Immobilien Warum gebrauchte Häuser oft besser sind, als neu zu bauen

Wer selbst baut, bekommt das Eigenheim im Idealfall genau so, wie er es sich vorstellt. Das klappt aber nur selten zu 100 Prozent. Altbauten haben demgegenüber viele Vorteile und geringere Risiken.

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Immobilien: Bestehend kaufen oder neu bauen. Quelle: imago, Montage

Pro Jahr kaufen die Deutschen rund sieben Millionen Gebrauchtwagen und drei Millionen Neuwagen. Wer es sich leisten kann, kauft lieber neu, für flammneue Karossen geben wir im Jahr 15 Milliarden Euro mehr aus als für gebrauchte. Neu ist moderner, sicherer, auf dem neuesten Stand der Technik und mit einer Garantie versehen, die einem vorerst den gröbsten Ärger erspart. Im Schnitt zahlen wir dafür gern das Dreifache gegenüber einem durchschnittlichen Gebrauchtwagen.

Beim Hauskauf sieht das anders aus. Obwohl der Kauf eines Eigenheims eine deutlich weitreichendere Entscheidung darstellt als der Erwerb eines Autos, sind Neubauten im Vergleich weniger beliebt. Nach Angaben des größten deutschen Baukreditvermittlers Interhyp entfallen von allen Baufinanzierungen nur 30 Prozent auf einen Neubau. 40 Prozent dienen dem Kauf einer gebrauchten Immobilie, der Rest entfällt auf Anschlussfinanzierungen und Kredite für Umbau und Modernisierung.

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Das Essener Wahrzeichen, der Förderturm der ehemaligen Zeche und des heutigen Museums Zeche Zollverein Quelle: dpa
Das "U" auf dem Dach der Unions-Brauerei Quelle: dpa
Skyline von Düsseldorf im Winter Quelle: dpa
Bremer Marktplatz Quelle: dpa
Blick über den Rhein auf Köln Quelle: dpa
Menschen auf dem Schlossplatz in Stuttgart Quelle: dpa
Neues Rathaus in Hannover Quelle: dpa

Dabei ist Preisdifferenz zwischen neu und gebraucht im Schnitt geringer als beim Auto: So zahlen die Hauskäufer nach Angaben der Bausparkassengruppe LBS im Bundesdurchschnitt für ein neues Einfamilienhaus 230.000 Euro und 148.000 Euro für eine gebrauchte Immobilie. Damit ist der Neubau im Schnitt 55 Prozent teurer.

Neubau birgt viele Kosten und Risiken

Tatsächlich muss es bei Immobilienkäufern nicht immer das neueste sein. Denn ein Neubau ist tendenziell das riskantere Vorhaben – und zudem aufgrund der gestiegenen Baukosten und Grundstückspreise trotz niedriger Bauzinsen eben deutlich kostspieliger. Noch schwerer wiegt jedoch, dass ein Neubau auf der Kostenseite komplizierter zu kalkulieren ist. Das Bauvorhaben kostet außerdem mehr Zeit und Nerven und ist weitaus komplexer als der Kauf einer gebrauchten Immobilie.

Grund genug, Vor- und Nachteile von Alt- und Neubau näher zu beleuchten.

Tipps für die Hausbesichtigung

Zunächst einer Begriffsklärung. Unter einem Altbau ist an dieser Stelle schlicht eine gebrauchte Immobilie zu verstehen, auch wenn sie erst einmal zuvor für kurze Zeit bewohnt war. Es kann also sowohl die Jugendstilvilla mit drei Meter hohen Decken nahe dem Stadtzentrum gemeint sein, als auch das erst wenige Jahre alte Reihenhaus am Stadtrand. Ein Neubau ist hier immer eine Immobilie, die erst kürzlich gebaut wurde oder noch gebaut werden muss und die erstmalig bezogen wird.

