Mietpreisbremse Zu früh gejubelt

Besser als ihr Ruf? Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) soll die Mietpreisbremse doch wirken. Quelle: dpa

Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge soll die Mietpreisbremse wirken. Das wäre ein Novum. Doch die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen.

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Die im Juni 2015 eingeführte Mietpreisbremse hatte bisher keinen leichten Stand. Eigentlich sollte die gesetzliche Vorgabe, dass Neuvertragsmieten nicht mehr als zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen dürfen, für Entspannung am Mietmarkt sorgen. Viele Ökonomen halten sie jedoch für einen unzulässigen Eingriff in den Markt und offenkundig unwirksam. Das legen zumindest die bisher vorlegten Analysen nahe. Mieteraktivisten ist die Mietpreisbremse dagegen nicht scharf genug. Es gebe zu viele Ausnahmen, beispielsweise bei neu gebauten Wohnungen.

Jetzt legt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung  (DIW) eine Studie vor, nach der die Mietpreisbremse besser sein soll als ihr Ruf. Die Berliner Wissenschaftler fanden heraus, dass in Regionen mit überdurchschnittlich hohen Mietsteigerungen vor Einführung der Regulierung, die Mieten später deutlich langsamer gestiegen sind. Dazu haben sie eine Vielzahl von Mietannoncen ausgewertet. Das DIW verglich Mieten von regulierten und unregulierten Wohnungen. Ergebnis: Die Mieten der unregulierten liefen denen der regulierten Wohnungen davon.

Eigentlich könnten die Befürworter der Mietpreisbremse jetzt eine Flasche Sekt öffnen. Endlich haben sie den Beweis dafür, dass sie richtig lagen. Für Jubel gibt es jedoch keinen Anlass. Allein die Annahme, es ließe sich seriös messen, ob die Mietpreisbremse wirkt oder nicht, ist vermessen. Viele Mietverträge haben sich längst dem öffentlichen Markt entzogen.

In diesen zehn Städten sind Mieter im Vorteil
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Überteuerte Wohnungen werden nicht annonciert

Insbesondere in den regulierten Großstädten gehen Mietwohnungen quasi unter der Hand weg. Von einem Freund zu einem anderen. Gezahlt wird, was das Portemonnaie des Mieters hergibt. Warum sollte ein Vermieter Konditionen weit über Mietpreisspiegel ins Internet setzen? Er würde sich nur selbst schaden. Messen lassen sich diese Hochpreismieten daher nicht. Sie fallen zwangsläufig aus jeder Studie heraus – egal wie akkurat die Wissenschaftler arbeiten.

Dass die Mieten nach der Regulierung weniger stark in Regionen stiegen, in denen die Mietpreise zuvor stark angezogen haben, hat auch andere Ursachen. Zum einen haben Vermieter in Erwartung der Mietpreisbremse Erhöhungen vorgezogen. Zum anderen erreichen die Mietpreise in einigen Städten inzwischen Niveaus, die sich selbst gutverdienende Bewohner kaum noch leisten können. Viele Haushalte aus der Mittelschicht geben inzwischen 40 und mehr Prozent ihres Einkommens für Miete aus. Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Nicht die Mietpreisbremse, sondern die Haushaltsbudgets der Mieter haben die Mietpreisentwicklung gebremst.

Mehr Ehrlichkeit und mehr Wohnungsbau nötig

Um tatsächlich zu messen, ob die Mietpreisregulierung den erwünschten Effekt erzielt, wäre es nötig, die Konditionen aller Mietverträge anonym in einer Datenbank zusammenfassen. Diese Datenbank könnte dann auch Grundlage für einen realistischen Mietspiegel sein. Daran dürften viele Kommunalpolitiker jedoch kein Interesse haben. Denn dann käme ans Licht, dass Wohnen in ihren Gemeinden viel teurer ist als es die offizielle Statistik aussagt.

Im Umgang mit der Mietpreisentwicklung in den deutschen Großstädten wäre mehr Transparenz und mehr Ehrlichkeit nötig. Und wie das DIW völlig zurecht in seiner Studie betont, wäre auch mehr Wohnungsbau nötig. Allein die Mietpreisbremse wird die Probleme der angespannten Wohnungsmärkte nicht lösen - wie auch die Berliner Wissenschaftler einräumen.

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