenigen, die bereits jetzt Besitzer einer Immobilie sind. Selbst die, die ihr Häuschen selber bewohnen, stellen sich die Frage, ob sie es nicht verkaufen sollten, um sich den mutmaßlichen Wertzuwachs zu sichern. Aber lohnt sich solch ein renditegetriebener Verkauf? Vor allem: Was müssen Hausbesitzer beachten, um tatsächlich einen guten Preis zu erzielen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Der richtige Zeitpunkt
Auf den ersten Blick ist der Zeitpunkt für den Hausverkauf gut. Denn bisher sind Immobilien gerade in begehrten Lagen wie Hamburg, München oder Frankfurt so teuer wie lange nicht mehr. Allein in Frankfurt werden laut aktuellem Immobilienpreisspiegel für ein kleines Einfamilienhaus (100 Quadratmeter) rund 2670 Euro pro Quadratmeter fällig. Gegenüber 2011 ist der Preis damit um mehr als sechs Prozent gestiegen.
Doch gerade aufgrund der steigenden Preise wird immer wieder über eine Blase auf dem deutschen Immobilienmarkt diskutiert. Hausbesitzer, die mit einem Verkauf liebäugeln, fragen sich bereits, ob die Preise für Häuser und Wohnungen bald den Sinkflug starten. Experten geben allerdings Entwarnung. „Die aktuelle Entwicklung ist als eine Normalisierung des Preisniveaus zu sehen“, schreiben Jochen Möbert und Heiko Peters, Immobilienexperten der Deutschen Bank, in einer Analyse. Die realen Preisanstiege seien in Deutschland immer noch deutlich niedriger, als sie es in anderen Ländern vor dem Platzen einer Blase waren. Möbert und Peters erwarten stattdessen, dass es für die Immobilienpreise in Deutschland weiter nach oben gehen dürfte. Grund seien langfristige Realzinsen von null Prozent bei gleichzeitig robusten Einkommen. „Außerdem gilt Deutschland weiterhin als sicherer Hafen für Investitionen“, so die Studie.
Von der Aussicht auf weiterhin steigende Preise profitieren allerdings längst nicht alle Immobilienverkäufer. Denn während die Preise in den Städten explodieren, sieht es in vielen ländlichen Gegenden in Deutschland düster aus. Wer abseits eines Ballungsgebiets wohnt, hat schlechte Karten. Eine Untersuchung des Onlineportals Immobilienscout24 ergab vor kurzem, dass die günstigsten Häuser der Republik in Schäplitz im Kreis Stendal zu haben sind. Für 140 Quadratmeter Wohnfläche werden dort gerade einmal rund 38.000 Euro fällig.
Entsprechend oft klafft zwischen Hoffnung und Wirklichkeit von Hausverkäufern eine große Lücke. Denn wer auf dem Land abseits von großen Städten wohnt, muss sich sehr ins Zeug legen, um eine Enttäuschung zu vermeiden. „Den Verkauf einer Immobilie müssen Verkäufer gut vorbereiten, damit sie tatsächlich erfolgreich sind“, sagt Annabel Oelmann, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Insbesondere Zeit spiele eine wichtige Rolle, denn Zeitdruck wirke sich oft negativ auf den Verkaufspreis aus.
Wenn verkauft werden muss
Oft können sich Verkäufer aber nicht aussuchen, wann sie ihr Haus verkaufen wollen. Nach einer Scheidung, bei Nachwuchs, wegen eines neuen Jobs oder einfach, weil des Haus zu teuer geworden ist, muss oft schnell gehandelt werden. Insbesondere wenn noch Schulden auf dem Haus sind, ist es wichtig zu klären, was damit passiert. „Die Bank als Darlehensgeber muss zustimmen, damit der neue Eigentümer die Schulden übernehmen darf“, sagt Oelmann. Gleiches gelte, wenn der Verkäufer sein Darlehen vorzeitig tilgen möchte, mit der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung. Hier verdienen auch die Banken kräftig mit. Eine Studie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ergab, dass die von der Bank verlangte Entschädigung in 82 Prozent aller Fälle zu hoch lag.
