Rein rechtlich

Ewiger Streit um Instandhaltung - Eigenarbeit lohnt sich

Für Schäden in Wohnungen, die durch Arbeiten am Gemeinschaftseigentum entstanden sind, müssen alle Eigentümer aufkommen, entschied der Bundesgerichtshof. Wann das gilt, erklärt Mietrechtsexpertin Christina Keune von GTW.

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Fünf kuriose Mietrechtsurteile
Chevrolet Corvette Stingray Quelle: Chevrolet
Das große KrabbelnUngeziefer in den eigenen vier Wänden ist ein Graus. Ein Mieter trieb es dem Amtsgericht Köln allerdings zu bunt: 27 Ameisen protokollierte der geflissentliche Mieter in seiner Wohnung – über einen Zeitraum von einem halben Jahr. Er erhob Anspruch auf Mietminderung, denn er befürchtete, die 27 Sechsbeiner seien Späher, die die eigentliche Invasion der Ameisen erst vorbereiteten. Das Gericht sah das anders und wies die Klage ab (Urteil des AG Köln; Az: 213 C 548/ 97). Quelle: Fotolia
Wenn der Hahn zu laut krähtDas morgendliche Krähen eines Hahnes mag so mancher angenehmer finden als einen Wecker. Eine Mieterin aus der Samtgemeinde des niedersächsischen Zeven sah das allerdings anders. Sie war durch die Lärmbelästigung des frühen Vogels so genervt, dass sie vor das Amtsgericht zog. Man dürfte glauben, dass dieses auf die Natur des Hahns verweisen würde, der nun mal morgens kräht. Doch weit gefehlt: Der Beklagte wurde verurteilt, die Hähne auf seinem Grundstück so zu halten, dass deren Krähen für die Klägerin in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr werktags und bis 8 Uhr samstags sowie an Sonn- und Feiertagen nicht hörbar ist (Urteil des AG Zeven; Az. 3 C 216/00). Quelle: Fotolia
Pizza sattJeder liebt Pizza - bis auf einen Mieter aus Köln, der seine Miete mindern wollte, weil der Geruch aus der benachbarten Pizzeria für ihn eher ein Ärgernis denn ein Wohlgeruch war. Dem wollten die Richter genau auf den Grund gehen und schickten einen Gutachter – mit dem Ergebnis, dass auch diesem nach 15 Minuten schlecht wurde und eine Mietminderung von 15 Prozent für rechtmäßig erachtet wurde. Ob es die Pizzeria noch gibt, ist nicht bekannt (AG Köln WuM 90, 338). Quelle: Fotolia
Stetes Plätschern höhlt den SteinBei diesem Fall haben die Richter sicherlich nicht schlecht gestaunt: Ein Mieter fühlte sich vom Toilettengeräusch seines Nachbarn belästigt und klagte darauf, dass dieser sich zukünftig hinsetzen solle. Das Gericht betrachtete dies aber als zu starken Eingriff in die Privatsphäre und urteilte, dass man niemandem vorschreiben dürfe, wie er seine Toilette zu benutzen habe (Urteil des AG Wuppertal; Az. 34 C 262/96). Quelle: Fotolia

In der Zwischendecke eines zu einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) gehörenden Einfamilienhauses kam es zu einem Rohrbruch. Der Schaden am Rohr wurde durch die Gemeinschaft beseitigt. Allerdings wurde auch die zur Wohnung gehörende Zwischendecke in Mitleidenschaft gezogen. Da sich die Miteigentümer weigerten, für die Reparatur aufzukommen, behob der Inhaber das Problem selbst und verlangte dann Schadensersatz von der WEG auf der Grundlage eines von ihm zuvor eingeholten Kostenvoranschlags eines Fachunternehmens.

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Zu Recht, entschied der Bundesgerichtshof (Az.: V ZR 124/16). Das Gesetz gewährt dem Sondereigentümer, der durch Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum Nachteile erleidet, einen Schadensersatzanspruch, so die Karlsruher Richter.

Zwar enthielt die Teilungserklärung der WEG eine Regelung, wonach die Instandhaltung von Versorgungsleitungen Sache der jeweiligen alleinigen Nutzer sei, weshalb auch jegliche mit der Instandhaltung zusammenhängende Eingriffe in das Sondereigentum allein vom Wohnungsbesitzer zu tragen seien. Die Richter schauten aber genauer hin: Instandhaltung sei nicht gleich Instandsetzung. Die Reparatur der Wasserleitung sei begrifflich der Instandsetzung zuzuordnen und somit weiterhin Sache der WEG. Der Eigentümer könne daher verlangen, dass die Kosten für die Öffnung und Wiederverschließung der Zwischendecke von der WEG erstattet werden. Ansetzen dürfe er dafür auch die fiktiven Nettokosten.

Christina Keune ist Expertin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Düsseldorfer Kanzlei GTW.

Die Unterscheidung zwischen den Begriffen Instandhaltung und Instandsetzung wird bereits seit Langem vorgenommen. Unter Instandhaltung versteht man die Erhaltung des funktionsfähigen Zustandes sowie laufende, wiederkehrende Pflege. Die Instandsetzung meint hingegen die Wiederherstellung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs, das heißt insbesondere die Reparatur. Der BGH hat insofern seine bisherige Differenzierung mit dem vorgenannten Urteil lediglich fortgeführt.

