Morgens halb zehn in Köln-Widdersdorf Süd: Radlader, Betonmischer und Lieferwagen wuseln durch Deutschlands größtes Neubaugebiet. 11.000 Menschen sollen hier einmal wohnen. Im Bauabschnitt II, nahe der Autobahn A 1, werden derzeit Doppelhaushälften hochgezogen. Nieselregen und Erdaushub machen aus den Straßen Schlammpisten. Handwerker schieben Rüttelmaschinen über halbfertige Auffahrten. Am Straßenrand stapeln sich Dammplatten und Kanthölzer. Noch ist kein Grün zu sehen, die künftigen Vorgärten sind mit Dixiklos und Verputz-Silos besetzt. „Mehr als 90 Prozent der Flächen sind bereits vermarktet“, sagt die Dame im Info-Center des Neubauviertels. Der Projektentwickler Amand habe keine Grundstücke mehr. Wenn überhaupt, dann hätten noch einige der kleineren Bauträger etwas im Angebot, so die Amand-Angestellte.
Weil die Bauzinsen derzeit so niedrig sind, wollen immer mehr Deutsche in den eigenen vier Wänden leben. Bundesweit wurden laut Maklerverband IVD im ersten Halbjahr 2013 Immobilien im Wert von 89 Milliarden Euro umgesetzt. Das sind 8,6 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2012.
Vor dem Kauf steht die Finanzierung. Für die meisten Haushalte ist die ein einmaliges Projekt, das sich über mehrere Jahrzehnte hinzieht. Gravierende Fehler bei der Finanzplanung können in den finanziellen Ruin führen. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 40.000 Immobilien zwangsversteigert. Der Bedarf an unabhängiger Beratung ist daher groß. So sind bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Termine für Bauherren und Hauskäufer auf Monate hin ausgebucht. „Seit zwei Jahren steigt der Anteil der Interessenten, die ihre eigene Finanzierung auf Kante genäht haben“, sagt Niels Nauhauser, Baufinanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
„Ob eine Baufinanzierung auf wackligen Säulen steht, hängt auch davon ab, zu welchem Preis und in welcher Region das Haus gekauft wird“, sagt Isold Heemstra, Bereichsleiter Baufinanzierung bei der Direktbank ING-DiBa. Risiken sieht Heemstra vor allem in ländlichen Regionen abseits der Ballungsräume. Eigentümer müssten damit rechnen, dass Kreditgeber gegebenenfalls Abschläge vom Kaufpreis machen, um den nachhaltigen Wert der Immobilie zu ermitteln. Wer dagegen zu einem marktgerechten Preis in einer Wachstumsregion kaufe, habe es leichter, eine Zusage der Bank zu bekommen.
Finanzierungsberater Thomas Teske aus Düsseldorf sieht Finanzierungen von Immobilien auf dem flachem Land dagegen nicht generell im Nachteil: „Wer mit hohem Eigenkapitalanteil finanziert und sein Budget konservativ kalkuliert, bekommt keine schlechteren Konditionen als Käufer von Objekten in Ballungsräumen.“ Wenn die Finanzierung dagegen knapp kalkuliert sei, dann müssten Bauherren in strukturschwachen Regionen mit Zinszuschlägen rechnen.
Besser konservativ kalkulieren
Wer ein Haus bauen oder kaufen will, sollte seine finanzielle Leistungsfähigkeit richtig einschätzen. Folgende Punkte sind vor Abschluss einer Immobilienfinanzierung wichtig:
Budget einhalten.
Zins und Tilgung sollten nicht höher sein als die bisher für die Mietwohnung gezahlte Kaltmiete. Kosten für Wasser, Strom, Heizung, Müllabfuhr kommen wie beim Mieter obendrauf. Zusätzlich müssen Eigentümer die Instandhaltung aus eigener Tasche zahlen.