Private Bauherren kommen seltener zum Zug

Christian Schröder von der Bausparkasse LBS West schätzt, dass das Angebot an gebrauchten Immobilien ungefähr vier- bis fünfmal so groß ist wie die Zahl der jährlich fertiggestellten Neubauten. „Zum Beispiel wurden in den Neunzigerjahren in NRW noch mehr als 100.000 Neubauten pro Jahr errichtet. 2009 wurde mit gerade mal 32.000 Neubauten ein Tiefstand markiert. In 2015 werden nach langsamer Erholung nur 44.000 neue Häuser und Wohnungen sein. Das Angebot ist einfach knapp“, erläutert Schröder.

In diesen Regionen zahlen Immobilienbesitzer ihr Häuschen am schnellsten ab
27 Jahre, so lange dauert es, bis ein Durchschnittsverdiener in Deutschland sein Eigenheim abbezahlt hat. Der Tilgungssatz liegt dabei im Schnitt bei 2,89 Prozent. Für die Postbank-Studie, aus der die Bild zitiert, wurden die Kaufpreise in allen 402 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland ins Verhältnis zum jeweiligen Einkommensniveau gesetzt. Voraussetzung ist, dass für die Tilgung wie maximal 40 Prozent des Haushalt-Nettoeinkommensaufgewendet werden, 20 Prozent Eigenkapitalanteil vorhanden waren. Sonderzahlungen wurden nicht berücksichtigt. Quelle: dpa
In weniger als der Hälfte (43 Prozent) der Kreise und kreisfreien Städte zahlen Eigenheimbesitzer die Immobilie wie empfohlen in 30 Jahren ab. In besonders teuren Immobilienstädten wie München oder Köln zahlen Durchschnittsverdiener mit einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.600 Euro dagegen auch einmal mehr als 40 lang, bis 110 Quadratmeter Wohneigentum ihnen gehören. Im westlich von Köln gelegenen Rhein-Erft-Kreis haben sie das notwendige Darlehen für eine 110-Quadratmeter-Wohnung dagegen nach 29 Jahren beglichen. Quelle: dpa
Auch im Nordosten der Republik ist eine 110 Quadratmeter-Immobilie für Durchschnittsverdiener trotz moderater Immobilienpreise kaum erschwinglich: Wegen des geringen Einkommens in der Region zahlen Immobilienbesitzer in Berlin, Potsdam, Rostock & Co. deutlich länger als 40 Jahre ihren Kredit ab. Wer in Berlin arbeitet, findet allerdings im brandenburgischen Kreis Barnim nördlich der Hauptstadt Wohnungen mit 110 Quadratmetern, die in der Regel nach 25 Jahren abbezahlt sind. Quelle: dpa
Wer keine Angst hat, zu pendeln, findet jedoch im Umland der großen Metropolen finanzierbare Immobilien. Selbst in teuren Gegenden rund um Frankfurt am Main gibt es Schnäppchen. Allerdings sind hier die Einkommen im Bundesvergleich auch so hoch, dass sich auch Durchschnittsverdiener eine 110-Quadratmeter-Wohnung leisten können. Quelle: dpa
Auch in den unmittelbar an Hamburg angrenzenden Kreisen Stormarn und Segeberg sowie dem Herzogtum Lauenburg dauert die Tilgung eines Kredits im Schnitt 34 Jahre. Quelle: dpa
In Pirmasens (im Bild), dem Landkreis Altenkirchen (Westerwald) und dem Landkreis Wesermarsch dauert die Tilgung eines Kredites für eine 110-Quadratmeter-Immobilie für den Durchschnittsverdiener rund zwölf Jahre. Quelle: dpa
Im Saale-Orla-Kreis, dem Landkreis Nienburg (Weser), Landkreis Holzminden, dem Unstrut-Hainich-Kreis und dem Vogtlandkreis dauert das Abbezahlen der eigenen vier Wände dagegen elf Jahre. Quelle: dpa

Sowohl Alt- als auch Neubau haben ihre Vorzüge und ihre Fallstricke. Das Angebot kann sich regional zudem stark unterscheiden. „Generell ist die Nachfrage nach Bestandsimmobilien groß“, sagt Thomas Penningh, Architekt und Präsident des Verbandes Privater Bauherren (VPB). Wer hingegen neu bauen will, benötigt zunächst ein passendes Grundstück in geeigneter Lage. Kommunen, die neue Wohngebiete ausweisen, bevorzugen immer öfter Baugesellschaften, Bauträger oder Projektierer, die die Flächen parzellieren und mit Reihen- oder Mehrfamilienhäusern bebauen, um die Objekte dann komplett mit Grundstück zu veräußern. Private Bauherren kommen so immer seltener zum Zuge und müssen private Anbieter suchen.

