Immobilien

Was macht das Wohnen in den Städten so teuer?

Das Wohnen wird in Deutschlands Großstädten immer teurer, Kaufpreise und Mieten sind in den letzten fünf Jahren massiv gestiegen. Woran liegt das? Geht diese Entwicklung so weiter?

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In der landläufigen Meinung wird oft einfach die angebliche Habgier von Wohnungsverkäufern oder Vermietern als Ursache für die steigenden Preise am Wohnungsmarkt gesehen, aber das ist natürlich zu kurz gegriffen. Doch bevor ich auf die Ursachen des Immobilienpreis- und Mietanstiegs zurückkomme, möchte ich die Preisentwicklung im Immobilienbereich zunächst in Relation zur allgemeinen Preisentwicklung betrachten.

Der Eindruck, das Mietniveau sei stark gestiegen oder sogar „unbezahlbar“, basiert vor allem auf der Wahrnehmung des starken Anstiegs in der jüngeren Vergangenheit. Insgesamt betrachtet wird das Ausmaß jedoch überschätzt. Denn in Wirklichkeit ist in den letzten 20 Jahren die Durchschnitts-Kaltmiete weniger stark gestiegen als das allgemeine Verbraucherpreisniveau. So gesehen ist Mieten heute billiger als vor 20 Jahren. Nur in den großen Metropolen haben die Mieten im 20-Jahres-Vergleich gegenüber der Entwicklung der Verbraucherpreise mitgehalten.

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Hinzu kommt, dass Meldungen über deutliche Mietanstiege in einzelnen Städten oder Regionen oft überbewertet werden. Dass beispielsweise in Berlin die Mieten für den Erstbezug in den letzten fünf Jahren um 32 Prozent gestiegen sind, liegt vor allem an dem sehr niedrigen Ausgangsniveau. Mit durchschnittlich 11,30 Euro Miete pro Quadratmeter sind Neubauwohnungen in Berlin immer noch vergleichsweise günstig zu mieten.

Stefan Bielmeier ist seit 2010 der Chefvolkswirt und Leiter Research der DZ Bank, dem Zentralinstitut von mehr als 900 Genossenschaftsbanken. (zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Presse

Im internationalen Vergleich der Metropolen liegt das deutsche Mietniveau ohnehin sehr niedrig. Man muss nicht einmal das Beispiel New York bemühen, wo für eine 4-Zimmer-Wohnung in City-Lage im Schnitt monatlich rund 6000 Euro hinzublättern sind. Auch in London, Zürich und Paris liegen solche Mietwohnungen preislich mit rund 3000 Euro weit über den deutschen Metropolen München (ca. 1800 Euro) oder Berlin und Frankfurt (ca. 1300 Euro).

Weniger vorteilhaft stellt sich die Lage dar, wenn man sich die „Warm-Mieten“ ansieht – statistisch ist das der „Subindex Wohnen“ aus dem Verbraucherpreisindex. Sowohl die Heizölpreise als auch die Strompreise haben sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Hinzu kommt eine steigende Belastung mit Grundsteuer, die an die Mieter weitergewälzt werden kann. Während die Kaltmieten heute nur um 29 Prozent höher liegen als vor 20 Jahren (das Verbraucherpreisniveau insgesamt liegt um 32 Prozent höher als damals), sind die Wohnkosten insgesamt in der gleichen Zeit um 44 Prozent gestiegen.

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Auch für Eigentümer wird's teuer

Aus Sicht der Wohnungseigentümer oder Vermieter sehen die Dinge ähnlich aus. Die laufenden Kosten für Eigentümer sind – einmal abgesehen von den aktuell sehr niedrigen Zinskosten – unter dem Strich deutlich gestiegen. Wichtige Treiber waren neben den stark steigenden Kosten für die Instandhaltung auch die Erhöhungen der Grunderwerbsteuer, verschlechterte Abschreibungsbedingungen und verschärfte Bauvorschriften, darunter vor allem Energiesparauflagen. Nach den Zahlen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen liegen die Baukosten je Quadratmeter heute bei durchschnittlich 3.080 Euro, verglichen mit 2.209 Euro im Jahr 2000. Von dem Anstieg entfallen 426 Euro auf die reinen Baukosten, 115 Euro auf die Bodenpreise und 330 Euro auf Steuern, Gebühren, Bauauflagen und sonstige staatliche Anforderungen.

