Immobilien Wohnungskauf bleibt dank Mini-Zins attraktiv

Steigende Einkommen und eine extrem günstige Finanzierung lassen die Nachfrage nach Wohnimmobilien weiter wachsen. Vor allem die Ballungszentren ziehen immer mehr Menschen an. Droht eine Blase?

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Wo der Kauf noch lohnt
Heilbronn Quelle: Presse
Kölner Dom und die Altstadt Quelle: dpa
Regensburg Quelle: dpa
Ludwigshafen Quelle: dpa/dpaweb
Ingolstadt Quelle: dpa
Bonn Quelle: dpa
Stuttgart Quelle: dpa

Baugeld ist extrem günstig, Investitionen in Betongold angesichts der Mini-Zinsen beliebt. Experten sind daher überzeugt: Die Nachfrage nach Wohnraum wird auch im kommenden Jahr hoch bleiben - das treibt die Preise, vor allem in den In-Vierteln der Ballungsräume.

„In den deutschen Städten steigen die Immobilienpreise rasant. In ein paar Jahren drohen an den Finanz - und Immobilienmärkten wieder Blasen, deren Platzen große wirtschaftliche Schäden verursachen“, warnt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Ein wichtiger Grund für die Entwicklung sei die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank: Denn einerseits kann Wohneigentum derzeit extrem günstig finanziert werden, andererseits werden Investoren mangels attraktiver Alternativen in Aktien oder eben in Immobilien getrieben.

Wo investieren? Die Top 10 der regionalen Wohnungsmärkte 2015

Schon 2015 beschleunigte sich die Aufholjagd bei den Preisen für Wohngebäude in Deutschland wieder, wie die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht November feststellt: „Der Preisauftrieb auf dem Immobilienmarkt hat sich im bisherigen Jahresverlauf wieder verstärkt. Dazu haben vor allem die Preisanstiege bei Eigenheimen beigetragen.“ Ein Ende des seit 2010 anhaltenden Aufwärtstrends ist jedenfalls nicht in Sicht.

Allerdings mehren sich Stimmen, die vor Übertreibungen warnen. Die Bundesbank stuft das Risiko einer Preiskorrektur bei gleichzeitig starken Ausfällen von Krediten gegenwärtig zwar als gering ein - trotz des „vergleichsweise kräftigen Preisanstiegs“. Bisher gebe es bei Wohnimmobilien keine Blasen - auch, weil die Preissteigerung nicht auf Pump finanziert werde und Immobilienkredite weiterhin auf moderatem Niveau wüchsen. Doch Vizepräsidentin Claudia Buch warnt: „Je länger niedrige Zinsen andauern, umso mehr bestehen für die Marktteilnehmer Anreize, erhöhte Risiken einzugehen.“

Wo der Wohnungskauf unbezahlbar ist
EigenheimDie Deutschen lieben ihr Eigenheim. Doch vielerorts muss man für die eigenen vier Wände tief in die Tasche greifen und lange abbezahlen. Immobilienerwerber brauchen bei einem Zinssatz von 2,5 Prozent pro Jahr im Durchschnitt 25,8 Jahre, um einen Kredit für eine 110 Quadratmeter große Eigentumswohnung abzubezahlen. Das zeigt die Postbank-Studie „Wohnatlas 2015“, für die Kaufpreise in allen 402 Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands ins Verhältnis zum jeweiligen Einkommensniveau gesetzt wurden. Vorausgesetzt ist, dass für die Tilgung maximal 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens aufgewendet werden und 20 Prozent Eigenkapital vorhanden waren. Quelle: dpa
Altmarkkreis SalzwedelDie Ergebnisse zeigen, dass in der Mehrheit der deutschen Regionen gute Bedingungen für Immobilienkäufer herrschen. In 305 aller 402 Landkreise und kreisfreien Städte beträgt die Tilgungsdauer eines Kredits für eine 110-Quadratmeter-Wohnung weniger als 30 Jahre und liegt damit deutlich unter dem von Immobilienexperten empfohlenen Maximum von 40 Jahren. Auf der Suche nach einem günstigen Eigenheim sollten Kaufinteressierte einen Blick auf den Altmarkkreis Salzwedel (Sachsen-Anhalt) werfen, der vor allem für seinen guten Baumkuchen bekannt ist. Am schnellsten abbezahlt ist eine 110 Quadratmeter große Eigentumswohnung hier in rund sechs Jahren. Der Durchschnittspreis für ein Eigenheim liegt aktuell bei rund 53.253 Euro. Quelle: AP
Prignitz in BrandenburgWer nicht nach Salzwedel will, kann auch ins 100 Kilometer entfernte Prignitz. In dem Landkreis ist eine 110 Quadratmeter große Wohnung mit 53.922 Euro günstig – und schnell abbezahlt. In knapp sieben Jahren ist der Kredit getilgt. Interessenten sollten angesichts der möglicherweise bald steigenden Baugeldzinsen den Kauf einer Immobilie nicht mehr auf die lange Bank schieben. Quer durch die Republik verlängert sich bei einem angenommen Zinsanstieg auf 3,5 Prozent die durchschnittliche Tilgungsdauer um 14,1 Jahre. Quelle: dpa
Im Salzlandkreis (Sachsen-Anhalt) dauert die Tilgung eines Kredites für eine 110-Quadratmeter-Immobilie für den Durchschnittsverdiener sieben Jahre. Der Kaufpreis liegt aktuell bei 53.614 Euro. Quelle: dpa
Mecklenburg-VorpommernIm Vergleich zu Salzwedel ist im Norden der Republik eine 110 Quadratmeter große Immobilie trotz moderater Immobilienpreise kaum erschwinglich: Wegen des geringen Einkommens von 20.642 Euro im Landkreis Vorpommern-Rügen zahlen Besitzer hier unfassbare 107 Jahre ihren Kredit ab. Ein Häuschen kostet hier im Schnitt 306.814 Euro. Quelle: dpa
Teure GroßstadtAuch hier wird es nicht weniger. Ob Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Düsseldorf oder München: In diesen Großstädten dauert die Tilgung länger als 40 Jahre. Länger als 40 Jahre klingt für Hamburg etwas untertrieben. Denn tatsächlich müssen Normalverdiener mit einem Durchschnitteinkommen von 27.838 Euro in etwa 143 Jahre lange ihr Darlehen abbezahlen. Der Durchschnittspreis für die eigenen vier Wände liegt in der Hansestadt aktuell bei 432.622 Euro. Normalverdiener haben also hier schlechte Karten ... Quelle: dpa
BerlinWegen des geringen Einkommens zahlen Immobilienbesitzer in Berlin unglaubliche 341 Jahre ihren Kredit ab. 364.383 Euro kostet hier aktuell ein Eigenheim. Auch diesen Deal dürfte wohl kaum eine Bank eingehen wollen. Wer in Berlin arbeitet, findet allerdings im brandenburgischen Kreis Barnim erschwingliche Preise: Das notwendige Darlehen für eine 110-Quadratmeter-Wohnung ist nach rund 15 Jahren abbezahlt. Quelle: dpa

