Rendite von Immobilien Immobilien bieten Sicherheit - aber kaum Rendite

Die Finanzkrise verleiht Immobilien als Kapitalanlage neuen Glanz. Lohnt es sich, jetzt in Mietwohnungen und Häuser zu investieren? Wie hoch ist die Steuerersparnis? Und welche Fallen gilt es zu vermeiden? Wie sich Häuser und Wohnungen rechnen, was Vermieter wissen müssen

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Wer Häuser oder Wohnungen kauft, um sie zu vermieten, sollte vorher genau kalkulieren, mit welchen Renditen und Steuererleichterungen zu rechnen ist

Vor 200 geladenen Kunden schüttet sich der lokale Chef der Vermögensbetreuung reicher Deutsche Bank-Kunden Asche übers Haupt: „Wir alle sind nicht glücklich über die Entwicklung unserer Geldanlagen am Kapitalmarkt.“ Noch bevor das Düsseldorfer Auditorium grummelt, weil just auch die Empfehlungen seines Hauses den verehrten Gästen Verluste bescherten, setzt er strahlend nach: „Investieren Sie doch jetzt in vermietete Immobilien. Die Hypothekenzinsen sind günstig, die Rendite sicher und der Steuervorteil optimal. So etwas suchen wir doch jetzt alle, nicht wahr, Herr Aengevelt?“ Schon übernimmt Gastredner Lutz Aengevelt, Chef des bundesweiten Maklerhauses, die Meinungshoheit im edlen Saal an der Kö. Sein Credo: Hohe Mieter-Nachfrage in und um Düsseldorf, tolle Chancen für Anleger bei Mehrfamilienhäusern. Ergo: schnell handeln, bevor die besten Immobilien verkauft sind. Allerdings stoppt das wahre Leben Aengevelts Verkaufsoffensive. Ein Neusser stellte sich freundlichst als Eigentümer von elf Mietwohnungen vor und bittet: „Könnten Sie was zur Inkassoproblematik sagen, wenn der Mieter nicht zahlt? Zum Leerstandsrisiko und zum Modernisierungsaufwand für 20 Jahre alte Mietshäuser?“

Werbeoffensive der Immobilienwirtschaft

Wunsch und Wirklichkeit – Veranstaltungen wie kürzlich diese gibt es derzeit überall in der Republik. Glaubt man der Werbeoffensive der Immobilienbranche, weiß derzeit die Hälfte der Republik nicht, wohin mit ihrem Geld – vor allem nicht, wenn die Rendite nach Steuern auch noch langfristig die Inflation schlagen soll.

Einen großen Vorteil hat Deutschland immerhin: Anders als bei vielen europäischen Nachbarn platzt hier keine Immobilienblase, weil es keine gab. Es ist also noch Luft im Markt – wenn auch nicht überall und für jede Immobilie.

Kaufinteressenten sollten deshalb einen kühlen Kopf bewahren, allen hypothetischen Wertentwicklungsrechnungen und optimistischen Steuerersparmodellen zum Trotz. Immobilienkauf ist ein mühsames Geschäft, langfristig angelegt und mit vielen Unwägbarkeiten. Manchmal lohnend, aber nicht immer.

Die wichtigsten Fragen:

Müssen sich Kaufinteressenten beeilen?

„Die Nachfrage steigt, aber es es besteht kein Grund zur Hektik“, sagt Jörg Schnorrenberger, Vorsitzender des Ring Deutscher Makler in Düsseldorf. Er beobachtet im Rheinland, was sich bundesweit abspielt: Edel-Immobilien sind trotz Finanzkrise gefragt, zudem bekommen gerade finanziell gut gestellte Investoren noch leicht Kredit. Eine Preisklasse darunter halten sich Gutverdiener eher zurück, schieben, verschreckt von düsteren Konjunkturaussichten, ihren Immobilienkauf auf.

