Prozessbeginn S&K Immobilien „Das Geld läuft dir hinterher“

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Der 500er unter den 5ern

Mit etwa Mitte 20 besucht er ein Seminar des Motivationstrainers Bodo Schäfer. Schäfer war durch sein Buch „Der Weg zur finanziellen Freiheit – in sieben Jahren die erste Million“ bekannt geworden. Der Trainer wirft zwei 500-Euro- und viele 5-Euro-Scheine in die Luft, die unsortiert auf dem Boden landen. Damit will er zeigen, dass die wesentlichen Ziele (die 500-Euro-Scheine) oft durch den alltäglichen Kleinkram (die 5-Euro-Scheine) verdeckt und deshalb vernachlässigt werden. Stephan Schäfer ist beeindruckt.

Mit Ratgebern zum Erfolg

Anschließend lassen sich die beiden Schäfers zusammen fotografieren. Auf dem Bild hat Stephan Schäfer die großen Scheine in der Hand. Der S&K-Gründer habe ihn später als Coach verpflichten wollen, berichtet Bodo Schäfer. „Als ich nach dem Grund fragte, schickte Stephan Schäfer mir ein Foto. Er stand breitbeinig auf den Dächern zweier Ferraris und hielt Fächer aus Geld in der Hand. Ich habe daraufhin abgelehnt.“ Ganz voneinander los kamen die beiden aber nicht. Sie trafen sich später noch mehrfach.

Schäfer schmökert fast täglich in Ratgebern. Das Buch „Power – die 48 Gesetze der Macht“ hatte bei S&K den Status einer Bibel. „Hüten Sie sich vor Freunden. Sie werden von ihnen schneller verraten, als Ihnen lieb ist. Denn der Neid nagt an ihnen und sie werden zu Spielverderbern, wenn nicht zu Tyrannen“ – diese Passage hat Schäfer unterstrichen. Dazu passt, dass er jedem misstraute und Bindungen scheute. Selbst die Beziehung zu Köller war nicht immer intakt. Hinter dem Rücken des Geschäftspartners hatte Schäfer eine eigene Gesellschaft gegründet und Geld aus dem S&K-Topf dorthin überwiesen. Als Köller dahinterkam, musste Schäfer ihn an der Firma beteiligen.

Die beiden S&Kler steckten viel Energie in ihr Unternehmen. Doch statt um Immobilien, kümmerten sie sich nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft vor allem darum, immer neues Kapital ranzuschaffen. So floss das Geld der Anleger zu einem bedeutenden Teil etwa in den Aufbau einer Verkäufertruppe.

Wo Anleger am grauen Kapitalmarkt investierten
Ab aufs RevierInfinusDie sogar von der BaFin kontrollierte Infinus vertickte über Töchter Hochzinsanleihen. Nach der Razzia in Dresden kamen die Insolvenzen. Quelle: dpa
Windparks in NotProkon75.298 Anleger haben Geld bei Prokon investiert. Knapp acht Prozent von ihnen haben bisher gekündigt. 1.400 Millionen stehen jetzt auf dem Spiel. Wenden sich die Anleger ab, droht ein Notverkauf der Windräder. Quelle: dpa
Diese Jungs lassen's krachenS&KFonds sollen von den partywütigen S&K-Chefs Schäfer und Köller geplündert worden sein. Sie sitzen in U-Haft, Immobilienfonds sind pleite. Quelle: dpa
Unappetitliche InvestmentsDima24Dima24-Macher Malte Hartwieg (rechts) hat ein Vertriebs- und Fondskonglomerat aufgebaut, doch es gibt bei mehreren Fonds Probleme. Quelle: dpa Picture-Alliance
Häuslich eingerichtetFairvestaImmobilienhändler Fairvesta (Foto: Zentrale in Tübingen) kauft mit Anlegergeld Häuser, angeblich zu Schnäppchenpreisen. Quelle: Jörg Jäger für WirtschaftsWoche
Immer VollgasProsperia AGSlobodan Cvetkovic ist Chef des Fondsanbieters Prosperia AG und Miteigentümer des Autorennstalls Prosperia Abt Racing. Quelle: Screenshot
Schmieriges GeschäftProven Oil CanadaProven Oil Canada hat von 11.000 Anlegern 300 Millionen Euro für Ölinvestitionen eingesammelt, zahlt aber nicht mehr wie geplant aus. Quelle: dpa

