Er ist ein modernes Orakel, ein Experte für heißgelaufene Märkte, für Übertreibungen in Beton: Konstantin Kholodilin, Wissenschaftler am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, hat vor zwei Jahren für das Bundesfinanzministerium ein Frühwarnsystem entwickelt. Es schlägt Alarm, wenn sich am Immobilienmarkt eine Preisblase aufpumpt. Wann sind die Preise zu stark gestiegen? Wann drohen sie einzubrechen, weil zu viele Wohnungen und Häuser angeboten werden und Käufer und Mieter die aufgerufenen Preise nicht mehr zahlen können?
Damals war das akademischer Denksport, motiviert von den katastrophalen Zusammenbrüchen der Häusermärkte in den USA und Spanien. „Von einer Blase am Immobilienmarkt in Deutschland sprach 2011 noch niemand“, sagt Kholodilin. Nur drei Jahre zuvor, 2008, hatte er noch eine andere Studie publiziert: „Immobilienkrise? Warum in Deutschland die Preise seit Jahrzehnten stagnieren.“
Die Zeiten haben sich geändert. Heute wundern sich viele über die stark gestiegenen Preise für Wohnimmobilien. Kaum offenbart sich jemand als Immobilienkäufer, haken Freunde nach: „Jetzt noch? Bei den hohen Preisen?“ Andere pflichten bei: „Klar doch, bei den niedrigen Zinsen!“ An Immobilien scheiden sich die Geister. Selbst kaufwillige Interessenten sorgen sich darum, zu viel Geld für die Wohnung oder das Haus auszugeben – und es dann in einigen Jahren zu bereuen.
Zeit also für einen Faktencheck: Wo lohnt der Kauf von Haus oder Wohnung noch - und wo nicht? Die WirtschaftsWoche hat die Lage in den 50 größten deutschen Städten analysiert, Daten zu Immobilienpreisen und wichtigen Standortfaktoren ausgewertet und so ermittelt, wo Käufer gute Chancen auf weitere Wertzuwächse haben. Das komplette Ranking inklusive aller wichtigen Standortfaktoren sowie ausführliche Tabellen mit Wohnungspreisen, Wohnungsmieten und Hauspreisen aus den 50 größten Städten (jeweils mit Angaben für den stadtweiten Durchschnitt und im Detail für einfache, mittlere und gute Wohnlagen) finden Sie hier (Preis: 1,99 Euro). Eigentümer bekommen Hinweise darauf, wie viel ihre Immobilie heute wert ist. Kaufinteressenten können sehen, wie viel sie in etwa einplanen müssen und wo der Kauf aussichtsreich ist.
Chancen in Münster
In der Gesamtwertung der 50 Städte holt sich Münster den Sieg und löst damit Hamburg erstmals ab.
Die Stadt, vor allem bekannt für ihre Universität und Armeen von Fahrradfahrern, wird in den kommenden Jahren weitere Einwohner gewinnen. Bis 2022 soll sie um knapp zwei Prozent wachsen. Die Uni, gemeinsam mit der Uniklinik Münsters wichtigster Arbeitgeber, prägt auch die Wirtschaft. Biotechnologie-Unternehmen etwa profitieren von der Nähe zur Forschung. Die Arbeitslosenquote lag im Januar bei niedrigen 6,2 Prozent – 1,2 Punkte unter Bundesschnitt.
Prognosen für die Top-Immobilienstandorte
+ 8 Prozent (Wohnungspreise 2012)
Preise und Mieten steigen weiter. Potenzial haben Wohnungen für Studenten. Die leben und feiern gern rund um den Prinzipalmarkt. Top-Lagen für Wohnungen: Kreuzviertel, Sentruper Höhe; für Einfamilienhäuser: Aasee-Viertel, St. Mauritz.
+ 11 Prozent (Wohnungspreise 2012)
In Oldenburg werden Preise und Mieten weiter kräftig steigen. Begehrt bleiben Top-Lagen wie Dobben- und Gerichtsviertel. Neubauprojekte, etwa Passivhäuser am Bloherfelder Anger, weiten das Angebot etwas aus. Es bleibt aber knapp.
+ 10 Prozent (Wohnungspreise 2012)
Die Immobilienpreise steigen weiter, aber weniger stark. Die Mieten holen etwas auf. Top-Lagen für Wohnungen: Hafencity, Harvestehude, Hoheluft und Winterhude. Stadtteile mit besonders viel Potenzial: Eimsbüttel, Altona und Barmbek.
+ 5 Prozent (Wohnungspreise 2012)
Preise und Mieten haben noch Spielraum nach oben. Besonders gute Anlagechancen bieten mittlere Lagen, etwa Plagwitz und die Südvorstadt. Begehrt sind in Leipzig vor allem sanierte Altbauwohnungen. Top-Lagen bleiben Bach-, Musik- und Waldstraßenviertel.
+ 13 Prozent (Wohnungspreise 2012)
Die Preise steigen, obwohl die Schmerzgrenze für viele Freiburger schon erreicht ist. Top-Lagen für Häuser und Wohnungen sind Wiehre und Herdern. Familien ziehen gern in die Neubauten in Rieselfeld oder Vauban. Aufstrebend mit Potenzial: Ebnet.
Schon jetzt ist der Anteil leer stehender Wohnungen und Häuser sehr niedrig. Die Aussichten auf weiter steigende Preise sind gut – zumal sich die Münsteraner das Wohnen vor Ort noch gut leisten können. Wohnungsmieter zahlen mit 7,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter und Monat zwar rund neun Prozent mehr als im Durchschnitt der 50 Städte. Dafür verdienen die Bewohner aber auch überdurchschnittlich gut: Ihr verfügbares Einkommen, pro Kopf werden es 2013 voraussichtlich über 20 000 Euro sein, liegt 13 Prozent über dem Schnitt.
Der Immobilienmarkt bietet Käufern damit beste Chancen. Gute wirtschaftliche Perspektiven, der niedrige Leerstand, aber auch Verbesserungen bei der Standortqualität und der Sozialstruktur bringen Münster in der Gesamtwertung 4,4 von 5 möglichen Punkten. (Das komplette Ranking finden Sie hier)