Mieter erwarten vom Eigentümer, dass er das Mietshaus in Schuss hält. Wer mietfrei wohnt, muss dagegen selbst dafür sorgen, dass der Wert der selbst genutzten Immobilie erhalten bleibt. Kosmetische Pflege reicht nicht. Schon allein um die ständig verschärften Energiestandards einzuhalten, sind größere Investitionen nötig: Heizung und Fenster austauschen, Fassaden und Kellerdecken dämmen. Seit Anfang dieses Jahres sind Verkäufer von Wohneigentum verpflichtet, dem Käufer den Energieausweis der Immobilie vorzulegen. Häuser mit einem schlechten Energiestandard dürften sich künftig schwerer losschlagen lassen.
Um den Wert und die Wohnqualität des Hauses zu erhalten, sollten Immobilienkäufer schon bei der Finanzierung Kosten für Renovierung und Reparaturen einplanen. Faustregel: Je nach Zustand und Alter des Gebäudes sollten ein bis zwei Prozent des Verkehrswerts pro Jahr als Instandhaltungskosten mit eingeplant werden.
Der Kaufpreis allein entscheidet nicht über die Höhe der Darlehenssumme. Makler, Notare und selbstredend der Staat wollen mitverdienen. Erst kürzlich wurden die Gebühren für Notare und Grundbuchämter per Gesetz angehoben. Im Schnitt müssen Immobilienkäufer 20 bis 30 Prozent mehr Gebühren zahlen.
Günstig zur eigenen Immobilie | ||||||
Die besten Angebote für Käufer und Bauherren | ||||||
Anbieter | Hypothekenzinsen¹ | |||||
10 Jahre fest | 15 Jahre fest | 20 Jahre fest | ||||
Nominal | Effektiv | Nominal | Effektiv | Nominal | Effektiv | |
ACCEDO | 2,50 | 2,53 | 3,05 | 3,09 | 3,10 | 3,14 |
DTW-Immobilienfinanzierung | 2,45 | 2,48 | 3,06 | 3,10 | 3,20 | 3,25 |
Interhyp | 2,45 | 2,48 | 3,07 | 3,11 | 3,21 | 3,26 |
Enderlein | 2,50 | 2,53 | 3,07 | 3,11 | 3,21 | 3,26 |
Dr. Klein | 2,45 | 2,48 | 3,08 | 3,12 | 3,22 | 3,27 |
HypothekenDiscount | 2,50 | 2,53 | 3,08 | 3,12 | 3,22 | 3,27 |
Allianz | 2,77 | 2,81 | 3,22 | 3,28 | 3,37 | 3,43 |
Gladbacher Bank | 2,65 | 2,68 | 3,26 | 3,31 | 3,39 | 3,44 |
Signal Iduna | 3,00 | 3,04 | 3,38 | 3,43 | 3,52 | 3,58 |
Postbank | 2,77 | 2,81 | 3,43 | 3,48 | 3,70 | 3,76 |
¹in Prozent bei 100 Prozent Auszahlung; Zins gilt für Kredite über 200.000 Euro und bis 70 Prozent des Immobilienkaufpreises; Quelle: FMH-Finanzberatung; Stand: 19. November 2013 |
Nebenkosten einrechnen.
Für Grunderwerbsteuer, Maklerprovision, Notargebühren und Gutachterkosten sollten Hauskäufer etwa zwölf Prozent auf die Kaufsumme aufschlagen, wenn sie die Höhe des Kredits ermitteln.
Gerade die Grunderwerbsteuer ließ in den vergangenen Jahren die Nebenkosten beim Hauskauf ansteigen. Im kommenden Jahr erhöhen vier Bundesländer den Steuersatz: Berlin von 5,0 auf 6,0 Prozent, Bremen von 4,5 auf 5,0 Prozent, Niedersachsen von 4,5 auf 5,0 Prozent und Schleswig-Holstein sogar von 5,0 auf 6,5 Prozent. 2006 lag der Steuersatz noch bundeseinheitlich bei 3,5 Prozent. Die Steuerbelastung hat sich seitdem also fast verdoppelt.
Förderung prüfen.