Die Unterscheidung hat hohe praktische Relevanz. Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung die Pflicht zur Instandhaltung und / oder Instandsetzung der im gemeinsamen Eigentum stehenden Gebäudeteile auf einzelne Eigentümer übertragen.

Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage sollten daher ihre Teilungserklärung und ihre Gemeinschaftsordnung auf derartige Regelungen überprüfen. Besonderes Augenmerk sollte aufgrund der obigen Differenzierung darauf gelegt werden, welche Pflicht konkret übertragen wurde: Nur Instandhaltung, nur Instandsetzung oder beides. Eine entsprechende Vereinbarung muss die Pflicht klar und eindeutig formulieren. Ansonsten verbleibt es bei der gesetzlichen Pflicht der WEG.

Erstattet werden müssen neben den Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen auch mittelbare Schäden, wie etwa Transport- und Einlagerungskosten für Möbel, die während der Dauer der Maßnahmen weggeschafft werden müssen.

Welche Schäden Hausbesitzer am meisten fürchten
Albtraum 1: FeuerViele Immobilienbesitzer glauben, ausreichend gegen Naturgefahren abgesichert zu sein, sind es aber nicht. Das ergibt eine repräsentative Befragung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherer und des GfK. Grund dafür ist auch, dass einige Risiken unterschätzt werden. Albtraum Nummer 1 der deutschen Immobilienbesitzer sind Brände: 39 Prozent betrachten die Absicherung gegen Feuer als wichtig, gut die Hälfte findet sie „eher wichtig“ und nur zehn Prozent unwichtig. Quelle: DPA
Albtraum 2: LeitungswasserEbenfalls gefürchtet sind Schäden durch Leitungswasser, etwa nach Rohrbrüchen. Zwar halten nur fünf Prozent die Absicherung gegen Leitungswasserschäden für wichtig, immerhin 57 Prozent aber für „eher wichtig“. Keine Sorgen über Leitungswasserschäden machen sich 38 Prozent. Quelle: DPA
Albtraum 3: Sturm, HagelFür die Hälfte der Immobilienbesitzer spielen Sturm und Hagel keine große Rolle, sie finden eine Absicherung gegen solche Schäden eher unwichtig. Nur vier Prozent finden die Absicherung hier wichtig, 46 Prozent „eher wichtig“. Quelle: DPA
Albtraum 4: ElementarschädenHier wird die Gefahrenlage besonders unterschätzt: Mit 88 Prozent hat die große Mehrheit der deutschen Immobilienbesitzer keine Angst vor Starkregen, Überschwemmung, Schneedruck und Co. Nur elf Prozent finden eine Absicherung hier eher wichtig und ein Prozent hält sie für wirklich wichtig. Quelle: DPA
Nahezu alle fühlen sich abgesichertWährend die Mehrheit gegen Schäden durch Feuer, Sturm und Hagel (je 95 Prozent) und Leitungswasser (92 Prozent) versichert sind, sieht es bei Schäden durch Überschwemmung eher mau aus: Gegen sie sind nur 48 Prozent abgesichert. Trotzdem fühlen sich nahezu alle Immobilienbesitzer rundum abgesichert: 93 Prozent schätzen ihre eigene Absicherung gegen Naturgefahren aller Art als sehr gut oder gut ein. Nur ein Prozent fühlt sich weniger gut oder schlecht abgesichert. Quelle: obs
Unwetter 2016Selbst Berichte über aktuelle Extremwetter haben kaum Einfluss auf die eigene Risikowahrnehmung: Vor dem Unwetter im Mai 2016 in Südbayern und Baden-Württemberg nahmen 21 Prozent der Befragten an, dass Starkregen in ihrer Wohngegend zu stärkeren Überschwemmungen führen kann. Nach dem Unwetter sind es mit 28 Prozent nur unwesentlich mehr. Vor dem Unwetter schlossen 66 Prozent Starkregenschäden in ihrer Gegend aus, nach dem Unwetter sind es immer noch 58 Prozent. Quelle: DPA
Gründe gegen eine ElementarschadenversicherungWieso entscheiden sich Immobilienbesitzer gegen eine Elementarschadenversicherung? Die meisten fühlen sich schlicht nicht bedroht: 89 Prozent der Nichtversicherten halten das Risiko für überschaubar. 67 Prozent geben an, ihr Versicherungsschutz sei auch so ausreichend. Gut die Hälfte hält die Versicherungsprämien für zu hoch und 27 Prozent nehmen an, ihr Gebäude sei nicht versicherbar. Quelle: dpa

Sofern es um den Ersatz von Reparaturkosten geht, war bisher unklar, in welcher Höhe diese ersetzt werden können, wenn der Eigentümer den Schaden selbst beseitigt. Dies hat Karlsruhe nun geklärt. Danach können Heimwerker den Nettobetrag der fiktiven Reparaturkosten ansetzen. Eigenarbeit lohnt sich. Der Eigentümer kann den Schaden selbst beseitigen und trotzdem den ortsüblichen und angemessenen Preis eines Fachunternehmens verlangen.

Theoretisch muss der Betroffene den Schaden auch gar nicht beseitigen. Allerdings ist Vorsicht geboten: Kein Ersatzanspruch besteht für Beschädigungen, die durch den Mangel selbst entstanden sind. Nicht ersetzt werden daher Schäden, die durch das ausgetretene Wasser verursacht wurden, sondern nur solche, die durch die Reparatur der Wasserleitung entstanden sind.

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