Logistikzentren Aufstand gegen die Flächenräuber

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„Oft kommen Logistikplaner zu spät zu den Kommunen“

So scheiterte Aldi Süd in Wörthsee bereits zum zweiten Mal mit dem Versuch, ein neues Lager in der Region zu bauen. Einige Jahre zuvor hatte es der Discounter im nahen Gilching probiert. Jetzt hat Aldi die Suche aufgegeben: Man habe „entsprechende bauliche Maßnahmen im bestehenden Lager getroffen, um die Nutzfläche zu vergrößern“, teilte Aldi der WirtschaftsWoche mit.

Ähnlich erging es Hugo Boss: Der Modehersteller fand erst im dritten Anlauf einen neuen Standort für ein Warenlager. In Metzingen scheiterte der erste Versuch an einem Bürgerentscheid. Der damalige Bürgermeister Dieter Hauswirth (CDU) trat zurück, weil er sich für den Modekonzern eingesetzt hatte. In Nürtingen zog eine Bürgerinitiative bis vor den Verwaltungsgerichtshof, um eine Ansiedlung in der Stadt zu verhindern.

Die Kommunen sehen die Schuld bei den Unternehmen selbst: „Oft kommen Logistikplaner zu spät zu den Kommunen und erwarten dann die billige Kiste auf der grünen Wiese“, sagt Hilmar von Lojewski, Beigeordneter für Stadtentwicklung beim Deutschen Städtetag. „Die Logistiker sind nach unserer Analyse die maßgeblichen Flächenräuber in Deutschland.“ Statt der grünen Wiese sollten die Entwickler lieber alte Industriegelände nutzen.

Doch im hessischen Groß-Gerau wehrten sich die Anwohner sogar, als Rewe dort vor fünf Jahren auf dem Gelände einer alten Zuckerfabrik ein Lager bauen wollte. Schließlich errichtete die Supermarktkette ein kleineres Lager im Nachbarort Riedstadt.

Planer und Auftraggeber versäumten es, die Bürger früh genug einzubinden, sagt Städtetag-Vertreter Lojewski. Bauherren sollten sich mehr um „Planungsqualität und Flächensparen kümmern“, um Bürger und Politiker von den Investitionen zu überzeugen.

Dass das möglich ist, hat der Immobilienentwickler Nextparx auf dem Zuckerfabrikgelände in Groß-Gerau bewiesen. Fünf Jahre nachdem Rewe mit den Plänen für das 27 Hektar große Areal scheiterte, beginnen dort im Frühjahr 2016 die Bauarbeiten für einen Logistikpark. Allerdings soll der nur rund 20 Hektar beanspruchen. Auf drei Hektar errichtet Nextparx ein Wohngebiet, auf vier Hektar entsteht ein Park und damit auch ein Lebensraum für die seltene Mauereidechse, die sonst ihr Zuhause verlieren könnte.

Dreieinhalb Jahre musste der Entwickler verhandeln, bevor der Stadtrat den Plänen zustimmte, berichtet Oliver Schmitt, geschäftsführender Gesellschafter von Nextparx. Der Mittelständler aus dem hessischen Dreieich macht mit seinen zehn Mitarbeitern je nach Projektlage etwa zehn Millionen Euro Umsatz und hat sich auf Logistikprojekte spezialisiert. Etwa 110 Millionen Euro investierte Nextparx in Groß-Gerau. „Wir haben versucht, die Bürger von Anfang an einzubeziehen und sie auch zu unseren bereits gebauten Standorten zu bringen“, sagt Schmitt.

Oft scheitern diese komplizierten Projekte auf Industriebrachen jedoch an den Investoren, an die Entwickler ihre Logistikhallen meist weiterverkaufen. „Die Investoren wollen günstige und standardisierte Hallen, für die Erfahrungswerte existieren und für die sie vermeintlich leichter Nachmieter finden können,“ sagt Veres-Homm. Also genau die Art Halle, die kaum eine Kommune will.

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