IVG-Tochter, Vonovia, Deutsche Wohnen Hochkonjunktur am Immobilienmarkt

Deutschlands Immobilienmarkt boomt. Die börsennotierten Konzerne erfreuen sich an üppigen Kursgewinnen. Nun will auch Officefirst davon profitieren. Schon Mitte Oktober könnte die IVG-Tochter an die Börse gehen.

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Das „Squaire“ am Frankfurter Flughafen ist das Prunkstück von Officefirsts Portfolio. Mit mehr als 50 Millionen steht es für knapp ein Viertel der Mieteinnahmen. Quelle: Imago

Frankfurt am Main Bei Immobilienunternehmen herrscht in Zeiten der Niedrigzinsphase Hochkonjunktur. Zwar sinkt die Rendite, doch die Preise steigen seit Jahren. Eine immer wieder befürchtete Preiskorrektur scheint bislang nicht in Sicht. Auch an der Börse läuft es hervorragend. Während die großen deutschen Indizes in diesem Jahr noch immer um ihre Vorjahresniveaus kämpfen, kennen die Titel der größten beiden börsennotierten Immobilienunternehme nur den Weg nach oben: Die im Dax notierte Vonovia konnte seit Jahresbeginn um fast ein Fünftel zulegen, bei Deutsche Wohnen im MDax beläuft sich der Wertgewinn gar auf ein Viertel.

Von der positiven Stimmung am Immobilien- und Aktienmarkt möchte nun auch Officefirst profitieren. Am Freitag verkündete die IVG-Tochter ihre Pläne, an die Börse zu gehen und bestätigte damit Informationen, die das Handelsblatt am Donnerstag aus Finanzkreisen erfuhr. Damit kehrt ein Teil des einst größten börsennotierten Immobilienunternehmens Deutschland, der IVG, an den Aktienmarkt zurück. Bei Officefirst ist mit den Büroimmobilien das Kerngeschäft der IVG gebündelt.

Bis Ende des Jahres soll der Börsengang über die Bühne gehen. Tatsächlich könnte dies aber deutlich eher der Fall sein. Einem Insider zufolge sei offenbar der 14. Oktober als Termin avisiert. Officefirst wollte sich dazu zunächst nicht äußern.

Ungewöhnlich wäre es jedenfalls nicht: Zwischen Verkündung der Pläne (im Fachjargon „Intention to float“ genannt) und tatsächlichem Börsengang liegt meist nur ein Monat.

Im Rahmen einer Kapitalerhöhung sollen Aktien im Volumen von 450 Millionen Euro platziert werden. Hinzu kämen indes noch Aktien aus dem Bestand der IVG. Zuletzt war von einem gesamten Emissionsvolumen von 800 bis 900 Millionen Euro spekuliert worden.

Ab Ende September wolle Officefirst dem Vernehmen nach auf „Roadshow“ gehen und bei möglichen Investoren für sich werben. Locken soll dabei schon eine Dividende im laufenden Jahr: 2016 soll 50 Prozent des operativen Ergebnisses an die Aktionäre ausgeschüttet werden. 2017 soll die Quote dann schon 65 bis 70 Prozent betragen.

Wie hoch die Dividende pro Anteilsschein tatsächlich liegt, wie viele Aktien ausgegeben werden und welcher Preis für ein Wertpapier fällig wird ist allerdings noch nicht klar. Darüber werde noch eifrig debattiert, berichtet ein Insider.

Die Geschäfte laufen, wie üblich vor einem geplanten Börsengang, gut: Im ersten Halbjahr 2016 stieg das operative Ergebnis um 14 Prozent auf 46,6 Millionen Euro. Die Vermietungsquote liegt bei 91,4 Prozent und generiert Mieteinnahmen von 207 Millionen Euro.

„Das Unternehmen ist gut aufgestellt für den Börsengang. Damit eröffnen wir uns den Zugang zu den Kapitalmärkten und können unserer Kapitalstruktur weiter verbessern“, sagt Officefirst Geschäftsführer Michiel Jaski.


