Die Meldung kam unmittelbar vor dem Energiegipfel und ging zwischen Energiewende-Gezänk der Politiker und Zypern-Krise ziemlich unter: Die staatliche Förderbank KfW hat in einer Pressemitteilung zu den volkswirtschaftlichen Konsequenzen der Energiewende eingeräumt, dass sich aus heutiger Sicht die Investitionen in energieeffizientes Bauen und Sanieren „nicht allein aus den eingesparten Energiekosten refinanzieren lassen“. Anders gesagt: Energetische Sanierung amortisiert sich nicht durch die Energieersparnis, der Hausbesitzer zahlt also drauf. Das ist ein Ergebnis einer umfangreichen Studie der Prognos AG im Auftrag der KfW Bankengruppe, die die energetische Gebäudesanierung jährlich mit 1,8 Milliarden Euro fördert.
Der Fokus der Studie lag auf den volkswirtschaftlichen Effekten, die Investitionen zur Erhöhung der Energieeffizienz in Wohngebäuden auslösen – also die Wirkung auf Wachstum, Beschäftigung und öffentliche Haushalte. Dazu konstruierte Prognos verschiedene Szenarien, die unterstellen, dass die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung bis 2050 erreicht werden. Volkswirtschaftlich zieht die KfW ein positives Fazit für die Energiewende: Pro Jahr könnten zwischen 200.000 und 300.000 Arbeitsplätze gesichert werden, die Investitionen trügen jährlich 0,4 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum bei, und die Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge lägen im Jahr 2050 um 25 Milliarden Euro über den Ausgaben für Fördermittel. „Große Investitionen in den Klimaschutz tragen maßgeblich zu Wachstum und Beschäftigung bei“, sagt Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe.
Aber was die Energiewende im Gebäudebestand für die Wirtschaft und öffentliche Haushalte bringt, bleibt sie dem Hauptfinanzier der Energiewende – also dem Verbraucher und Hauseigentümer – leider schuldig. Ein erschreckendes Ergebnis der Prognos-Studie: Notwendigen Investitionen von insgesamt 838 Milliarden Euro bis 2050 stehen eingesparte Energiekosten von 372 Milliarden Euro gegenüber. Nicht einmal die Hälfte der Kosten für energieeffizientes Bauen kommt über die Ersparnis wieder rein. Bauherren und Hausbesitzer, die für einen niedrigeren Energieverbrauch ihrer Gebäude viel Geld in die Hand nehmen, werden so erst recht zum Zahlmeister: Ihre Investitionen sind ökonomisch ein Verlustgeschäft. Eine ganze Industrie wird so vom Verbraucher subventioniert.
Die spannendsten KfW-Programme
Gefördert werden der Kauf oder Bau einer Immobilie mit einem Darlehen in Höhe von maximal 50.000 Euro zu Zinssätzen ab 1,97 Prozent. Kreditnehmer können bis zu hundert Prozent der Gesamtkosten finanzieren, die Zinsbindung beträgt fünf oder zehn Jahre.
Die Förderbank honoriert den Bau oder Kauf eines Energieeffizienz- oder Passivhauses mit günstigen Krediten und Zuschüssen. Bauherren müssen allerdings bestimmte Vorgaben erfüllen. Für einen Effektivzins ab 1,41 Prozent können Kunden bis zu 50.000 Euro leihen. Außerdem lockt ein Tilgungszuschuss von bis zu 5.000 Euro. Das Programm lässt sich mit weiteren Fördermitteln kombinieren.
Dieses Programm fördert Einzelmaßnahmen mit einem Darlehen in Höhe von maximal 50.000 Euro und einem Effektivzins ab einem Prozent. Geförderte werden Eigentümer, Käufer oder Mieter. Die KfW fördert energetische Sanierungen darunter unter anderem Wärmedämmung, Erneuerung von Fenstern und Türen oder eine neue Heizung. Kreditnehmer müssen einen Energieberater hinzuziehen. Das Programm lässt sich mit weiteren Fördermitteln kombinieren.
Hier profitieren Käufer oder Besitzer eines KfW-Effizienzhauses oder denkmalgeschützter Häuser. Auch Mieter können zugreifen. Die KfW vergibt Kredite bis zu 75.000 Euro zu einem Effektivzins ab einem Prozent. Zusätzlich lockt ein Tilgungszuschuss in Höhe von maximal 12,5 Prozent der Kreditsumme. Der Zuschuss steigt mit dem erreichtem Energiesparlevel.