KfW-Darlehen und Wohn-Riester können die Gesamtfinanzierung günstiger machen. Viele Gemeinden bieten Familien mit Kindern günstiges Bauland oder Zuschüsse an. Einige Banken haben Familienhypotheken im Programm, bei denen es pro Kind einen Zinsabschlag von 0,05 Prozentpunkten gibt. Entscheidend sind allerdings die Gesamtkonditionen nach Abzug des Kinderbonus.
Eigenanteil und Nebenkosten im Blick
Eigenanteil justieren.
Je mehr eigene Ersparnisse die Bauherren einbringen, desto niedriger sind die Bauzinsen. Beispiel: Für einen Baukredit über 200.000 Euro mit zehn Jahren Zinsbindung und einer Beleihung von 60 Prozent verlangen die günstigsten Anbieter derzeit 2,38 Prozent. Finanziert der Bauherr dagegen mit 80 Prozent, steigt der Zins auf 2,58 Prozent. Bei zwei Prozent Tilgung wären statt 725 Monat für 60 Prozent Beleihung dann 758 Euro monatlich für Zins und Tilgung fällig.
Der Prozentsatz für die Beleihung ist wichtig für die Kalkulation des Zinssatzes. Um die Quote fürs Eigenkapital zu bestimmten, taugt dieser Wert allerdings nur bedingt. Wenn die Bank die Immobilie etwa mit 70 Prozent beleiht, dann heißt das nicht, dass der Bauherr nur 30 Prozent als Eigenkapital einbringt. Tatsächlich ist der Eigenkapitalanteil höher, denn die Bank zieht vom Verkehrswert der Immobilie eine Sicherheitsmarge von 10 bis 20 Prozent ab. Übrig bleibt der Beleihungswert. Beispiel: Ein Selbstnutzer kauft ein Haus für 350.000 Euro. Die Bank zieht 15 Prozent, also 52.500 Euro, ab. Vom Beleihungswert 297.500 Euro finanziert sie 70 Prozent, also 208.250 Euro. Die übrigen 141.750 Euro müsste der Hauskäufer aus eigener Tasche zahlen. Das sind 40,5 Prozent. Obendrauf kommen noch die Nebenkosten für Makler, Notar und Grunderwerbsteuer, die 12 bis 15 Prozent des Verkehrswerts ausmachen. Unter dem Strich zahlt der Hauskäufer also knapp die Hälfte des Kaufpreises aus eigener Tasche.
Lieber zu viel als zu wenig.
Wer eine gebrauchte Immobilie kauft, muss mit versteckten Mängeln rechnen. Diese Mängel können eine Baufinanzierung sprengen, wenn das Darlehen zu knapp bemessen ist. Finanzierungsberater Teske rät Immobilienkäufern, eine Reserve von fünf bis zehn Prozent einzukalkulieren. Einige Banken würden einen Teil des Darlehens zurücknehmen, wenn das Geld nicht benötigt wird, ohne dafür eine Entschädigung für entgangene Zinseinnahmen zu verlangen (Vorfälligkeitsentschädigung). Alternativ könnten Immobilienkäufer nicht benötigtes Kapital für Sondertilgungen nutzen, so Teske.
Banken bieten derzeit zwar niedrige Bauzinsen an, wirtschaftlich haben sie jedoch kein Interesse an einer kürzeren Laufzeit für die Baufinanzierung. Für jedes Jahr, in dem der Baukredit länger läuft, kassieren die Banken weiter Zinsen. Für Immobilienkäufer wird es dagegen teurer.
Schneller tilgen.
Käufer oder Bauherren sollten mindestens zwei, besser drei Prozent pro Jahr tilgen, damit die Immobilie schneller entschuldet wird. Beispiel: Ein Bauherr schließt ein Darlehen über 200.000 Euro zu 2,5 Prozent auf zehn Jahre ab und bekommt nach zehn Jahren eine Anschlussfinanzierung zu 4,5 Prozent. Wenn er mit zwei Prozent pro Jahr tilgt, ist die Immobilie nach 29 Jahren und einem Monat schuldenfrei. Bei drei Prozent Tilgungssatz dauert es nur 22 Jahre und neun Monate. Hinzu kommt, dass der Bauherr bei der Variante mit zwei Prozent Tilgung unter dem Strich 46.345 Euro mehr Zinsen zahlt als bei der Variante mit drei Prozent Tilgung.