Der Kredit für das Haus wird in der Regel als Grundschuld beim Notar eingetragen. Wird das Darlehen vom neuen Besitzer übernommen, kann es sich lohnen, die Grundschuld einfach bestehen zu lassen. Teuer wird es dagegen für den Käufer, denn die Notarkosten für das ablösen einer alten Grundschuld sind Anfang August noch einmal deutlich gestiegen. „Das kostet jetzt fast 3200 Euro statt wie bisher 2300 Euro“, sagt Oelmann.
Die Vorfälligkeitsentschädigung hat allerdings dennoch einen monetären Vorteil. Werden für den beim Hausverkauf erzielten Gewinn Steuern fällig, dürfen die Kosten für das Ablösen des Darlehens davon abgezogen werden, die Steuerlast reduziert sich entsprechend. Steuern zahlen muss, wer sein Haus innerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren verkauft. Auch wer im Jahr des Verkaufs plus zwei weitere Jahre davor selbst in seiner Immobilie gewohnt hat, darf steuerfrei verkaufen. Das gilt allerdings nur für Privatverkäufer. Gewerbliche Verkäufer – das sind beim Fiskus Personen, die mindestens drei Immobilien pro Jahr verkaufen – zahlen Steuern auf den erzielten Wertzuwachs.
Welchen Preis kann ich erwarten?
Der wichtigste Faktor ist natürlich die Lage und die Infrastruktur. Familien werden beispielsweise bereit sein, für nahegelegene Kindergärten einen höheren Preis zu zahlen. Je höher die Marktpreise in der entsprechenden Wohngegend, desto höher die Wahrscheinlichkeit für den Verkäufer, einen guten Preis zu erzielen. Allerdings spielen zahlreiche weitere Einflussfaktoren eine Rolle, etwa der Schnitt des Grundstücks – lang und schmal lässt sich vermutlich schlechter nutzen als ein quadratisches Stück Land –, die Bauweise oder ob das Haus über eine Solaranlage auf dem Dach verfügt.
Viele Hausverkäufer glauben auch daran, dass die aufwendig modernisierte Designer-Küche oder die Marmorterrasse dem Käufer einige Tausender entlocken können. Experten raten von dieser Illusion allerdings ab, denn derartig subjektive Geschmäcklichkeiten haben in der Regel keinen Einfluss auf den Wert des Hauses. „Viele Umbauten, wie beispielsweise eine Sauna im Keller, sind für den Verkäufer von großem Wert, für den Käufer stellen sie aber eher eine Wertminderung dar“, sagt Oelmann. Will er das Dampfbad nicht haben, muss er die Investitionen für die Beseitigung gleich mit einplanen.
Bruchbuden will keiner haben
Wer also modernisieren möchte, sollte das nicht allein des Verkaufens wegen machen, denn da drohen Verluste. Anders verhält es sich mit der reinen Instandhaltung der Immobilie. Wer von seiner Großmutter ein kleines verwunschenes Dornröschenschloss geerbt hat, bei dem die Heizung nicht funktioniert und es durchs Dach regnet, muss sich nicht wundern, wenn das Schlösschen keiner haben will. Solche Reparaturen wirken sich in der Regel positiv auf den Preis aus. „Für die Wertermittlung sind insbesondere das Dach, die Fenster und die Fassade des Hauses wichtig“, erklärt Oelmann. Die gut funktionierende Heizung muss der Verkäufer in den meisten Fällen sowieso anhand eines Energieausweises belegen.
Wertgutachten
Je mehr Immobilienbesitzer in ihre eigenen vier Wände investiert haben, desto überzogener sind oft die Preisvorstellungen, mit denen sie in die Verhandlungen mit dem potenziellen Käufer gehen. Das führt zu einer niedrigeren Rendite und enttäuschten Verkäufern. Denn bei übertriebenen Preisen dauert die Suche nach dem Käufer sehr lange, und der Leerstand senkt den erzielbaren Preis noch weiter – denn Makler und Interessenten werten lange Leerzeiten bei Häusern normalerweise als schlechtes Omen.