Standortvorteil für Altbauten

Seit Jahrzehnten wachsen die Städte in Deutschland – vor allem begehrte Metropolen wie Berlin oder München. Einen zentrumsnahen Neubau gibt es naturgemäß nur da, wo Baulücken entstanden sind. Dementsprechend ist das Angebot in den zentralen Lagen rar. Neubaugebiete entstehen vor allem am Stadtrand oder in den Vororten. Dadurch kann der Preisunterschied zwischen Alt- oder Neubau in gefragten Lagen leicht auf Null schrumpfen, während er andernorts schnell 30 Prozent betragen kann – bei vergleichbarer Lage und Ausstattung. „In guten Lagen sind Altbauten so wertvoll wie Neubauten“, erläutert Schröder.

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Hamburg Quelle: dpa
Freiburg Quelle: dpa
Kaiserdom in Aachen Quelle: dpa
Luftaufnahme von Oldenburg Quelle: Bin im Garten CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Altstadt von Dresden Quelle: dpa
Englischer Garten in München Quelle: dpa
Nürnberg Quelle: dpa

Alte Wohnviertel locken oft mit gewachsener Infrastruktur: Sie punkten mit Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, guter Verkehrsanbindung, ärztlicher Versorgung in der Nähe sowie dem Charme historischer Bebauung und alten Baumbestandes. In den Neubaugebieten der Vororte sind hingegen oft noch jahrelange Baulandschaften und eine erst allmählich entstehende Infrastruktur ein klarer Minuspunkt. „Die Bildung von Wohneigentum ist oft eine emotionale Sache. Vielen Käufern ist der Nostalgiefaktor, ein gewachsenes Umfeld und eine üppige Begrünung am Standort wichtig“, weiß Schröder von den LBS-Kunden zu berichten.

Wissen, was man nicht sehen kann 

Egal ob gebraucht oder neu gebaut: In beiden Fällen geht es für den Käufer darum, sich darüber klar zu werden, was er da eigentlich kauft. Beim Neubau besteht die Herausforderung darin, in der Planungs- und Bauphase sicherzustellen, dass die Immobilie den vereinbarten Eigenschaften hinsichtlich Bauqualität und Ausstattung möglichst exakt entspricht, der Bauunternehmer oder die Handwerker gewissenhaft arbeiten und Mängel möglichst frühzeitig erkannt und beseitigt werden.

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Beim Altbau steht der Käufer vor dem Problem, dass die Immobilie womöglich gravierende Mängel aufweisen kann, die von ihm nicht erkannt werden und später hohen Sanierungsaufwand verursachen. Da einer Bestandsimmobilie in der Regel wie ein Gebrauchtwagen verkauft wird – Motto „gekauft wie gesehen“ - und es daher keine Garantie gibt, muss der angehende Hausbesitzer das Objekt unbedingt schon vor dem Kauf auf Herz und Nieren prüfen. „Durch die große Nachfrage entsteht nicht selten auch großer Zeitdruck“, sagt Penningh. „Makler verkaufen immer öfter Gebrauchtimmobilien im Bieterverfahren. Das erschwert es dem Käufer, Sachverständige und Gutachter zu konsultieren.“

Mögliche Probleme, wie etwa alte Wasserschäden, Bauauflagen für  den Ausbau, Wegerechte des Nachbarn oder Fragen zum Gemeinschaftseigentum bei Eigentumswohnungen, Rücklagen der Eigentümergemeinschaft oder Lasten im Grundbuch werden oft nur auf gezielte Nachfrage hin mitgeteilt oder kommen erstmals beim Notartermin zur Sprache. "Es kommt vor, dass Grundstücke nicht für die Versickerung von Regenwasser geeignet sind. Dann muss das Regenwasser etwa in einer Zisterne gesammelt werden. Wer das vorher nicht weiß, muss mit erheblichen Zusatzkosten rechnen“, nennt Penningh ein Beispiel.

