Immobilien Wohnen unter Greisen

Wenn die Gesellschaft schrumpft und altert, wirkt sich auch auf den Wohnungsmarkt aus. Eine Studie zeigt, wie sich die Nachfrage entwickelt. Und welche Chancen die Demographie den Immobilien-Investoren bietet..

Bis 2060 könnten zehn Millionen weniger Menschen eine Wohnung brauchenIn Deutschland gibt es seit über 40 Jahren mehr Sterbefälle als Geburten. Und mit durchschnittlich 1,5 Kindern pro Frau werden zu wenige Kinder geboren, um das Bevölkerungsniveau auf einem konstanten Level zu halten. Im Moment lassen junge Einwanderer aus Südeuropa die Einwohnerzahl steigen. Doch ob das auch langfristig so bleibt, ist zweifelhaft. Das Statistische Bundesamt sieht die Sache jedenfalls pragmatisch. In den letzten 50 Jahren wanderten nach Deutschland im Jahr durchschnittlich 200.000 Menschen mehr ein als aus. Führt man die Rechnung mit dieser Größe fort, dürfte sich die Zahl der Einwohner 2060 um 10 Millionen reduziert haben. Was bedeutet dieser Rückgang für den Wohnungsmarkt?Quelle: Studie „Wohnimmobilien 2015“ des Instituts für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg und der Deutschen Bank. Quelle: dpa
Kommunen müssen sich verkleinernFür viele Städte und Gemeinden bedeutet die schrumpfende Bevölkerung zunächst, dass auch sie sich verkleinern müssen. Also weniger Schulen, Krankenhäuser, Busse, die seltener fahren. Und natürlich auch weniger Wohnungen. Schon jetzt schrumpft rund ein Fünftel aller Städte und Gemeinden in Deutschland. Vor allem Kommunen in ländlichen Regionen erleiden Nachteile durch die Demografie. Aber auch größere Städte mit einer schwachen Wirtschaftsstruktur verlieren im Rennen um die Beliebtheit bei den verbliebenen Bürgern. Cottbus zum Beispiel verlor zwischen 2000 und 2010 rund zehn Prozent seiner Bewohner, das nordrhein-westfälische Hagen rund sieben. Im gleichen Zeitraum gewannen die wirtschaftlich attraktiveren Städte München und Potsdam jeweils rund zwölf Prozent. Es zieht die Bürger also zu den „Rosinen“ unter den Kommunen. Quelle: ZB
Die Nachfrage nach Wohnraum wird weiter steigenWer nicht mit attraktiven Arbeitgebern, Kultur und guter Infrastruktur punkten kann, verliert auch das Rennen um jugendliche Zuzügler. Gerade im Osten der Republik werde der Anteil der Alten in der Bevölkerung besonders stark ansteigen, schreiben die Autoren der Studie. Für Deutschland insgesamt sei mit einer Verdoppelung des Altenquotienten zu rechnen. Während die Kommunen sich der Vergreisung ihrer Bewohner stellen müssen, bringt der demografische Wandel für Immobilieninvestoren Vorteile. Denn obwohl die Bevölkerung schrumpft, dürfte die Nachfrage nach Wohnraum in den nächsten 20 Jahren weiter steigen. Das hat drei Gründe, die allesamt den Senioren zu verdanken sind: Quelle: dpa
Erster Grund: Es wird mehr Haushalte insgesamt gebenAktuell wohnen in Deutschland durchschnittlich zwei Menschen in einem Haushalt. In den kommenden Jahrzehnten dürfte sich die Anzahl der Bewohner pro Haushalt aber deutlich nach unten reduzieren. Grund dafür ist die Zunahme der Haushalte, in denen Senioren leben. Die geburtenstarken Jahrgänge, so genannte Babyboomer, erreichen nun das Rentenalter und richten sich in diesen Seniorenhaushalten ein. Und ältere Menschen wohnen überwiegend allein. Quelle: obs