Schäfer hatte permanent Termine mit Vertrieben, bei denen er sich einkaufen wollte. Nach einem Treffen mit einer Führungskraft der Postbank Vermögensberatung, bildete er sich gar ein, den Postbank-Vertrieb übernehmen zu können.

Trotz der Bemühungen floss phasenweise das Geld schneller aus der Gruppe raus als rein. Allein die Gehälter sollen von 100 000 Euro monatlich Ende 2010 auf 500 000 Euro monatlich im Sommer 2011 gestiegen sein, wovon ein bedeutender Teil auf die Löhne der beiden Chefs entfallen sein soll. Hinzu kamen die Kosten für den Fuhrpark, der bestückt war mit den Edelmarken Porsche, Lamborghini oder Ferrari. Urlaube, Partys, Geschenke – was ansatzweise geschäftlich aussah, wurde über die Firma abgerechnet. Hinzu kamen Darlehen an die Gründer. „Geld läuft dir hinterher. Je mehr du ausgibst, desto mehr verdienst du“, soll Stephan Schäfer einmal gesagt haben.

"Auf Risiken wurde hingewiesen"

Nach der Verhaftung hat die Staatsanwaltschaft neben Immobilien auch Luxusartikel wie Kugelschreiber von Montblanc oder Taschen von Louis Vuitton gesichert. Auch die von Schäfer und Köller beschenkten Damen mussten ihre Autos und Uhren wieder abgeben. Das reicht allerdings nicht, um alle Anleger zu entschädigen.

Köller schiebt die Schuld auf United Investors, die Verteidiger meinen, dass Entnahmen für private Zwecke legal gewesen seien, und sagen, dass in den Prospekten auf das Risiko eines Totalverlusts hingewiesen worden sei. Angehörige eines Angeklagten glauben auch immer noch, dass die Männer nichts Unrechtes getan hätten. Säßen Jonas und Stephan nicht in Haft, wären sie heute noch erfolgreich. Dem stehen Aussagen von ehemaligen ranghohen S&K-Mitarbeitern entgegen. Ebenso hatte der Beschuldigte Bruhn zwischenzeitlich eingeräumt, dass ihm zumindest ab Anfang 2011 klar war, dass es sich bei S&K um ein Schneeballsystem handelte. Sein Kompagnon Thomas Gloy will ebenfalls irgendwann bemerkt haben, dass das Geschäftsmodell nicht funktionieren kann.

Es bleibt die Frage, wo das ganze Geld geblieben ist. 240 Millionen Euro lassen sich nicht einfach verprassen. Ehemaligen Mitarbeitern zufolge sollen die beiden immer wieder angedeutet haben, dass sie je eine Million Euro in Form von Bargeld und Goldmünzen gebunkert hätten. Die zu erwartende Haftstrafe von circa acht Jahren könnten Schäfer und Köller deshalb ganz entspannt absitzen, unken Exmitarbeiter.

Die Staatsanwaltschaft hatte Hinweise darauf, dass Schäfer 18 Millionen Euro auf Konten in Spanien, der Ukraine und der Schweiz transferiert hat. Wirtschaftsprüfer durchleuchteten 2000 Konten bei 170 Banken, fanden aber keinen Beleg für derartige Transfers. Die Polizei ließ sogar den Garten von Köllers Villa umgraben, fand aber weder Geld noch Gold.

Köller selbst hatte einmal geschrieben, dass sein Vermögen dereinst safe in verschiedenen Ländern liegen soll. Ob er vor seiner Verhaftung noch entsprechende Vorkehrungen getroffen hat, bleibt vorerst wohl sein Geheimnis.

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