Sondertilgungen nutzen
Vorfälligkeitsentschädigung nicht mehr zeitgemäß
Sondertilgungen nutzen.
Soweit finanzierbar, sollten Bauherren Sondertilgungen nutzen. Bei Abschluss des Kredits sollten Bauherren nicht nur auf die Zinshöhe, sondern auch auf Flexibilität achten.
Festzins für 15 Jahre sichern.
Deutlich niedriger als jetzt werden die Bauzinsen wohl nicht mehr. Es lohnt sich, die Zinsen auf 15 und mehr Jahre festzuschreiben. Je länger die Laufzeit, desto kleiner ist die Restschuld und desto geringer die finanzielle Belastung bei einer Anschlussfinanzierung zu wahrscheinlich höheren Zinsen. Der Zinsaufschlag für längere Laufzeiten ist noch überschaubar: ein Baukredit über 200.000 Euro mit 70 Prozent Beleihung und 15 Jahren Zinsbindung kostet derzeit 3,07 Prozent. Für zehn Jahre Festzins wären 2,48 Prozent fällig. Weiterer Vorteil: Sollten die Zinsen nach zehn Jahren doch noch weiter gefallen sein, darf der Kunde auch bei 15-jähriger Zinsfestschreibung kündigen.
Deutlich komplexer wird die Rechnung, wenn der Käufer der Immobilie zusätzlich die Restschuld des vormaligen Eigentümers übernimmt. Bei geschätzt 30 Prozent aller Immobilienkäufe soll der Käufer heute den alten Kredit mit übernehmen, schätzt Immobilienunternehmer Manfred Osthoff aus Essen. Weil bei älteren Krediten die Zinsen meist höher sind als bei neuen Darlehen und der neue Eigentümer diese Konditionen in der Regel nicht übernehmen will, muss die Bank für die entgangenen Zinseinnahmen entschädigt werden. Hinzu kommt, dass die alte Hypothek des Vorbesitzers vorrangig behandelt wird. Der neue Eigentümer muss seine eigene Finanzierung mit schlechteren Zinskonditionen abschließen, da die Bank den Kredit als zweitrangig einstuft. Auch eine sauber durchgerechnete Baufinanzierung kann durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit durchgeschüttelt werden.
Risiko absichern.
Bauherren sollten deshalb die finanziellen Risiken eines Hausbaus durch eine Risikolebensversicherung oder eine Restschuldversicherung absichern. Vorsicht: Die von den Banken selbst angebotenen Restschuldversicherungen sind meist überteuert. Bauherren und Käufer sollten auf jeden Fall noch andere Angebote einholen.
Solange Eigenheimer ihre Immobilie komplett selbst nutzen und keine Mieteinnahmen fließen, haben sie wenig mit dem Finanzamt zu tun. Die in Deutschland moderate Grundsteuer fällt kaum ins Gewicht.
Anders sieht es dagegen bei der Grunderwerbsteuer aus. Schnell kommen 10.000 Euro und mehr zusammen. Wer ein Grundstück kauft, um darauf zu bauen, sollte den Kaufvertrag für den Baugrund vom Vertrag für den Bau der Immobilie trennen. Besteht zwischen Grundstücksverkäufer und Bauträger eine geschäftliche Beziehung, kann das Finanzamt auch auf die Herstellungskosten für das Haus Grunderwerbsteuer kassieren.
In Köln-Widdersdorf, wo jetzt die letzten Objekte vermarktet werden, ist das nicht drin. Haus und Grundstück gehen in der Regel im Paket weg. Käufer müssen also die Grunderwerbsteuer für beide auf ihrer Rechnung für die Baufinanzierung haben.