Immobilienkrise adé Amerikaner kaufen wieder Häuser

Vor sechs Jahren brach der US-Häusermarkt zusammen mit dramatischen Folgen. Die Finanzkrise stürzte die Welt in eine Rezession. Doch Niedrigzinsen und neuer Optimismus lassen die Amerikaner wieder zu Immobilien greifen.

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In diesem Frühling scheint der Immobilienmarkt eine Renaissance zu erleben. Quelle: dpa

Washington Vor einem halben Jahr noch hingen düstere Wolken über den US-Immobilienmarkt. Auch drei Jahre nach dem Ende der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg verkauften sich die Häuser zwischen Alaska und Florida schleppend - und meistens sehr deutlich unter ihrem früheren Anschaffungswert. Die Immobilienblase war 2006 und 2007 mit einem solch lauten Knall geplatzt, dass der Schreck den potenziellen Käufern und Banken nachhaltig tief in den Gliedern hing. Kredite waren schwer zu bekommen - und das Überangebot an Häusern kaum zu überblicken.

Doch plötzlich ist vieles anders. In diesem Frühling scheint der Immobilienmarkt eine Renaissance zu erleben, von der Politiker und Notenbanker seit langem träumen. Die ökonomischen Daten zeigen weitgehend nach oben: Die Verkaufszahlen steigen, die Preise legen zu wie seit 2006 nicht mehr, die Rate der Hausbesitzer im Vergleich zu Mietern nimmt wieder zu, die Bauindustrie zieht an, Kreditfinanzierer und Heimwerkermärkte melden richtig gute schwarze Zahlen. „Der Immobiliensektor hat sich weiter verbessert“, schreibt sogar die vorsichtige Notenbank Fed in ihrem neuesten Bericht.

Die guten Nachrichten machen viele Bürger euphorisch. 79 Prozent sagen laut einer Umfrage des US-Fernsehsenders CNBC, dass der Hausbesitz „ein wichtiger Teil des amerikanischen Traums“ ist - so viele wie sei drei Jahren nicht mehr. 69 Prozent meinen, Kaufen ist besser als Mieten. Und so verhalten sie sich auch. Der Bestand an verkäuflichen Häusern ist auf einem 20-Jahres-Tief. Im Landesdurchschnitt liegen die Preise rund zehn Prozent über dem Vorjahreswert. „Eine Menge Leute realisieren: Wenn ich mitmachen will, dann mache ich am besten jetzt mit“, sagt der US-Ökonom Christopher Thornberg.

Die Gründe sind vielfältig: Nicht nur sind die Preise im Vergleich zu 2006 immer noch relativ niedrig, auch die Zinsen befinden sich im Keller. Ein kreditwürdiger Käufer kann sich derzeit Hunderttausende Dollar leihen und dafür 30 Jahre lang einen Festzins von 3,5 Prozent sichern. Ende 2008 hätte er - wenn die vorsichtigen Banken ihm überhaupt etwas geborgt hätten - mehr als 6 Prozent berappen müssen. Möglich gemacht hat das Schnäppchen die Fed mit ihrer faktischen Nullzinspolitik, die sie noch durch massenhafte Anleihekäufe verstärkte. Laut Experten erhöhte sich dadurch die Kaufkraft von Immobilienkäufern um ein Drittel.


Skeptiker warnen vor einer neuen Blase

„Die zinsempfindlichen Bereiche, vor allem Immobilien und Autos, schalten in einen höheren Gang“, sagt der Chefökonom von Moody's Analytics, Mark Zandi. Die Billiggeld-Strategie von Notenbankchef Ben Bernanke gehe allmählich auf, was sich auch bald auf den Jobmarkt auswirken werde. Denn die positive Entwicklung sei noch am Anfang, wie auch andere Volkswirte meinen. Viele Grundbesitzer würden noch abwarten, ihr Haus auf den Markt zu bringen, bis die Preise an die früheren Werte heranreichten. In vielen Märkten liegen sie nämlich immer noch haarsträubende 30 Prozent darunter.

Skeptiker sehen die USA angesichts der Beschleunigung schon wieder am Rand einer Immobilienblase. Dafür, dass andere Wirtschaftsbereiche sich noch nicht erholt hätten und die Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent alles andere als ökonomisch Gesundung signalisiere, wachse der Immobilienmarkt zu schnell, meinen sie. Doch viele Experten widersprechen: „Die Erholung ist robust“, sagt John Burns, Chef einer US-Immobilienberatungsfirma dem „Wall Street Journal“. Dafür sprächen die fundamentalen Daten eindeutig.

Zudem bekommen anders als vor der Finanzkrise potenzielle Hauskäufer mit geringem Einkommen die Darlehen diesmal nicht mehr hinterhergeworfen. Die Neu-Schuldner bei dem mit Steuergeldern geretteten Baufinanzierer Fannie Mae etwa hatten im vergangenen Jahr im Mittel 760 Punkte auf ihrer Kreditpunkte-Skala, ein Wert, der nur mit nahezu makellosem Gebaren gegenüber Gläubigern zu erreichen ist. 2007 lag der Durchschnitt bei 700 Punkten, was auch mit weniger Disziplin beim Begleichen von Rechnungen erzielt wird.

Es ist aber längst nicht sicher, dass die Erholung beständig ist. Sorge bereitet Beobachtern etwa der schnelle Preisanstieg. Den bewirken derzeit auch gewerbliche Käufer, die Immobilien zu Dutzenden übernehmen, um daraus Mietobjekte zu machen oder sie mit einem saftigen Aufschlag zu veräußern. Sollten die Preissteigerungen so hoch bleiben, könnte es sein, dass viele Bürger den Traum vom Eigenheim wieder begraben müssen und der Markt sich neuerlich abkühlt.

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