Dieses Programm gilt bei umbauten, die Barrieren aufheben oder die Wohnqualität für Senioren steigern. Das Darlehen zu einem Effektivzins in Höhe von einem Prozent gilt für alle förderfähigen Kosten bis zu einer Summe von 50.000 Euro. Die Zinsbindung gilt für fünf oder zehn Jahre, die Laufzeit beträgt bis zu 30 Jahre. Es besteht außerdem die Möglichkeit, ein endfälliges Darlehen mit einer Laufzeit von maximal acht Jahren abzuschließen. Das Programm können Eigentümer, Vermieter oder Mieter nutzen.
Wer den Einbau einer Solaranlage oder Kraft-Wärme-Kopplung plant, sollte dieses Angebot nutzen. Regenerative Energien werden mit Darlehen in zu einem Effektivzinssatz ab einem Prozent gefördert. Interessant könnte für viele auch die Option von bis zu drei tilgungsfreien Jahren zu Beginn des Darlehens sein. Die Zinsbindung beträgt zehn Jahre, die maximale Laufzeit 20 Jahre. Der maximale Kreditbetrag liegt bei mehreren Millionen Euro.
Deutschland saniert seine Häuser und will dabei möglichst viel Energie sparen. Aber die Erkenntnis reift, dass die Investitionskosten in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Energieeinsparungen stehen. Dabei gibt es nun erstmals Belege der Deutschen Energie-Agentur (dena) darüber, wie hoch die tatsächlich realisierte Energieeinsparung bei energetisch sanierten Gebäuden ausfällt und ob sich die ehrgeizigen Prognosen aus der Planungsphase erfüllen. Die Studie, die die dena am 26. März veröffentlicht hat, kommt mit kleinen Einschränkungen zu einem positiven Ergebnis. Bei den 63 untersuchten, hocheffizient sanierten Gebäuden war im Durchschnitt einen Energieersparnis von 80 Prozent angestrebt worden. Erreicht wurde in einer mehrjährigen Auswertung im Schnitt eine Senkung des Endenergieverbrauchs von 76 Prozent. Der Energieverbrauch pro Quadratmeter und Jahr sank so von 223 Kilowattstunden (kWh) auf 54 kWh. Das ist zwar weniger als die geplanten 45 kWh, aber immer noch ein gutes Ergebnis.
Wirtschaftlichkeit zweifelhaft
Allerdings bleibt die Studie eine Antwort auf die Frage schuldig, ob damit auch die Wirtschaftlichkeitsprognosen der Sanierungsmaßnahmen aufgehen. Die durchschnittlichen Mehrkosten für die energetische Optimierung hat die Deutsche Energie-Agentur nicht den eingesparten Energieausgaben gegenübergestellt. In anderen Untersuchungen hat die dena zwar die Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen bestätigt, sofern ohnehin dringender Sanierungsbedarf besteht. Wer jedoch nur wegen der in Aussicht gestellten Energieersparnis saniert und darauf baut, dass sich die Investition über die Energieersparnis refinanziert, geht weiterhin hohe Risiken ein.
Für Sanierungswillige ist das Investieren in die energetische Gebäudesanierung nur ungenau kalkulierbar. Denn auch in der aktuellen dena-Studie gibt es unter den untersuchten Gebäuden einzelne Ausreißer, die deutlich die geplante Energieersparnis verfehlten. Diese Fälle werden noch genauer untersucht. Fest steht jedoch, dass die spezifischen Gebäudeeigenschaften und das Nutzungsverhalten der Bewohner – das sich nach erfolgter Sanierung durchaus ändern kann – eine große Rolle spielen. Außerdem stellt die dena nochmals fest, dass unsanierte Gebäude regelmäßig einen geringeren tatsächlichen Energieverbrauch im Vergleich zum berechneten Energiebedarf aufweisen – im Durchschnitt verbrauchen die Gebäude elf Prozent weniger Energie als die Bedarfsberechnung – wie sie auch Energieberater in der Regel verwenden - glauben macht. Gingen die Kalkulationen von einem Bedarf von 250 kWh pro Quadratmeter und Jahr aus, so waren es im tatsächlichen Verbrauch lediglich 223 kWh. Kritiker sprechen sogar von deutlich größeren Abweichungen. Das sollten Immobiliensanierer unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn sie die Wirtschaftlichkeit und Amortisationszeit der Sanierungsvorhaben berechnen.
Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Der Erfolg einer energetischen Gebäudesanierung unter Investitionsaspekten hängt somit wesentlich von einer individuell erstellten, präzisen und unter realistischen Vorgaben erstellten Planung ab. Auch die gewährten Fördermittel sollten in die Betrachtung einfließen. Weil aber die Skepsis unter den Immobilienbesitzern wächst, sank die Sanierungsrate im Gebäudebestand zuletzt auf 0,7 Prozent. Gelingt es nicht, jährlich zwei Prozent des Gebäudebestands energetisch auf Vordermann zu bringen, sind die von der Regierung formulierten Klimaziele mit einem um 80 Prozent gesenkten Energiebedarf bis 2050 definitiv nicht zu schaffen. Schließlich fließen in die Gebäude hierzulande rund 40 Prozent der gesamten verbrauchten Endenergie. Etwa ein Drittel der von Deutschland zu verantwortenden CO2-Emissionen entstehen hier.
Schon in der Planungsphase einer Sanierung läuft einiges schief. Thomas Welter, Geschäftsführer beim Bund Deutscher Architekten (BDA) ist der Überzeugung, dass sich der Gebäudebestand günstig sanieren lässt, so dass es sich rechnet. „Derzeit fördert die Staatsbank KfW mehrheitlich Einzelmaßnahmen bei der Gebäudesanierung. Das führt dazu, dass jeder Anbieter einzelner Gewerke die beste Lösung verkaufen will – ungeachtet, ob die Maßnahme im Rahmen eines Gesamtkonzeptes sinnvoll und angemessen ist“, sagt Welter. „Wenn wir so weitermachen, kommen wir in eine Kostenspirale. So ist die energetische Sanierung de facto zu aufwändig und zu teuer. Wir müssen uns die Frage stellen, ob sich das jeder leisten kann.“ Welter zufolge sind wirtschaftliche Sanierungen durchaus möglich. Dazu müssten sich aber gesetzliche Vorgaben und Anreizsysteme an integralen Konzepten orientieren. Die Politik hat die Anreizsysteme im Frühjahr zwar nachjustiert, auf einen Sanierungszwang für Bestandsgebäude bei der Novelle des Energieeinsparungsgesetzes (EneG) verzichtet und die Fördermittel erhöht, aber ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlt.
So finden Sie einen Sachverständigen
Ein Gutachter aus dem Handwerksbereich ist für die Beurteilung eines gesamten Gebäudes nebst Grundstück zu spezialisiert. Wenn es um die erste Einschätzung eines Kaufobjektes geht, sollte daher ein erfahrener Bauingenieur oder Architekt das Gutachten erstellen. Er kann auch die Haustechnik wie Heizung und Elektroinstallationen beurteilen. Dabei ist darauf zu achten, dass sich der Sachverständige insbesondere mit Ein- oder Zweifamilienhäusern bzw. Wohngebäuden auskennt. Weniger geeignet ist ein Sachverständiger für Immobilienbewertung. Diese sind eher mit den abstrakten Wertermittlungsverfahren im Erbrecht vertraut als mit Bauphysik und Gebäudetechnik.
Bei der Industrie- und Handelskammer sind im Sachverständigenverzeichnis geeignete Gutachter für alle Fachrichtungen nach Schlagwörtern
Der Verband privater Bauherren e.V. hat überwiegend freischaffende Architekten und Bauingenieure in seinem Sachverständigen-Netzwerk
Die Sachverständigengemeinschaft Bauwesen ist ein Zusammenschluss von Gutachtern, die vor allem in Nordrhein-Westfalen aktiv, aber über ein bundesweites Netzwerk verfügen. Per Telefon wird ein Sachverständiger vermittelt.
Die Architektenkammern der einzelnen Bundesländer bieten ebenfalls die Vermittlung Sachverständiger an. Eine Übersicht aller Landesarchitektenkammern findet sich auf der Seite der Bundesarchitektenkammer.