Auch beim Neubau muss der Bauherr die richtigen Fragen stellen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Sind die Grenzabstände zu den Nachbargrundstücken eingehalten worden? Ist das Grundstück zum Beispiel voll erschlossen, wichtige Leitungsschächte und Kanäle schon vorhanden? Wird das erst nach Baubeginn festgestellt, ist es für einen Rückzieher zu spät.

Endabnahme ist der Tag der Wahrheit

Auch wer den Neubau mit Expertenhilfe geplant und kontrolliert hat, sollte beim Abnahmetermin keinen Aufwand scheuen. Mängel, die hier nicht entdeckt werden, kann der Bauherr später nur noch eingeschränkt auf Kosten des Bauunternehmers beseitigen lassen. Mit der Abnahme bestätigt er nämlich, dass der Bau vertragsgerecht ausgeführt wurde. Damit geht eine Beweislastumkehr einher. Das bedeutet, dass der Bauherr bei später entdeckten Mängeln beweisen muss, dass die Handwerker unsauber gearbeitet haben. Für alle Probleme, die vor der Abnahme entstehen, muss hingegen der Bauunternehmer belegen, dass er korrekt gearbeitet hat.

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Die Abnahme können Bauherren jedoch nur bei größeren Missständen verweigern. Dann aber sollten sie auch die letzte fällige Zahlung zurückhalten, bis die Probleme behoben sind. Um gravierende Mängel aufzuspüren, empfiehlt sich auch hier unbedingt die Begleitung durch einen Bausachverständigen.

Mit dem Tag der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist, die je nach Vertragsform vier oder fünf Jahre beträgt.

Wohl und Wehe eines Neubaus

Wer Wert auf eine zeitgemäße Raumaufteilung, moderne Haustechnik wie Energiesparheizung und Wärmedämmung sowie neue Strom- und Wasserleitungen legt und vielleicht auch gleich barrierefreies Wohnen wünscht, ist mit einem Neubau dafür besser bedient. Wer in einem Altbau auf diese Art Komfort und Sicherheit nicht verzichten will, muss entweder ein komplett saniertes Gebäude kaufen oder selbst umbauen, modernisieren und sanieren.

Aber auch wer neu baut, ist nicht vor gravierenden Baumängeln sicher. Paul Popescu, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft für Baurecht im Deutschen Anwaltverein, weiß vom Fall einer Familie zu berichten, die sich eine Villa bauen ließ. Erst nach der Fertigstellung stellte sich heraus, dass die im Beton eingelassene Lüftungsanlage aufgrund eines Planungsfehlers dramatisch unterdimensioniert war. Kosten für die Beseitigung des Mangels: 300.000 Euro.

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Kreditvertrag und Hausmodell Quelle: dpa
Ein Paar mit Makler (Symbolbild)
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Schild Zu verkaufen Quelle: dpa

Das Beispiel zeigt: Beim Neubaukauf liegt für Bauherren der Hund in der Vertragsgestaltung begraben. Denn hier – anders als in der Bauzeichnung – muss geschrieben stehen, wie genau und mit welchen Materialien und Maßen jedes einzelne Gewerk eines Hauses zu bauen ist. Das gilt auch für die heutzutage typischen schlüsselfertigen Bauten mittels Bauträger oder Generalunternehmer.

Fallstricke in der Baubeschreibung

Der Bauvertrag besteht aus zwei Teilen, einem baurechtlichen und den bautechnischen Teil. Neben dem Werkvertrag, der die bauliche Dienstleistung genau beschreibt, finden sich Fallstricke meist in der Baubeschreibung. Dort müssen alle baulichen Details, am besten mit exakten Angaben über Qualitätsstandard, Herstellermarke, Materialien, Anlagen sowie der verwendeten Haustechnik detailliert aufgeführt sein. Steht dort zum Beispiel nur, es wird ein „Heizkessel eines namhaften Markenherstellers oder vergleichbarer Güte“ eingebaut, hat der Generalunternehmer große Spielräume bei der Auswahl – und damit bei seiner Kostengestaltung.

