Stiftung Warentest und Bausparen Das große Bauspar-Fiasko

Stiftung Warentest schickte seine Tester zu zwanzig deutschen Bausparkassen. Und die Prüfer wurden fündig: Die Angebote der Vermittler passen nicht zum Kunden. Welche Kassen durchfallen und welche „gut“ sind.

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Quelle: Getty Images

Das Testergebnis spricht nicht gerade für die Bausparkassen. „Kunden von Bausparkassen müssen durch Beratungsfehler und schlechte Angebote oft Tausende Euro zu viel zahlen oder ihren Immobilienkauf um Jahre verschieben“, erklären die Bauspar-Experten der Stiftung Warentest.

Das staatlich finanzierte Institut aus Berlin hatte anonyme Testkunden zu sieben Geschäftsstellen von zwanzig Bausparkassen geschickt. Die Vermittler sollten am Telefon einen einfachen Modellfall für den Testkunden berechnen.

Viele scheiterten offenbar an der Aufgabe. „Nur drei der zwanzig Bausparkassen in Deutschland überzeugten im Test“, sagt Heinz Landwehr, kommissarischer Chefredakteur von Finanztest. „Der Unterschied zwischen einer guten und schlechten Leistung einer Bausparkasse machte im Modellfall mehr als 13.000 Euro aus.“

Das Ergebnis betrübt die Tester. „Ein Bausparvertrag ist sinnvoll, wenn man mittel- bis langfristig eine Immobilie bauen, kaufen oder modernisieren möchte und sich gegen steigende Zinsen absichern will“, betont Landwehr. Der Bausparvertrag müsse aber auf die individuellen Ziele abgestimmt sein. Daran hapere es aber.

Der Blick auf die Testergebnisse ist in der Tat kein Ruhmeszeugnis für die Branche. Keine Kasse wurde mit „sehr gut“ bewertet, nur drei der zwanzig Kassen erhielten ein „gut“. Auf der unteren Seite der Tabelle stehen drei Bausparkassen mit „ausreichend“ und vier mit „mangelhaft“. Unter den schwarzen Schafen finden sich bekannte Namen, etwa die LBS West und Rheinland Pfalz oder die Deutsche Bank Bauspar. Alle Ergebnisse stehen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Finanztest“.

Das Urteil der Stiftung fällt vernichtend aus. „Gepatzt haben die Berater in allen Disziplinen“, sagt Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei Stiftung Warentest. „Wäre der Bausparvertrag ein Anzug, hätte er in vielen Fällen ähnlich gut gepasst wie in dem legendären Loriot-Sketch zum Anzugskauf: entweder viel zu knapp oder viel zu groß.“

Die Branche versucht sich zu rechtfertigen. „In einzelnen Beratungen wurden aber offenbar Fehler gemacht, dies gilt es jetzt genauer zu analysieren“, erklärt ein Sprecher des Verbandes der Privaten Bausparkassen. Für ein abschließendes Urteil sei es noch zu früh. „Ziel ist es selbstverständlich, durchgängig nicht nur eine hohe Produktqualität, sondern auch eine hohe Beratungsqualität zu gewährleisten“, sagt der Sprecher. In der Vergangenheit hätte seine Branche dafür „erhebliche Anstrengungen für Schulungen und die technische Unterstützung unternommen“.

Woran scheiterten so viele Bauspar-Berater? Die Vorgaben erscheinen nicht sehr komplex. In 10 Jahren sollte eine Immobilie finanziert werden. Vom Nettoeinkommen von 2.200 Euro pro Monat kann der Testkunde 400 Euro monatlich ansparen. Zusätzlich lagen 15.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto. Und mit genau der gleichen Legende gingen die Tester bereits im Jahr 2012 an den Start. „Es wurden wieder die gleichen Fehler wie im letzten Test gemacht“, sagt Brackemann.


Die Fehler der Bausparkassen

Laut Stiftung Warentest waren die Bausparsummen „mitunter so aufgebläht“, dass die Kunden das Geld erst in 15 oder 20 Jahren – statt wie gewünscht – in 10 Jahren bekommen hätten. In einem Fall soll der Kunde nach zehn Jahren nicht einmal ein Drittel des Mindestguthabens erreicht haben.

Und es gab weitere Fehler: „Zu hohe Raten für die Rückzahlung des Bauspardarlehens, unnötig hohe Sparsummen, um dann nur relativ niedrige Darlehen zu bekommen und eine verschenkte Riester-Förderung.“ Ein Vergleich mit anderen Angeboten sei oft nicht möglich gewesen. Eine Bausparkasse soll bei vier von sieben Beratungsgesprächen „lediglich einen Schmierzettel mit grob geschätzten Angaben zum angeboten Vertrag“ abgegeben haben.

Trotz solch ernüchternder Erfahrungen empfehlen die Verbraucherschützer im Grundsatz Bausparverträge, vor allem wenn die Beratung so gut wie bei den Testsiegern Wüstenrot und den Landesbausparkassen Baden-Württemberg und Ost funktioniere. Diese drei Anbieter wurden mit „gut“ ausgezeichnet.

Kunden können aber ihren Beratern nicht pauschal vertrauen. Sie sollten sich auf das Gespräch fachlich vorbereiten und im Zweifel Angaben nachrechnen und die Angebote mit dem Markt vergleichen. Handelsblatt Online bietet entsprechende Rechner auf der Internetseite an, etwa den „Online-Bausparberater“.

Auch Förderungen wie etwa Wohn-Riester sollten in den Angeboten enthalten sein. Die Unterlagen sollten die Beratung der Vertriebler nachvollziehbar dokumentieren. „Wir empfehlen, zumindest bei zwei Bausparkassen ein Angebot einzuholen“, sagt Brackemann.

Selbst Bauspar-Tester fielen manchmal auf die Vermittler herein. „Mitunter fühlten sich die Testkunden gut beraten, waren es aber nicht“, sagt Landwehr. „Denn das Bauchgefühl täuscht oft – auch unsere Tester.“ Viele hätten den angebotenen Vertrag sofort abgeschlossen. „Erst unsere Experten stellten fest, dass viele Angebote nichts taugten“, sagt Landwehr.

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