Tipps für Hauskäufer Wie man den Wert von Immobilien steigert

Welche Immobilie hat Zukunft – und in welcher Lage? Nur wer wichtige Fragen richtig beantwortet, kann auf Wertsteigerungen hoffen.

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Münchener Innenstadt: Quelle: AP

Deutschland im Jahre 2030. Oma Futura verlässt ihr Haus auf dem Land. Sie ist zwar schon 84, aber noch gesund und rüstig. Deshalb hat sie sich gegen ein Altenresort und für einen Einzug in das Mehrgenerationenhaus ihrer Kindern entschieden. Sie zieht in das barrierefrei angelegte Haus von Sohn und Schwiegertochter an den Innenstadtrand von München. Oma Futura hütet die Kinder, sie hat nun Gesellschaft und bekommt Hilfe. Nicht nur im Haus: Lange Jahre verschwunden, sind Tante-Emma-Läden wieder zurück, der Friseur ist ebenso um die Ecke wie die Schneiderin: Denn Städter brauchen wieder wohnungsnahe Dienstleistungen. In den meisten Häusern wohnen aber keine Familien mehr, sondern Singles. Auf viel zu viel Raum, findet Futura.

Solche Fantasien erweckt der Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski schon heute, wenn er über die Wohntrends der nächsten Jahrzehnte philosophiert: „Die Menschen mieten und kaufen Lebensstile und nicht nur mehr Wohnhäuser.“ Neben finanziellen Überlegungen – andere Anlagen schlagen im Schnitt ein Investment in eigen genutzte Immobilien (WirtschaftsWoche 29/2008) – sollten Hauskäufer deshalb folgende Kriterien überdenken:

Welche Städte oder Gemeinden haben wirtschaftlich, sozial und demografisch eine günstige Prognose? Besteht daneben zumindest im Durchschnitt die Aussicht auf eine Wertsteigerung des Hauses oder der Eigentums-wohnung? Wenn ja, in welchen Lagen gibt es innerhalb dieser Stadt möglicherweise überdurchschnittliche Preissteigerungen? Und wie muss das Haus oder die Wohnung gestaltet sein oder umgestaltet werden, um auch in einem oder mehreren Jahrzehnten noch als attraktiv zu gelten?

Immobilieninteressenten müssen also das alte Mantra „Lage, Lage, Lage“ nötiger denn je vor sich hinmurmeln, wenn sie sich auf die Suche nach einem Objekt machen, und sie sollten dabei noch genauer hinsehen. Denn eine ruhige, aber innenstadtnahe Lage mit unverbaubarem Blick und saniertem Wohnraum, das Ganze auch noch zukunftsfest – all dies reicht möglicherweise nicht mehr. Heute sollten Immobilieninteressenten auch auf Kriterien achten, die früher keine Rolle spielten. Fehlender Klimaschutz – keine modernen Gaskessel, Fenster oder Dämmungen – kann nicht nur wegen hoher Energiepreise Hausbesitzern teuer zu stehen kommen (WirtschaftsWoche 28/2008). Und Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung sind keine Nebensache mehr ebenso wie zur künftigen Alterspyramide oder gar zum Ölpreis. „Angesichts steigender Spritpreise wollen viele nicht mehr weit zur Arbeit fahren“, sagt Hans-Michael Brey, Generalsekretär des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung. Er glaubt deshalb an eine Renaissance lebhafter Städte.

Zurück in die City, das ist einer von vielen klaren Trends. Ende 2006 lebte bereits die Hälfte der Deutschen in Städten. Experte Brey rechnet mit weiteren Zuzügen: „Um erfolgreich zu sein, müssen die Städte aber sowohl mit harten Wirtschaftsfaktoren als auch mit weichen Standortkriterien, wie Hochschulen, Kultur und Einkaufsmöglichkeiten, punkten.“

„Die Arbeitsplätze verlagern sich wieder von weit draußen zurück in die Städte, dem werden die Menschen folgen, die sich nahe zu ihrer Arbeit eine Immobilie suchen“, bestätigt Sven Johns, Bundesgeschäftsführer des Immobilienverbands Deutschland (IVD). München, Frankfurt oder Hamburg – bei einigen Städten ist es wenig überraschend, dass Experten dabei eine günstige Standort-Prognose stellen.

Aber wer hätte sofort etwa an Aachen oder Dresden gedacht, deren Zukunft Experten ebenfalls rosig sehen?

Immer mehr Menschen wohnen alleine

Allein zu Haus. Deutlich ist, dass immer mehr Menschen alleine, bestenfalls zu zweit wohnen: Seit 1998 wuchs die Zahl der Kleinhaushalte um zehn Prozent. Bis 2020 erwartet das Statistische Bundesamt eine weitere Zunahme in ähnlicher Höhe. 41 Prozent der Deutschen kochen dann nur für sich selbst, weitere 36 Prozent können zum Spülen wenigstens den Partner verdonnern.

