Allerdings bleibt die Studie eine Antwort auf die Frage schuldig, ob damit auch die Wirtschaftlichkeitsprognosen der Sanierungsmaßnahmen aufgehen. Die durchschnittlichen Mehrkosten für die energetische Optimierung hat die Deutsche Energie-Agentur nicht den eingesparten Energieausgaben gegenübergestellt. In anderen Untersuchungen hat die dena zwar die Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen bestätigt, sofern ohnehin dringender Sanierungsbedarf besteht. Wer jedoch nur wegen der in Aussicht gestellten Energieersparnis saniert und darauf baut, dass sich die Investition über die Energieersparnis refinanziert, geht weiterhin hohe Risiken ein.
Für Sanierungswillige ist das Investieren in die energetische Gebäudesanierung nur ungenau kalkulierbar. Denn auch in der aktuellen dena-Studie gibt es unter den untersuchten Gebäuden einzelne Ausreißer, die deutlich die geplante Energieersparnis verfehlten. Diese Fälle werden noch genauer untersucht. Fest steht jedoch, dass die spezifischen Gebäudeeigenschaften und das Nutzungsverhalten der Bewohner – das sich nach erfolgter Sanierung durchaus ändern kann – eine große Rolle spielen. Außerdem stellt die dena nochmals fest, dass unsanierte Gebäude regelmäßig einen geringeren tatsächlichen Energieverbrauch im Vergleich zum berechneten Energiebedarf aufweisen – im Durchschnitt verbrauchen die Gebäude elf Prozent weniger Energie als die Bedarfsberechnung – wie sie auch Energieberater in der Regel verwenden - glauben macht. Gingen die Kalkulationen von einem Bedarf von 250 kWh pro Quadratmeter und Jahr aus, so waren es im tatsächlichen Verbrauch lediglich 223 kWh. Kritiker sprechen sogar von deutlich größeren Abweichungen. Das sollten Immobiliensanierer unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn sie die Wirtschaftlichkeit und Amortisationszeit der Sanierungsvorhaben berechnen.
Typische Baumängel in Altbauten
Bis in die 60er und 70er Baujahre hinein finden sich noch unzureichend gegen Feuchtigkeit geschützte Kellerfundamente und Kellerwände. Bei Bauten aus den 20er Jahren finden sich teilweise sogar verrostete Stahlträger in Gewölbekellern. Muss ein Keller trocken gelegt und sogar ringsum ausgeschachtet werden, um ihn gegen Feuchtigkeit abzudichten, kostet das den Hauseigentümer schnell 20.000 Euro und mehr.
Bei Baujahren bis in die 70er Jahre finden sich noch ungedämmte Dachstühle, die die Energiekosten für ein Gebäude deutlich in die Höhe treiben. In den 70er und 80er Jahren gab dann zwar immer mehr gedämmte Dächer, doch oftmals wurde noch Mineralwolle verarbeitet, deren Fasern lungengängig sind und somit schädlich für die Atemwege sind. Ein komplett neues Dach mit Dämmung kostet schnell einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Sollte keine Dämmung vorhanden sein, sind Käufer heute zudem zur nachträglichen Dämmung verpflichtet. Für ein Einfamilienhaus muss der Bauherr mit Ausgaben im fünfstelligen Bereich rechnen. Die zeitweise modernen Flachdächer litten noch bis Ende der 70er Jahre unter oft fehlerhafter Ausführung, so dass früher oder später Wasser eindrang. Sie sollten vor einem Kauf genau geprüft werden, da Wasserschäden am Dach schnell Folgeschäden nach sich ziehen.
Holzfenster können bei sehr guter Pflege 50 Jahre und länger halten, oder schon nach zehn Jahren das Zeitliche segnen. Kunststofffenster halten generell eher 15 bis 25 Jahre. Sollen Fenster komplett erneuert werden, kommen auch hier schnell 20.000 Euro oder mehr zusammen.
Nicht selten finden sich in Altbauten veraltete oder korrodierte Leitungssysteme. So wurden etwa bis in die 60er Jahre noch Stromleitungen ohne Erdungskabel verlegt, die heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügen. In noch älteren Gebäuden drohen auch undichte Gasleitungen oder alte Wasserleitungen aus Blei. Generell spricht man bei Wasserleitungen von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, nur Kupferleitungen halten noch zehn Jahre länger. Gleiches gilt für Leitungen für das Heizwasser. Die Kosten lassen sich pauschal kaum veranschlagen, aber der Installations- und Zeitaufwand ist hoch – insbesondere wenn viele Wände und Böden dafür aufgestemmt werden müssen. In einem Modellvergleich der Sanierung eines Altbaus durch den Verband privater Bauherren e.V. schlug die Erneuerung der Elektroleitungen in einem 60er-Jahre Einfamilienhaus mit einem niedrigen fünfstelligen Preis zu Buche. Für die Erneuerung der Sanitärleitungen muss mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung gerechnet werden.
Im Durchschnitt ist ein Heizkessel nach 20 bis 30 Jahren am Ende seiner Lebensdauer angelangt. Zudem ist die Technik oft veraltet, der Energiebedarf entsprechend hoch. Neueigentümer sind zudem unter bestimmten Bedingungen gesetzlich gezwungen ihre Heizungsanlage zu erneuern. Eine Umrüstung auf eine sparsamere Brennwertheizung ist mit rund 10.000 Euro zu veranschlagen. Soll es eine moderne Pellet-Heizung sein, kommen schnell noch ein paar tausend Euro hinzu. Müssen zudem Leitungen und Heizkörper erneuert werden, wird es nochmals deutlich teurer, da auch hier der Installationsaufwand vergleichsweise hoch ist.