Worauf achtet Praktiker Schnorrenberger, wenn er selbst eine zu vermietende Immobilie kauft? Sein Rat: Eine Bestandsimmobilie ist günstiger als ein Neubau, zudem sind die zunächst höheren Neubaumieten nicht langfristig zu erzielen. 11 bis 13 Jahresnettomieten setzt er als Kaufpreis einer soliden Immobilie in einer durchschnittlich guten Lage an. Gefragte Lagen sind teurer. Aus der Miete fließt idealerweise eine Rendite bis zu acht Prozent vor den persönlichen Steuern. Schnäppchen gibt es in allen Preisklassen, aber man muss sie suchen. Klarer Fall: Auch den Noch-Besitzern mangelt es oft an einer besseren Anlage-Alternative für den erzielten Kaufpreis.

Welche Lagen sind gefragt?

Rendite wie Tagesgeld: So rechnet sich eine aus Eigenkapital finanzierte Eigentumswohnung ohne weitere Modernisierungskosten

Mehr denn je: Die Regionen, in denen es Arbeit gibt. Unabhängig vom Trend zur Rückkehr in die Innenstädte werden sich Regionen danach entwickeln, ob sie Arbeitsplätze schaffen oder verlieren. Selbst für die aussichtsreichsten Städte gilt, es kommt auf den Stadtteil, im Stadtteil auf die Straße und manchmal noch auf die richtige Straßenseite an. Detaillierte Informationen, Karten und Preistabellen für die 50 größten deutschen Städte finden Sie im Internet unter www.wiwo.de/bauen-wohnen.

Deutschland ist Mieterland. Nur 43 Prozent der Einwohner besitzen eine eigene Immobilie, der Rest wohnt zur Miete. Der Zentralverband der deutschen Bauwirtschaft, die IG Bau und die Dienstleistervereinigung IVD prognostizieren, dass es wegen der vermeintlich wachsenden Zahl der Haushalte in den nächsten Jahren zu einem Nachfrageschub käme. Sie beziehen sich auf eine Studie des branchennahen Eduard Pestel Instituts, das erst im Januar wieder einen Bedarf von insgesamt 400.000 Wohnungen diagnostizierte und die demografische Entwicklung sowie den Trend zum Single-Dasein als Beweis nimmt.

Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des IVD, sagt: „In einigen Ballungsgebieten übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich, in manchen Gebieten ist die Zahl freier Wohnungen bereits unter ein Prozent gerutscht.“

Andreas Stücke, der als Generalsekretär des Verbandes Haus und Grund rund 850.000 Vermieter vertritt, sieht das anders: „Wir haben schlicht zu viele Wohnungen. Nach unserer Einschätzung fehlen insgesamt rund 220.000, mit fallender Tendenz. Weil die Bevölkerung schrumpft, werden ab 2015 in Ostdeutschland und fünf Jahre später im Westen weniger Wohnungen gebraucht“. Nach der Bevölkerungs- und Haushaltsprognose des Bundesbauministeriums steigt die Wohnflächennachfrage bis 2020 jährlich um 0,4 Prozent an, das entspräche 120.000 Wohnungen pro Jahr.

Welche Miet-Objekte sind gefragt?

Langfristig: Objekte, die sich von der Masse abheben, wie sehr gut ausgestattete Neubauten und sanierte Altbauten sowie Wohnungen mit flexiblem Grundriss. Die ganze Straßenzüge beherrschende Bebauung aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren ist günstig zu haben, aber nur billig zu vermieten und teuer zu sanieren. Grundsätzlich gilt: Gönnen Sie sich einen unabhängigen Gutachter. Honorarkosten von bis zu 100 Euro die Stunde stehen in keinem Verhältnis zu den unerwarteten Ausgaben, die über einen Käufer hereinbrechen können, kaum dass der Notarvertrag unterschrieben ist.

Was viele beim Kauf und beim Modernisieren nicht beachten: Senioren werden in Zukunft die Wohnungsnachfrage bestimmen, so Deutschland nicht doch Zuwandererland wird.

Wichtig für Käufer: Recherchieren Sie die örtlichen Leerstandsquoten. Die liegen zwischen 2 und 13 Prozent je nach Stadt oder Region, der Mittelwert ist also zu ungenau. Der Trend: Im Westen steigender, im Osten fallender Leerstand, so das Forschungsinstitut empirica.