Auch Experte Jochen Möbert von der Deutschen Bank rechnet angesichts der hohen Nachfrage vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten mit weiter anziehenden Hauspreisen, sollte das Angebot nicht ausgeweitet werden. Die Verteuerung könne sich sogar massiv beschleunigen, warnt Möbius: „Denn Investoren sind händeringend auf der Suche nach sicheren und doch einigermaßen renditeträchtigen Anlagen.“

Die Ratingagentur Standard&Poor's erwartet, dass die Immobilienpreise in Deutschland in den kommenden Jahren weiter anziehen, hält eine Blase aber für unwahrscheinlich. Zwar hätten sich Immobilien schon in den vergangenen sechs Jahren deutschlandweit durchschnittlich um 20 Prozent verteuert - in den sieben größten Städten Deutschlands sogar um 46 Prozent. Allerdings sei das Niveau zuvor sehr niedrig gewesen. Im internationalen Vergleich seien selbst die deutschen Städte noch immer nicht teuer.

Die Tücken beim Immobilienkauf
Trotz kräftig gestiegener Wohnungspreise in vielen Großstädten ist in Deutschland nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) derzeit keine gefährliche Immobilienblase in Sicht. Bis jetzt seien Eigentumswohnungen nicht überbewertet, heißt es in der am 11. März in Köln vorgelegten Untersuchung. Die Studie habe gezeigt, dass in der jüngeren Vergangenheit vor allem Nachholeffekte die Preise für Wohnimmobilien in die Höhe getrieben hätten. Auch regional betrachtet sei der deutsche Wohnungsmarkt weitgehend gesund, hieß es. Besonders deutlich waren die Preise für Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2014 in München, Berlin und Hamburg gestiegen. Auf den weiteren Plätzen rangierten Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt und Köln.Worauf Immobilienkäufer dennoch achten sollten: Quelle: dpa
Nebenkosten Quelle: dpa
echenübungenUm das Thema Immobilienkauf auf einer realistischen Basis angehen zu können, muss zunächst genau gerechnet werden. Wie viel Einkommen ist vorhanden, wie groß ist der Spielraum für die Investition? Denn auch wenn Immobilienkredite derzeit besonders günstig sind: eine Komplettfinanzierung ist nicht ratsam. Experten raten, mindestens 20 Prozent der Kosten mit Eigenkapital zu finanzieren. Je mehr, desto besser. Wer weiß, wie viel Eigenkapital er aufbringen kann, der weiß auch, in welcher Preisklasse er sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie machen kann. Quelle: dpa
ObjektbesichtigungNiemand sollte ein Gebäude kaufen, dass er nicht persönlich in Augenschein genommen hat. Selbst bei geplanten Neubauten – zum Beispiel vom Bauträger – ist die Besichtigung des Grundstücks und eines Vergleichsgebäudes (Musterhaus) zwingend. Bei bereits fertiggestellten Häusern und Gebrauchtimmobilien sind mehrere Besichtigungstermine Pflicht. Zum Beispiel kann dem Interessenten bei einer Besichtigung am Wochenende schnell der laute Schulhof ein paar Häuser weiter oder die stark befahrene Straße hinter dem Haus entgehen. Auch ein längerer Spaziergang durch die nähere Umgebung und Gespräche mit den Nachbarn helfen, ein Objekt realistisch einzuschätzen. Quelle: ZBSP
