Londoner Immobilienmarkt „Keine Häuser mehr für Multimillionäre!“

Wohnen in Großbritanniens Hauptstadt wird immer teurer. Während sich vor allem Ausländer bei schicken Luxusimmobilien einkaufen, wird bezahlbarer Wohnraum für echte Londoner knapp. Der Druck auf die Politiker wächst.

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Wer mitten in London leben will, muss blechen: Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Preise für Wohnimmobilien im ersten Quartal 2014 um 18 Prozent, so viel, wie seit 11 Jahren nicht mehr. Quelle: dpa

London Als Piraten verkleidete Demonstranten versammelten sich dieser Tage draußen vor dem Londoner Rathaus. „Keine weiteren Häuser für Millionäre”, ruft Cheryl Coyne. Drinnen genehmigte Bürgermeister Boris Johnson das Vorhaben der Investmentgesellschaft Hutchison Whampoa aus Hongkong, bis zu 3500 Häuser nahe Coynes Wohngegend zu bauen.

„Das ist die Art von Häusern, die sich die Leute in der Gegend dort niemals werden leisten können”, sagt die 63-jährige Lehrerin, die kurz vor der Pensionierung steht. „Es gibt Tausende von Menschen in der Gegend, die Häuser brauchen. Und stattdessen bauen sie Wohnungen für Multimillionäre.”

Die britische Hauptstadt ist zu einem Magneten für vermögende Immobilienkäufer aus dem Ausland geworden. Das treibt die Preise in vielen Wohngegenden auf ein Niveau, dass sich die meisten Londoner nicht leisten können. Der Druck auf Politiker und Immobilienentwickler wächst, die Alteingesessenen davon zu überzeugen, dass sie bei all dem Umwerben der ausländischen Investoren nicht vergessen wurden.

In den letzten zwei Jahren bis Juni entfielen auf ausländische Erwerber 69 Prozent der Neubaukäufe in der Londoner Innenstadt, wobei 28 Prozent der Käufer außerhalb Großbritanniens lebten, weiß Makler Knight Frank. Die Preise für Wohnimmobilien lagen nach Angaben der Nationwide Building Society vom 2. April im ersten Quartal dieses Jahres um 18 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Das war der größte Preisanstieg seit 2003.

„Es baut sich Druck auf, wenn die Leute diese so unfaire Situation sehen, und sie fordern starke Maßnahmen”, sagt Darren Johnson, Vorsitzender des Wohnungsbauausschusses in der London Assembly. „Spekulation bringt London gar nichts – außer, dass die Preise noch höher getrieben werden”, fügt er an.

Im Wohnbauprojekt Battersea Power Station konnten die malaysischen Bauherren die ersten 866 Häuser im Januar in nur drei Tagen verkaufen; mehr als die Hälfte der Immobilien ging an ausländische Käufer. In einer zweiten Phase sollen mehr als 200 Wohnungen an einem Tag, dem 1. Mai, veräußert werden.


Die Investoren kamen nach der Finanzkrise

Ausländische Immobilieninvestoren wandten sich nach der Finanzkrise von 2008 scharenweise Londoner Immobilien zu. Das britische Pfund war relativ schwach, die wirtschaftliche Instabilität von Europa bis Asien und rekordniedrige Erträge bei festverzinslichen Investments veranlassten Vermögende, nach Kapitalanlagen Ausschau zu halten, die ihren Wert bewahren würden.

Eine zunehmende Zahl von Briten blieb außen vor, da die Banken die Vergabe von Hypothekenkrediten beschränkten und die Arbeitslosigkeit im Land stieg.

Indes, es tut sich was. Im Dezember vereinbarte eine Gruppe von elf Immobilienentwicklern, darunter Barratt Developments, Taylor Wimpey und Telford Homes, beim Verkauf von geplanten, noch nicht gebauten Immobilien, nicht länger Käufer mit Wohnsitz im Ausland zu bevorzugen. Sie bieten die Immobilien nun gleichzeitig im In- und im Ausland an.

Die britische Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um die Steuerbelastung auf Luxushäuser und Liegenschaften, die von ausländischen Eigentümern über Unternehmen erworben wurden, zu erhöhen. Nach Einschätzung von Danny Dorling, Autor von „All That is Solid: The Great Housing Disaster” werden sich die Immobilienentwickler dennoch auf den Bau von Hochhäusern mit Appartements für Investoren konzentrieren, weil die britische Wohnungsbaupolitik dies favorisiere, wie er im Interview mit Bloomberg News sagt.

„Wenn man das Londoner Problem lösen will, muss man damit beginnen die Rechte der Mieter zu stärken. Und es muss weniger lukrativ sein, Hausbesitzer zu werden”, sagt Dorling. Mietpreisbremsen wie beispielsweise in Berlin und mehr Steuerklassen für Immobilien würden „ausländische Käufer abschrecken, weil sie nicht mehr diese enormen Gewinne machen würden.”

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