Wie stabil sind die Mieten in Deutschland?

Deutsche Immobilien bleiben stabil

Für Mieter eine gute Nachricht, für Vermieter eine schlechte: Seit Jahren steigt der Zins fürs Wohnen in Deutschland kaum. Problem: Die ständig steigenden Nebenkosten lassen nicht mehr viel Spielraum. Mit jährlich wie von selbst steigenden Mieteinnahmen sollten Investoren genauso wenig kalkulieren wie mit der Bausparkassen-Illusion von einem jährlichen Wertzuwachs von zwei Prozent, wie sie etwa das unabhängige Bad Homburger Analysehaus Feri vorhersagt. Das prognostizierte 2007, dass die Besitzer von Einfamilienhäusern bis zum Jahr 2020 im Schnitt mit jährlichen Wertzuwächsen von zwei Prozent rechnen können.

Bei Wohnimmobilien beschreibt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Deloitte eine wachsende Spreizung: Die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum sowohl für Groß- als auch Kleinstädte, egal, ob in strukturschwachen- oder starken Regionen, steigt demnach an. Die Nachfrage nach teurem Wohnraum steigt in wirtschaftsstarken Großstädten, stagniert in schwachen Großstädten, sinkt in Kleinstädten, egal, ob prosperierend oder nicht.

Ein Problem für Käufer sind Mietrückstände. Auf 2,2 Milliarden Euro schätzt sie derzeit der Verband Haus und Grund – auch dieses Risiko müssen Käufer beachten.

Eigentumswohnung oder Mehrfamilienhaus - was rechnet sich eher?

Nach Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft ließ sich in den vergangenen 30 Jahren mit Wohnungen und Häusern im Landesdurchschnitt kein Gewinn machen. Traumwohnungen in München sind wie immer ausgenommen. Sven Carstensen vom Analysehaus BulwienGesa rät allen, die es sich leisten können, eher zum Mehrfamilienhaus. Der Immobilienexperte hat für die WirtschaftsWoche drei Musterrechnungen aufgestellt: Wie haben sich Kosten, Mieten und Wertentwicklung einer vermieteten Eigentumswohnung, eines Wohnungsportfolios und eines Mehrfamilienhauses auf die Rendite ausgewirkt? Die Immobilien werden zu 80 Prozent auf Kredit finanziert, mittlerer Zinssatz 5,09 Prozent. Standort ist Berlin, dessen Markt für den Bundesschnitt eher repräsentativ ist als etwa das teure München. Die Wertminderung wegen des steigenden Alters ist einkalkuliert. Das Ergebnis: Das Mehrfamilienhaus (500 Quadratmeter, 5,49 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter) brachte vor Steuern 21,7 Prozent Rendite; die Eigentumswohnung (75 Quadratmeter, gleiche Kaltmiete) verlor 44,75 Prozent. Das Portfolio aus verschiedenen Wohnungen (insgesamt 375 Quadratmeter, gleiche Kaltmiete) verlor 39 Prozent. Die detaillierte Rechnung finden Sie unter www.wiwo.de/bauen-wohnen.

Wie reagieren Großinvestoren auf die Krise?

In den vergangenen Jahren haben in- und ausländische Profi-Investoren im Kaufrausch oft danebengegriffen. Sie investierten in riesige Mietwohnungsbestände, häufig veraltete, und hofften oft, die Mieter würden sie ihnen abkaufen. Ein Irrtum. Jetzt werden Kredite knapp, die Profis sind vorsichtiger geworden. Das Wohnungsunternehmen Gagfah will allein in diesem Jahr Wohnungen für 500 Millionen Euro abstoßen.

Immobilien-Dienstleister Jones Lang Lasalle erwartet vor allem bei Mehrfamilienhäusern in Großstädten eine zunächst steigende Nachfrage, rechnet aber wegen der Finanzkrise frühestens ab dem nächsten Halbjahr mit fallenden Preisen.

Wie tricksen Musterrechnungen?