Damit die energetische Sanierung des Gebäudebestands erfolgreich voran kommt, hat sich erst vor kurzem eine Allianz aus BDA, Deutschem Mieterbund (DMB), Naturschutzbund (NABU) und weiteren Partnern aus Industrie, Verbraucherschützern, Gewerkschaften und Umweltverbänden formiert. Die Allianz will die notwendige Debatte mit den politischen Entscheidungsträgern von Bund und Ländern anstoßen, um die Umsetzung der Regierungsziele durch das Zusammenspiel von Beratung, Fordern und Fördern zu forcieren. Gesucht ist ein verbessertes und weniger an Einzelmaßnahmen orientiertes Anreizsystem. „Wir müssen zu einem Sanierungsverständnis kommen, das eine effiziente, aber möglichst einfache Lösung für den Gebäudebestand sucht“, sagt BDA-Geschäftsführer Welter.
Bessere Sanierungskonzepte gefordert
Die Allianz spricht sich etwa gegen Sanierungszwang aus und betont die Notwendigkeit klarer marktwirtschaftlicher Anreize. „Wir haben es mit einem Dilemma zu tun. Eine Wohnungsgesellschaft kann zum Beispiel alle Aspekte von Sanierungsmaßnahmen berücksichtigen und so sogar in schrumpfenden Regionen zu erfolgreichen Konzepten gelangen. Die professionellen Immobilieneigentümer schaffen mit ihren umfassenden Gesamtkonzepten nämlich gute Amortisationszeiten. Aber das funktioniert nicht bei Einzeleigentümern und Eigentümergemeinschaften, die vor allem bei gegebenen Sanierungsanlass die energetische Optimierung ins Auge fassen“, erklärt Welter. „Wir brauchen statt der einseitigen und kurzfristigen Betrachtung einzelner Bauwerke also quartiersbezogenen Sanierungsstrategien als Bestandteil integrierter Stadtentwicklungskonzepte. Statt das Maximum an Energieersparnis für jedes einzelnes Gebäude zu erreichen, sollten sich die Energiekonzepte gleich auf ein ganzes Quartier beziehen. Dann könnten etwa sparsame Gebäude weniger energieeffiziente Denkmäler mittragen.“
Damit Hauseigentümer sinnvoll und realistisch kalkulieren können, bedarf es neben tatsächlichen Verbrauchswerten des unsanierten Gebäudes und aus der Erfahrung mit bereits sanierten Gebäuden auch einer intensiveren und vor allem umfassenderen Beratung. Derzeit sanieren viele Hausbesitzer auch energetisch, wenn ohnehin ein Anlass zur Sanierung – etwa eine Erneuerung der brüchigen Hausfassade – fällig ist. Dann schreibt der Gesetzgeber jedoch eine Fassadendämmung vor. Nur wenn sich die Maßnahme als unwirtschaftlich herausstellt, kann sich der Hausbesitzer von dieser Pflicht befreien lassen. Ob aber zum Beispiel nicht der Einbau einer neuen Heizanlage viel wirtschaftlicher wäre, bleibt ohne gegebenen Sanierungsanlass in der Regel unberücksichtigt. Der Bundesgerichtshof hat übrigens entschieden, dass die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme gegeben ist, wenn sich die Investition innerhalb von zehn Jahr amortisiert.
Ein langfristiges Sanierungskonzept für das gesamte Gebäude ist schon vor Beginn der ersten Baumaßnahme notwendig. Dann könnten die wirtschaftlichen Aspekte einzelner Maßnahmen priorisiert und in ein langfristiges Sanierungskonzept gegossen werden. Bei der derzeitigen Förderpraxis und den gesetzlichen Vorgaben sieht Thomas Welter die Gefahr, dass die Ziele für ein Sanierungskonzept zu hoch angesetzt und bekannte Technologien bevorzugt werden. „Derzeit ist es so, dass ohne Dämmung nichts geht. Die EnEV schreibt etwa nicht die Gesamtenergieersparnis vor, sondern diktiert dem Immobilienbesitzer, welche Wärmeleitfähigkeit die verwendeten Baustoffe maximal haben dürfen. Dabei gibt es abseits der starren Vorgaben durchaus sinnvolle Alternativen. Zum Beispiel gibt es Passivbürohäuser, die ganz ohne Dämmung auskommen. Die Förderung muss daher verstärkt technologieoffen und anbieterunabhängig sein. Das würde auch dem technologischen Fortschritt Vorschub geben, wie wir ihn etwa bei der Innendämmung von Gebäuden und der Verwendung natürlicher Dämmmaterialien haben.“
Gerade die Außendämmung steht wegen relativ hoher Kosten, baulichen Problemen wie Veralgung und Schimmelbildung und mehr immer wieder in der Kritik. Ein weiteres Problem: Die üblichen Gebäudedämmstoffe sind zwar vergleichsweise günstig, aber die sogenannte graue Energie – also die für die Herstellung der Dämmstoffe verbrauchte Energie – sowie die Entsorgungskosten für Dämmstoffe auf Polysterol-Basis (Styropor und ähnlich Schäume) werden in die Energiebilanz der Maßnahme überhaupt nicht eingerechnet. „Wir sollten an vielen Stellen lieber weniger sanieren, dafür aber wirtschaftlicher über den Lebenszyklus der Gebäude“, ist Welter überzeugt. Schließlich ist für einen Großteil des Gebäudebestands eine Sanierung immer noch wirtschaftlicher als ein Neubau“, so Welter.