Ab den 50er Jahren hielt die Bauchemie Einzug in den Hausbau. Leider wurden bis in die 80er Jahre noch Materialien verwendet, die heute als stark gesundheitsgefährdend gelten. So wurde bis in die 70er Jahre noch Asbest verbaut, etwa in Form von Asbestzementplatten. Die krebserregenden Stoffe zu ersetzen und zu entsorgen ist aufwändig und teuer, zudem ist während der Baumaßnahmen das Gebäude oftmals nicht bewohnbar. Auch finden sich etwa teerhaltige Parkettkleber, giftige Holzschutzmittel oder Formaldehyd in Holzbauteilen. Hier ist Vorsicht geboten.
Ist die Fassade sanierungsbedürftig, muss laut Energieeinsparverordnung auch gleich eine Wärmedämmung aufgebracht werden – denn werden Bauteile verändert, müssen sie auch energetisch verbessert werden. Bei einem Einfamilienhaus entstehen so für die Fassade schnell Kosten von 25.000 Euro und mehr.
Der Erfolg einer energetischen Gebäudesanierung unter Investitionsaspekten hängt somit wesentlich von einer individuell erstellten, präzisen und unter realistischen Vorgaben erstellten Planung ab. Auch die gewährten Fördermittel sollten in die Betrachtung einfließen. Weil aber die Skepsis unter den Immobilienbesitzern wächst, sank die Sanierungsrate im Gebäudebestand zuletzt auf 0,7 Prozent. Gelingt es nicht, jährlich zwei Prozent des Gebäudebestands energetisch auf Vordermann zu bringen, sind die von der Regierung formulierten Klimaziele mit einem um 80 Prozent gesenkten Energiebedarf bis 2050 definitiv nicht zu schaffen. Schließlich fließen in die Gebäude hierzulande rund 40 Prozent der gesamten verbrauchten Endenergie. Etwa ein Drittel der von Deutschland zu verantwortenden CO2-Emissionen entstehen hier.
Schon in der Planungsphase einer Sanierung läuft einiges schief. Thomas Welter, Geschäftsführer beim Bund Deutscher Architekten (BDA) ist der Überzeugung, dass sich der Gebäudebestand günstig sanieren lässt, so dass es sich rechnet. „Derzeit fördert die Staatsbank KfW mehrheitlich Einzelmaßnahmen bei der Gebäudesanierung. Das führt dazu, dass jeder Anbieter einzelner Gewerke die beste Lösung verkaufen will – ungeachtet, ob die Maßnahme im Rahmen eines Gesamtkonzeptes sinnvoll und angemessen ist“, sagt Welter. „Wenn wir so weitermachen, kommen wir in eine Kostenspirale. So ist die energetische Sanierung de facto zu aufwändig und zu teuer. Wir müssen uns die Frage stellen, ob sich das jeder leisten kann.“ Welter zufolge sind wirtschaftliche Sanierungen durchaus möglich. Dazu müssten sich aber gesetzliche Vorgaben und Anreizsysteme an integralen Konzepten orientieren. Die Politik hat die Anreizsysteme im Frühjahr zwar nachjustiert, auf einen Sanierungszwang für Bestandsgebäude bei der Novelle des Energieeinsparungsgesetzes (EneG) verzichtet und die Fördermittel erhöht, aber ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlt.
So finden Sie einen Sachverständigen
Ein Gutachter aus dem Handwerksbereich ist für die Beurteilung eines gesamten Gebäudes nebst Grundstück zu spezialisiert. Wenn es um die erste Einschätzung eines Kaufobjektes geht, sollte daher ein erfahrener Bauingenieur oder Architekt das Gutachten erstellen. Er kann auch die Haustechnik wie Heizung und Elektroinstallationen beurteilen. Dabei ist darauf zu achten, dass sich der Sachverständige insbesondere mit Ein- oder Zweifamilienhäusern bzw. Wohngebäuden auskennt. Weniger geeignet ist ein Sachverständiger für Immobilienbewertung. Diese sind eher mit den abstrakten Wertermittlungsverfahren im Erbrecht vertraut als mit Bauphysik und Gebäudetechnik.
Bei der Industrie- und Handelskammer sind im Sachverständigenverzeichnis geeignete Gutachter für alle Fachrichtungen nach Schlagwörtern
Der Verband privater Bauherren e.V. hat überwiegend freischaffende Architekten und Bauingenieure in seinem Sachverständigen-Netzwerk
Die Sachverständigengemeinschaft Bauwesen ist ein Zusammenschluss von Gutachtern, die vor allem in Nordrhein-Westfalen aktiv, aber über ein bundesweites Netzwerk verfügen. Per Telefon wird ein Sachverständiger vermittelt.
Die Architektenkammern der einzelnen Bundesländer bieten ebenfalls die Vermittlung Sachverständiger an. Eine Übersicht aller Landesarchitektenkammern findet sich auf der Seite der Bundesarchitektenkammer.
Damit die energetische Sanierung des Gebäudebestands erfolgreich voran kommt, hat sich erst vor kurzem eine Allianz aus BDA, Deutschem Mieterbund (DMB), Naturschutzbund (NABU) und weiteren Partnern aus Industrie, Verbraucherschützern, Gewerkschaften und Umweltverbänden formiert. Die Allianz will die notwendige Debatte mit den politischen Entscheidungsträgern von Bund und Ländern anstoßen, um die Umsetzung der Regierungsziele durch das Zusammenspiel von Beratung, Fordern und Fördern zu forcieren. Gesucht ist ein verbessertes und weniger an Einzelmaßnahmen orientiertes Anreizsystem. „Wir müssen zu einem Sanierungsverständnis kommen, das eine effiziente, aber möglichst einfache Lösung für den Gebäudebestand sucht“, sagt BDA-Geschäftsführer Welter.