Fixe Belastungen: Staandardkosten für Immobilien

„Viele meiner Mandanten halten Rechnungen in den Händen, die unrealistisch sind. Beispielsweise wird mit den aktuell niedrigsten Hypothekenzinsen am Markt geworben, die bei einer Vollfinanzierung völlig hypothetisch sind. Derzeit erlebe ich mehrheitlich Finanzierungen, die auf sieben Prozent zusteuern“, sagt der Mühlberger Steuerberater Herbert Mühlfenzl von der Kanzlei Ecovis. Aus der Abteilung Schönrechnen: Die Rechnung erspart sich gleich die ganze Tilgung und weist nur den Zins aus. Mietgarantien sind nichts wert, wenn der Mieter insolvent wird. Nebenkosten werden zu niedrig angesetzt, ebenso die Kosten und Rücklagen für die Instandhaltung. Die vermeintliche Wertsteigerung wird zu hoch ausgewiesen. Das gilt auch für die Wohnfläche, doch der Mieter kann nachmessen und die Miete kappen. Oft wird die Miete zu optimistisch angesetzt. Gern wird die Maklercourtage vergessen; insgesamt addieren sich die Kaufnebenkosten auf bis zu zehn Prozent – steuerlich nicht absetzbar.

Welche Steuerersparnis ist realistisch?

Lust und Frust

Käufer einer vermieteten Immobilie können ihre Mieteinnahmen mit Werbungskosten der Immobilie verrechnen. Dazu gehören Schuldzinsen, Finanzierungsnebenkosten, Erhaltungsaufwand, Absetzung für Abnutzung (die bekannte „Afa“), Hausverwaltung und wenige sonstige Kosten. Seit 2006 gilt für Neu- wie für Altbauten: Jährlich können zwei Prozent über die Afa abgeschrieben werden. Der Staat setzt eine Laufzeit von 50 Jahren an. Für Bauten aus den Jahren vor 1925 sind es 2,5 Prozent.

Steuerberater Mühlfenzl rechnete für die WirtschaftsWoche vier Fälle durch: Je den Kauf einer 250.000 Euro teuren zu vermietenden Eigentumswohnung von einem Single mit 60.000 Euro Einkommen und zweimal den Kauf eines Vierfamilienhauses für eine Million Euro durch einen Käufer mit Spitzensteuersatz. Beide Rechnungen jeweils in der Variante „komplett auf Kredit finanziert“ und „komplett aus Eigenmitteln finanziert“, bei denen folglich die bei sonstiger Anlage des Kapitals eingenommenen Zinsen mit in die Rechnung fließen. Die Kalkulation aller Wohnungen finden Sie unter www.wiwo.de/bauen-wohnen.

Mühlfenzl warnt: „Eine Immobilie muss sich auch ohne Steuerersparnis rechnen, sonst steht die ganze Kalkulation auf tönernen Füßen.“ Häufige Steuerfallen:

Beim Kauf werden niedrige Mieten und hohe Sanierungskosten angesetzt, um damit hohe Verluste steuerlich geltend zu machen. Milchmädchenrechnungen segnen auch Finanzämter nicht ab.

Der Verkäufer wirbt mit der Denkmalschutz-Abschreibung, doch das Denkmalamt verweigert den nötigen Stempel.

Zwei Prozent Abschreibung auf den Kaufpreis der Immobilie klingt handfest, ist es aber nicht. Abschreiben lässt sich der Kaufpreis fürs Haus, nicht der Anteil des Kaufpreises für das Grundstück. Die Gretchenfrage: Wie hoch ist der Bodenanteil am Gesamtpreis? Die Voranfrage beim Finanzamt bewahrt potenzielle Käufer davor, dass der Grundstücks-Abschlag die Renditerechnung kippt.

Ach ja, und dann war da doch noch die Spekulationssteuer. Wer die Nase voll hat von seinen Mietern oder die Taschen voller Geld und das Objekt verkaufen will, zahlt in den ersten zehn Jahren nach Kauf auf den Gewinn seinen persönlichen Steuersatz, bis über 40 Prozent.

Doch selbst das ist eine tröstliche Perspektive für die Immobilie als Retterin in der Finanzkrisen-Not.

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