Da der aktuelle Wert einer Immobilie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt lohnt es sich, vor dem Verkauf einen Gutachter zu engagieren der den Wert bestimmen kann. Zwar gibt es auch im Internet Angebote für Wertschätzungen, wie beispielsweise die Portale immobilienwert.de oder immobilienwert24.de. Mit Preisen von etwa 40 Euro sind die zwar günstig, in punkto Genauigkeit können sie es mit einem persönlich erstellten Gutachten allerdings normalerweise nicht aufnehmen. Auch wenn der Gutachter mit 1000 bis 2000 Euro nicht ganz billig ist, zahlt er sich am Ende oft aus. Auch rechtlich sind Hausverkäufer so auf der sicheren Seite, da vorhandene Mängel im Gutachten festgehalten werden.
Makler
Während sie den meisten Wohnungssuchenden ein Dorn im Auge sind, greifen Verkäufer gerne darauf zurück: Immobilienmakler. Allerdings hängt es vom Wohnort ab, ob Verkäufer einen Makler beauftragen. Denn während in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Hessen nur der Käufer die Maklergebühr zahlt, werden die Kosten für die Provision von bis zu sieben Prozent des Kaufpreises in anderen Bundesländern geteilt, auch der Verkäufer muss dann 3,57 Prozent vom Kaufpreis zahlen.
Pimp my House
Egal ob mit oder ohne Makler, spätestens die Besichtigungstermine sind für den Verkäufer die Stunde der Wahrheit – hier zeigt sich, ob sie eine Chance auf ihren anvisierten Verkaufspreis haben. Denn Studien haben belegt, dass gerade beim Hauskauf der erste Eindruck die Immobilie zählt. Geht der daneben, kommen Käufer und Verkäufer in der Regel auch nicht zusammen. Nach dem Motto „Pimp my House“ können Verkäufer ihr Haus seit einigen Jahren professionell verschönern lassen. Durch das sogenannte Home Staging wird die Immobilie für die Augen des Käufers hergerichtet, es werden beispielsweise die Wände gestrichen, alte oder kaputte Möbel gegen neue ausgetauscht oder sauber gemacht.
Home Staging liegt im Trend
Ursprünglich kommt Home Staging aus den USA, aber auch in Deutschland lassen immer mehr Leute ihr Objekt herrichten. „Die Nachfrage nach Home Staging ist in den letzten Jahren stark gewachsen", sagt Iris Houghton, Vorstand des deutschen Berufsverbands für Home Staging (DGHR) und 2007 eine der ersten Home Stager in Deutschland. Allein zwischen 2011 und 2012 hätte sich die Zahl der Staging-Aufträge bei den DGHR-Mitgliedern verdoppelt.
Die große Mehrheit der Kunden seien Privatverkäufer, lediglich ein kleiner Teil sind Immobilienmakler. Die meisten würden ein Komplettpaket buchen. Denn häufig bleibt wenig Zeit, um das Haus des verstorbenen Großonkels zu entrümpeln, um es zum Verkauf anzubieten. Dann kommen die Home Stager ins Spiel.
Für das Herrichten des Hauses wird normalerweise ein Festpreis verhandelt. „Uns ist bewusst, dass es ungewohnt ist, Geld zu investieren, um ein Haus zu verkaufen", gibt Iris Houghton zu. Allerdings lohne sich das in der Regel, mindestens die investierte Summe käme immer wieder rein. Schließlich wirft ein gepflegtes Haus einen höheren Kaufpreis ab.
Es sind längst nicht nur alte Landhäuser, die ein Umstyling nötig haben. „Auch in München wird nicht jede Immobilie sofort verkauft", sagt Houghton. Denn die Interessenten seien deutlich anspruchsvoller geworden. „Auch bei leeren, teils neuen Immobilien wird oft der Nutzen von Home Staging in Anspruch genommen.“
Spätestens da wird deutlich, dass ein Hausverkauf in Deutschland trotz hoher Preise noch lange kein Selbstläufer ist. Wer also allein der Rendite wegen verkaufen will, sollte sich vorher genau informieren, wie viel sein Haus wirklich wert ist. Jeder andere sollte sich lieber über mietfreies Wohnen freuen.