Lage, Bebauungspläne, BaugenehmigungenSpätestens mit der Besichtigung sollten sich Hauskäufer Gedanken über die Güte der Wohnlage machen. Kein Kriterium entscheidet später deutlicher über den Werterhalt einer Immobilie. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Wie sind Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Freizeitangebot und Umweltverschmutzung der Umgebung? Auch Wirtschaftskraft, Arbeitsplatzangebot und Qualität der Nachbarschaft sind Faktoren, die den Immobilienwert beeinflussen können. Außerdem sollten sich Interessenten über Bebauungspläne in unmittelbarer Nachbarschaft beim örtlichen Bauamt erkundigen. Dort gibt es auch Auskunft zu vorliegenden Baugenehmigungen und Hinweise auf Bergbauschäden, Hochwasserrisiken und ähnliches. Quelle: dpa
Beginnen Sie Ihren Rundgang im KellerNachdem die Nachbarschaft durchlaufen wurde, geht es an die Besichtigung im Inneren des Hauses. Dort sollten Sie nicht im Wohnzimmer starten, dass könnte die Stimmung positiv beeinflussen und den Blick fürs wesentliche nehmen. Ein realistischeres Bild vom Wert des Hauses bekommen Sie im Keller. Achten Sie darauf, ob er feucht ist oder es muffig riecht. Beides deutet auf Schimmel hin und könnte hohe Folgekosten haben. Auch die Heizungsanlage sollten Sie eines Blickes würdigen. Wie alt ist das Gerät, ist es eine Gasheizung? Von Nachtstromgeräten raten Experten ab. Quelle: dpa
SachverständigengutachtenInsbesondere bei einer Gebrauchtimmobilie verstecken sich die Tücken im Detail. Verdeckte Gebäudemängel sind keine Seltenheit, oftmals sind sie selbst dem Verkäufer nicht alle bekannt. Eine feuchte Dachisolierung, handwerklich verpfuschte Einbauten oder marode Gebäudesubstanz sind für den Laien nicht unbedingt erkennbar. Daher empfiehlt sich in solchen Fällen die Einschaltung eines Sachverständigen, der das Objekt genau unter die Lupe nimmt. An den Kosten dafür (mehrere hundert Euro) sollte sich der Verkäufer möglichst beteiligen. Das ist zum einen Vertrauensbeweis und hilft dem Verkäufer außerdem, sollte ein Interessent abspringen, bei den weiteren Verkaufsgesprächen Quelle: dpa

Die Entwicklung der vergangenen Jahre ist eine gute Nachricht für Menschen, die bereits in den eigenen vier Wänden leben: Ihre Immobilie gewinnt tendenziell an Wert. Aber auch Menschen, die sich den Traum vom Eigenheim verwirklichen wollen, haben Grund zur Freude. Denn selten war es so günstig wie derzeit, den Haus- oder Wohnungskauf zu finanzieren. „Die Zinsen für Wohnungsbaukredite an private Haushalte sind auf einem historisch niedrigen Niveau“, analysiert Franz Eilers vom Verband deutscher Pfandbriefbanken.

Aktuell sind Hypotheken mit zehn Jahren Laufzeit nach Angaben der FMH Finanzberatung mit einem durchschnittlichen Zins von 1,56 Prozent zu haben - vor einem Jahr lag das Niveau noch bei 1,71 Prozent, vor drei Jahren bei 2,54 Prozent und vor fünf Jahren bei 3,72 Prozent.

Mythen und Irrtümer der Immobilienfinanzierung
Kreditvertrag und Hausmodell Quelle: dpa
Ein Paar mit Makler (Symbolbild)
Sparkasse Quelle: dpa
500-Euro-Scheine Quelle: dpa
Handwerker Quelle: dpa
Jemand schnallt seinen Gürtel enger
Schild Zu verkaufen Quelle: dpa

Die Postbank warnt aber bereits vor „möglicherweise bald steigenden Baugeldzinsen“. Allzu rasant dürfte die Entwicklung aber nicht verlaufen, denn die EZB hat angekündigt, den Leitzins noch lange auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent zu belassen. Trotzdem: Nach einer Studie der Postbank brauchen Immobilienerwerber in Deutschland derzeit bei einem Zinssatz von 2,5 Prozent pro Jahr im Durchschnitt knapp 26 Jahre, um einen Kredit für eine 110 Quadratmeter große Eigentumswohnung abzubezahlen. Sollte der Zins um ein Prozentpunkt steigen, verlängere sich die Tilgungsdauer um rund sieben Jahre.

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