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Baurechtsexperte Popescu rät daher allen Bauherren: „Lassen Sie sich gründlich und rechtzeitig vor Vertragsabschluss sowohl von einem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht als auch von einem qualifizierten Bausachverständigen beraten.“ Eine Erstberatung ist dabei schon für wenige hundert Euro erhältlich. Je nach Objekt sollten die Kosten für Gutachter und Anwalt zwei- bis dreitausend Euro nicht überschreiten. Ausgaben von einem Prozent der Bausumme für den Expertenrat amortisieren sich über geringere Mängel und eingesparte Nachtragsleistungen bis zur Bauabnahme locker.

Insolvenzrisiko ist beim Neubau größer

Hinzu kommt beim schlüsselfertigen Bauen ein erhöhtes Insolvenzrisiko. Geht der Bauträger oder Generalunternehmer pleite, ist dort auch kein Geld mehr für die Fertigstellung zu holen. Die beauftragten Handwerker warten meist ebenfalls auf ihr Geld. Bauherren sollten daher auf einer Sicherheitsleistung von fünf Prozent der Bausumme durch den Bauunternehmer bestehen. Darauf hat er gesetzlichen Anspruch - trotzdem wird sie von Bauunternehmen im Vertrag gern wortlos übergangen. Außerdem ist eine selbstschuldnerische Bürgschaft des Bauunternehmers über 40 bis 50 Prozent der Bausumme empfehlenswert. Bauherren sollten sie einfordern, damit sie nicht am Ende nur vor einem Rohbau für viel Geld stehen.

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Aus diesem Grund sollte auch dem Zahlungsplan besonderes Augenmerk gelten. Grundsätzlich sollte der Bauherr hier nicht in zu großen Tranchen und nicht im Voraus zahlen, sondern nur, was definitiv bereits fertiggestellt und nach Abnahme durch einen unabhängigen Bauingenieur oder Architekten für mängelfrei befunden wurde. Das erfordert eine regelmäßige Baukontrolle. Was später von anderen Bauteilen oder durch den Putz verdeckt ist, kann auch ein Experte nicht mehr kontrollieren.

Fallstricke in Altbau-Immobilien

Der große Vorteil einer gebrauchten Immobilie ist, dass sie bereits steht und besichtigt werden kann. Auch ein Einzug kann meist schneller erfolgen, was die Doppelbelastung aus Miete und Baufinanzierung verkürzt. Im Gegenzug muss der Käufer selbst für Mängelbeseitigung und Sanierung geradestehen. Üblich ist in jedem Fall der Ausschluss jeglicher Gewährleistung.

„Das ist absoluter Standard“, sagt Anwalt Popescu. „Nur im Fall arglistig verschwiegener Mängel können Käufer den Vertrag anfechten oder eine Mängelbeseitigung verlangen. Aber eine arglistige Täuschung nachzuweisen ist sehr schwierig.“

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Deshalb sollten auch Käufer von Altbauten – da sind sich Experten und Verbraucherschützer einig – unbedingt einen Bausachverständigen vor der Vertragsunterzeichnung konsultieren. „Es sollte ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger – in der Regel für Schäden an Gebäuden - gewählt werden, denn nur dann ist ausreichende Qualifikation des Gutachters auch gewährleistet“, rät Popescu.

Der Gutachter hilft, gravierende Mängel schon vor dem Kauf zu entdecken und die absehbaren Sanierungskosten zu schätzen. Übersieht er massive Mängel, kann er zudem für das Versäumnis grundsätzlich haftbar gemacht werden – dafür hat er eine Berufshaftpflichtversicherung. Zwar besteht auch bei Sanierungen die Gefahr, dass ein Handwerker pleite geht, bevor die Arbeiten abgeschlossen sind – aber es ist deutlich kleiner als beim Bauträger, der viele verschiedene Handwerker im Bauherrenauftrag unter Vertrag nimmt und bezahlt.