Schadenersatz bei Fehlprognosen
Aber leider gibt es über die Wirtschaftlichkeit von energiesparenden Umbauten noch immer zu wenig gesicherte Erkenntnisse. In der Praxis hantieren Energieberater, Architekten, Planer und Bauhandwerk mit Einsparpotenzialen, die sich theoretisch aus bauphysikalischen Bedarfsberechnungen ergeben. Aber eine konsequente, auch mehrjährige Erfassung der tatsächlichen Energieersparnis – und damit die Basis die für Amortisationszeit der Sanierungskosten – bleibt unzureichend. „Das Monitoring der Sanierungseffekte findet zu wenig statt“, moniert Volkswirt Welter. Dadurch droht die geplante Wirtschaftlichkeit einer Gebäudesanierung zum reinen Hoffnungswert zu verkommen.
Wer bei einer Finanzierung einer Sanierung auch fest mit einem geringeren Energieverbrauch kalkuliert, geht somit immer auch ein Risiko ein. Damit die geplante Amortisation nicht womöglich wegen falscher Berechnungen oder überzogener Versprechungen der beteiligten Dienstleister nicht völlig aus dem Ruder läuft, sollten Hauseigentümer unbedingt ihren Anspruch auf Schadenersatz wahren.
Für Wolfgang Haegele, Anwalt für Baurecht im oberfränkischen Pegnitz, bestehen für Bauherren Chancen auf Schadenersatz, wenn die Energieeinsparziele der Sanierungsmaßnahmen deutlich verfehlt wurden. „Entscheidend sind die vertraglichen Vorgaben für den Planer. Legt der Auftraggeber etwa ein Mindestziel für die angestrebte Energieersparnis fest, und wird dieses nach dem Umbau deutlich unterschritten, handelt es sich um eine Pflichtverletzung, die zum Schadenersatz führen kann“, sagt Haegele. Gerichte akzeptierten allerdings im Regelfall Abweichungen von den vereinbarten Zielen von plus/minus 25 Prozent. „Es kommt dabei immer auf den Einzelfall an. Je nach Aufwand und Volumen der Maßnahme und den formulierten Planungsvorgaben. Mit Zielformulierungen wie „eine Energieeinsparung von bis zu X Prozent“ könnten sich die Planer allerdings nicht aus der allgemeinen Haftung befreien. „Planer, Architekten und Berater haben schließlich Hinweis- und Aufklärungspflichten“, weiß Haegele aus Erfahrung.
Für Hauseigentümer und Bauherren, die konkrete Einsparziele mit ihrer energetischen Sanierung verfolgen und dabei wirtschaftlich haushalten wollen, rät Haegele dazu, das Beratungsergebnis möglichst konkret in den Planungsvorgaben und dem Bauauftrag festzuhalten. „Die Aussagen sollten möglichst verbindlich sein, zum Beispiel, dass eine Fassadendämmung mit beispielsweise 30 cm Dämmstoff eine Energieersparnis von soundsoviel Prozent bringt. Auch für die Kosten sollte zumindest ein Zielkorridor festgehalten werden, der nicht verlassen werden darf. Genaue Planungsvorgaben gehören schon in den schriftlichen Auftrag“, rät Anwalt Haegele. Dann haftet zum Beispiel der Energieberater, wenn die geplante Energieersparnis nicht eintritt.