Gefragte Gewerbeimmobilien

Tatsächlich liegt aber noch etwas Arbeit vor dem Niederländer. Denn Officefirst plant 2017, die Umwandlung in eine sogenannte REIT-Aktiengesellschaft. Diese Form ist bei Investoren beliebt, da sie steuerbegünstigt ist. Die Abkürzung REIT steht für „Real-Estate-Investment-Trust“ und ist eine spezielle Unternehmensform für Immobiliengesellschaften. Allerdings setzt diese Form voraus, dass das Unternehmen keine immobilienfremden Dienstleistungen tätigt. Dem Vernehmen nach bestehen ebensolche aber noch mit dem Hotel-Mieter Hilton im „Squaire“ am Frankfurter Flughafen und müssten ausgeräumt werden.

Das „Squaire“ ist mit einem geschätzten Wert von 700 Millionen Euro das Prunkstück in Officefirsts Immobilienportfolio. Dieses besteht aus insgesamt 97 Objekten und kommt derzeit auf einen Gesamtwert von 3,3 Milliarden Euro. Der Fokus liegt auf den sechs deutschen Städten Berlin, München, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart und Düsseldorf.

Mit dem geplanten Börsengang schlägt die IVG-Tochter auch einen möglichen Komplettverkauf seines Portfolios aus. Zuletzt wurde Ende August über ein Gebot des US-Finanzinvestors Blackstone spekuliert. Doch Finanzkreisen zufolge erhofft sich Officefirst über den Börsengang längerfristige Kursgewinne als bei einem einmaligen Verkauf.

Denn der Plan kommt in einer Zeit, da der Gewerbeimmobilienmarkt boomt. 2015 erreichte der Gewerbeimmobilienmarkt mit einem Transaktionsvolumen von 56 Milliarden Euro einen Rekordwert. Zwar werde der Markt 2016 wohl keine neuen Rekorde brechen. Laut Frank Pörschke, dem Deutschland-Chef des Immobilien-Dienstleister Jones Lang LaSalle (JLL), hat das Investitionsniveau im ersten Halbjahr um 25 Prozent auf 18 Milliarden Euro abgenommen. Das Problem sei aber nicht etwa eine sich anbahnende Krise, sondern ein fehlendes Angebot an passenden Immobilien. Die Gunst der Stunde möchte die österreichische Conwert nutzen, um den Großteil seines Gewerbeimmobilienportfolios loszuschlagen. Verkauft werde an eine internationale Investorengruppe für 335 Millionen Euro – und damit dem Unternehmen zufolge leicht über Buchwert.

Immobilienunternehmen profitieren im Moment von einer hohen Nachfrage am Markt. Vor allem institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen suchen in Zeiten der Niedrigzinsen händeringend nach Anlagealternativen. Fündig werden sie bei den Immobilien. Und laut dem jüngsten IW-Index zur Immobilienwirtschaft glauben 90 Prozent der befragten Immobilienunternehmen, dass der Brexit zu einer erhöhten Nachfrage nach Gewerbeimmobilien in den deutschen Metropolen führen wird.

Dass die Konjunktur bei den Immobilienunternehmen derzeit gut läuft, zeigt auch das Beispiel Vonovia, dem größten deutschen Wohnungskonzern. Von der gescheiterten Fusion mit der Nummer zwei am deutschen Markt, Deutsche Wohnen, hat sich der Konzern schnell erholt. Im Moment möchte sie die österreichische Conwert übernehmen. Kolportierter Kostenpunkt: Rund 2,9 Milliarden Euro.

Vonovia-Chef Buch ist optimistisch, dass der Deal klappt – und will somit das eigene Portfolio stärken. Sind zudem die Anleger überzeugt, springen dann auch Kursgewinne heraus. Es wäre die Fortschreibung eines bislang erfolgreichen Börsenjahres. Mit einem Plus von knapp 19 Prozent seit Jahresbeginn ist Vonovia die Drittbeste Aktie im Dax. Nur RWE (plus 23,5 Prozent) und Adidas (plus 64,8 Prozent) schneiden besser ab.

Von diesem für Immobilienunternehmen freundliche Kursentwicklung will nun auch Officefirst profitieren. Ob es dafür reicht, werden wir wohl ab Mitte Oktober verfolgen können.

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