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Einen Tipp hat Fachanwalt Popescu dazu noch: „Kaufinteressenten sollten sich die Baurechtsakte mit der gesamten baulichen Historie des Objekts zeigen lassen. Die bekommt in der Regel der Eigentümer oder ein Bevollmächtigter beim hierfür zuständigen Baurechtsamt und kann nicht selten Aufschluss darüber geben, ob es schon früher Probleme mit dem Gebäude gab.“

Streit um Mängel

Rechtsanwalt Popescu sieht ebenbürtige Streitpotenziale unabhängig davon, ob es sich um den Kauf eines Neubaus oder einer Gebrauchtimmobilie handelt. „Kommt es beim Erwerb einer gebrauchten Immobilie zu erst nach Vertragsschluss entdeckten Mängeln, wird meist um den Rücktritt vom Kaufvertrag sowie um die damit einhergehenden Schadenersatzansprüche des Käufers gestritten. Dementsprechend geht es hier häufiger um einen relativ hohen Streitwert“, weiß Popescu aus Erfahrung. „Tendenziell kann jedoch – was das Streitpotenzial der Beteiligten als solches betrifft – der Neubau riskanter sein. Zumal vieles vor und bei Abschluss des Werkvertrages auf Schätzungen beruht, die sich so gut wie nie eins zu eins erfüllen." Dann drohen Nachtragsleistungen, über die in der Praxis zum Teil heftig gestritten wird. Die Neuerrichtung des Eigenheims ist daher sehr oft mit großen Kostenunsicherheiten verbunden.

Vertragsprüfung und Baukontrolle sollten Bauherren daher nicht vernachlässigen.

 

Keine Nachteile beim Altbau-Kredit

Was die Finanzierungskonditionen angeht, unterscheiden sich Alt- und Neubaufinanzierungen im Grunde nicht. Es gibt also keinen Zinsaufschlag für Altbauten, nur weil deren Lebensdauer vermeintlich verringert ist. Dennoch kennen alle Baufinanzierer die Hundert-Jahre-Regel: Einer Wohnimmobilie wird damit ein durchschnittliche Lebensdauer von 100 Jahren unterstellt.

Der Grundgedanke dabei: Je älter ein Gebäude, umso geringer sein Substanzwert und umso höher die notwendigen Sanierungskosten, sofern seit dem Bau keine großen Sanierungen vorgenommen wurden.

Baufinanzierer machen sich die Rechnung jedoch einfach: „Bei uns wird in der Tat bei den Konditionen nicht unterschieden nach neu und gebraucht. Stattdessen wird jedes Objekt individuell nach Lage, Zustand, Ausstattung Marktgängigkeit, Bevölkerungsentwicklung der Region et cetera bewertet, um den jeweiligen Beleihungswert festzulegen“, sagt etwa Schröder von der LBS West.

Bereitstellungszinsen vermeiden

Während bei einer gebrauchten Immobilie oder beim Kauf eines Schlüsselfertigbaus mit der Unterschrift der Kaufpreis und auch der Finanzierungsaufwand fest stehen und der Kredit meist auf einen Schlag bereitgestellt wird, ist beim neu gebauten Haus in Eigenregie ein schrittweiser Abruf der Kreditsumme nach Baufortschritt üblich. Das kann mit wachsendem Kreditbedarf und Zusatzausgaben einhergehen.

Zum Beispiel sollten Bauherren Bereitstellungszinsen vermeiden, die die Kreditgeber verlangen, wenn das Darlehen längere Zeit ungenutzt auf dem Konto herumliegt. Verzögern sich etwa Baubeginn oder einzelne Bauphasen gleich um mehrere Monate, verlangen Banken schnell 0,25 Prozent pro Monat. Bei einem Darlehen von 300.000 Euro sind das zusätzlich 750 Euro pro Monat.

Wer hingegen einen Altbau kauft, sollte seinen Finanzierungsbedarf vorsichtshalber gleich etwas großzügiger ansetzen, um mögliche Sanierungskosten stemmen zu können.

Dann kann die gebrauchte Immobilie all ihre Vorteile ausspielen: es geht schneller, ist trotz Sanierungsbedarf meist günstiger, das Wohnquartier gewachsen und zumeist zentraler gelegen – und die Finanzierung gestaltet sich unkomplizierter.

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