Insgesamt betrachtet sind also die Kosten für den Eigentümer von Immobilien stärker gestiegen als seine Mieteinnahmen. Entgegen der landläufigen Meinung ist ihre Mietrendite entsprechend nicht gestiegen, sondern geschrumpft. In den Metropolen rentiert ein vermietetes Mehrfamilienhaus heute nur noch durchschnittlich mit fünf Prozent – in den Neunzigerjahren waren es noch rund sieben Prozent.

"Speckgürtel" sind out

Im Immobilienkauf und -mietmarkt wirken die Gesetze von Angebot und Nachfrage ebenso wie in anderen Märkten. Naturgemäß reagiert die Angebotsmenge hier jedoch nur langsam, und in den Städten begrenzt oft die Knappheit von Bauland das Angebot. Der Wohnungsbau in den Städten war in den Neunzigerjahren abgeflaut – damals zogen viele in die „Speckgürtel“ am Stadtrand. Etwa seit der Jahrtausendwende hat sich der Trend wieder umgekehrt. Die Menschen ziehen wieder in die Städte. Gerade in Metropolen wie Frankfurt, Hamburg und München sind am Markt fast keine Wohnungen mehr verfügbar. Zuletzt wurden zwar wieder mehr Wohnungen gebaut, aber die über Jahre entstandene Lücke lässt sich nicht so schnell schließen.

Wo der Kauf noch lohnt
Heilbronn Quelle: Presse
Kölner Dom und die Altstadt Quelle: dpa
Regensburg Quelle: dpa
Ludwigshafen Quelle: dpa/dpaweb
Ingolstadt Quelle: dpa
Bonn Quelle: dpa
Stuttgart Quelle: dpa

Auch gestiegene Ansprüche treiben die Wohnkosten in die Höhe. Die in den vergangenen Jahren gebauten Wohnungen sind mit einer durchschnittlichen Größe von 110 Quadratmetern erheblich größer als früher – in den Sechzigerjahren hatte die typische Neubauwohnung gerade einmal 80 Quadratmeter Wohnfläche. Aber auch dieser Trend scheint sich umzukehren: Die immer zahlreicher werdenden Alleinwohnenden und Senioren bevorzugen kleinere Wohnungen, und auch beim Umzug vom Land in die Stadt müssen die Menschen sich häufig „verkleinern“.

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Solange der Trend in die Stadt anhält, werden Wohnungen in den Ballungsräumen auch weiterhin ein knappes Gut bleiben. Und vieles spricht dafür, dass dieser Trend anhält: Ländliche und strukturschwache Regionen, in denen die Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur sich immer weiter ausdünnt und immer häufiger Wohnungen und Häuser leer stehen, geraten in eine Abwärtsspirale sinkender Attraktivität. Hinzu kommt, dass Zuwanderer, die in wachsender Zahl nach Deutschland kommen, sich eher in den Städten ansiedeln.

All dies sind normale Entwicklungen, die sich marktmäßig aus den Veränderungen individueller und gesellschaftlicher Präferenzen ergeben. Ähnliche Veränderungen sind überall in der Welt in wachsenden Städten anzutreffen – in Deutschland verlaufen sie noch vergleichsweise milde. Es ist also nicht angebracht, die Situation mit Politparolen wie „Wohnen muss erschwinglich bleiben“ anzuprangern, wobei „erschwinglich“ undefiniert bleibt.

Und ebenso wenig begründet ist die Furcht vor einer „Immobilienblase“. Der Begriff löst seit der US-Subprime-Krise zwar regelmäßig Alarm aus. Doch in Wirklichkeit gibt es nur vereinzelt Risiken. Beispielsweise hat etwa die Bundesbank in einer Umfrage ermittelt, dass in den Großstädten ein Drittel der finanzierten Häuser und Wohnungen mit über 100 Prozent beliehen wurden. Aber dieses Risiko haben die für Finanzstabilität verantwortlichen Institutionen bereits auf dem Radar und sie werden es wohl rechtzeitig eindämmen. Insgesamt betrachtet ist der Aufschwung am deutschen Immobilienmarkt jedenfalls nicht übertrieben und darüber hinaus solide finanziert.

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