So mancher Zoff im engen Küchengedrängel zwischen Herd und Spüle dürfte aber bis dahin der Vergangenheit angehören: „Singles und kinderlose Paare können sich inzwischen Fläche leisten“, sagt Volker Eichener, Direktor des Bochumer Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung (InWIS). Sie wollten in großen, offenen Wohnungen und Häusern wohnen. „Im Extremfall sind das Einraumwohnungen von 200 Quadratmetern“, sagt er.

Noch nicht lange her, da priesen Immobilienexperten Wohnungen an, die sich heute oft von der Fläche als viel zu klein und damit schwer vermittelbar erweisen. Singles wollen eben häufig nicht mehr nur in Apartments mit 35 Quadratmeter Wohnfläche leben. Und Experten unterschätzten lange Zeit, dass Deutschlands Bevölkerung einst deutlich schrumpfen wird und damit altengerechte Wohnungen plötzlich en vogue werden, die dabei nicht gerade im fünften Stock ohne Aufzug liegen sollten. Und Reihenmittelhäuser auf Grundstücken von 150 Quadratmetern? Die seien in Zukunft sogar „unverkäuflich“, meint Eichener.

Hausbau-Harakiri

Hauskäufer oder -bauer sollten deshalb an Fläche nicht sparen. Besonders in Küche und Bad rät Eichener Bauherren deshalb zu einer luftigen Gestaltung. „Ein paar Quadratmeter mehr verursachen da meist keine großen Kosten, aber sie bringen der Immobilie einen Qualitätssprung.“

Glücklich, wer schon vor 30 Jahren nicht die günstige Standardlösung ohne Balkon, sondern Häuser und Wohnungen mit Terrasse und sogar Badewanne kaufte. Denn auf ein sonniges Fleckchen für den Sommer und ein wärmendes Schaumbad im Winter möchte laut einer Umfrage des Immobilienmaklers PlanetHome heutzutage kaum noch jemand verzichten, der es sich leisten kann. „Ein großes Haus jetzt noch ohne Balkon zu bauen, wäre Harakiri“, so Eichener. Und das Badezimmer entscheide in den Augen potenzieller Mieter oder Käufer über die Qualität einer Wohnung. „Eine Badewanne ist gut. Badewanne plus Dusche sind noch besser.“ Auch Zukunftsforscher Opaschowski rechnet mit einem großzügigeren Wohnstil. „Die Haushalte werden kleiner, aber die Fläche pro Person steigt“, – seit 1989 schon von 35 auf 42 Quadratmeter.

Zudem ist sicher: In Zukunft wird der Deutsche ein höheres Lebensalter erreichen, aber auf immer weniger Mitmenschen treffen. Das wird drastische Folgen haben: Im Vergleich zum Jahr 2005 wird Deutschland 2030 mit nur noch 77 Millionen sechs Prozent weniger Einwohner haben und es wird 40 Prozent mehr Menschen geben, die älter als 65 sind. Ebenerdige Zugänge oder einen Aufzug benötigt früher oder später jeder. Sicher braucht nicht jede Immobilie gleich eine seniorengerechte Komplett-Ausstattung. Wer jedoch darauf achtet, dass ein altengerechter Umbau preisgünstig machbar ist, erschließt sich schon heute für einen späteren Verkauf oder eine Vermietung höheres Potenzial. Experte Eichener empfiehlt deshalb sogenannte hierarchiefreie Grundrisse – Immobilien, die keine klassische Staffelung mehr haben. Oben das 20-Quadratmeter Elternschlafzimmer, neben dem Eingang das Mini-Gäste-WC, irgendwo die 13-Quadratmeter-Zimmer für die Kleinen, die womöglich von der Pubertät bis zum Studienabschluss ihren Eltern wegen der kleinen Buden die Ohren volljammern – das sollte vermieden werden. Wer vorerst noch kleine Zimmer braucht, dem legt Eichener leichte Trennwände oder flexible Schiebeelemente ans Herz: „So kann man den Grundriss über die Jahre an die veränderten Bedürfnisse anpassen.“ Die Kosten? Meist gering: „keine 1000 Euro“, beruhigt Eichener.

Teures Hessen, günstiger Osten

Die so günstig gewonnene Flexibilität hat einen weiteren Vorteil: Soll die Immobilie irgendwann tatsächlich verkauft oder vermietet werden, kann sie mit unterschiedlicher Zimmeranzahl inseriert werden und so mehr Interessenten ansprechen.

Denn Anpassungsfähigkeit hat ihren Wert. „Derzeit sinkt die Nachfrage nach Fünfziger- und Sechzigerjahre-Immobilien, wenn ihr Zuschnitt sich nur schwer verändern lässt“, sagt IVD-Experte Johns.