Zweiter Grund: Alte Menschen ziehen ungerne umDie meisten Menschen werden alt in Wohnungen, die sie bereits mit 50 Jahren bewohnt haben. Ist die Lebensmitte bereits überschritten, muten sich nur noch wenige einen Umzug zu. Kinder ziehen irgendwann aus, Partner sterben. Doch die Senioren bleiben, ungeachtet, ob die Wohnung ihnen zu groß geworden ist. Dieser so genannte Remanenzeffekt ist dafür verantwortlich, dass die Wohnfläche pro Kopf in Seniorenhaushalten relativ hoch ist und dass die Nachfrage nach Wohnraum über Jahre hoch bleibt. Quelle: dpa
Dritter Grund: Senioren sind vermögendDie heutigen Rentner haben mehr Einkommen und besitzen mehr Vermögen als jede andere Generation zuvor. Und sie wollen auch im Alter weiterhin gut leben. Eine kleinere Wohnung, weil man sich die alte nicht mehr leisten kann? Keine Option für viele der heutigen Senioren. Sie können es sich leisten, einen hohen Wohnflächenkonsum zu haben. Dieser Effekt stützt ebenfalls die Nachfrage nach Wohnraum. Quelle: dpa
Was tun mit den Wohnungen der Älteren?In rund acht Millionen Haushalten in Deutschland leben ausschließlich Senioren. Rund die Hälfte davon lebt in Wohnungen, die mehr als 40 Jahre alt sind und nur etwa jeder achte (12 Prozent) lebt in einer vergleichsweise neuen Wohnung. Viele der Wohnungen sind seit Jahrzehnten nicht mehr modernisiert worden. Hinzukommt, dass viele der Senioren in besonders großen Wohnungen leben. 45 Prozent der von ihnen genutzten Wohnungen sind über 100 Quadratmeter groß. Diese großen Objekte ließen sich für junge Familien nutzen auch, wenn Lage und Schnitt nicht unbedingt den Vorlieben von modernen Familien entsprechen. Quelle: dpa
Chance der barrierefreien UmgestaltungNicht nur die Umnutzung von Senioren-Immobilien ist für Investoren interessant. Auch die altersgerechte Sanierung bestehender Immobilien bietet Chancen. Denn viele ältere Menschen wollen noch so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Derzeit lebt gerade einmal ein Viertel der 2,5 Millionen pflegebedürftigen Menschen in einem Pflegeheim. Und gerade einmal fünf Prozent der Senioren leben in einer altersgerechten Wohnung. Die Studienautoren gehen davon aus, dass es im Moment eine Bedarfslücke von barrierearmen Wohnraum für 750.000 Menschen gibt. Die Investitionen, die benötigt werden, um die Lücke zu schließen, belaufen sich auf rund 40 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Erben: Profiteure der Altersgesellschaft?Nicht nur die Immobilien, die von Senioren bewohnt werden, spielen in der Zukunft eine große Rolle. Es sind auch jene Häuser und Wohnungen, die sie an ihre Enkel vererben werden. Der Wert der vererbten Immobilien ist riesig: Im Jahr 2014 belief sich das in Immobilien gehaltene Vermögen der Deutschen auf 141.000 Euro pro Kopf. Konservativen Schätzungen zufolge könnten jährlich Betongold im Wert von bis zu 60 Milliarden Euro vererbt werden. Bis 2060 würden demnach Häuser und Wohnungen im Wert von 2,7 Billionen Euro in die Hände der Erben wandern. Quelle: dpa
Was bringen die Erben dem Immobilienmarkt?Angesichts des hohen Erbschaftsvolumens stellt sich die Frage, ob die vererbten Immobilien negative Auswirkungen auf die Preise für Häuser und Wohnungen haben werden. Das hängt davon ab, wie gut das wirtschaftliche Umfeld ist, in welchem sich die Immobilie befindet. In einer wirtschaftlich starken Gegend würde die so auf den Markt geworfene Immobilie wohl kaum die Preise drücken. Sie würde einfach durch die hohe Nachfrage absorbiert werden. Anders sieht es bei Immobilien in strukturschwachen Regionen aus. Fehlt dort die Nachfrage nach der vererbten Immobilien, könnte sie mittelfristig Preise und Mieten drücken, schreiben die Studienautoren. Quelle: dpa
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