Private Bausparkassen Rotstift beim Schutz der Sparer

Die Dauerniedrigzinsen zwingen die privaten Bausparkassen zum Sparen – auch an der freiwilligen Zusatzabsicherung für Bausparer. Das Verhalten stößt bei Verbraucherschützern auf Unverständnis.

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Die Bausparkassen geben ihre Zusatzabsicherung auf: Falls eine private Bausparkasse insolvent werden würde, wäre das Volumen ab 100.000 Euro gefährdet. Quelle: dpa

Berlin, Düsseldorf Es ist ein kommunikativer Balance-Akt. Die privaten Bausparkassen geben aus Kostengründen ihre freiwillige Zusatzabsicherung auf. Zum 28. Februar 2017 soll die Auflösung wirksam werden. Gleichzeitig sollen sich die Kunden, die neun Millionen Bausparverträge bei den privaten Bausparkassen halten, keine Sorgen machen. Denn für die überwiegende Mehrheit hat dies keine praktische Bedeutung.

„Für 99,8 Prozent der Bausparkunden ändert sich dadurch grundsätzlich nichts“, sagte ein Sprecher des Verbands der Privaten Bausparkassen. Denn ihre Anlagen seien über die gesetzliche Einlagensicherung, die Einlagen bis zu 100.000 Euro abdeckt, abgesichert. Nur 0,2 Prozent der Bausparverträge, rund 19.000, würden über 100.000 Euro hinausgehen. Falls eine private Bausparkasse insolvent werden würde, wäre das Volumen ab 100.000 Euro gefährdet. Das gelte überwiegend für institutionelle Anleger, beschwichtigt der Verband.

Derzeit gehören dem Bausparkassen-Einlagensicherungsfonds, der die freiwillige Zusatzabsicherung organisiert, zehn von zwölf privaten Bausparkassen an. Nicht dazu gehören die Bausparkasse Schwäbisch Hall und die Deutsche Bank Bausparkasse. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist über den Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in das Institutssicherungssystem des genossenschaftlichen Bankensektors eingebunden.

Für die Bausparkasse der Deutschen Bank hat das Mutterinstitut die Garantie übernommen. Die Leistungsfähigkeit der BVR-Sicherungssysteme werde von der Bafin überwacht, beruhigt ein Sprecher von Schwäbisch Hall.

Neben den privaten Bausparkassen gibt es noch die Landesbausparkassen. Sie gehören dem Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe an, das darauf ausgelegt ist, kein Institut Pleite gehen zu lassen. Ähnlich wie bei der genossenschaftlichen Bausparkasse Schwäbisch Hall sind die Einlagen bei den Landesbausparkassen also in unbegrenzter Höhe abgesichert.


Verbraucherschützer raten zum Wechsel

Bei Verbraucherschützern stößt das Verhalten der privaten Bausparkassen auf Unverständnis: „Das ist natürlich ein falsches Signal“, sagt Hartmut Schwarz, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Auch wenn nicht viele Verträge davon betroffen seien bestätige die Entscheidung, dass die ursprünglich betonte Sicherheit der Bausparverträge nicht mehr gegeben sei. Schwarz rät betroffenen Verbrauchern ihre Guthaben umzuschichten, damit kein Risiko entstehe.

Dass Zahlungsschwierigkeiten von Bausparkassen nicht gänzlich auszuschließen sind, hat die Vergangenheit gelehrt. Als die Quelle Bausparkasse durch die Krise des Arcandor-Konzerns und die Turbulenzen an den Finanzmärkten infolge der Lehman-Pleite sich nicht mehr refinanzieren konnte, mussten die übrigen Mitglieder des Verbandes der Privaten Bausparkassen die Quelle Bausparkasse auffangen. Unter dem Namen BSQ wickelt sie seitdem die alten Bausparverträge ab. Neue Verträge werden nicht mehr abgeschlossen.

Die Mitglieder des Bausparkassen-Einlagensicherungsfonds haben sich diesen Schritt reiflich überlegt. Die Zusatzkosten würden in keinem Verhältnis zum Zusatznutzen für die breite Masse stehen, heißt es. In den Zeiten von Niedrigzinsen könne man sich diese „Luxusabsicherung“ nicht mehr leisten. Erst kürzlich hat sich die Bundesbank mit der Lage der Bausparkassen in Deutschland beschäftig. „Die Zunahme von Bauspareinlagen auf der Passivseite bei gleichzeitigem Rückgang der Bauspardarlehen auf der Aktivseite stellt die Bausparkassen vor große Herausforderungen“, so die Bundesbank. Erschwerend komme hinzu, dass die Tarifkonditionen der Altverträge nicht an die veränderten Marktgegebenheiten angepasst werden können.

Die Schleifspuren in den Bilanzen sind spürbar. Der Zinsüberschuss verringerte sich in den Jahren 2011 bis 2015 um 16 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Provisionserträge spielen bei den Instituten kaum eine Rolle. Die operativen Erträge erreichten mit 2,2 Milliarden Euro einen „neuen historischen Tiefststand“. Der Gesetzgeber novellierte zwar das Bausparkassengesetz und ermöglichte den Instituten, beispielsweise auch in Aktien zu investieren, doch die Folgen dürften übersichtlich sein.

Die privaten Bausparkassen weisen selbst darauf hin, dass die Stresstests der Finanzaufseher bewiesen haben, dass die Institute unterschiedliche Zinssituationen bewältigen können. „Voraussetzung für die Bewältigung solcher Herausforderungen ist allerdings, dass die Bausparkassen ihre Möglichkeiten zur Gegensteuerung nutzen“, so der Verband – etwas durch Kostensenkungen. Das Einsparpotenzial durch die Auflösung der Zusatzabsicherung wollte der Verband auf Nachfrage aber nicht beziffern.

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