Doch selbst ein zukunftstaugliches Objekt muss noch lange keine Zukunft haben, zumindest nicht überall. Beispiel: Lofts. Die umgebauten und modernisierten Lagerhallen gelten als Paradetyp einer Single-Wohnung: weiträumig, offen, eben das Gegenteil eines zerklüfteten Reihenhauses. „In Berlin mögen Lofts sehr gut gehen“, sagt Brey. „In Mainz hingegen braucht man die nicht anbieten.“ Wer ein zukunftsfähiges Objekt sucht, sollte also auch ein Gespür für den in der jeweiligen Stadt herrschenden Zeitgeist haben. Sonst müssen Immobilienkäufer hilflos dem generellen Preisverfall zusehen.

Ob Eigentumswohnungen, Einfamilien- oder Reihenhaus – im Durchschnitt ist schon lange nichts mehr zu holen: In den vergangenen 30 Jahre schafften Immobilien nicht einmal einen Ausgleich der Inflation. Eine mögliche Preisstütze ist immerhin der lahmende private Bau – zwischen 1995 und 2005 sank die Zahl neu gebauter Wohnungen um gut sieben Prozent jährlich. Makler weisen deshalb gerne auf ein drohendes Defizit hin, das Potenzial für eine Preiserholung biete.

Doch die Preisprognosen für die 50 größten Städte verheißen weiter nichts Gutes. Da, wo es schon teuer ist, in Stuttgart, Wiesbaden oder Karlsruhe etwa, dürfte es in ein paar Jahren noch teurer sein. Schon in Mittelstädten wie Mönchengladbach, Osnabrück oder Bielefeld bleiben die Aussichten meist mau, das sonnenverwöhnte Freiburg dürfte als recht teurer, mittelgroßer Ort eine mit guter Prognose ausgestattete Ausnahme bleiben. Städte, in denen Immobilien günstig sind, aber teurer werden dürften, sind ebenfalls rar. Leipzig gilt als günstiger Geheimtipp, in Münster und Dortmund sind die Preise auch für mittlere Einkommen finanzierbar – bei positiver Prognose für die künftige Entwicklung.

Der Markt driftet auseinander

Doch selbst wer das Glück hat, in einer beliebten Stadt zu leben oder dort hinziehen zu können, hat damit nur den ersten Schritt getan. Das richtige Viertel zu identifizieren wäre der nächste. Das Problem: Besonders gute Lagen sind oft deutschlandweit bekannt, Immobilien dort rar, weil immer begehrt. Ob im Berliner Grunewald, im Münchner Grünwald, in Düsseldorf-Oberkassel oder in den Elbvororten von Hamburg – selbst wer Top-Preise stemmen kann, findet nicht so schnell ein zukunftsfähiges Objekt. „Wir sehen, wie der Markt auseinanderdriftet. Die günstigen Immobilien sind weiter gefragt und die sehr hochwertigen. Aber in der Mitte sinkt die Nachfrage“, sagt Johns. Dabei definiert nicht allein der Preis, welche Immobilie hochwertig ist und welche nicht: „In Großstädten können 400.000 Euro die Grenze der mittleren Preisklasse nach oben markieren, in weniger gefragten Lagen ist das preislich schon das Top-Segment“, so Johns.

Familien, Singles oder Paare, die nicht gerade ein paar Millionen für eine Jugendstil-Villa an der Hamburger Elbchaussee übrig haben, dennoch citynah leben wollen und sich ihren Traum vom Haus erfüllen wollen, müssen zwangsweise einen Kompromiss eingehen und ein paar Fahrkilometer zu Arbeitsplatz, Museen und Bars in Kauf nehmen. „Im Speckgürtel der Städte sehe ich weiter Nachfrage, auch nach Reihenhäusern, denn die sind einfach am günstigsten. Aber das Land weiter weg wird zum Verlierer“, sagt Johns. Doch ob im Speckgürtel oder in der City-Top-Lage: Im letzten Schritt zählt das Objekt selbst.

Nicht am Gutachter sparen!

Straßenlage. Mögliche Wertentwicklungen unterscheiden sich schon von Straße zu Straße. Stimmt die Mikrolage – wenig Lärmbelästigung bei trotzdem guter Verkehrsverbindung, Dienstleistungen vor Ort und möglichst ein bisschen Grün – gilt es innerhalb der Straße noch das bestmögliche Objekt zu ergattern. Ein Blick auf das Internet-Programm Google Earth ist hilfreich, um einen ersten Eindruck von der groben Lage zu bekommen, mehr aber nicht. Denn die Bilder sind teils veraltet, vermeintlich wenig bebaute Straßenzüge können in Realität längst ein anderes Gesicht haben.

Mühevoll, aber notwendig ist deshalb die Suche vor Ort. Ist eine Auswahl getroffen, sollten potenzielle Käufer Geld in die Hand nehmen und einen unabhängigen Gutachter einschalten. Denn im Detail erkennt nur der Fachmann verborgene Mängel der Traumimmobilie, die den Preis – unabhängig von Lage und Ausstattung – maßgeblich beeinflussen. Wer am neutralen und guten Gutachter spart, spart am falschen Ende. Vor der größten Investition des Lebens sollten ein paar Hundert Euro nicht fehlen.

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